Drohnenkriege - Von Doris Auerbach

Bereits Ende Januar hatten Berliner Regierungsberater einem Bericht von German Foreign Policy zufolge

vor der Fortführung der deutschen Komplizenschaft mit den zunehmenden gezielten Tötungen durch US-Streitkräfte und CIA gewarnt. Wie eine Studie der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) bestätigte, weitet die USA ihre Praxis des Targeted Killing nicht nur in Pakistan dramatisch aus. Diskutiert werde laut SWP auch, Angehörige mexikanischer Drogen- und Waffenkartelle mit Drohnenangriffen oder mit gezielten Kommandoaktionen auszuschalten, sofern sie US-Interessen bedrohen. In die gezielten Tötungen in Afghanistan  - bewaffnete Attacken auf mutmassliche Aufständische die ohne Gerichtsverfahren hinzurichten sind -  sind nicht nur Spezialkräfte der Bundeswehr involviert; auch die Erkenntnisse deutscher Geheimdienste und Polizeibehörden können zu ihnen beitragen, weil sie im Rahmen der sogenannten Anti-Terror-Kooperation an US-Stellen weitergeleitet werden. Die SWP rechnet damit, dass Washington in der näheren Zukunft massiv um stärkere Unterstützung für die Tötungsaktionen werben wird - auch in Berlin. [1]

Laut einem Bericht vom September 2010 finanzieren staatliche Stellen in der BRD die Entwicklung der immer stärker von der Bundeswehr genutzten Drohnentechnologie. Die Forschungsprojekte, denen ein potentieller dual use-Charakter nicht abgesprochen werden kann, zielen insbesondere auf die Abwehr von Angriffen feindlicher Kombattanten im Inland. Daneben sollen die Unmanned Aerial Vehicles (UAV) neben Industrieanlagen auch Grossereignisse mit dem Ziel überwachen, frühzeitig den unkontrollierten Austritt von chemischen, biologischen und radioaktiven Gefahrstoffen zu erkennen und Lagedarstellungen zu gewinnen. »Die wissenschaftlichen und technischen Arbeiten werden von einer umfangreichen Begleitforschung flankiert. Diese befasst sich zum einen mit der Erstellung sogenannter Risiko- und Bedrohungsanalysen, aus denen normierte Anweisungen für Rettungs- und Repressionskräfte abgeleitet werden können. Zum anderen sollen sowohl die Akzeptanz von Drohneneinsätzen bei der Bevölkerung als auch der volkswirtschaftliche Nutzen der UAV-Technologie untersucht werden.«  [2]

Mit deutscher Beteiligung
Wie die SWP darlegt, ist Deutschland in das Targeted Killing in Afghanistan aktiv verwickelt. Die  Bundesregierung vertritt ausdrücklich die Ansicht, dass »in einem nichtinternationalen bewaffneten Konflikt«   - als ein solcher wird der Afghanistankrieg eingestuft - »feindliche Kämpfer prinzipiell auch ausserhalb der Teilnahme an konkreten Feindseligkeiten gezielt bekämpft werden dürften.« Dies schliesse »den Einsatz tödlich wirkender Gewalt ein«. So werden in Afghanistan Listen mit Namen tatsächlicher oder angeblicher Aufständischer erstellt, deren Festnahme oder Tötung geplant ist. Der Prozess wird von Militärs durchgeführt und unterliegt keinerlei rechtsstaatlicher Kontrolle. Zwar gibt die Bundesregierung an, dass die deutsche Beteiligung nur für capture-Operationen vorgesehen sei. Jedoch nähren hochrangige Militärs der Bundeswehr daran Zweifel, ganz abgesehen von der Frage, wie dies in der Praxis durchgesetzt werden soll. So erklärte Brigadegeneral Josef Dieter Blotz bereits im August 2010, dass das KSK, das Kommando Spezialkräfte, an der Ausschaltung von Aufständischen beteiligt sei. Das Verteidigungsministerium räumte damals ein, es habe bei offensiven Operationen mit Beteiligung der Bundeswehr bereits mindestens einen Toten gegeben. Hinzu kommt, dass auch Angaben deutscher Geheimdienste, die etwa an die CIA weitergeleitet werden, zu gezielten Tötungen beitragen können. Dies war offenkundig der Fall, als bei einer CIA-Drohnenattacke in Pakistan im Oktober 2010 auch ein deutscher Staatsbürger ums Leben kam. Berichten zufolge hat die Bundesregierung die Weitergabe von Daten, die zur Lokalisierung und damit zur gezielten Tötung deutscher Staatsbürger beitragen können, inzwischen verboten.

Die SWP beobachtet das Targeted Killing und ähnliche Massnahmen im Terror-Krieg seit geraumer Zeit mit Unbehagen; zwar macht sie sich nicht eine Position zu eigen, wie sie etwa Kai Ambos, Richter und Juraprofessor an der Universität Göttingen, vertritt. Ambos hatte im vergangenen Mai die gezielte Tötung Usama bin Ladins als extralegale Hinrichtung eingestuft - und damit als eine Handlung, für die »Unrechtsstaaten vor Menschenrechtsgremien angeklagt« würden. Dennoch rät die SWP der Bundesregierung dazu, »so weit wie möglich Distanz zur amerikanischen Praxis zu wahren und diese in Bezug auf den afghanisch-pakistanischen Kriegsschauplatz zumindest unter strategischen Gesichtspunkten zu hinterfragen.« Dies unter anderem mit Blick darauf, dass vor allem Drohnenschläge gewöhnlich starke Proteste auslösen und den bewaffneten Aufstand sogar noch anfeuern. Solches sei nicht aussichtslos, da die Regierung Obama selbst nicht völlig einig sei: Während das State Department strengere Kriterien befürworte, »wonach gezielte Tötungen ausserhalb der Kampfzone in Afghanistan und Pakistan nach dem Massstab des Selbstverteidigungsrechts begründet werden« müssten, spreche sich das Pentagon dafür aus, dass »prinzipiell sämtliche Mitglieder von Gruppierungen, die mit al-Qaida verbunden sind, zur Tötung freigegeben« würden. Diese Uneinigkeit gelte es zu nutzen.  [1] 

Indessen hat die BRD trotz Bankenrettung und Euro-Krise Geld genug für Krieg und Aufrüstung, schreibt André Scheer in der Jungen Welt [3], so dass das Verteidigungsministerium 16 Drohnen, für Kampfeinsätze kaufen will. Laut Reuters sei dabei die US-amerikanische MQ-9 »Reaper« Favorit. Als Alternative seien israelische »Heron TP« im Gespräch. Bislang hat die Bundeswehr demnach für den Krieg in Afghanistan drei israelische Drohnen geleast. Beide Drohnentypen können mit Raketen ausgerüstet werden. »Die Bewaffnung der Plattform ist Teil der Überlegungen«, bestätigte der Sprecher. Vor einem halben Jahr hatte Verteidigungsminister Thomas de Maizière auf die Frage, ob die neuen Bundeswehrdrohnen bewaffnet werden sollen, noch abgewiegelt: »Wenn etwas technisch möglich ist, bedeutet dies nicht automatisch, dass man diese Fähigkeit auch einsetzt.«  

Zum Einsatz von Drohnen führt die SWP folgendes aus: »In den vergangenen Jahren sind mehrere Staaten dazu übergegangen, Targeted Killings durchzuführen bzw. sich die Option hierfür ausdrücklich offenzuhalten. Laut SWP ist das gezielte Töten von Personen, die in Planung und Ausführung von Angriffen gegen den Staat Israel verwickelt sind, seit Ende 2000 offiziell Teil der israelischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Auch Russland erlaubt sich demnach gezielte Tötungen vor allem von Personen, die im Zusammenhang mit dem Tschetschenienkrieg als Terroristen eingestuft werden. Ein im März 2006 verabschiedetes Gesetz gestattet es dem russischen Staatspräsidenten, Operationen gegen mutmassliche Terroristen auch im Ausland anzuordnen. In der USA basiert die Praxis des Targeted Killing auf der kurz nach den Anschlägen des 11. Septembers 2011 erfolgten Entscheidung des US-Kongresses, dem Präsidenten die Benutzung aller notwendigen Mittel für den Kampf gegen islamistische Terroristen freizustellen. Das gezielte Ausschalten feindlicher Kräfte durch das Militär und den amerikanischen Geheimdienst CIA sei seitdem zu einem wichtigen Pfeiler des sogenannten Anti-Terror-Krieges der Vereinigten Staaten geworden, berichtet die SWP. Während das Targeted Killingin Israel schon seit längerem öffentlich diskutiert werde und sich sogar der oberste Gerichtshof des Landes damit befassen müsste, scheue Washington bislang jegliche Transparenz. Die US-Regierung unterwerfe alle entsprechenden Programme des Militärs und der CIA höchster Geheimhaltung. Gleichzeitig würden Kommandoaktionen und vor allem Drohnenattacken systematisch ausgeweitet. Während militärische Spezialeinheiten für derlei Operationen im Irak und in Afghanistan zuständig seien, operiere die CIA vor allem in Pakistan, im Jemen und in Somalia. Allein in Pakistan sollen seit 2001 mehr als 2.000 Menschen durch Drohnen liquidiert worden sein; pakistanische NGOs nennen allein für den Zeitraum von Januar bis September 2011 insgesamt 66 Drohnenattacken mit 515 Todesopfern, darunter viele Zivilisten. Dabei habe, heisst es in CIA-Kreisen, die Zahl tödlicher Drohnenschläge unter Barack Obama Rekordhöhen erreicht. Zudem wird gegenwärtig die Infrastruktur für den Einsatz von Drohnen auch am Horn von Afrika und auf der arabischen Halbinsel ausgebaut.  [1]

Seit dem 24. Mai dieses Jahres, hält Knut Mellenthin fest, hat Barack Obama durch acht Drohnenangriffe gegen Ziele in Nordwestpakistan mindestens 60 Menschen töten lassen. Die Frequenz ist selbst für den US-Präsidenten, der die Einsätze der unbemannten Flugkörper seit seinem Amtsantritt massiv ausgeweitet hat, ungewöhnlich hoch. Sechs Angriffe richteten sich gegen Nordwasiristan, zwei gegen Südwasiristan. Beides sind Regionen in den sogenannten Stammesgebieten an der Grenze zu Afghanistan. Insgesamt hat Obama seit Jahresbeginn 21 Drohnen-Attacken gegen Pakistan genehmigt. Nach einer unvollständigen Berechnung der Nachrichtenagentur AFP gab es 2009 in seinem ersten Amtsjahr 45 solcher Angriffe, 118 im Jahre 2010 und 64 letztes Jahr. Nachdem am 26. November 2011 bei einem von Afghanistan aus geflogenen US-amerikanischen Luftangriff 24 pakistanische Soldaten getötet worden waren, hatte Washington die Mord-Operationen gegen die Stammesgebiete mehrere Wochen lang unterbrochen, um die Normalisierung der Beziehungen zu erleichtern. [4]   

Am 1. Februar hatte Obama erstmals offen den Einsatz unbemannter Flugkörper für massenhafte Tötungen gerechtfertigt. Zugleich versuchte er, diese Mordoperationen als gezielte Angriffe auf führende »Al-Qaida-Terroristen« darzustellen. Das Ziel der Drohnenattacken seien Personen, »die auf einer Liste aktiver Terroristen stehen«, behauptete Obama. »Eine Menge dieser Angriffe richte sich gegen Al-Qaida-Verdächtige, die sich in sehr schwierigem Gelände aufhalten«. Um sie mit anderen Methoden zu treffen, wären sehr viel intensivere militärische Aktionen erforderlich. Zahlen und Fakten zur Sache nannte der Friedensnobelpreisträger nicht. Die Zahl der Getöteten liegt allein in Pakistan nach unterschiedlichen Schätzungen zwischen 1.700 und 2.900. Tatsächlich sind die Opfer der Mordaktionen mit ganz wenigen Ausnahmen unbekannte lokale Aufständische und deren Familienangehörige. Eine im August 2011 veröffentlichte Studie des Londoner Bureau of Investigative Journalism kam zu dem Ergebnis, dass nur von etwa 5 % der in Pakistan Getöteten die Namen bekannt sind; die Verfasser der Studie meinen, dass mindestens 385 der Todesopfer Zivilisten gewesen seien, darunter 168 Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren.  [5]

Wie die New York Times vom 29. 1. 12 berichtete, setzt die USA im Irak nach dem Abzug ihrer Truppen für vielfältige Überwachungsarbeiten jetzt unbewaffnete Drohnen ein, die u.a. auch öffentliche Proteste oder Strassensperren beobachten sollen. Das US-Aussenministerium hatte deren Verwendung für Luftaufnahmen von US-Einrichtungen bestätigt, was offenbar ohne  Genehmigung der Bagdader Behörden geschah, die entsprechende Berichte mit Verärgerung quittiert hatten. Laut Obama, der die Einsätze bestätigte, handelte es sich dabei jedoch um Einsätze zum Schutz unseres Botschaftsgebäudes.. Die Einsätze seien zwar schon im Dezember angelaufen, es fehle jedoch fehlt noch immer die Genehmigung der irakischen Behörden. Zu letzterem heisst es, dass die Regierung in Bagdad bestreite, diesbezüglich von der USA konsultiert worden zu sein. [5] 

Im Juli letzten Jahres hatten britische Menschenrechtsanwälte zusammen mit Pakistan versucht, einen internationalen Haftbefehl gegen den ehemaligen Chefjustitiar der CIA, John Rizzo, den sie Verbrechen gegen die Menschlichkeit beschuldigten, zu erwirken. Rizzo hatte sich in einem Interview mit dem US-Nachrichtenmagazin Newsweek gerühmt, dass er es war, der 2004 grünes Licht zum Einsatz der US-Killerdrohnen in Pakistan gegeben hatte. Laut eigenen Angaben hatte Rizzo die hitlist, eine Liste mit Namen von Leuten, die getötet werden sollten, juristisch abgesegnet. Newsweek gegenüber erklärte er, dass es keine Rolle spiele, dass die Betreffenden, auf den blossen Verdacht hin, dass unter ihnen ein Aufständischer sein könnte, getötet wurden, denn jemand hätte ihnen genauso gut auch eine Kugel in den Kopf schiessen können.  [6]  Am 28. Januar hatten in der Hafenstadt Karatschi bis zu 100.000 Menschen gegen die pakistanische Regierung demonstriert und der Führung in Islamabad Kollaboration mit der USA vorgeworfen.

Somalia und Jemen
Bei Drohnenangriffen im Juni in verschiedenen somalischen Städten sind zahlreiche Menschen ums Leben gekommen. So kamen bei einer Bombardierung der Stadt Balad im Osten Somalias mindestens 29 Personen ums Leben. In der somalischen Hauptstadt Mogadischu wurde ein von Militanten genutztes Trainigscamp beschossen, wodurch 39 Menschen starben. Zwischen Mogadischu und der angrenzenden Stadt Afgoye kam es am 28. 6. 12 zu weiteren Luftschlägen, bei denen mindestens 46 Menschen starben. Doch kamen dieses Mal nicht nur unbemannte Drohnen zum Einsatz, sondern auch Kampfflugzeuge des Typs Lockheed AC-130. Somalia hat seit 1991 keine funktionierende Zentralregierung mehr, nachdem der ehemalige Diktator Mohamed Siad Barre von somalischen Warlords gestürzt worden war.  [7]  Somalia ist inzwischen das 6. Land, in dem die USA Drohnenangriffe durchgeführt hat. Wie Strategic Alert vermerkt, wurde eine unbekannte Zahl von Menschen in Somalia mit von Dschibuti und den Seychellen aus gestarteten Drohnen getötet.  [8] 

Im Jemen nimmt die USA regelmässig angebliche Verstecke von Al-Qaida-Anhängern unter Beschuss. Am 7. 5. war dort bei einem Drohnenangriff Fahd Al-Kuso getötet worden, der wegen seiner mutmasslichen Beteiligung an dem Anschlag auf das Kriegsschiff USS Cole mit 17 Toten im Jahr 2000 gesucht wurde. US-Medienberichten zufolge wurde er von einem in die Terrororganisation eingeschleusten Agenten aufgespürt. Bei einer Luftattacke in der Nacht zum 10. Mai dieses Jahres wurden mindestens 8 Menschen getötet. Der US-Drohnenangriff habe sich nach Angaben örtlicher Behördenvertreter gegen Al-Qaida-Mitglieder gerichtet. Es sei ein Haus beschossen worden, in dem sich diese zu einem Treffen verabredet gehabt hätten.  [9]  »Alles, was mit Drohnen, Luftangriffen und verdeckten Aktionen« gemacht werden könne, müsse man im Jemen gegen Al-Qaida einsetzen, dies die bereits Mitte Januar 2010 ergangene Forderung von US-Senator Carl Levin. Bei »wirklich hochwertigen Zielen« sei es das Recht Washingtons, »gegen solche Ziele einseitig vorzugehen«. Die hochwertigen Ziele sind bekanntlich die Kernsubstanz von Africom; sie werden ungeachtet aller zivilisatorischen Grundregeln offensichtlich mit Zähigkeit verfolgt! Die Islamische Gruppen wiederum drohen bei ausländischer Einmischung im Jemen mit dem Heiligen Krieg gegen die USA und dem Sturz der Regierung. Im Jemen ist bekanntlich ein erbarmungsloser Krieg gegen die Houthi-Bewegung im Gange.  [10]  

Auf Grund der politischen Entwicklung im Jemen wird der sich bereits im Gang befindliche Bau des Luftwaffenstützpunkts für die CIA in der Golfregion beschleunigt vorangetrieben. Statt innerhalb von zwei Jahren soll er nun bereits nach acht Monaten fertiggestellt werden. Von dort aus sollen Einsätze gegen angebliche Terroristen im Jemen geflogen werden. Die jemenitische Regierung hat der CIA und einer Spezialeinheit der US-Streitkräfte seit 2009 begrenzte Einsätze gestattet. Zuletzt liess sie eine Ausweitung von Angriffen durch Drohnen und sogar Kampfflugzeuge gegen angebliche Stellungen von Al-Qaida zu. Bei Angriffen auf die Zivilbevölkerung Jemens am 17. Dezember 2009 waren US-Raketen und Streubomben eingesetzt worden, an deren Folgen Dutzende von Menschen starben. Der Luftangriff traf ein angebliches Al-Qaida-Ausbildungslager bei Ma’jalah in der Provinz Abyan, jedoch auch einfache Wohnhäuser. Inzwischen richtet die USA immer mehr Basen für Drohnen ein, insbesondere für Killerdrohnen, die mit Hellfire-Raketen und satellitengestützten Bomben bestückt werden können. Derzeit wird eine solche Basis in Äthiopien gebaut. Man kann hier nicht umhin, zu vermerken, dass uns vor allem auch bezüglich dieses ostafrikanischen Lands mit schöner Regelmässigkeit mitleidheischende Bittschriften um Entwicklungshilfe zugehen. Äthiopien wird immer wieder von schweren Hungersnöten geplagt und immer wieder öffnet die internationale Gemeinschaft ihre Geldschatullen, um den Not leidenden Menschen zu helfen. Die äthiopische Regierung freut das, denn sie kauft von dem so gespendeten Geld selbstverständlich auch Rüstungsgüter. Äthiopien unterhält heute nicht nur eine der grössten Armeen in ganz Afrika, sondern ist auch seit vielen Jahren im Kriegszustand mit dem Nachbarland Somalia. Und deshalb braucht das Land ständig neue Waffen. Die liefert vor allem China; natürlich beliefern die Chinesen zugleich auch die somalischen Kriegsherren. Während die USA zum Beispiel im Juni 2008 eine Soforthilfe für die Hungersnot zugesagt hatte, kündigte die Regierung an, ihre Rüstungsausgaben um 50 Millionen Dollar auf 400 Millionen-$ erhöhen zu wollen. Ganz nebenbei: Trotz der Hungersnöte gibt es inzwischen zahlreiche Projekte in Äthiopien, die wertvolles Getreide in Biodiesel verwandeln ……

Wie verrucht die gesamte Politkulisse ist, geht auch aus der Art hervor, wie Gaddafi zur Strecke gebracht wurde. Sowohl Obama als auch Sarkozy waren dagegen, diesen lebend gefangen zu nehmen, da sie fürchteten, dieser könne vor dem ICC zuviel reden. In einem Anruf vom 19. Oktober 2011 des Pentagons mit einem seiner Verhandlungspartner bei den französischen Geheimdiensten hiess es: »Wenn man den Kerl am Leben lasse, würde eine wahre Atombombe aus ihm.« Damals waren US-Drohnen vom Typ Predator Gaddafi dicht auf den Fersen: »Am 20. Oktober, um 8.30 Uhr, nähern sich 3 NATO-Flugzeuge Syrte. Keine x-beliebige Mission: eine Kolonne von etwa 75 Fahrzeugen flieht mit hoher Geschwindigkeit aus der Stadt. Eine amerikanische Predator-Drohne schiesst ihre Raketen ab. Ein Aufklärungsflugzeug Mirage F1CR wird von einer Mirage 2000 D gefolgt, die zwei lasergesteuerte Bomben  - GBU-12 von jeweils 225 kg -  abfeuert. Das Resultat: 21 Fahrzeuge zerstört und Gaddafi nur verwundet. Mitglieder der französischen Spezialtruppen sind vor Ort.«  [11]

In einem aufsehenerregenden Beitrag des früheren demokratischen US-Präsidenten Jimmy Carter in der New York Times vom 24. Juni hat dieser die Kriegsverbrechen der Obama-Regierung scharf angegriffen. Carter verurteilte in dem Artikel Amerikas beschämende Menschenrechtsbilanz und schreibt u.a.: »Enthüllungen, dass oberste Staatsrepräsentanten Menschen, amerikanische Bürger eingeschlossen, als Zielscheibe auswählen, die dann im Ausland ermordet werden sollen, sind nur der jüngste verstörende Beweis dafür, wie weitgehend die Verletzung von Menschenrechten durch unsere Nation geworden ist.« Carter betont, dass die gegenwärtige Terrorismusbekämpfung der US-Regierung gegen 10 der 30 Artikel der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948 verstösst. Ausserdem greift er weitere verfassungswidrige Massnahmen an, wie z.B. das im National Defense Authorization Act enthaltene präsidiale Recht, die zeitlich unbegrenzte Haft amerikanischer Bürger ohne ordentliches Gerichtsverfahren anzuordnen. Präsident Obama selbst hatte darauf bestanden, dass diese Massnahme im Gesetz enthalten sein müsse.  [12]

Die Autoren eines Berichts in der New York Times vom 29. Mai dieses Jahres, Jo Becker und Scott Shane, erinnern daran, dass Obama einst ein liberaler Rechtsprofessor war, »der sich gegen den Irakkrieg und die Folter einsetzte.« Inzwischen sei er jedoch ganz versessen darauf, Terrorverdächtige zu töten, studiere die einzelnen Fälle genau und behalte sich selbst die letzte Entscheidung darüber vor, wer als nächster zu töten sei. Wie aus Beschreibungen seiner Mitarbeiter hervorgeht, wende Obama »seine anwaltlichen Fähigkeiten im Bereich der Terrorbekämpfung normalerweise dazu an, seine blutige Kampagne gegen Al-Qaida nicht etwa einzuschränken, sondern diese zu erlauben, selbst wenn es darum gehe, einen amerikanischen Geistlichen im Jemen zu töten, eine Entscheidung, die, wie Herr Obama seinem Kollegen sagte, eine einfache war.« Der Bericht bestätigt auch die Existenz einer seit langem angeprangerten Praxis, die im Weissen Haus unter Obama üblich sei: Um Probleme zu vermeiden, die sich bei der Inhaftierung von Terroristen wie z.B. in Guantánamo stellen, ziehe es Obama vor, die Beschuldigten gleich zu töten, anstatt sie gefangen zu nehmen. »Während Dutzende von Verdächtigen unter Obama getötet wurden, wurde nur ein einziger in amerikanische Haft genommen«, berichten die Autoren. Cameron Munter, der erst kürzlich von seinem Posten als US-Botschafter in Pakistan zurücktrat, wird wie folgt zitiert: »Es sei ihm nicht klar gewesen, dass seine Hauptaufgabe darin bestehen würde, Menschen zu töten.« Admiral Dennis Blair, der frühere Nationale Geheimdienstdirektor, der von Obama entlassen wurde, sagte, das Weisse Haus konzentriere sich auf Kosten einer langfristigen Strategie völlig auf die Drohneneinsätze, was ihn an die Obsession mit dem Leichenzählen in Vietnam erinnere. Viele Analytiker können kaum glauben, wie wenige zivile Opfer das Weisse Haus als Kollateralschäden meldet. Mehrere Regierungsbeamte sagen, dies liege daran, dass sämtliche männliche Opfer im wehrdienstfähigen Alter als Kombattanten gezählt würden, wenn nicht nach ihrem Tod ausdrücklich das Gegenteil nachgewiesen werde.   [13]

Wie Paul Müller in der Berliner Umschau berichtet, will die US-Armee den Luftkrieg in Afghanistan nach dem offiziellen Abzug der Besatzungstruppen offenbar ausdehnen; anscheinend sollen zudem effizient arbeitende Spezialkämpfer das Heer der zeitweise verpflichteten Nationalgardisten ablösen. Darauf deute ein Bericht der Agentur Bloomberghin, laut dem Verteidigungsminister Leon Panetta beim Kongress um die Umwidmung von 641 Millionen $ für Aufklärung und Überwachung gebeten habe. Bereits Ende Juni hatte dieser demnach in einem 20 Seiten umfassenden Dokument beantragt, 8,2 Milliarden $ neu zu verwenden. Wie es heisst, sollen 6 Drohnenstützpunkte, die gegenwärtig im Irak von Auftragnehmern betrieben werden, künftig in Afghanistan stehen. Die Zahl der Stützpunkte des Spezialkommandos Navy Seals soll von 4 auf 8 verdoppelt werden. Für den Luftkrieg sollen dem Bericht nach offenbar neue Drohnen vom Typ Boeing ScanEagle der Firma Insitu Inc. in Bingen, Bundesstaat Washington, angeschafft werden. Die drei Meter breiten und 18 kg schweren unbemannten Flugobjekte sind seit November 2008 im Dienst, mit einem Einsatz von bislang 5.600 Stunden. Sie sollen von Mitgliedern der Navy Special Warfare Teams in Gruppen von je 7 Soldaten betrieben werden. Das US-Zentralkommando habe gegenüber der Agentur bereits vor zwei Jahren Erfolge der Drohnen eingeräumt. Diese hätten an Missionen mit dem Ziel teilzunehmen, »über 40 hochrangige Individuen zu töten oder gefangen nehmen. « Offiziell sollen die ausländischen Truppen Afghanistan bis 2014 verlassen. Dass aber auch danach Militärangehörige für Aufgaben wie Unterstützung oder Ausbildung im Land verbleiben würden, war bislang kaum mehr als ein offenes Geheimnis.  [14]

Die Rechtfertigung für jegliche Barbarei
Inzwischen sieht es ganz so aus, als lieferten die Begriffe angeblich,mutmasslichund Al-Qaida die Basis für jegliche Roheit, so dass die Drohnenjagd ungehindert ihren Fortgang nehmen dürfte. Nicht wenige Stimmen, die sich dagegen erheben, sind bislang im Strudel des internationalen Abnickens dieser Vorgänge untergegangen oder dem diesbezüglich praktizierten Ignorieren erlegen. Was nun Hillary Clinton angeht, die sich durch mitunter als hochgradig bedenklich einzustufenden und je nach Fall auch massive Drohungen beinhaltende statements auszeichnet, so ereiferte sie sich diesen Mai anlässlich eines wohlgemerkt fiktiven Anschlags auf ein Passagierflugzeug, der bereits wenige Stunden später als eine Inszenierung der CIA aufflog, über die Terroristen, die »immer perversere und schrecklichere Methoden ausprobierten, um unschuldige Menschen zu töten.« Hier kann man sich nur noch die Frage stellen: Grundverlogen oder abgrundtief dumm? Erstens sind die obengenannten Methoden der USA an Perversität aus meiner Sicht kaum mehr zu überbieten, zweitens werden die zahllosen unschuldigen Menschen, die diesen zum Opfer fallen, auch von Clinton komplikationslos übergangen.  

Nicht, dass die UNO gemäss ihrer Verpflichtung zur Friedenssicherung hier vernehmbar einschritte; sie obliegt derzeit ganz anderen Sorgen: Sie möchte 400 Milliarden Dollar an Steuern für die Armen sammeln [15]. Auf dem Gebiet des Geldeinzugs verzeichnet diese Institution seit langem eine nicht zu übersehende Steigerung, während die von ihr erwartete Verhinderung von Kriegen und Krisen längst im Senkflug die Abwärtsspirale angetreten hat. Dass die Kriege in Tat und Wahrheit die Hauptursache für die Armut darstellen, das möchten die Immunität auf Lebenszeit geniessenden UNO-Funktionäre offensichtlich schon gar nicht ansprechen. Und wenn wir schon bei dem Begriff pervers sind: Als absolut pervers empfinde ich die jetzt zur Armutsbekämpfung ausgebrütete Kalkulation der UNO, die uns, falls durchsetzbar, einen Meilenstein weiter in die Knechtschaft einer Institution bringt, die für unsere ureigensten Belange, nämlich die Krisen- und Kriegsverhütung, meist nur taube Ohren hat. Die Finanzperversitäten erstrecken sich auf folgende Vorgaben: Allein 250 Millionen $ könnten in den Industrieländern  - das sind in der Hauptsache wir hier im Westen - durch eine Steuer auf Kohlendioxid von 25 $ pro Tonne eingenommen werden; weitere Milliarden seien durch eine winzige Steuer auf Währungstransaktionen möglich. Auf die Winzigkeit darf man gespannt sein! Die Experten schlagen 0,005 % für die 4 Hauptwährungen Dollar, Euro, Pfund und Yen vor und rechnen mit Einnahmen von 40 Milliarden $. Es kann den cleveren Strategen ja wohl nicht entgangen sein, dass eine Transaktionssteuer, eine der Traubenhängel, nach der Brüssel begierig schielt, auf den Steuerzahler zurückfallen wird. Diese und weitere Massnahmen, heisst es, seien technisch nicht nur machbar  - wer wollte da nach Kenntnis aller UNO-Schachzüge noch Zweifel hegen -  sondern darüber hinaus wirtschaftlich vertretbar. Für mich tritt einmal mehr glasklar zutage: Der Frieden ist kein Thema, solange nicht allen Ländern ihre Ressourcen abgerungen sind. Und solange dies noch nicht erfolgt ist, stehen sämtliche Ampeln auf grün, um uns entweder im Namen der sogenannten internationalen Gemeinschaft oder mittels der Geberkonferenzen in jeder Weise finanziell auszuhöhlen. Jüngstes Beispiel ist wiederum Afghanistan, ein Land, aus dem die Milliarden mehr oder weniger kofferweise nach Dubai wanderten und wo Milliarden schlechterdings spurenlos in der Korruption versickert sind; es ist daher auch jetzt mitnichten die Garantie gegeben, dass die erneut gesprochene Unterstützung in Höhe von 16 Milliarden $ nicht wiederum dasselbe Los treffen wird.  

Wie es bei der UNO ferner heisst, wird Deutschland ausdrücklich gelobt, da es Gelder zum Klimaschutz für internationale Programme bereitstelle. Warum auch nicht, bei 2,1 Billionen Euro Schulden kommt es offensichtlich auf nichts mehr an …… Wenn andere EU-Länder dem deutschen Beispiel folgen würden, stünden allein 3  bis 5 Milliarden $ zur Verfügung, die ich persönlich ausnahmslos in der Tilgung von Kriegsfolgen verschwinden sehe und die daher die Armut nirgendwo verringern werden.      


[1]  http://www.german-foreign-policy.com/de/fulltext/58252   27. 1. 12  Stiller Komplize
[2]  http://www.german-foreign-policy.com/de/fulltext/57892  10. 9. 10 Die Ära der Drohnen (IV)
[3]  http://www.jungewelt.de/2012/07-07/047.php  Deutscher Drohnenkrieg  -  Von André Scheer
[4]  http://www.jungewelt.de/2012/06-06/034.php   Druck mit Drohnenmorden  -  Von Knut Mellenthin
[5] 
http://www.jungewelt.de/2012/02-01/037.php   Drohnen-Präsident im Internet-Chat -Obama plaudert Mordaktionen schön, liefert aber keine Zahlen und Fakten – Von Knut Mellenthin
[6]  http://www.jungewelt.de/2011/07-20/048.php    20. 7. 11   Mordjurist des Tages
[7]  http://www.gegenfrage.com/us-drohnen-bombardieren-staedte-in-somalia/   29. 6. 12
[8]  Strategic Alert Jahrgang 24, Nr. 43 vom 29. Oktober 2011
[9]  http://www.jungewelt.de/2012/05-11/035.php  11. 5. 12
[10]  http://www.politonline.ch/?content=news&newsid=1401   10. 1. 2010  Jemen: »Sie wollen auf unser Gebiet«
[11] Strategic Alert Jahrgang 24, Nr. 44 vom 2. November 2011
[12]  http://www.bueso.de/node/5792   2. 7. 12  
[13]  Strategic Alert  Jahrg. 25, Nr. 23 vom 6. Juni 2012
[14]  http://www.berlinerumschau.com/news.php?id=56533&title=US-Verteidigungsminister+will+mehr+Drohnen+und+Navy+Seals+f%FCr+weiteren+Krieg+in+Afghanistan&storyid=1001341499097   5. 7. 12   US-Verteidigungsminister will mehr Drohnen und Navy Seals für weiteren Krieg in Afghanistan  -  Von Paul Müller
[15]  http://diepresse.com/home/politik/aussenpolitik/1262807/UNO-will-400-Mrd-Dollar-Steuern-fuer-Arme-sammeln?_vl_backlink=/home/politik/aussenpolitik/index.do   5. 7. 12   UNO will 400 Mrd. Dollar Steuern für Arme sammeln