Der IWF - Wie Griechenland, ein Fass ohne Boden

Einmal mehr wird von der Schweiz ein namhafter Milliardenbetrag für den Internationalen Währungsfonds verbindlich erwartet.

 

Angesichts der sich besonders in Europa verschärfende Überschuldungskrise gedenkt der IWF

seine Mittel um sage und schreibe 600 Milliarden $ aufstocken. Wer hier glaubt, dass irgendwo noch eine Vorstellung davon herrscht, was es heisst, eine Milliarde an Steuergelder zu erarbeiten, sieht sich getäuscht. Wenigstens hat die hochverschuldete USA bereits signalisiert, dass von ihrer Seite keine Aufstockung zu erwarten sei. Ein Wort dieser Art würde man sich selbstredend auch von Brüssel erhoffen. Gemäss seinen Satzungen ist es dem IWF die Rettung von Staaten aus der Überschuldung nicht erlaubt, denn die Institution war vielmehr dafür geschaffen worden, Staaten, die an sich noch gesund sind, aber in eine vorübergehende Liquiditätsverknappung geraten sind, eine Zahlungsbilanzhilfe zu gewähren. »Seit sich die Überschuldungskrise in den Industriestaaten immer bedrohlicher ausweitet«, schreibt Ulrich Schlüer, »werden die Satzungen internationaler Finanzierungsagenturen, nicht nur die des IWF, allerdings von Monat zu Monat grosszügiger ausgelegt.« Indessen steht die Zusage des IWF zu einer Finanzhilfe für die überschuldeten EU-Staaten. Fällt die USA als Beitragszahler aus, entfallen umso höhere Beitragsquoten auf die restlichen IWF-Mitglieder, insbesondere auf überhaupt noch zahlungsfähigen. Und dazu gehört die Schweiz. Im Dezember 2010 traf die Forderung des IWF in Höhe von rund 16 Milliarden Franken bei uns ein. Diese sollten zwar nicht in bar zu leisten, sondern in einer durch die Nationalbank zu sprechenden Garantie.

 

Nach einer äusserst knappen, unter massivem Zeitdruck erfolgten Kurzorientierung der für die IWF-Geschäfte zuständigen Aussenpolitischen Kommissionen beider Räte wollte Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf die Bewilligung der 16 Milliarden an den IWF damals im Eilverfahren durchdrücken, ohne jegliche Beratung in den Kommissionen. Und das Prinzip, dass die beiden Räte des Eidgenössischen Parlaments das gleiche Geschäft nie in der gleichen Session behandeln, wollte sie ohnehin nicht respektieren. Ein Ansinnen, das die Räte immerhin abgeblockt haben. Das Milliarden-Geschäft wurde danach nicht nur in den Kommissionen, sondern auch in mehreren Informationsveranstaltungen am Rand von Sessions- oder Kommissionssitzungen intensiv diskutiert. An einer dieser Veranstaltungen nahmen nebst einer Delegation hoher Beamter aus dem Finanzministerium auch wichtige Exponenten der Schweizer Grossbanken teil, ebenso der für seine jeglichem Blendwerk abholde Sachlichkeit geschätzte Nationalbank-Vize Prof. Thomas Jordan teil. Das Hauptargument, weshalb die Schweiz damals eine erneute Garantie von 16 Milliarden an den IWF leisten sollte, zielte darauf ab, unserem Land den bisher eingenommenen Sitz im IWF-Direktorium unbedingt zu erhalten. Tatsächlich hatte sich Bern diesen Sitz bereits kurz nach dem 1992 an der Urne vom Volk bewilligten Beitritt zum IWF ergattert. Die Schweiz vertritt im IWF eine Ländergruppe, die sich aus Polen, Serbien sowie Aserbaidschan, Kasachstan, Kirgistan, Tadschikistan, Turkmenistan und Usbekistan zusammensetzt, und die kurz als Helvetistan bezeichnet wird. Die addierten Anteile all dieser Länder am IWF-Grundkapital sichern dieser Ländergruppe einen Sitz im IWF-Direktorium, den seit Anbeginn die Schweiz einnimmt. Das Hauptargument für die Bewilligung der 16 Milliarden-Garantie lautete damals, dass der Sitz der Schweiz im IWF-Direktorium gefährdet sei, verweigerte man die Erhöhung der Mittel. Das Argument hatte Zugkraft. Mit Ausnahme der an der Entscheidfindung beteiligten SVP-Kommissionsmitglieder wollte niemand diesen Sitz gefährden.

 

Die wahre Bedeutung dieses Sitzes löste immerhin Fragen aus: Was bringt dieser Sitz im IWF-Direktorium der Schweiz wirklich – abgesehen von zahlreichen Sitzungsteilnahmen mit all ihren Begleitprogrammen – was einige Fragen auslöste: Vor allem die konkrete Frage an Prof. Jordan, ob er in der Lage sei, wenigstens einen einzigen Beschluss des IWF-Direktoriums zu nennen, der massgeblich von der Schweiz durchgesetzt worden sei. » Es gebe«, so Jordan, »keinen Beschluss des IWF, der sichtbar Schweizer Handschrift trage. Von Seiten des jeweils amtierenden Schweizer Direktors sei nie eine Intervention ausgegangen, die einer zumeist von den grossen, einflussreichen IWF-Mitgliedern vorbereiteten Beschlussfassung in irgend einer Weise eine andere Richtung als die von oben vorgegebene gewiesen hätte…« Jordan bestätigte damit eine längst gehegte Vermutung: Zwar sitzt tatsächlich ein Schweizer im Range eines Direktors beim IWF. Er hat dort nicht zuletzt zu beaufsichtigen, dass mit den der Schweiz gehörenden Milliarden, die dem IWF zur Verfügung gestellt werden, nichts Satzungswidriges, nichts Halsbrecherisches, nichts Falsches angestellt wird. Aber dieser Direktor tritt nie sichtbar in Erscheinung. Wer nicht unmittelbar mit dem IWF zu tun hat, und das betrifft die Finanzministerin, wenige Spitzenbeamte ihres Departements, die Nationalbankspitze und höchstens ein paar wenige Parlamentarier, kennt denselben überhaupt nicht, so auch nicht  die Öffentlichkeit. Was also nützt dieser Direktor unserem Land? Die Antwort ist klar: Der Sitz im IWF-Direktorium trägt der Schweiz keinerlei sichtbaren Nutzen ein. Dort entscheiden die Grossen, die USA, Japan, Deutschland, England, Frankreich, in zweiter Linie auch Russland und China. Die andern sechzehn sind anwesend – aber ohne nennenswerten Einfluss.

 

Es kommt hinzu, dass die Schweiz eine Ländergruppe mit sehr unterschiedlichen, oft geradezu gegensätzlichen Positionen zu vertreten hat. Die Helvetistan-Staaten in Zentralasien sehen sich vor allem als Geldnehmer-Staaten beim IWF. Die Schweiz aber ist Geldgeberin, die für die Mittelverwendung andere Massstäbe setzen würde, wenn sie ihre Meinung ohne Rücksichtnahme auf Geldnehmer zum Ausdruck bringen könnte. Polen und Serbien verfolgen ebenfalls eigene, keineswegs mit der Schweiz übereinstimmende Interessen. So sitzt unser Direktor im höchsten IWF-Gremium als Gelähmter, als zwar Anwesender, der allerdings kein in sich stimmendes Konzept vertreten und mit Anträgen einbringen kann. Es mag sein, dass dieser dank seinem Sitz einige Informationen aus der IWF-Bürokratie früher erhält als die Schweiz diese ohne Direktoriums-Sitz erhalten würde. Die Frage, ob ein zumeist schweigender untergeordneter Direktor im höchsten IWF-Gremium für die Abermilliarden guter, dem IWF zur Verfügung gestellter Schweizer Franken einen angemessenen Gegenwert darstellt, ist damit freilich noch nicht befriedigend beantwortet.  [1]

 

Der IWF zählt wie zahlreiche andere uns oktroyierte Institutionen, auf die wir keinen Einfluss nehmen können, zu den sogenannten Pressedauerbrennern der Finanzwelt. So berichtete denn auch Strategic Alert Ende November letzten Jahres von einem weiteren wertlosen Plan der Eurozone-Politiker. Unter dem Etikett IWF-Anleihe und Neuer Stabilitätspakt zielen Pläne darauf ab, die Europäische Zentralbank (EZB) zum Kreditgeber letzter Instanz zu machen und die hyperinflationäre Druckerpresse in Gang zu setzen. [2]  Beim Treffen der Finanzminister und Zentralbankchefs der führenden Industrie- und Schwellenländer (G-20) Ende Februar in Mexiko hiess es, dass die höhere, durch mehr Mittel zu erzielende Schlagkraft des IWF aber nicht nur Europa, sondern der gesamten Welt zugute kommen soll. Dabei ist der IWF derzeit de facto ein europäischer Währungsfonds: Rund 80 % der Summe seiner gesamten Darlehen verteilen sich auf Länder des alten Kontinents.

 

Im Klartext geht es dem IWF um eine zusätzliche Summe von 600 Milliarden $  - eine Summe, die man sich fast nicht vorstellen kann -  von denen 200 Milliarden aus dem hochverschuldeten Europa kommen sollen. Derzeit befinden sich 386 Milliarden $ in der Kriegskasse. Die eigentliche  Entscheidung des IWF über die Erhöhung steht indessen erst für diesen April an. Schon seit April 2011 hatte sich der Internationale Währungsfonds vor dem Hintergrund der schweren Wirtschaftskrise dafür ausgesprochen, die Zu- und Abflüsse von Geldern in bestimmte Regionen der Welt zu beschränken oder ganz zu verhindern. Inzwischen geht es in Brüssel hinter verschlossenen Türen um die Beschränkung des Geldflusses der Europäer in Europa. Erst im Dezember 2011 wurde bekannt, dass Grossbritannien an einem Notfallplan arbeitet, um im Falle des Auseinanderbrechens der Euro-Zone die Folgen für die britische Wirtschaft abzufedern. Zu den von der Londoner Zentralbank vorgeschlagenen Massnahmen zählen vor allem Kapitalverkehrskontrollen, um den Geldfluss aus dem Land und in das Land zu begrenzen. Und nun wird in EU-Kreisen über die Ausdehnung dieser Pläne auch auf andere EU-Staaten gesprochen. Die juristischen Grundlagen dafür wurden schon Ende 2009 in der EU geschaffen. Bei einer Zuspitzung der Finanzkrise [dem Staatsbankrott eines angeschlagenen Euro-Landes] sollen die Einschränkungen der Kapitalverkehrsfreiheit zunächst für 6 Monate in Kraft treten.  [3]  

 

Generell zum IWF vermerkte der bekannte Autor Webster G. Tarpley folgendes: »Die hineinpfuschenden und stümperhaften Ökonomen des Internationalen Währungsfonds haben

auf der ganzen Welt eine Spur der Tränen hinterlassen. Noch nie waren sie in der Lage, eine einzige Geschichte vorzuweisen, bei der ihre Verordnungen eine erfolgreiche wirtschaftliche Entwicklung bewirkt hätten. Der IWF ist der Träger des Absurden und des diskreditierten Washington Consensus in der Wirtschaftspolitik, der auf Deregulierung, Privatisierung, Zerschlagung von Gewerkschaften, Zerstörung des sozialen Netzes, Liquidierung des staatlichen Sektors, systematische Reduzierung von Löhnen und Sozialleistungen basiert und folglich einen allgemeinen barbarischen Wettlauf in den Abgrund. 2008 gab es eine Revolte gegen diese  drakonischen Rezepte, aber jetzt wurden sie Griechenland, Portugal und Irland auferlegt. Europa muss das Europa der Völker, und nicht das Europa der Banken und Kartelle werden. Die  gescheiterten neoliberale und monetaristische Politik des IWF darf in der europäischen Entwicklungspolitik keinen Platz haben.« Wer sich mit dem IWF und seinen Sanktionen etwas genauer beschäftigt, erkennt schnell, dass die Privatisierung eine konkrete Forderungen darstellt, wenn der IWF involviert ist. Schon Mitte 2003 hatte der IWF eine Strukturreform in Deutschland begrüsst und weitergehende Reformen bei kollektiven Lohnverhandlungen und Produktmärkten angeregt; auch hielt er ein höheres Renteneintrittsalter in Verbindung mit einem niedrigeren Rentenniveau für sinnvoll und im Gesundheitssystem hatte er eine höhere Selbstbeteiligung der Patienten für angezeigt befunden. Es ist eindeutig, dass zahlreiche Wirtschaftszweige mit Standbein in asiatischen und anderen Ländern von den Gegebenheiten, die der IWF dort schafft, durchaus profitieren.

 

 

[1]  Quelle:

http://www.schweizerzeit.ch/cms/index.php?page=/News/Heiss_begehrter_DirektoriumsSitz-533

Der aktuelle Freitags-Kommentar d

[2]  Strategic Alert  Jahrgang 24, Nr. 48  vom 30. November 2011

[3]  http://info.kopp-verlag.de/hintergruende/europa/udo-ulfkotte/schock-fuer-eu-buerger-bruesseler-geheimgespraeche-ueber-die-einfuehrung-von-devisenkontrollen.html;jsessionid=3662E6F3A9EF629273FF1B918FD04F33  24. 1. 12 

Schock für EU-Bürger: Brüsseler Geheimgespräche über die Einführung von Devisenkon-trollen  -  Udo Ulfkotte