Drohnenkriege - Von Doris Auerbach 09.07.2012 00:41
Bereits Ende Januar hatten Berliner Regierungsberater einem Bericht von German Foreign Policy zufolge
vor der Fortführung
der deutschen Komplizenschaft mit den zunehmenden gezielten Tötungen durch
US-Streitkräfte und CIA gewarnt. Wie eine Studie der ›Stiftung Wissenschaft und Politik‹ (SWP) bestätigte, weitet die USA ihre Praxis des ›Targeted Killing‹ nicht nur in Pakistan dramatisch aus. Diskutiert werde laut SWP
auch, Angehörige mexikanischer Drogen- und Waffenkartelle mit Drohnenangriffen
oder mit gezielten Kommandoaktionen auszuschalten, sofern sie US-Interessen
bedrohen. In die gezielten Tötungen in Afghanistan - bewaffnete Attacken auf mutmassliche
Aufständische die ohne Gerichtsverfahren hinzurichten sind - sind nicht nur Spezialkräfte der Bundeswehr
involviert; auch die Erkenntnisse deutscher Geheimdienste und Polizeibehörden
können zu ihnen beitragen, weil sie im Rahmen der sogenannten
Anti-Terror-Kooperation an US-Stellen weitergeleitet werden. Die SWP rechnet
damit, dass Washington in der näheren Zukunft massiv um stärkere Unterstützung
für die Tötungsaktionen werben wird - auch in Berlin. [1]
Laut einem
Bericht vom September 2010 finanzieren staatliche Stellen in der BRD die
Entwicklung der immer stärker von der Bundeswehr genutzten Drohnentechnologie. Die
Forschungsprojekte, denen ein potentieller ›dual
use‹-Charakter nicht abgesprochen
werden kann, zielen insbesondere auf die Abwehr von Angriffen feindlicher
Kombattanten im Inland. Daneben sollen die ›Unmanned Aerial Vehicles‹
(UAV) neben Industrieanlagen auch Grossereignisse mit dem Ziel überwachen,
frühzeitig den ›unkontrollierten
Austritt‹ von chemischen,
biologischen und radioaktiven Gefahrstoffen zu erkennen und ›Lagedarstellungen‹ zu gewinnen. »Die wissenschaftlichen und technischen Arbeiten
werden von einer umfangreichen Begleitforschung flankiert. Diese befasst sich
zum einen mit der Erstellung sogenannter Risiko- und Bedrohungsanalysen, aus
denen normierte Anweisungen für Rettungs- und Repressionskräfte abgeleitet
werden können. Zum anderen sollen sowohl die Akzeptanz von Drohneneinsätzen bei
der Bevölkerung als auch der ›volkswirtschaftliche
Nutzen‹ der UAV-Technologie
untersucht werden.« [2]
Mit deutscher
Beteiligung Wie die SWP
darlegt, ist Deutschland in das ›Targeted
Killing‹ in Afghanistan aktiv
verwickelt. Die Bundesregierung vertritt
ausdrücklich die Ansicht, dass »in einem nichtinternationalen bewaffneten Konflikt« - als ein solcher wird der Afghanistankrieg eingestuft
- »feindliche
Kämpfer prinzipiell auch ausserhalb der Teilnahme an konkreten Feindseligkeiten
gezielt bekämpft werden dürften.« Dies schliesse »den Einsatz tödlich wirkender
Gewalt ein«.
So werden in Afghanistan Listen mit Namen tatsächlicher oder angeblicher
Aufständischer erstellt, deren Festnahme oder Tötung geplant ist. Der Prozess
wird von Militärs durchgeführt und unterliegt keinerlei rechtsstaatlicher
Kontrolle. Zwar gibt die Bundesregierung an, dass die deutsche Beteiligung nur
für ›capture‹-Operationen vorgesehen sei. Jedoch nähren hochrangige Militärs
der Bundeswehr daran Zweifel, ganz abgesehen von der Frage, wie dies in der Praxis
durchgesetzt werden soll. So erklärte Brigadegeneral Josef Dieter Blotz bereits
im August 2010, dass das KSK, das Kommando Spezialkräfte, an der Ausschaltung
von Aufständischen beteiligt sei. Das Verteidigungsministerium räumte damals
ein, es habe bei ›offensiven
Operationen‹ mit Beteiligung der
Bundeswehr bereits mindestens einen Toten gegeben. Hinzu kommt, dass auch
Angaben deutscher Geheimdienste, die etwa an die CIA weitergeleitet werden, zu
gezielten Tötungen beitragen können. Dies war offenkundig der Fall, als bei
einer CIA-Drohnenattacke in Pakistan im Oktober 2010 auch ein deutscher
Staatsbürger ums Leben kam. Berichten zufolge hat die Bundesregierung die
Weitergabe von Daten, die zur Lokalisierung und damit zur gezielten Tötung deutscher
Staatsbürger beitragen können, inzwischen verboten.
Die SWP
beobachtet das ›Targeted Killing‹ und ähnliche Massnahmen im ›Terror-Krieg‹ seit geraumer Zeit mit Unbehagen; zwar macht sie sich nicht
eine Position zu eigen, wie sie etwa Kai Ambos, Richter und Juraprofessor an
der Universität Göttingen, vertritt. Ambos hatte im vergangenen Mai die
gezielte Tötung Usama bin Ladins als ›extralegale
Hinrichtung‹ eingestuft - und damit
als eine Handlung, für die »Unrechtsstaaten vor Menschenrechtsgremien angeklagt« würden.
Dennoch rät die SWP der Bundesregierung dazu, »so weit wie möglich Distanz zur
amerikanischen Praxis zu wahren und diese in Bezug auf den
afghanisch-pakistanischen Kriegsschauplatz zumindest unter strategischen
Gesichtspunkten zu hinterfragen.« Dies unter anderem mit Blick
darauf, dass vor allem Drohnenschläge gewöhnlich starke Proteste auslösen und
den bewaffneten Aufstand sogar noch anfeuern. Solches sei nicht aussichtslos,
da die Regierung Obama selbst nicht völlig einig sei: Während das State Department
›strengere Kriterien‹ befürworte, »wonach
gezielte Tötungen ausserhalb der Kampfzone in Afghanistan und Pakistan nach dem
Massstab des Selbstverteidigungsrechts begründet werden«
müssten, spreche sich das Pentagon dafür aus, dass »prinzipiell
sämtliche Mitglieder von Gruppierungen, die mit al-Qaida verbunden sind, zur
Tötung freigegeben« würden. Diese Uneinigkeit gelte es zu nutzen. [1]
Indessen
hat die BRD trotz Bankenrettung und Euro-Krise Geld genug für Krieg und Aufrüstung, schreibt André Scheer in der Jungen
Welt [3], so dass das Verteidigungsministerium 16 Drohnen, für
Kampfeinsätze kaufen will. Laut Reuters sei dabei die US-amerikanische MQ-9
»Reaper« Favorit. Als Alternative seien israelische »Heron TP« im Gespräch.
Bislang hat die Bundeswehr demnach für den Krieg in Afghanistan drei
israelische Drohnen geleast. Beide Drohnentypen können mit Raketen ausgerüstet
werden. »Die Bewaffnung der Plattform ist Teil der Überlegungen«, bestätigte
der Sprecher. Vor einem halben Jahr hatte Verteidigungsminister Thomas de Maizière
auf die Frage, ob die neuen Bundeswehrdrohnen bewaffnet werden sollen, noch
abgewiegelt: »Wenn etwas technisch möglich ist, bedeutet dies nicht
automatisch, dass man diese Fähigkeit auch einsetzt.«
Zum
Einsatz von Drohnen führt die SWP folgendes aus: »In den vergangenen Jahren sind
mehrere Staaten dazu übergegangen, ›Targeted
Killings‹ durchzuführen bzw. sich
die Option hierfür ausdrücklich offenzuhalten. Laut SWP ist das gezielte Töten
von Personen, die in Planung und Ausführung von Angriffen gegen den Staat
Israel verwickelt sind, seit Ende 2000 offiziell Teil der israelischen Sicherheits-
und Verteidigungspolitik. Auch Russland erlaubt sich demnach gezielte Tötungen
vor allem von ›Personen, die im
Zusammenhang mit dem Tschetschenienkrieg als Terroristen eingestuft werden‹. Ein im März 2006 verabschiedetes
Gesetz gestattet es dem russischen Staatspräsidenten, Operationen gegen mutmassliche
Terroristen auch im Ausland anzuordnen. In der USA basiert die Praxis des ›Targeted Killing‹ auf der kurz nach den Anschlägen des 11. Septembers 2011
erfolgten Entscheidung des US-Kongresses, dem Präsidenten die Benutzung aller
notwendigen Mittel für den Kampf gegen islamistische Terroristen freizustellen.
Das gezielte Ausschalten feindlicher Kräfte durch das Militär und den amerikanischen
Geheimdienst CIA sei seitdem zu einem wichtigen Pfeiler des sogenannten
Anti-Terror-Krieges der Vereinigten Staaten geworden, berichtet die SWP. Während
das ›Targeted Killing‹ in Israel schon seit längerem
öffentlich diskutiert werde und sich sogar der oberste Gerichtshof des Landes
damit befassen müsste, scheue Washington bislang jegliche Transparenz. Die
US-Regierung unterwerfe alle entsprechenden Programme des Militärs und der CIA höchster
Geheimhaltung. Gleichzeitig würden Kommandoaktionen und vor allem
Drohnenattacken systematisch ausgeweitet. Während militärische Spezialeinheiten
für derlei Operationen im Irak und in Afghanistan zuständig seien, operiere die
CIA vor allem in Pakistan, im Jemen und in Somalia. Allein in Pakistan sollen
seit 2001 mehr als 2.000 Menschen durch Drohnen liquidiert worden sein;
pakistanische NGOs nennen allein für den Zeitraum von Januar bis September 2011
insgesamt 66 Drohnenattacken mit 515 Todesopfern, darunter viele Zivilisten. Dabei
habe, heisst es in CIA-Kreisen, die Zahl tödlicher Drohnenschläge unter Barack
Obama Rekordhöhen erreicht. Zudem wird gegenwärtig die Infrastruktur
für den Einsatz von Drohnen auch am Horn von Afrika und auf der arabischen
Halbinsel ausgebaut. [1]
Seit dem
24. Mai dieses Jahres, hält Knut Mellenthin fest, hat Barack Obama
durch acht Drohnenangriffe gegen Ziele in Nordwestpakistan mindestens 60
Menschen töten lassen. Die Frequenz ist selbst für den US-Präsidenten, der die
Einsätze der unbemannten Flugkörper seit seinem Amtsantritt massiv ausgeweitet
hat, ungewöhnlich hoch. Sechs Angriffe richteten sich gegen Nordwasiristan,
zwei gegen Südwasiristan. Beides sind Regionen in den sogenannten
Stammesgebieten an der Grenze zu Afghanistan. Insgesamt hat Obama seit
Jahresbeginn 21 Drohnen-Attacken gegen Pakistan genehmigt. Nach einer
unvollständigen Berechnung der Nachrichtenagentur AFP gab es 2009 in seinem
ersten Amtsjahr 45 solcher Angriffe, 118 im Jahre 2010 und 64 letztes Jahr.
Nachdem am 26. November 2011 bei einem von Afghanistan aus geflogenen
US-amerikanischen Luftangriff 24 pakistanische Soldaten getötet worden waren,
hatte Washington die Mord-Operationen gegen die Stammesgebiete mehrere Wochen
lang unterbrochen, um die ›Normalisierung‹ der Beziehungen zu erleichtern. [4]
Am 1.
Februar hatte Obama erstmals offen den Einsatz unbemannter Flugkörper
für massenhafte Tötungen gerechtfertigt. Zugleich versuchte er, diese
Mordoperationen als gezielte Angriffe auf führende »Al-Qaida-Terroristen«
darzustellen. Das Ziel der Drohnenattacken seien Personen, »die auf einer Liste
aktiver Terroristen stehen«, behauptete Obama. »Eine Menge dieser Angriffe
richte sich gegen ›Al-Qaida-Verdächtige‹, die sich in sehr schwierigem Gelände aufhalten«. Um sie
mit anderen Methoden zu treffen, wären sehr viel intensivere militärische
Aktionen erforderlich. Zahlen und Fakten zur Sache nannte der
Friedensnobelpreisträger nicht. Die Zahl der Getöteten liegt allein in Pakistan
nach unterschiedlichen Schätzungen zwischen 1.700 und 2.900. Tatsächlich
sind die Opfer der Mordaktionen mit ganz wenigen Ausnahmen unbekannte lokale
Aufständische und deren Familienangehörige. Eine im August 2011 veröffentlichte
Studie des Londoner ›Bureau of
Investigative Journalism‹ kam zu dem
Ergebnis, dass nur von etwa 5 % der in Pakistan Getöteten die Namen bekannt
sind; die Verfasser der Studie meinen, dass mindestens 385 der Todesopfer Zivilisten
gewesen seien, darunter 168 Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren. [5]
Wie die New York
Times vom 29. 1. 12 berichtete, setzt die USA im Irak nach dem Abzug ihrer
Truppen für vielfältige Überwachungsarbeiten jetzt unbewaffnete Drohnen ein,
die u.a. auch ›öffentliche
Proteste oder Strassensperren‹ beobachten
sollen. Das US-Aussenministerium hatte deren Verwendung
für Luftaufnahmen von US-Einrichtungen bestätigt, was offenbar ohne Genehmigung der Bagdader Behörden geschah, die
entsprechende Berichte mit Verärgerung quittiert hatten. Laut Obama, der
die Einsätze bestätigte, handelte es sich dabei jedoch um Einsätze zum ›Schutz
unseres Botschaftsgebäudes.‹. Die
Einsätze seien zwar schon im Dezember angelaufen, es fehle jedoch fehlt noch
immer die Genehmigung der irakischen Behörden. Zu letzterem heisst es, dass die
Regierung in Bagdad bestreite, diesbezüglich von der USA konsultiert worden zu
sein. [5]
Im Juli
letzten Jahres hatten britische Menschenrechtsanwälte zusammen mit Pakistan
versucht, einen internationalen Haftbefehl gegen den ehemaligen Chefjustitiar
der CIA, John Rizzo, den sie Verbrechen gegen die Menschlichkeit beschuldigten, zu erwirken. Rizzo hatte sich in
einem Interview mit dem US-Nachrichtenmagazin Newsweek gerühmt, dass er es war, der 2004 grünes Licht zum Einsatz
der US-Killerdrohnen in Pakistan gegeben hatte. Laut eigenen Angaben hatte
Rizzo die ›hitlist‹, eine Liste mit Namen von Leuten, die
getötet werden sollten, juristisch abgesegnet. Newsweek gegenüber erklärte er, dass es keine Rolle spiele, dass
die Betreffenden, auf den blossen Verdacht hin, dass unter ihnen ein
Aufständischer sein könnte, getötet wurden, denn jemand hätte ihnen genauso gut
auch eine Kugel in den Kopf schiessen können. [6] Am 28. Januar hatten in der Hafenstadt Karatschi bis zu
100.000 Menschen gegen die pakistanische Regierung demonstriert und der Führung
in Islamabad Kollaboration mit der USA vorgeworfen.
Somalia und Jemen Bei Drohnenangriffen im Juni in verschiedenen somalischen Städten sind
zahlreiche Menschen ums Leben gekommen. So kamen bei einer Bombardierung der
Stadt Balad im Osten Somalias mindestens 29 Personen ums Leben. In der
somalischen Hauptstadt Mogadischu wurde ein von Militanten genutztes Trainigscamp
beschossen, wodurch 39 Menschen starben. Zwischen Mogadischu und der
angrenzenden Stadt Afgoye kam es am 28. 6. 12 zu weiteren Luftschlägen, bei
denen mindestens 46 Menschen starben. Doch kamen dieses Mal nicht nur
unbemannte Drohnen zum Einsatz, sondern auch Kampfflugzeuge des Typs Lockheed
AC-130. Somalia hat seit 1991 keine funktionierende Zentralregierung mehr,
nachdem der ehemalige Diktator Mohamed Siad Barre von somalischen Warlords
gestürzt worden war. [7] Somalia ist inzwischen das 6. Land, in dem die USA
Drohnenangriffe durchgeführt hat. Wie Strategic
Alert vermerkt, wurde eine unbekannte Zahl von Menschen in Somalia mit von
Dschibuti und den Seychellen aus gestarteten Drohnen getötet. [8]
Im Jemen
nimmt die USA regelmässig angebliche Verstecke von Al-Qaida-Anhängern
unter Beschuss. Am 7. 5. war dort bei einem Drohnenangriff Fahd Al-Kuso getötet
worden, der wegen seiner mutmasslichen Beteiligung an dem
Anschlag auf das Kriegsschiff USS Cole mit 17 Toten im Jahr 2000 gesucht wurde.
US-Medienberichten zufolge wurde er von einem in die Terrororganisation
eingeschleusten Agenten aufgespürt. Bei einer Luftattacke in der Nacht zum 10.
Mai dieses Jahres wurden mindestens 8 Menschen getötet. Der US-Drohnenangriff
habe sich nach Angaben örtlicher Behördenvertreter gegen Al-Qaida-Mitglieder
gerichtet. Es sei ein Haus beschossen worden, in dem sich diese zu einem
Treffen verabredet gehabt hätten. [9] »Alles, was mit Drohnen, Luftangriffen und
verdeckten Aktionen« gemacht werden könne, müsse man im Jemen gegen Al-Qaida
einsetzen, dies die bereits Mitte Januar 2010 ergangene Forderung von
US-Senator Carl Levin. Bei »wirklich hochwertigen Zielen« sei es das Recht
Washingtons, »gegen solche Ziele einseitig vorzugehen«. Die ›hochwertigen‹ Ziele sind bekanntlich die Kernsubstanz von ›Africom‹; sie werden
ungeachtet aller zivilisatorischen Grundregeln offensichtlich mit Zähigkeit
verfolgt! Die Islamische Gruppen wiederum drohen bei ausländischer Einmischung
im Jemen mit dem ›Heiligen Krieg‹ gegen die USA und dem Sturz der
Regierung. Im Jemen ist bekanntlich ein
erbarmungsloser Krieg gegen die Houthi-Bewegung im Gange. [10]
Auf Grund der politischen Entwicklung im Jemen wird der sich bereits im
Gang befindliche Bau des Luftwaffenstützpunkts für die CIA in der Golfregion
beschleunigt vorangetrieben. Statt innerhalb von zwei Jahren soll er nun
bereits nach acht Monaten fertiggestellt werden. Von dort aus sollen Einsätze
gegen angebliche Terroristen
im Jemen geflogen werden. Die jemenitische Regierung hat der CIA und einer
Spezialeinheit der US-Streitkräfte seit 2009 begrenzte Einsätze gestattet.
Zuletzt liess sie eine Ausweitung von Angriffen durch Drohnen und sogar
Kampfflugzeuge gegen angebliche Stellungen von Al-Qaida zu. Bei Angriffen auf die Zivilbevölkerung Jemens am 17. Dezember 2009
waren US-Raketen und Streubomben eingesetzt worden, an deren Folgen Dutzende
von Menschen starben. Der Luftangriff traf ein angebliches Al-Qaida-Ausbildungslager bei Ma’jalah in der
Provinz Abyan, jedoch auch einfache Wohnhäuser. Inzwischen richtet die
USA immer mehr Basen für Drohnen ein, insbesondere für ›Killerdrohnen‹, die mit
Hellfire-Raketen und satellitengestützten Bomben bestückt werden können.
Derzeit wird eine solche Basis in Äthiopien gebaut. Man kann hier nicht umhin,
zu vermerken, dass uns vor allem auch bezüglich dieses ostafrikanischen Lands
mit schöner Regelmässigkeit mitleidheischende Bittschriften um Entwicklungshilfe
zugehen. Äthiopien wird immer wieder von schweren Hungersnöten geplagt und
immer wieder öffnet die internationale Gemeinschaft ihre Geldschatullen, um den
Not leidenden Menschen zu helfen. Die äthiopische Regierung freut das, denn sie
kauft von dem so gespendeten Geld selbstverständlich auch Rüstungsgüter.
Äthiopien unterhält heute nicht nur eine der grössten Armeen in ganz Afrika,
sondern ist auch seit vielen Jahren im Kriegszustand mit dem Nachbarland
Somalia. Und deshalb braucht das Land ständig neue Waffen. Die liefert vor
allem China; natürlich beliefern die Chinesen zugleich auch die somalischen
Kriegsherren. Während die USA zum Beispiel im Juni 2008 eine Soforthilfe für
die Hungersnot zugesagt hatte, kündigte die Regierung an, ihre Rüstungsausgaben
um 50 Millionen Dollar auf 400 Millionen-$ erhöhen zu wollen. Ganz nebenbei: Trotz
der Hungersnöte gibt es inzwischen zahlreiche Projekte in Äthiopien, die
wertvolles Getreide in Biodiesel verwandeln ……
Wie verrucht
die gesamte Politkulisse ist, geht auch aus der Art hervor, wie Gaddafi zur
Strecke gebracht wurde. Sowohl Obama als auch Sarkozy waren dagegen, diesen
lebend gefangen zu nehmen, da sie fürchteten, dieser könne vor dem ICC zuviel
reden. In einem Anruf vom 19. Oktober 2011 des Pentagons mit einem seiner
Verhandlungspartner bei den französischen Geheimdiensten hiess es: »Wenn man
den Kerl am Leben lasse, würde eine ›wahre
Atombombe‹ aus ihm.« Damals
waren US-Drohnen vom Typ Predator Gaddafi dicht auf den Fersen: »Am 20. Oktober,
um 8.30 Uhr, nähern sich 3 NATO-Flugzeuge Syrte. Keine x-beliebige Mission:
eine Kolonne von etwa 75 Fahrzeugen flieht mit hoher Geschwindigkeit aus der
Stadt. Eine amerikanische Predator-Drohne schiesst ihre Raketen ab. Ein
Aufklärungsflugzeug Mirage F1CR wird von einer Mirage 2000 D gefolgt, die zwei
lasergesteuerte Bomben - GBU-12 von
jeweils 225 kg - abfeuert. Das Resultat:
21 Fahrzeuge zerstört und Gaddafi nur verwundet. Mitglieder der französischen
Spezialtruppen sind vor Ort.« [11]
In einem aufsehenerregenden Beitrag des früheren demokratischen
US-Präsidenten Jimmy Carter in der New York Times vom 24. Juni hat dieser
die Kriegsverbrechen der Obama-Regierung scharf angegriffen. Carter verurteilte
in dem Artikel Amerikas ›beschämende
Menschenrechtsbilanz‹ und schreibt u.a.: »Enthüllungen, dass oberste Staatsrepräsentanten
Menschen, amerikanische Bürger eingeschlossen, als Zielscheibe auswählen, die
dann im Ausland ermordet werden sollen, sind nur der jüngste verstörende Beweis
dafür, wie weitgehend die Verletzung von Menschenrechten durch unsere Nation
geworden ist.« Carter betont, dass die
gegenwärtige Terrorismusbekämpfung der US-Regierung gegen 10 der 30 Artikel der
Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948 verstösst. Ausserdem greift
er weitere verfassungswidrige Massnahmen an, wie z.B. das im ›National Defense Authorization Act‹ enthaltene präsidiale ›Recht‹, die zeitlich unbegrenzte Haft amerikanischer
Bürger ohne ordentliches Gerichtsverfahren anzuordnen. Präsident Obama selbst
hatte darauf bestanden, dass diese Massnahme im Gesetz enthalten sein
müsse. [12]
Die
Autoren eines Berichts in der New York
Times vom 29. Mai dieses Jahres, Jo Becker und Scott Shane, erinnern daran,
dass Obama einst ein liberaler Rechtsprofessor war, »der sich
gegen den Irakkrieg und die Folter einsetzte.« Inzwischen sei er jedoch ganz
versessen darauf, Terrorverdächtige zu töten, studiere die einzelnen Fälle
genau und behalte sich selbst die letzte Entscheidung darüber vor, wer als
nächster zu töten sei. Wie aus Beschreibungen seiner Mitarbeiter hervorgeht,
wende Obama »seine
anwaltlichen Fähigkeiten im Bereich der Terrorbekämpfung normalerweise dazu an,
seine blutige Kampagne gegen Al-Qaida nicht etwa einzuschränken, sondern diese
zu erlauben, selbst wenn es darum gehe, einen amerikanischen Geistlichen im
Jemen zu töten, eine Entscheidung, die, wie Herr Obama seinem Kollegen sagte, ›eine einfache‹ war.« Der Bericht bestätigt auch die Existenz einer seit langem
angeprangerten Praxis, die im Weissen Haus unter Obama üblich sei: Um Probleme
zu vermeiden, die sich bei der Inhaftierung von Terroristen wie z.B. in
Guantánamo stellen, ziehe es Obama vor, die Beschuldigten gleich zu töten,
anstatt sie gefangen zu nehmen. »Während Dutzende von Verdächtigen unter Obama
getötet wurden, wurde nur ein einziger in amerikanische Haft genommen«,
berichten die Autoren. Cameron Munter, der erst kürzlich von seinem Posten als
US-Botschafter in Pakistan zurücktrat, wird wie folgt zitiert: »Es sei
ihm nicht klar gewesen, dass seine Hauptaufgabe darin bestehen würde, Menschen
zu töten.« Admiral
Dennis Blair, der frühere Nationale Geheimdienstdirektor, der von Obama
entlassen wurde, sagte, das Weisse Haus konzentriere sich auf Kosten einer
langfristigen Strategie völlig auf die Drohneneinsätze, was ihn an die
Obsession mit dem ›Leichenzählen in
Vietnam‹ erinnere. Viele Analytiker
können kaum glauben, wie wenige zivile Opfer das Weisse
Haus als ›Kollateralschäden‹ meldet. Mehrere Regierungsbeamte
sagen, dies liege daran, dass sämtliche männliche Opfer im wehrdienstfähigen
Alter als Kombattanten gezählt würden, wenn nicht nach ihrem Tod ausdrücklich
das Gegenteil nachgewiesen werde. [13]
Wie Paul
Müller in der Berliner Umschau
berichtet, will die US-Armee den
Luftkrieg in Afghanistan nach dem offiziellen Abzug der Besatzungstruppen offenbar ausdehnen;
anscheinend sollen zudem effizient arbeitende Spezialkämpfer das Heer der
zeitweise verpflichteten Nationalgardisten ablösen. Darauf deute ein Bericht
der Agentur ›Bloomberg‹ hin, laut dem Verteidigungsminister Leon Panetta
beim Kongress um die Umwidmung von 641 Millionen $ für Aufklärung und Überwachung
gebeten habe. Bereits Ende Juni hatte dieser demnach in einem 20 Seiten
umfassenden Dokument beantragt, 8,2 Milliarden $ neu zu verwenden. Wie es
heisst, sollen 6 Drohnenstützpunkte, die gegenwärtig im Irak von ›Auftragnehmern‹
betrieben werden, künftig in Afghanistan stehen. Die Zahl der Stützpunkte des
Spezialkommandos ›Navy Seals‹ soll von 4 auf 8 verdoppelt werden. Für den
Luftkrieg sollen dem Bericht nach offenbar neue Drohnen vom Typ ›Boeing ScanEagle‹ der
Firma Insitu Inc. in Bingen, Bundesstaat Washington, angeschafft werden. Die
drei Meter breiten und 18 kg schweren unbemannten Flugobjekte sind seit
November 2008 im Dienst, mit einem Einsatz von bislang 5.600 Stunden. Sie
sollen von Mitgliedern der ›Navy Special Warfare
Teams‹ in Gruppen von je 7 Soldaten betrieben werden. Das
US-Zentralkommando habe gegenüber der Agentur bereits vor zwei Jahren Erfolge
der Drohnen eingeräumt. Diese hätten an Missionen mit dem Ziel teilzunehmen, »über 40 hochrangige Individuen zu
töten oder gefangen nehmen. « Offiziell
sollen die ausländischen Truppen Afghanistan bis 2014 verlassen. Dass aber auch
danach Militärangehörige für Aufgaben wie ›Unterstützung‹ oder ›Ausbildung‹ im Land verbleiben würden, war bislang kaum mehr
als ein offenes Geheimnis. [14]
Die Rechtfertigung für jegliche Barbarei Inzwischen sieht es ganz so aus, als lieferten die Begriffe ›angeblich‹, ›mutmasslich‹ und ›Al-Qaida‹ die Basis für jegliche Roheit, so dass die Drohnenjagd ungehindert ihren
Fortgang nehmen dürfte. Nicht wenige Stimmen, die sich dagegen erheben, sind
bislang im Strudel des internationalen Abnickens dieser Vorgänge untergegangen oder
dem diesbezüglich praktizierten Ignorieren erlegen. Was nun Hillary Clinton angeht, die sich
durch mitunter als hochgradig bedenklich einzustufenden und je nach Fall auch
massive Drohungen beinhaltende statements auszeichnet, so ereiferte sie sich
diesen Mai anlässlich eines wohlgemerkt fiktiven Anschlags auf ein Passagierflugzeug, der bereits
wenige Stunden später als eine Inszenierung der CIA aufflog, über die
Terroristen, die »immer
perversere und schrecklichere Methoden ausprobierten, um unschuldige Menschen
zu töten.« Hier kann man sich nur noch die Frage stellen: Grundverlogen oder abgrundtief dumm?
Erstens sind die obengenannten Methoden der USA an Perversität aus meiner Sicht
kaum mehr zu überbieten, zweitens werden die zahllosen ›unschuldigen Menschen‹, die diesen zum Opfer fallen, auch von
Clinton komplikationslos übergangen.
Nicht, dass die UNO gemäss ihrer Verpflichtung zur Friedenssicherung hier
vernehmbar einschritte; sie obliegt derzeit ganz anderen Sorgen: Sie möchte 400
Milliarden Dollar
an Steuern für die Armen
sammeln [15]. Auf dem Gebiet des Geldeinzugs verzeichnet diese Institution seit
langem eine nicht zu übersehende Steigerung, während die von ihr erwartete Verhinderung
von Kriegen und Krisen längst im Senkflug die Abwärtsspirale angetreten hat. Dass
die Kriege in Tat und Wahrheit die Hauptursache für die Armut darstellen, das möchten
die Immunität auf Lebenszeit geniessenden UNO-Funktionäre offensichtlich schon
gar nicht ansprechen. Und wenn wir schon bei dem Begriff ›pervers‹ sind: Als absolut pervers
empfinde ich die jetzt zur Armutsbekämpfung ausgebrütete Kalkulation der UNO, die
uns, falls durchsetzbar, einen Meilenstein weiter in die Knechtschaft einer Institution bringt,
die für unsere ureigensten Belange, nämlich die Krisen- und Kriegsverhütung,
meist nur taube Ohren hat. Die ›Finanzperversitäten‹
erstrecken sich auf folgende Vorgaben: Allein 250 Millionen $ könnten in
den Industrieländern - das sind in der
Hauptsache wir hier im Westen
- durch eine Steuer auf Kohlendioxid von 25 $ pro Tonne eingenommen werden; weitere
Milliarden seien durch eine ›winzige Steuer‹ auf Währungstransaktionen möglich. Auf die ›Winzigkeit‹ darf
man gespannt sein! Die Experten schlagen 0,005 % für die 4 Hauptwährungen
Dollar, Euro, Pfund und Yen vor und rechnen mit Einnahmen von 40 Milliarden $.
Es kann den cleveren Strategen ja wohl nicht entgangen sein, dass eine
Transaktionssteuer, eine der ›Traubenhängel‹, nach der Brüssel begierig schielt, auf den
Steuerzahler zurückfallen wird. Diese und weitere Massnahmen, heisst es, seien
technisch nicht nur machbar - wer wollte
da nach Kenntnis aller UNO-Schachzüge noch Zweifel hegen - sondern darüber hinaus wirtschaftlich
vertretbar. Für mich tritt einmal mehr glasklar zutage: Der Frieden ist kein
Thema, solange nicht allen Ländern ihre Ressourcen abgerungen sind. Und solange
dies noch nicht erfolgt ist, stehen sämtliche Ampeln auf grün, um uns entweder
im Namen der sogenannten internationalen Gemeinschaft oder mittels der
Geberkonferenzen in jeder Weise finanziell auszuhöhlen. Jüngstes Beispiel ist
wiederum Afghanistan, ein Land, aus dem die Milliarden mehr oder weniger kofferweise
nach Dubai wanderten und wo Milliarden schlechterdings spurenlos in
der Korruption versickert sind; es ist daher auch jetzt mitnichten die Garantie gegeben, dass
die erneut gesprochene Unterstützung in Höhe von 16 Milliarden $ nicht
wiederum dasselbe Los treffen wird.
Wie es bei der UNO ferner heisst, wird Deutschland ausdrücklich gelobt,
da es Gelder zum Klimaschutz für internationale Programme bereitstelle. Warum
auch nicht, bei 2,1
Billionen Euro Schulden kommt es offensichtlich auf nichts mehr an …… Wenn
andere EU-Länder dem deutschen Beispiel folgen würden, stünden allein 3 bis 5 Milliarden $ zur Verfügung, die ich
persönlich ausnahmslos in der Tilgung von Kriegsfolgen verschwinden sehe und die
daher die Armut nirgendwo verringern werden.
[1] http://www.german-foreign-policy.com/de/fulltext/58252 27. 1. 12 Stiller
Komplize [2] http://www.german-foreign-policy.com/de/fulltext/57892 10. 9. 10 Die Ära der Drohnen (IV) [3] http://www.jungewelt.de/2012/07-07/047.php Deutscher Drohnenkrieg - Von André Scheer [4] http://www.jungewelt.de/2012/06-06/034.php Druck mit
Drohnenmorden - Von Knut Mellenthin [5] http://www.jungewelt.de/2012/02-01/037.php Drohnen-Präsident im Internet-Chat -Obama plaudert Mordaktionen schön, liefert
aber keine Zahlen und Fakten – Von Knut Mellenthin [6] http://www.jungewelt.de/2011/07-20/048.php 20. 7. 11
Mordjurist des Tages [7] http://www.gegenfrage.com/us-drohnen-bombardieren-staedte-in-somalia/ 29. 6. 12 [8] Strategic Alert Jahrgang 24, Nr. 43 vom 29. Oktober
2011 [9] http://www.jungewelt.de/2012/05-11/035.php 11. 5. 12 [10] http://www.politonline.ch/?content=news&newsid=1401 10. 1. 2010 Jemen: »Sie wollen auf unser Gebiet« [11]
Strategic Alert Jahrgang 24, Nr. 44 vom 2. November 2011 [12] http://www.bueso.de/node/5792 2. 7. 12 [13] Strategic Alert Jahrg. 25, Nr. 23 vom 6. Juni 2012 [14] http://www.berlinerumschau.com/news.php?id=56533&title=US-Verteidigungsminister+will+mehr+Drohnen+und+Navy+Seals+f%FCr+weiteren+Krieg+in+Afghanistan&storyid=1001341499097 5. 7. 12
US-Verteidigungsminister will mehr Drohnen und Navy Seals für weiteren
Krieg in Afghanistan - Von Paul Müller [15] http://diepresse.com/home/politik/aussenpolitik/1262807/UNO-will-400-Mrd-Dollar-Steuern-fuer-Arme-sammeln?_vl_backlink=/home/politik/aussenpolitik/index.do 5. 7. 12
UNO will 400 Mrd. Dollar Steuern für Arme sammeln
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