Dagestan: Syrien kommt nach Rußland - Von F. William Engdahl

Die Ermordung des angesehensten religiösen Sufi-Führers in Dagestan, Rußlands unsichere Kaukasus-Gegend,

geschah gerade dann, als Salafi-Dschihadisten in Libyen einen US-Botschafter ermordeten, der eigentlich ein wichtiger Beteiligter an der Absetzung von Gaddafi und der Machteinsetzung der salafistischen Muslimbruderschaft sowie der Dschihadisten war. In der ganzen islamischen Welt ist heute im Namen des islamischen Fundamentalismus eine Hasswelle entfesselt worden, die einen neuen Weltkrieg bringen könnte, denn das Manipulieren von religiösem Eifer ist ein explosiver Cocktail. Das ist die Konsequenz des Greater Middle East Projects, das 2010 ins Spiel kam und zuvor von Kreisen in Washington, London und Tel Aviv ausgebrütet worden war.  

Syrien kommt in den russischen Kaukasus  
Am 28. August wurde Scheich Said Afandi, anerkanntes geistliches Oberhaupt der autonomen russischen Republik Dagestan, ermordet. Einer Dschihadistin als Selbstmordattentäterin gelang es, in dessen Haus einzudringen und eine Sprengladung zu zünden. Das Mordziel war sorgfältig ausgewählt. Scheich Afandi, ein 75 Jahre alter muslimischer Sufi-Führer, hatte bei dem Versuch, in Dagestan zwischen sunnitischen Salafi-Muslimdschihadisten und anderen Splittergruppen, wovon sich viele in Dagestan als Anhänger der Sufi betrachten, eine Versöhnung herbeizuführen, die entscheidende Rolle gespielt. Da kein Ersatz für seine moralische Statur und Integrität sichtbar ist, fürchten die Behörden den möglichen Ausbruch eines Religionskriegs in der kleinen russischen Republik.  [1]  Laut Bericht der Polizei war die Mörderin eine zum Islam übergetretene russische Frau, die entweder mit einem islamischen Fundamentalisten verbunden war oder mit einem salafistischen Aufstand, der sich gegen Moskau-treue Regionalregierungen der autonomen Republiken und die unsichere, mit Muslimen besiedelte nördliche Kaukasus-Region richtete. Die ethnisch-muslimische Bevölkerung in dieser Region der ehemaligen Sowjetunion  - Usbekistan, Kirgistan und die chinesische Provinz Xinxiang eingeschlossen -  waren seit dem Ende der Ära des Kalten Kriegs im Jahr 1990 das Ziel verschiedener US-und NATO-Geheimdienstoperationen. Washington sieht die Manipulation der muslimischen Gruppen als ein Mittel, unkontrollierbares Chaos nach Rußland und Zentralasien zu bringen. Es wird von den gleichen Organisationen durchgeführt, die bei der Schaffung des gegen die Regierung von Baschar Al-Assad gerichteten Chaos in Syrien engagiert wurden. In gewisser Weise  - wie dies die russischen Geheimdienste klar erkennen -  wird das Chaos über den Kaukasus zu ihnen kommen. Die neuesten Ermordungen von Sufis und anderen gemäßigten muslimischen Führern im Kaukasus durch Salafisten sind offenbar ein Teil der vielleicht gefährlichsten US-Geheimdienstoperationen; und letztere spielen weltweit mit dem muslimischen Fundamentalismus. 

Schon zuvor hatten die USA und die alliierten Geheimdienste in dem einen oder anderen Land schnell und locker mit religiösen Organisationen oder Überzeugungen gespielt. Was die gegenwärtige Situation besonders gefährlich macht - insbesondere seit der Entscheidung in Washington, die fälschlich als arabischer Frühling bezeichneten Umbrüche zu entfesseln, die 2010 in Tunesien begannen und sich wie ein Buschfeuer in der gesamten islamischen Welt von Afghanistan über Zentralasien bis nach Marokko verbreiteten - ist die unberechenbare Welle von Totschlag und Hass sowie die Zerstörung gesamter Kulturen, die Washington im Namen der Demokratieausgelöst hat. Dies geschieht mit Hilfe von angeblichen Al-Qaida-Gruppen, Saudi- Salafisten oder Wahhabiten, oder durch die Schüler der Fethullah Gülen Bewegung in der Türkei, um gegen den Islam und die anderen Glaubensrichtungen einen Brandherd religiösen Hasses zu legen, der Jahrzehnte zum Löschen brauchen könnte und leicht in einen neuen Weltkrieg münden könnte.

Der Fundamentalismus dringt in den Kaukasus ein  
Nach der Auflösung der Sowjetunion überschwemmten radikale afghanische Mudschaheddin, Islamisten aus Saudi-Arabien, der Türkei, aus Pakistan und anderen islamischen Ländern die muslimischen Regionen der ehemaligen UdSSR. Eine der am besten organisierten Gruppen war die Gülen-Bewegung von Fethullah Gülen, der Anführer eines globalen Netzwerks von islamischen Schulen und dafür berüchtigt, einen bedeutenden politischen Einfluss auf Erdogans türkische AKP-Partei auszuüben. Gülen gelang es schnell, das türkische Internationale Dagestan-College in Dagestan zu eröffnen. Während der chaotischen Tage nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion wurde das College vom Justizministerium der Russischen Föderation offiziell registriert und die Erlaubnis für dessen ungehinderte Tätigkeit für eine Vielzahl von islamischen Stiftungen und Organisationen erteilt. Dazu gehörten die Liga der islamischen Welt, die muslimische Jugendweltversammlung und die angeblich Al-Qaida-freundliche Saudi-Stiftung Ibrahim Ben Abd al-Aziz al-Ibrahim. Die Schwarze Liste enthielt auch Al-Haramein, eine angeblich an Al-Qaida gebundene Saudi-Stiftung und IHH [2], eine in Deutschland verbotene türkische Organisation, die angeblich Geld für Dschihad-Kämpfer in Bosnien, Tschetschenien und Afghanistan sammelte, und die vom französischen Geheimdienst beschuldigt wurde, Verbindungen zu Al- Qaida zu unterhalten. [3]  Viele dieser Wohltätigkeitsorganisationen bildeten die Deckung für fundamentalistische Salafisten mit ihrer eigenen speziellen Agenda. Da in Tschetschenien und Dagestan zahlreiche an der Entstehung von regionalen Unruhen und am Bürgerkrieg beteiligte ausländische Islamisten entdeckt wurden, entzogen die russischen Behörden den meisten Schulen und Institutionen die Lehrerlaubnis. Zur Zeit des Tschetschenienkriegs in den späten 1990er Jahren gab es im gesamten Nordkaukasus mehr als zwei Dutzend islamischer Institute, ca. 200 Madrasas und an fast allen Moscheen zahlreiche Maktabas [Schulen für Koranstudien]. Das von der Organisation Fethullah Gülen betriebene Internationale Dagestan-College war eines der Einrichtungen, die ihre Türen in Dagestan schließen mußten.  [4]  Zum Zeitpunkt der russischen Razzia gegen die Ausbreitung der Salafisten-Lehre am Ende der 1990er Jahre erfolgte die Auswanderung von Hunderten von jungen muslimischen Dagestan- und Tschetschen-Studenten in die Türkei, Saudi-Arabien, Pakistan und in andere Orte im Nahen Osten, angeblich zur Ausbildung durch die Gülen-Bewegung und verschiedene von den Saudis finanzierte Organisationen. [5]  2005 war die Situation im Kaukasus durch die salafistische Intervention derart beeinflußt, dass der Tschetschen-Salafist Doku Umarov, den der UN-Sicherheitsrat beschuldigte, Verbindungen zu Al-Qaida zu unterhalten [6], erklärte, ein Kaukasus-Emirat aufbauen zu wollen; er kündigte an, einen islamischen Staat unter Scharia-Recht zu planen, der die gesamte Nordkaukasus-Region umfassen würde, einschließlich Dagestans, und proklamierte sich als Emir des Emirats Kaukasus.  [7]

Der Salafismus im Krieg mit der Sufi-Tradition 
Der Salafismus, in Saudi-Arabien als Wahhabismus bekannt, ist eine fundamentalistische Linie des Islams, auf die die Welt im März 2001, nur wenige Wochen vor den Anschlägen des 11. 9. aufmerksam wurde, als die Salafisten in Afghanistan die gigantischen historischen Buddhas von Bamiyan  - religiöse Statuen und Skulpturen aus dem 6. Jahrhundert -  auf der antiken Seidenstraße gesprengt und zerstört hatten. Die Taliban-Salafistenführer verboten gemäß einer strengen Auslegung der Scharia jegliche Art von Bildern sowie Musik, Sport und Fernsehen als unislamisch. Afghanische Quellen berichten, dass der Befehl, die Buddhas zu zerstören, von dem Saudi-amerikanischen Dschihad-Wahhabiten Osama bin Laden kam, der den damaligen obersten Führer der Taliban, Mullah Omar, davon überzeugte, die Zerstörung auszuführen.  [8]  Während die Sufis die Anbetung der Heiligen und die theatralisch-zeremoniellen Gebete in ihre Praxis aufnahmen, verurteilen die Salafisten die nicht-traditionellen Formen der Anbetung als Götzendienst. Sie fordern auch die Einrichtung einer islamisch-politischen Herrschaft und strenges Scharia-Recht. Der Sufismus ist die Heimat des großen spirituellen und musikalischen Erbes des Islams, und gemäss islamischer Gelehrten die innere mystische oder psycho-spirituelle Dimension des Islams, die Jahrhunderte zurückreicht. Ein Sufi-Gelehrter beschreibt den Kern des Sufismus wie folgt: »Während alle Muslime glauben, dass sie auf dem Weg zu Gott sind und nach dem Tod und dem letzten Gericht Gott im Paradies nahekommen werden, glauben die Sufis auch, dass es möglich ist, Gott noch zu Lebzeiten nahezukommen und diese Nähe erleben zu können. Darüber hinaus behaupten die Sufis, dass das Erlangen von Wissen, das mit solcher Gottesnähe verbunden ist, der eigentliche Zweck der Schöpfung ist.« Sie erwähnen den Hadith Qudsi, in dem Gott sagt: Ich war ein verborgener Schatz und ich liebte es, dass ich bekannt wurde, so dass ich die Schöpfung schuf, um bekannt zu werden. Daher gibt es für die Sufis bereits einen von Gott ausgeübten Impuls, eine kontinuierliche Attraktion auf ihre Herzen, die sie in Liebe zu Gott zieht.  [9] 

Die mystische islamische Strömung des Sufismus und ihr Streben, Gott nahezukommen oder mit Gott eins zu werden, steht in krassem Gegensatz zum Dschihad der Salafisten oder der heutigen Wahhabiten, die mit tödlichen Waffen ausgestattet sind, eine falsche Doktrin des Dschihads und einen perversen Sinn des Martyriums predigen, und unzählige Gewalttaten begehen. Es ist daher kein Wunder, dass die Opfer der Salafisten-Dschihadisten meistens andere pazifische Formen des Islams sind, vor allem auch die der Sufis. Der angesehene 75jährige Afandi hatte den Islamismus der Salafisten öffentlich verurteilt. Sein Mord folgte auf einen koordinierten Angriff auf zwei hochrangige Muftis der russischen Wolga-Republik Tatarstan am 19. Juli 12.  Beide Opfer waren staatlich anerkannte religiöse Führer, die den radikalen Islam verurteilt hatten. Diese letzte Runde von Morden öffnet eine neue Salafistenfront im Krieg gegen Rußland, nämlich die Angriffe auf moderate muslimische Sufiführer. Ob Dagestan jetzt in einen religiösen Bürgerkrieg gleitet, der sich dann über den geopolitisch sensiblen russischen Kaukasus verbreitet, ist noch nicht sicher. Fast sicher ist jedoch, dass die gleichen Kreise, die in Syrien Gewalt und Terror gegen das Regime des Alawiten-Präsidenten Bashar al-Assad verbreitet haben, hinter der Tötung von Scheich Afandi stehen, sowie hinter ähnlichen Terror- resp. Unruheaktionen in Rußlands mit Muslimen besiedeltem Kaukasus. In einem sehr wahren Sinne stellt es Rußlands Albtraum-Szenarium dar: Syrien kommt nach Rußland. Es zeigt auf drastische Weise auf, warum Putin solche Anstrengungen macht, um in Syrien den Abstieg in eine mörderische Hölle zu stoppen. 

Der Salafismus und die CIA 
Die Existenz der sogenannten Dschihad-Salafi-Form des Islams in Dagestan ist relativ neu. Sie wurde absichtlich eingeführt. Salafismus wird manchmal auch mit dem Namen des älteren Saudi- zentrierten Wahhabismus bezeichnet. Wahhabismus ist eine ursprüngliche Minderheitsform des Glaubens der Beduine, die ihren Ursprung im Islam hat und die seit 1700 in Saudi-Arabien existiert. Irfan Al-Alawi und Stephen Schwartz vom Zentrum für islamischen Pluralismus führen die folgende Beschreibung der saudischen Bedingungen unter der starren Wahhabiten-Marke des Islams an: Frauen, die unter Saudi-Regeln leben, müssen die Abaya oder den Ganzkörper-Umhang, und den Niqab, den Gesichtsschleier, tragen; sie haben nur begrenzte Möglichkeiten für Ausbildung und Karriere; sie dürfen keine Fahrzeuge steuern; sozialer Kontakt mit nicht verwandten Männern ist verboten, und jede persönliche Aktivität muß von einem männlichen Familienmitglied oder Vormund überwacht werden, einschließlich der Eröffnung eines Bankkontos. Diese Wahhabiten-Regeln werden von einem Mutawiyin oder einer auch als Religionspolizei bekannten Moralmiliz überwacht, die offiziell als Kommission für die Förderung der Tugend und Vorbeugung von Lastern (CPVPV) bezeichnet wird; diese patrouilliert in den saudischen Städten und ist mit Stöcken bewaffnet, die mit Leder bezogen sind; diese können sie frei gegen diejenigen benützen, die sie für Abtrünnige halten. Sie dringen auf der Suche nach Alkohol und Drogen in die Häuser ein und belästigen nicht-wahhabitische Muslime sowie Gläubige anderer Religionen. [10]  Es wird des öfteren berichtet, dass die saudische, unanständig opulente und moralisch vielleicht nicht ganz vom höchsten Standard geprägte Königsfamilie ein faustisches Abkommen mit den Wahhabiten-Führern getroffen hat. Angeblich besteht das Abkommen darin, dass die Wahhabiten ihre fanatische Marke des Islams frei in die islamischen Bevölkerungen der Welt exportieren dürfen, mit der Gegenleistung, die saudischen Könige in Ruhe zu lassen.  [11]  Es gibt jedoch noch andere dunkle und schmutzige Löffel, die in dem saudischen Wahhabiten-Salafisten-Eintopf herumrühren.  

Weniger bekannt ist die Tatsache, dass die gegenwärtige aggressive Form des saudischen Wahhabismus in Wirklichkeit eine Art Verschmelzung von importiertem Salafisten-Dschihad aus Ägyptens Muslimbruderschaft mit den fundamentalistischen Saudi-Wahhabiten ist. In den 1950er Jahren wurden von der CIA Salafisten-Führungsmitglieder der ägyptischen Muslimbruderschaft in das Königreich Saudi-Arabien eingeführt: dies in einer komplexen Reihe von Ereignissen, als Nasser nach einem Attentatsversuch hart gegen die Muslimbruderschaft einschritt. Von den 1960er Jahren an kam infolge der Unterdrückung durch Nasser ein Strom von ägyptischen Mitgliedern der Muslimbruderschaft nach Saudi-Arabien; viele der führenden Lehraufträge in saudischen Religionsschulen wurden von ihnen besetzt. Und damals war einer der Studenten der junge wohlhabende Saudi mit Namen Osama bin Laden.  [ 12]  Während des Dritten Reichs hatte Hitlerdeutschland die Muslimbruderschaft unterstützt, als Waffe gegen die Briten in Ägypten und anderswo im Nahen Osten. Marc Erikson beschreibt die Naziwurzeln der ägyptischen Muslimbruderschaft: ».... .als  der italienische und der deutsche Faschismus versuchten, in den 1930er und 40er Jahren größere Einsätze im Nahen Osten zu erzielen, um der britischen und französischen Macht zu begegnen, folgte eine enge Zusammenarbeit zwischen faschistischen Agenten und islamistischen Führern. Während der Arabischen Revolte 1936 bis 39 sandte Admiral Wilhelm Canaris, Chef des deutschen militärischen Abwehrdienstes, Agenten und Geld, um den palästinensischen Aufstand gegen die Briten zu unterstützen, so, wie es auch der Gründer und oberste Führerder Muslimbruderschaft, Hassan al-Banna, tat. Eine Schlüsselfigur in der faschistisch-islamistischen Verbindung und Vermittler zwischen den Nazis und al-Banna war der Großmufti von Jerusalem, Haj Amin el-Husseini.«  [13]  Nach der Niederlage Deutschlands kam der britische Geheimdienst, um die Kontrolle über die Muslimbruderschaft zu übernehmen. Aus finanziellen und anderen Gründen entschieden die Briten in den 1950er Jahren, ihr Vermögen  innerhalb der Muslimbruderschaft an ihre CIA-Kollegen abzutreten.  [14]  Laut dem ehemaligen Nazi-Forscher John Loftus im US-Justizministerium »evakuierte die CIA die Nazis in der Muslimbruderschaft in den 1950ern nach Saudi Arabien. Als diese in Saudi-Arabien ankamen, wurden einige ihrer führenden Köpfe, wie z.B. Dr. Abdullah Azzam, Lehrer in den Madrasas, den religiösen Schulen. Und dort verbanden sie die Lehren des Nationalsozialismus mit diesem seltsamen islamischen Kult, dem Wahhabismus.«  [15]  »Jeder glaubt, dass der Islam diese fanatische Religion sei, was er aber nicht ist«, fährt Loftus fort. »Sie denken, dass die saudische Version des Islams charakteristisch ist, aber sie ist es nicht. Der Wahhabitenkult wurde mehr als 60 Mal von den muslimischen Nationen als Häresie verurteilt. Aber als die Saudis wohlhabend wurden, kauften sie eine Menge Schweigen. Der Wahhabismus ist ein sehr harter Kult und wurde nur von den Taliban und in Saudi Arabien ausgeübt: das zeigt, wie extrem er ist. Er hat wirklich nichts mit dem Islam zu tun. Der Islam ist eine sehr friedliche und tolerante Religion. [Diesbezüglich kann man allerdings durchaus auch gegenteiliger Meinung sein: Anmerk. politonline]  Er hatte während der ersten tausend Jahre seiner Existenz immer gute Beziehungen zu den Juden unterhalten.«  [16]  Loftus identifizierte die Bedeutung dessen, was Ägypten - aus dem Schatten tretend - heute unter dem der Muslim-Bruderschaft angehörenden Präsidenten Mohamed Morsi und vom sogenannten Syrischen Nationalrat [Syrian National Council SNC] erwartet; letzterer wird in Wirklichkeit von der Muslimbruderschaft dominiert, aber öffentlich von politisch korrekteren oder präsentableren Persönlichkeiten wie Bassma Kodmani geführt. Kodmani, die außenpolitische Sprecherin des SNC, war zweimal ein zu den Treffen der Bilderberger eingeladener Gast.  [17]  [Anmerk. politonline: 2008 auf der Bilderberger-Konferenz in Chantilly, Virginia, USA, vom 5. bis 8. Juni; 2012 auf der Konferenz vom 31. bis 3. Juni, ebenfalls in Chantilly; es waren Bassma Kodmani, die Direktorin der Arabischen Reform-Initiative, sowie der Direktor der deutschen Stiftung Wissenschaft und Politik SWP, Volker Perthes, die auf der Bilderberger-Konferenz von den wirtschaftlichen, politischen und militärischen Vorteilen einer möglichen Intervention der Allianz in Syrien sprachen.]  

Der bizarrste und alarmierendste Aspekt der im Jahr 2010 gestarteten US-finanzierten Regimewechsel, die zur Zerstörung der weltlichen arabischen Regimes von Hosni Mubarak in Ägypten und von Gadaffi in Libyen geführt haben, aber auch des säkularen Regimes von Präsident Ben Ali in Tunesien und letztlich zu den in den zurückliegenden achtzehn Monaten in Syrien angerichteten Zerstörungen führten, ist der aufstrebende Griff zur Macht von Vertretern der düsteren Salafistischen Muslimbruderschaft. Laut gut informierten Quellen dominiert eine Saudi-finanzierte, sunnitisch-islamische Muslimbruderschaft die Mitglieder des im Exil befindlichen Syrischen Nationalrats, der von Hillary Clinton und François Hollande unterstützt wird. Die syrische Muslimbruderschaft ist an die ägyptische muslimische Bruderschaft von Präsident Morsi gebunden; dieser hatte sich kürzlich in einer Sitzung der Blockfreien Nationen [NAM] im Iran offen für die Entfernung von Syriens al-Assad ausgesprochen: ein logischer Schritt, wenn seine muslimischen Brüder im SNC die Zügel der Macht übernehmen sollten. Die Saudis sollen, Gerüchten zufolge, die Machtergreifung der islamistischen Regierungspartei Ennahda in Tunesien finanziert haben;  [18]  sie sind ferner dafür bekannt, die Aktivitäten des von der Muslimbruderschaft dominierten SNC gegen Baschar al-Assad zu finanzieren. [19]    

Morsis Herrschaft über den Salafi-Terror 
Der Indikator für die wahre Agenda dieser Muslimbruderschaft und der ihr verwandten Dschihadisten ist heute die Tatsache, daß sie  - sobald sie die Macht übernommen haben - den Schleier der Mäßigung und Versöhnung fallen lassen und ihre zutiefst intoleranten Wurzeln enthüllen würden. Dies ist heute schon unter Präsident Morsi in Ägypten sichtbar. Bisher in den etablierten westlichen Medien nicht gemeldet sind die alarmierenden Berichte von Mitarbeitern christlicher Missionarsorganisationen in Ägypten, daß Morsis Muslimbruderschaft bereits damit begonnen hat, den Schleier der Moderation und Vermittlung fallenzulassen und die brutalen totalitären Salafi-Farben zeigt, wie es die radikalen Scharia-Kräfte von Khomeini im Iran nach der Übernahme der Kontrolle 1979 - 81 taten. In einem von der Christian Aid Mission (CAM) verteilten Brief schrieb ein ägyptischer Missionar, daß Morsis Muslimbruderschaft »angekündigt hatte, sie würde das Land zerstören, wenn Morsi nicht gewänne«, aber sie sagte auch, »daß sie an all denjenigen Rache nehmen würden, die seinen Gegner Ahmed Shafiq wählten, vor allem an den  Christen, von denen man sicher weiß, daß sie für Shafiq gestimmt haben. Gestern fingen sie aus diesem Grund mit dem Töten von zwei Gläubigen in el Sharqiya an«, fügte der Missionar, der unter der Bedingung der Anonymität sprach, hinzu.  [20]  Dieser Bericht traf nur Wochen später ein, nachdem das [unter der Kontrolle von Morsi stehende] ägyptische staatliche Fernseher grausame Videoaufnahmen von einem vom Islam zum Christentum Übergetretenen sendete, der von  Muslimen ermordet worden war. Das Filmmaterial zeigte einen jungen Mann, dem von maskierten Männern ein Messer an den Hals gedrückt wird. Als man einen Mann ein muslimisches Gebet, das das Christentum verurteilt, auf Arabisch singen hörte, begann der das Messer haltende Mann zu schneiden und trennte dem Konvertit inmitten von Allahu Akbar Rufen [Allah ist groß] langsam den Kopf ab. In dem Schreiben wurde hinzugefügt, »daß die Christen in Ober-Ägypten bald nach Morsis Sieg gewaltsam daran gehindert werden würden, in die Kirche zu gehen.« »Viele Muslime, behauptete der Brief, begännen auch Frauen in den Straßen anzusprechen, damit sie die islamische Kleidung einschließlich der Kopfbedeckung trügen. Sie handeln, als ob das Land ihr eigenes wäre, es ist es jetzt schon.«  [21]  Bereits im Jahr 2011 begannen die Salafi-Anhänger von Morsi Sufi-Moscheen in Ägypten anzugreifen und zu zerstören. Laut der autorisierten Zeitung Al-Masry Al-Youm] [Ägypten von Heute] wurden 16 historische, zum Sufi-Orden gehörende Moscheen in Alexandria zur Zerstörung durch sogenannte Salafis gekennzeichnet. Alexandria hat 40 den Sufi zugeordnete Moscheen und ist der Hauptsitz für 36 Sufi-Gruppen. Eine halbe Million Sufis leben in der Stadt, die insgesamt 4 Millionen Einwohnern zählt. Die Aggression gegen die Sufis in Ägypten betrifft auch einen Angriff auf die bedeutendste Moschee von Alexandria, welche das Grab des Sufi Al-Mursi-Abu l-Abbas vom 13. Jahrhundert beherbergt und dessen Namen sie trägt.  [22]   

Auch das sogenannte demokratisch gewählte Regime in Libyen zerstörte nach dem Sturz von  Muammar Gadaffi insbesondere Sufi-Moscheen und Gebetsorte. Im August dieses Jahres äußerte die UNESCO-Generaldirektorin Irina Bokova angesichts der Zerstörung von Sufi-Plätzen in Zliten, Misurata und Tripolis durch islamische Dschihadisten ihre  tiefe Besorgnis, und drängte die Täter, die Zerstörung sofort zu unterlassen.  [23]  Hinter den Kulissen wird die libysche Regierung von den Machenschaften der Dschihadisten und der Anhänger der Muslimbruderschaft dominiert, genauso wie in Tunesien und Ägypten.  [24]  Der explosive Cocktail von Gewalt, der den Aufstieg der Salafi-Islamisten zur Macht im Nahen Osten begleitet, war klar vorauszusehen, dies symbolisch genug in der Nacht vom 11. September, als eine Meute von wütenden Unterstützern der fanatischen Salafisten-Gruppe Ansar Al-Sharia den US-Botschafter in Libyen und drei US- Diplomaten ermordeten und das US-Konsulat in Bengasi niederbrannten, dies aus Protest gegen den YouTube Film des US-amerikanischen Filmproduzenten über Mohammed. Ironischerweise spielte US-Botschafter Christopher Stevens eine Schlüsselrolle beim Sturz von Gaddafi und bei der Ermöglichung der Übernahme der Macht durch die Salafisten in Libyen. Zur gleichen Zeit umgab ein wütender Mob von Tausenden von Salafisten die US-Botschaft in Kairo, ebenfalls aus Protest gegen den US-Film.  [25]  Ansar Al-Sharia [Partisanen des islamischen Gesetzes] ist angeblich ein Deckname von Al-Qaida; ihre Mitglieder behaupten, Organisationen im Nahen Osten vom Jemen bis nach Tunesien, im Irak, in Ägypten und in Libyen zu haben. Ansar al-Scharia erklärt, das Modell der Scharia oder der strengen Scharia der Taliban in Afghanistan und des islamischen irakischen Staats zu reproduzieren. Der Kern der Gruppe sind Dschihadisten, die aus einem islamischen Staat kamen, entweder Mitte der 1990er aus Afghanistan oder nach der US-geführten Invasion im Jahr 2003 aus dem Irak.  [26]    

Die beabsichtigte gegenwärtige Explosion einer neuen Runde des fundamentalistischen Salafi-Dschihad-Terrors innerhalb der muslimischen Regionen des russischen Kaukasus ist zeitlich perfekt eingetreten, um maximalen Druck auf die Regierung von Vladimir Putins Rußland auszuüben. Putin und die russische Regierung sind die stärksten und wichtigsten Unterstützer der derzeitigen syrischen Regierung von Baschar al-Assad, und für Rußland ist der Erhalt des einzigen russischen Flottenstützpunkts im syrischen Tartus von großer strategischer Bedeutung. Gleichzeitig zeigt die gerissene Botschaft Obamas an Medwedew, bis zur Wiederwahl von ersterem zu warten, und Putins kürzlich erfolgter rätselhafter Kommentar, daß ein Kompromiß mit Obama, jedoch nicht mit Romney möglich sei [27],  daß Washingtons Taktik des Zuckerbrots und Peitsche mit Moskau dazu führen könnte, daß Rußland der Versuchung erliegt, besonders wichtige geopolitische Allianzen aufzugeben, vielleicht sogar die derzeit aufgebauten speziell engen geopolitischen Beziehungen zu China  [28].  

Sollte dies eintreten, so würde die Welt Zeuge eines Wiedereintretens der amerikanisch-russischen Beziehungen mit katastrophalen Folgen für den Weltfrieden werden.

 

Quelle: http://www.voltairenet.org/Salafism-CIA-The-winning-formula   13. 9. 12  
Salafism + CIA: The winning formula to destabilize Russia, the Middle East by F. William Engdahl resp.  http://www.voltairenet.org/article176136.html  4. 10. 12 Dagestan: Syrien kommt nach Rußland...   von F. William Engdahl 
Von Engdahl sind zahlreiche Artikel auf politonline zu finden

[1]  Dan Peleschuk, Sheikh Murdered Over Religious Split Say Analysts, RIA Novosti, August 30, 2012
[2]  Mairbek Vatchagaev, The Kremlin’s War on Islamic Education in the North Caucasus, North Caucasus Analysis Volume: 7 Issue: 34
[3]  Iason Athanasiadis, Targeted by Israeli raid: Who is the IHH?, The Christian Science Monitor, June 1, 2010
[4]  Ibid
[5]  Mairbek Vatchagaev, op. cit.
[6]  UN Security Council, QI.U.290.11. DOKU KHAMATOVICH UMAROV, 10 March 2011
[7]  Tom Jones, Czech NGO rejects Russian reports of link to alleged Islamist terrorists al-Qaeda, May 10, 2011 
[8]  The Times of India, Laden ordered Bamyan Buddha destruction, March 28, 2006 
[9]  Dr. Alan Godlas, Sufism - Sufis - Sufi Orders  
[10]  Irfan Al-Alawi and Stephen Schwartz, Wahhabi Internal Contradictions as Saudi Arabia Seeks Wider Gulf Leadership, Center for Islamic Pluralism, May 21, 2012 
[11]  Ibid  
[12]  Robert Duncan, Islamic Terrorisms Links to Nazi Fascism, AINA, July 5, 2007  
[13]  Marc Erikson, Islamism, fascism and terrorism (Part 2), AsiaTimes.Online, November 8, 2002 [14]  Ibid 
[15]  John Loftus, The Muslim Brotherhood, Nazis and Al-Qaeda, Jewish Community News, October 11, 2006 
[16] Ibid  
[17]  Charlie Skelton, The Syrian opposition: who’s doing the talking?: The media have been too passive when it comes to Syrian opposition sources, without scrutinising their backgrounds and their political connections. Time for a closer look …, The Guardian, UK, 12 July 2012 
[18]  Aidan Lewis, Profile: Tunisia’s Ennahda Party, BBC News, 25 October 2011 
[19]  Hassan Hassan, Syrians are torn between a despotic regime and a stagnant opposition: The Muslim Brotherhood’s perceived monopoly over the Syrian National Council has created an opposition stalemate, The Guardian, UK, 23 August, 2012 
[20]  Stefan J. Bos, Egypt Christians Killed After Election of Morsi, Bosnewslife, June 30, 2012
[21]  Ibid  
[22]  Irfan Al-Alawi, Egyptian Muslim Fundamentalists Attack Sufis, Guardian Online [London], April 11, 2011   
[23]  Yafiah Katherine Randall, UNESCO urges Libya to stop destruction of Sufi sites, Sufi News and Sufism World Report, August 31, 2012  
[24]  Jamie Dettmer, Libya elections: Muslim Brotherhood set to lead government, The Telegraph, London, 5 July, 2012  
[25]  Luke Harding, Chris Stephen, Chris Stevens, US ambassador to Libya, killed in Benghazi attack, The Guardian, 12 September 2012 
[26]  Murad Batal al-Shishani, Profile: Ansar al-Sharia in Yemen, BBC, 8 March 2012 
[27] David M. Herszenhorn, Putin Says Missile Deal Is More Likely With Obama, The New York Times, September 6, 2012
[28]  M.K. Bhadrakumar, Calling the China-Russia split isn’t heresy, Asia Times, September 5, 2012