Schweizerisches Recht weicht internationalem Diktat

Vor gut zwanzig Jahren entfesselte jemand, der sich von einem in einem Schulzimmer

angebrachten Kruzifix «provoziert» fühlte, eine Prozesslawine. Die gegen die Tessiner Schulgemeinde Cadro gerichtete Klage ging über alle Instanzen, bis ans Bundesgericht. 

Kruzifix Nein  
Das bundesgerichtliche Urteil beschied schliesslich: Das Kruzifix sei zu entfernen. In einem Staat, der Glaubensfreiheit zum Verfassungsprinzip erhoben, der sich als Staat der Religionsneutralität verschrieben habe, dürfe nicht eine einzige Glaubensrichtung ein allen jungen Menschen jeglichen Glaubens offenes Schulzimmer für ihr religiöses Identifikationssymbol beanspruchen. Um der Glaubensfreiheit willen müsse das Kruzifix verschwinden.

Kopftuch Ja 
Für das Kopftuch-Gebot gibt es – im Gegensatz zum gekreuzigten Christus – keine religiöse, wohl aber viele ausgeprägt gesellschaftspolitische Begründungen. Das Kopftuch ist das Resultat eines, wenn auch nachträglich religiös verbrämten gesellschaftlichen, von Männern erlassenen Gebots, «weibliche Reize» zu verhüllen. Es ist somit ein Symbol geschlechtlicher Unterdrückung.

Schulmädchen ohne Kopftuch sind für die, die dieses Unterdrückungsgebot erlassen haben, offenbar «Reizfiguren». Trotz dieser Umstände erlässt das Bundesgericht jetzt ein verbindliches, mit religiösen Argumenten unterlegtes Urteil, wonach das Kopftuch im Schulzimmer zu tolerieren sei. Während das Kruzifix als «die Religionsneutralität verletzend» zu entfernen ist, erklärt das Bundesgericht die Akzeptierung des Kopftuchs als Ausdruck religiöser Überzeugung auch in Unterrichtszimmern öffentlicher Schulen als verbindlich: Kruzifix NEIN – Kopftuch JA! 

Frucht einer «Informationsreise»
Es war vor rund drei Jahren – während einer Parlaments-Session noch in der letzten Legislaturperiode: Telefon aus Lausanne. Ein mir persönlich gut bekannter Bundesrichter ist am Apparat. Eine Gruppe von Bundesrichtern wünsche dringend eine Unterredung mit Parlamentariern.

Das Treffen wurde rasch organisiert. Bereits wenige Tage nach dem Telefonanruf kamen etwa sechs Bundesrichter in Bern mit rund zehn Parlamentariern zusammen. Die Bundesrichter orientierten die Parlamentarier über eine «Informationsreise» einer grossen Delegation von Bundesrichtern. Ziel sei Strassburg – genauer: der dort domizilierte Europäische Gerichtshof für Menschenrechte. Schon kurz nach Beginn sei bei dem Treffen klar geworden, dass es nicht bloss um die Pflege gesellschaftlicher Kontakte ging. Vielmehr hätte eine Art Instruktion stattgefunden. Die Schweizer Bundesrichter seien nicht nur darüber ins Bild gesetzt worden, wie das Strassburger Gericht mit ihm unterbreiteten Fällen angeblicher Menschenrechtsverletzungen umgehe. Die Erläuterungen zu den Prinzipien, denen sich Strassburg bei der Urteilsfindung verpflichtet fühle, seien vielmehr durch die nachdrücklich geäusserten Erwartung, dass das Schweizer Bundesgericht fortan die Strassburger Prinzipien - zumeist Ausflüsse verschiedener internationaler Konventionen - auch seinerseits bei der Rechtsprechung als verbindlich betrachte, ergänzt worden. So wie Strassburg die Menschenrechte auslege, so hätte sie auch Lausanne auszulegen.  

Deutliche Warnung
Das Treffen zwischen Bundesrichtern und Parlamentariern zu Bern war keine blosse Orientierung. Als dringlich betrachteten es die daran teilnehmenden Bundesrichter, weil sie ernsthaft   befürchteten, dass eine Mehrheit der Lausanner Richter die «Strassburger Lektion» sofort verinnerlicht hätte, was bedeuten würde, dass in der Schweiz nicht mehr ein auf demokratische Weise als verbindlich beschlossenes Recht die Mehrheit der Bundesrichter bei der Urteilsfindung anleitet, sondern dass vielmehr internationale, von Funktionären an irgendwelchen Konferenzen beschlossene Normen zunehmend zur Richtschnur für die Rechtsauslegung von Lausanner Richtern wird. Die nach Bern geeilten Bundesrichter befürchteten ausdrücklich, dass sich der «Strassburger Kurs» in Lausanne durchsetzen könnte. Das Parlament, nach Verfassung die gesetzgebende Instanz in der Schweiz, müsse wissen, dass seine Gesetzgebungskompetenz durch den  Strassburger Kurs ernsthaft in Frage gestellt, ja unterlaufen werde. Und diejenigen Bundesrichter, die darüber besorgt seien, seien in Lausanne in der Minderheit. 

Political Correctness
Der Richterspruch aus Lausanne, der seinerzeit das Kruzifix wegen Verletzung der Religionsneutralität aus den Schulzimmern verbannt hat, heute aber verfügt, dass das religiös verbrämte Unterdrückungssymbol Kopftuch in Schulzimmern zu dulden ist, liefert offensichtlich ein Zeugnis dieser «neuen Rechtsprechung». Das Bundesgericht  – jedenfalls eine Mehrheit seiner Richter –  orientiert sich je länger desto weniger an den in der Schweiz demokratisch geschaffenen Rechtsnormen. Orientierungspunkt werden stattdessen internationale Konventionen, wo Funktionäre ohne jegliche demokratische Legitimität Prinzipien beschliessen, die sie der von ihnen selbst erfundenen resp. machtpolitisch durchgesetzten unabänderlichen «politischer Korrektheit» unterwerfen.

Das ist offensichtlich der Weg, auf welchem den Schweizerinnen und den Schweizern die direkte Demokratie entwunden werden soll

Anmerkung politonline d.a.  
Den Deutsch-Türkischen Nachrichten
vom 15. Juli ist hierzu folgendes zu entnehmen
Die Anwältin Seyran Ate? sagt: Zwischen Kopftuch und christlichen Symbolen gibt es keine Parallelen. Ein Kopftuchverbot in öffentlichen Einrichtungen sei richtig. Doch für ein konkretes Verbot des Kruzifix in Schulräumen steht sie nicht. Seyran Ates ist der Ansicht, dass das Kopftuch in öffentlichen Räumen, gerade in Schulen, nichts zu suchen habe. Ein Verbot des christlichen Kreuzes in Schulräumen unterstütze sie hingegen nicht. Das Kopftuch und das Kreuz seien nicht gleichzusetzen, sagt sie in einem Interview mit Deutschlandradio Kultur. Das christliche Kreuz und die Buddha-Figur steht für mich für was ganz anderes. Wir können nicht das Kopftuch mit der Buddha-Figur oder mit dem Kreuz in einen Topf werfen. Das Kreuz betrifft Sie körperlich nicht persönlich als Mann oder als Frau, das Kopftuch weist Sie aber aus als ein Geschlecht, nämlich als Frau, die sich verhüllen soll, damit der Mann von sexuellen Lüsten getragen und … wie soll ich sagen?. Immer mehr Mädchen in Deutschland würden zum Kopftuch-Tragen gezwungen werden. Von einem möglichen freien Willen der Mädchen geht Ates nicht aus. Doch es gibt immer mehr studierte Kopftuch tragende Musliminnen, die ihrem Lehrerberuf nachgehen möchten. Hier stellt sich die Frage, ob ein Kopftuchverbot einen Eingriff in die im Grundgesetz gegebene Berufsfreiheit bedeutet oder nicht? 


Siehe hierzu auch
http://www.politonline.ch/?content=news&newsid=1469
   20. 3. 10
Zur Frage christlicher Symbole - Von Doris Auerbach
 

Quellen: 
http://www.schweizerzeit.ch/cms/index.php?page=NewsGegen_das_Kreuz_fuer_das_Kopftuch-1221
  
Der aktuelle Freitags-Kommentar der «Schweizerzeit» vom 12. Juli 2013 von Ulrich Schlüer

http://www.deutsch-tuerkische-nachrichten.de/2013/07/481282/seyran-ates-christenkreuz-und-kopftuch-sind-nicht-dasselbe/   15. 7. 13  Seyran Ates Christenkreuz und Kopftuch sind nicht dasselbe