Nordkorea

Im Zusammenhang mit seinem vor kurzem durchgeführten Atomwaffentest und den daraufhin ergangenen internationalen Forderungen,

das Programm bedingungslos einzustellen, erklärte Nordkorea unter Verweis auf das angegriffene Libyen, dass dies effektiv eine schlechte Vorstellung sei. Libyen hatte bekanntlich sein Atomprogramm im Rahmen von Bemühungen, die Beziehungen zu den Staaten des Westens zu verbessern, 2003 eingestellt; trotz Lippenbekenntnisse von Seiten der USA zugunsten verbesserter Beziehungen erlitt das Land 2011 den Angriff der NATO und damit den erzwungenen Regimewechsel. Die Stellungnahme Nordkoreas bezeichnete letzteres als die tragischen Konsequenzen der Einstellung eines Atomprogramms und bekräftigte, dass es sicherer sei, ein solches weiterhin aufrechtzuerhalten. [1]  Wie es heisst, habe Nordkorea China darüber hinformiert, weitere Tests durchzuführen, auch wenn China Nordkorea aufgefordert hat, sich an die Abmachungen zu halten und auf Atomtechnik zu verzichten. 

Auch Putin hat geäussert, dass sein Land mit Sicherheit angegriffen worden wäre, hätte es keine atomaren Waffen besessen. »Nordkorea«, schreibt daher Michael Winkler [2], »hat eine friedenserhaltende Maßnahme durchgeführt und einen Atomsprengkopf getestet. Mit 7 Kilotonnen hatte die Ladung etwa die Hälfte der Bombe auf Hiroshima, die Ladung soll außerdem kleiner geworden sein. Es war der dritte Bombentest und die USA fürchtet, daß die Ladungen klein genug werden könnten, um auf Langstreckenraketen zu passen. Natürlich ärgert sich die USA darüber, jedoch sprechen zwei Tatsachen eindeutig für Nordkorea: Erstens, die USA hat noch nie einen Gegner angegriffen, der über Atomwaffen verfügt. Und zweitens, während Nordkorea unterirdisch testet, haben die Amis ihre ersten 3 Atombomben überirdisch getestet - zwei davon über japanischen Städten. Der bislang einzige Atomverbrecher der Weltgeschichte heißt nicht Kim Jong Un, sondern Harry S. Truman.«  

»Stehen wir kurz davor, von Nordkoreas Atomwaffen verdampft zu werden?« Diese Frage stellt Eric Margolis in seinem Artikel Hysterie rund um Kims Atomwaffen [3]. Er legt u.a. folgendes dar: Angesichts der hysterischen Reaktionen über den dritten unterirdischen Atomtest käme man sicher zu diesem Schluss. In Wirklichkeit werden wir jedoch nicht von dem jungen Führer Nordkoreas Kim Jong Un atomisiert werden. Die mittlerweile umgebrachten Muammar Gaddafi und Saddam Hussein hatten sich ebenfalls diesem gefährlichen Unternehmen gewidmet; im Gegensatz zu Nordkorea verfügten sie aber nicht über 4-6 einsatzbereite Atomwaffen – eine Lektion, die Nordkorea gut  gelernt hat. Die jeweils etwa halbjährlich von der USA, Südkorea und Australien in der Nähe Nordkoreas veranstalteten Kriegsspiele, von denen Pjöngjang behauptet, dass sie der Vorbereitung einer Invasion unter der Führung der Vereinigten Staaten von Amerika dienten, fanden indessen keine breitere Erwähnung. Diese bringen Nordkorea fast immer dazu, Raketen abzufeuern und die Kriegstrommeln zu schlagen. Klar ist, dass Nordkorea bei der Entwicklung eines kleineren nuklearen Sprengkopfes, der in eine Raketenspitze passt, sowie bei der Entwicklung einer Langstreckenrakete, die eines Tages in der Lage sein könnte, Nordamerika zu erreichen, ständige Fortschritte macht. »Wie auch immer«, führt Margolis im weiteren aus, »Nordkoreas dritter Atomwaffentest hatte weniger als die Hälfte der Sprengkraft der Bomben, die 1945 von den Vereinigten Staaten von Amerika auf Hiroshima und Nagasaki abgeworfen worden sind. Aber Pjöngjang Beschreibung eines kleineren und leichteren Geräts ließ die Alarmglocken im Pentagon schrillen. Als Antwort auf neue von der USA angeführte Sanktionen gegen Nordkorea, nachdem letzteres einen Satelliten in eine Erdumlaufbahn geschossen hatte, drohte Pjöngjang damit, seine Raketen gegen die Vereinigten Staaten von Amerika zu richten. Doch ist das noch leeres Gerede. Nordkorea verfügt bislang über keine zuverlässig genauen Interkontinentalraketen, die die USA bedrohen könnten. Es kann nicht gewährleisten, daß die verkleinerten atomaren Sprengköpfe, die das Land vermutlich entwickelt, den starken g-Kräften und der hohen Hitze des Raketenflugs widerstehen können – oder dass sie nicht explodieren würden. Nordkoreas relativ krude Mittel- und Langstreckenraketen sind ungenau und daher nicht verläßlich. Die meisten müssen stundenlang mit Flüssigtreibstoff gefüllt werden, was sie zu leichten Zielen für US-Präventivangriffe macht. Auch verbraucht Nordkorea rasch seinen Vorrat an bombentauglichem Nuklearmaterial. Das Land ist nicht imstande, dem Festland der USA einen lähmenden Schlag zu versetzen. Im Gegensatz dazu führt die 7. US-Flotte im Pazifik genügend Atomwaffen mit sich, um Nordkorea innerhalb weniger Minuten zu vernichten. Dieses letzte Aufheulen über Pjöngjang Atomwaffen muß im Zusammenhang mit der bitteren Rivalität zwischen Nord- und Südkorea gesehen werden. Ein typisches Beispiel: In der entmilitarisierten Zone, die beide trennt, hing Südkorea seine Fahne auf einen hohen Turm. Der Norden baute sofort einen Fahnenturm, der um die Hälfte höher war. Nordkorea sagt, es sei das einzige authentische Korea. Der Süden, so Pjöngjang, sei eine Kolonie der Vereinigten Staaten von Amerika mit einer Besatzung von 28.000 Soldaten. In Wirklichkeit fürchtet der Norden, daß ihn der wirtschaftlich mächtige Süden schlucken wird. Weder Japan noch China wollen ein vereintes Korea haben, daher unterstützen sie Pjöngjang offen oder geheim, während sie es offiziell wegen seiner Atomtests anklagen. Inzwischen verstoßen dieselben Atommächte, die Nordkorea abkanzeln, weil es ein atomares Arsenal aufbaut, selbst gegen den Atomwaffensperrvertrag aus dem Jahr 1970. Laut diesem Abkommen verpflichteten sich die USA, Großbritannien, Frankreich, die damalige Sowjetunion und China dazu, ihre gesamten atomaren Waffen rasch zu beseitigen. Das haben sie nie getan. Sowohl Indien als auch Pakistan und Israel haben nukleare Arsenale aufgebaut. Südkorea war auf dem Weg, Atomwaffen herzustellen, bis es von der USA dazu gezwungen wurde, das geheime Projekt einzustellen. Es wird geschätzt, daß  Japan in der Lage ist, in nur 90 Tagen eine Atomwaffe zu produzieren. 1994 unterzeichneten die Clinton-Administration und Nordkorea einen Vertrag, um die atomare Produktion des Nordens im Austausch für Nahrungsmittel und Erdöl einzustellen. Das Abkommen wurde jedoch 2002 von Neokonservativen der Bush-Administration, die fürchteten, Nordkoreas nukleares Know-how sowie seine Raketen könnten an Israels Feinde im Mittleren Osten verkauft werden, zum Entgleisen gebracht. Der Kalte Krieg zwischen der USA und Nordkorea ging somit weiter. Washington und Pjöngjang können noch immer zu einer Vereinbarung kommen. Diese wird allerdings eine ausdrückliche Verpflichtung Washingtons erfordern, nicht in Nordkorea einzumarschieren, sowie große Mengen an Hilfslieferungen. Republikaner und Neokonservative werden ein solches Abkommen jedoch heftig bekämpfen. Die amerikanischen Konservativen brauchen Feinde von außen. Gerade jetzt ist Kim Jong Un der beste, den sie haben.«  

Sanktionen 
d.a.  In Sachen Sanktionen erweist sich die EU im Verbund mit der USA jeweils als geradezu gnadenlos, gleich, in welchem Ausmass die eigentliche Bevölkerung eines Landes darunter zu leiden hat. Vor einem Jahr hat die USA Nordkorea bereits von der Nahrungsmittelhilfe abgeschnitten. Obwohl Nordkorea in Wirklichkeit bereits schwer isoliert ist, haben die Aussenminister der 27 EU-Staaten am 18. Februar weitere Reiseverbote und Vermögenssperren sowie Einschränkungen im Handel und bei Finanzgeschäften beschlossen. Davon betroffen sind laut EU-Ministerrat u.a. 33 Unternehmen, ganz gewiss zu ihrem eigenem Schaden! Der Kauf von nordkoreanischer Staatsanleihen bleibt verboten, ebenso der Edelmetallhandel.  Nordkoreanischen Banken ist es nicht mehr erlaubt, neue Filialen in der EU zu eröffnen. Handelsgüter, die möglicherweise zur Entwicklung und zum Bau von Atomraketen genutzt werden könnten, sind auf eine Verbotsliste gesetzt. Mit den Beschlüssen geht die EU teilweise über die von der UNO beschlossenen Restriktionen hinaus. Man muss sich immer wieder fragen, in welch gedanklichen Gefilden sich unsere Politiker bewegen. Laut dem deutschen Aussenminister Guido Westerwelle sei dies die Antwort auf ein Nuklearprogramm, das nicht nur eine Gefährdung der Region bedeutet, sondern auch der Sicherheitsarchitektur weltweit. Alle anderen, von der NATO und dem British Empire ausgehende Angriffsstrategien scheinen noch nie bis zu Westerwelle vorgedrungen zu sein. Obwohl bereits seit 2001 bekannt ist, dass die USA ausser dem Irak und Libyen nach Syrien noch den Libanon, Somalia, den Sudan und, wie es heisst, zum Schluss den Iran anzugreifen gedachte  [4], beliebte Obama von einem hochprovokativen Akt zu sprechen, der eine Gefahr für den Weltfrieden sei. Nordkorea, so die US-Regierung, läuft seinen internationalen Verpflichtungen zuwider und untergräbt das globale Regime gegen die Nichtweiterverbreitung von Atomwaffen. Die ersten Tests Nordkoreas waren 2006 und 2009 durchgeführt worden, woraufhin diese durch die UNO-Resolutionen 1718 vom 14. Oktober 2006 und 1874 vom 12. Juni 2009 verboten wurden. Wie Knut Mellenthin hierzu ausführt, »sollte Nordkorea durch diese Resolutionen offenbar willkürlich dafür bestraft werden, daß es jeweils kurz zuvor einen Atomwaffen-Test unternommen hatte.  Indessen sind solche Versuche ebenso wenig international verboten wie der Erwerb und die Produktion von Nuklearwaffen. Nicht einmal ihr Einsatz ist geächtet.

Von den 4 Ländern, die sich außerhalb des Nichtweiterverbreitungsvertrags Atomwaffen verschafft haben  – in historischer Reihenfolge: Israel, Indien, Pakistan und Nordkorea –  ist Nordkorea das einzige Land, gegen das internationale Strafmaßnahmen verhängt wurden. Am schlechtesten dran ist der Iran, der dem schärfsten Sanktionsregime ausgesetzt ist, das jemals in Friedenszeiten praktiziert wurde, obwohl er keine Atomwaffen besitzt und nach offizieller Aussage der US-Regierung nicht einmal den Entschluß gefaßt hat, solche Waffen zu bauen. [5]  

Bereits am 16. 9. 2006 hatte Nordkorea Verhandlungen über sein Atomwaffenprogramm abgelehnt, solange die Sanktionen der USA nicht aufgehoben seien; das Land benötige die Waffen zur Selbstverteidigung. Es bestehe kein Anlass, unter Bedingungen der US-Sanktionen an den Verhandlungstisch zurückzukehren, hatte es auf der auf der XIV. Gipfelkonferenz der Blockfreienbewegung in Havanna geheissen. Unter der atomaren Bedrohung und Erpressung durch die USA sei Nordkorea gezwungen gewesen, Besitzer von Atomwaffen zu werden. Der iranische Präsident Ahmadinejad hatte am Vortag der Konferenz bekräftigt, dass sein Land sein Programm zur friedlichen Nutzung der Atomenergie vorantreiben werde. 

»Nordkoreas bizarres Regime hat die Irak-Lektion offenbar gelernt«, schrieb Bernd Helge Sommer Ende Mai 2009 in der Berliner Umschau. »Man weiß dort, daß der beste Schutz gegen Militärinterventionen aus dem Ausland, speziell der USA, der Besitz von Massenvernichtungswaffen und der feste Wille, diese notfalls auch einzusetzen, ist. Deshalb hat sich das Land  - oft belächelt -  zur Atommacht entwickelt. Zwar ist es durchaus möglich, daß das Hauptinteresse immer noch politischen Verhandlungen gilt, aber den Status als nuklear ausgerüstete Militärmacht wird man sich nicht nehmen lassen. Viel zu machen ist da nicht.  ….. Vorschläge, die Welt atomwaffenfrei zu machen, blieben bislang immer nur Phrasen. Das wird sich nicht ändern. Ist es aber so, dann ist die weitere Verbreitung dieser Waffen - auch chemischer sowie biologischer - letztlich nur eine Frage der Zeit. Dies der Führung in Pjöngjang vorzuwerfen, wäre aber die reine Heuchelei. Genau nach diesen Regeln wird Weltpolitik  gemacht.«  [6] 

Nachdenklich stimmen sollte im übrigen, was Ursula Schnyder in ihrem in der NZZ vom 14. 10. 2003 erschienenen Aufsatz zu dem 2003 erschienenen Buch von Thomas Powers Inelligence Wars, American Secret History from Hitler to Al-Qaeda festhielt: In diesem schreibt der Autor: Im Koreakrieg gelang es den Amerikanern zwar, einen Agressor in seine Schranken zu weisen, sie verzichteten jedoch darauf, ihn zu entmachten.

 

[1]  Quelle: http://www.antikrieg.com/  
http://antikrieg.com/aktuell/2013_02_22_nordkorea.htm
   21. 2. 13 
Nordkorea: NATO-Krieg gegen Libyen beweist, dass Abrüstung unklug ist - Von Jason Ditz 
[2]  http://www.michaelwinkler.de/Kommentar.html   13.
2. 13  
[3]  Quelle: http://www.antikrieg.com/   
http://antikrieg.com/aktuell/2013_02_16_hysterie.htm   16.. 2. 13  Originalartikel siehe  http://ericmargolis.com/2013/02/hysteria-over-kims-nukes/    16. 2. 13
Hysteria Over Kim’s Nukes by Eric Margolis 
[4]  http://www.globalresearch.ca/destroying-countries-transforming-syria-into-a-failed-state/5317160  29. 12. 12 
Wiping Countries Off the Map: Who’s Failing the Failed States  - Washington is in the business of destroying a very long list of countries By Prof Michel Chossudovsky 
[5]  http://www.jungewelt.de/2012/12-13/033.php  13. 12. 12  
Gelungene Überraschung  -  USA verurteilen nordkoreanischen Raketenstart als »hochgradig provokatorisch«  -  Von Knut Mellenthin 
[6]  http://www.berlinerumschau.com/index.php?set_language=de&cccpage=26052009ArtikelKommentarSommer1  26. 5. 09  Kommentar: Kim Jong Il zieht durch - UN und USA offenbar machtlos Von Bernd Helge Sommer  Jetzt haben wir den Salat.