Die russische Wahl und die westliche Presse 18.03.2012 20:40
»Täuschen Sie sich nicht. Hinter der unerbittlichen Dämonisierung Putins und den unzähligen Versuchen, die russischen Präsidentenwahlen zu delegitimieren,
stecken
einige sehr verärgerte und mächtige Gruppierungen der Washingtoner und anglo-amerikanischen
Eliten,« schreibt
Pepe Escobar, der Korrespondent der »Asia Times«. »Diese
wissen, dass Putin ein überaus zäher Verhandler an allen Fronten sein wird. Sie
wissen, dass Moskau bei der Eindämmung permanenter NATO-Stützpunkte in
Afghanistan, bei der Förderung von Pakistans strategischer Autonomie, beim
Widerstand gegen eine Raketenabwehr, um sicherzustellen, dass der Iran nicht
angegriffen wird, zunehmend enger mit China zusammenarbeiten wird. [1]
Bekanntlich
lautete die Aussage der OSZE, der Organisation
für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, dahingehend, dass die Wahl in grossem
Umfang manipuliert worden sei. Ganz im Gegensatz hierzu erklärt der
Wahlbeobachter des Europarats, Stefan Schennach, in einem Interview mit Peter
Wolter von der jungen Welt, dass er seine Wahlbeobachterkollegen von der OSZE
für ›manipuliert hält‹: »Am Befund
der OSZE kritisiere ich, daß sie diesen Wahltag zu wenig respektiert – die
Organisation und der Ablauf der Wahl waren nämlich fair und von einem hohen Standard. Rußland ist riesig, fast
schon ein Kontinent, und besteht aus den unterschiedlichsten Regionen und
Ethnien. Selbst wenn es bei 200 von 95000 Wahllokalen Unregelmäßigkeiten
gegeben haben sollte, würde das nichts am Ergebnis ändern.« Auf die Frage, wie die OSZE zu ihrer Aussage kommt, antwortet Schennach,
dass die OSZE keine unabhängige Instanz, sondern eine politische Organisation sei. Als Beispiel führt er seine
Aufgabe als Beobachter der OSZE zur Präsidentschaftswahl 2008 in Georgien an: »Nicht nur ich, sondern auch meine damaligen
Kolleginnen und Kollegen, waren über den massiven Wahlschwindel, den wir dort
erlebten, wütend. Wir waren aber ziemlich sprachlos, als der von der USA
gestellte Missionsleiter schon am Morgen darauf in einem TV-Interview dieser
Wahl den Segen der OSZE erteilte. Das war um 9.00 Uhr früh: um diese Zeit
konnte er die einzelnen Berichte noch gar nicht ausgewertet haben. Das Ergebnis
stand also von vornherein fest, die Wiederwahl von Michail Saakaschwili paßte
der USA politisch ins Konzept«. Laut Wolter waren bei
den Wahlen jedoch Leute zu sehen, die einen Wahlzettel nach dem anderen in die
Urne stopften, wie soll man das anders nennen als Wahlfälschung? Schennach: »Die habe ich natürlich auch gesehen. Wir wissen aber nicht, ob diese
Videos tatsächlich am Wahltag aufgenommen wurden oder ob nur ein Funktionstest
gefilmt wurde. Sollte es sich wirklich um Manipulation handeln, würde das in
diesem Fall aber nicht das geringste am Gesamtergebnis ändern. ….. Ich kann nur
eines feststellen: In allen von mir besuchten Wahllokalen waren die Urnen
elektronisch gesteuert: es wurde alles protokolliert. Alle eingeworfenen
Wahlzettel wurden sofort digital eingelesen, so daß die Ergebnisse nach Schließung
des Lokals vorlagen. Anschließend wurde noch einmal von Hand ausgezählt und
verglichen. Das ist ein ziemlich sicheres System. Hinzu kommt, daß eine
Überwachungskamera ständig auf die Wahlurne fixiert war, während eine andere
den Raum insgesamt im Blick hielt. Das alles konnte man live mitverfolgen – in
jedem Wahllokal stand ein Laptop, auf dem man die Aufzeichnungen der Kameras
überprüfen konnte.« Natürlich müsste man auch das
Vorfeld in Betracht ziehen: »Zum einen wurden nicht
alle Kandidaten zugelassen, zum anderen gab es im russischen Fernsehen einen
medialen Overkill zugunsten Putins. Der Zorn vieler junger Leute läßt sich
nicht übersehen, aber viele sagen: Man muß nicht für Putin sein, um ihn zu
wählen. Als Westeuropäer ist man immer wieder überrascht, welche Bedeutung der
Begriff Stabilität für die russische Bevölkerung hat.« [2]
Kaum
bekanntgeworden ist, dass die georgische Arbeiterpartei Mitte Oktober 2009 die
Administration der Vereinigten Staaten aufgefordert hatte, diejenigen US-Organisatoren
der sogenannten ›Rosenrevolution‹, die den Alleingänger Saakaschwili
an die Macht brachte, zu bestrafen. Deren Chef, Shalva Natelashvili, erklärte die Revolution von 2003 als verfassungswidrig.
Die Machtergreifung Saakaschwilis
war von der Regierung George W. Bushs zusammen mit George Soros und anderen geplant und finanziert: Man wollte
auf diese Weise eine Satellitenverwaltung in Georgien etablieren wollten. [3] An
der von langer Hand geplanten Entmachtung Schewardnadses waren folgende
Institute beteiligt: Hinter der angeblichen Nichtregierungsorganisation, die
behauptete, dass die Wiederwahl Eduard Schewardnadses am 2. 11. 2003 gefälscht
war, steht in Wirklichkeit das ganz einfach als NGO bezeichnete ›American National Democratic Institute‹ [ANDI], das zum damaligen Zeitpunkt von
Madeleine Albright geleitet wurde; das ANDI wiederum gehört zum ›National Endowment for Democracy‹, wobei die Bezeichnung Demokratie wohl
kaum den wahren Sachverhalt trifft. In Kürze dargelegt: Die bezüglich der Fälschung
resp. der Ungültigkeit der Wahlen vorgebrachten Anklagen stammten direkt aus
dem ANDI, während der Milliardär George Soros die Jugendbewegung ›Kmara‹
[Genug] finanzierte. Der Volkszorn war somit vom ANDI geschickt
ausgelöst und mittels der von Soros finanzierten Jugendbewegung strukturiert
worden, was es der CIA ermöglichte, ihre Leute in Tbilissi an die Macht zu
bringen. Nicht umsonst hat Schewardnadse die amerikanischen Institutionen sowie
Soros als die Einzigen bezeichnet, die für seinen Sturz verantwortlich sind [4].
Zumindest liegt wenigstens heute rascher offen, wer und auf welche Weise die Aufstände
in Ägypten, Libyen und Syrien von aussen geplant, gezielt vorbereitet und
massiv unterstützt wurden resp. im Fall Syriens noch immer werden.
Keine weiteren ›humanitären Bombardierungen‹
Putin,
legt Escobar dar, hatte in seiner Rede auf der NATO-Sicherheitskonferenz 2007
in München die damalige Regierung George W. Bushs angeprangert; er hatte
Washington vorgeworfen, seine nationalen Grenzen in nahezu allen Bereichen zu überschreiten.
Heute ist Putin genau wieder da, wo er sein will, als russischer
Oberbefehlshaber, der für das Militär, die Aussenpolitik und alle nationalen
Sicherheitsangelegenheiten zuständig ist. »Washington und seine Knechte sind
gewarnt worden«, erklärt Esocbar. Vor der Wahl hatte Putin seine
Zukunftspläne bekanntgegeben. »Die wichtigsten Punkte: Kein Krieg gegen Syrien, kein
Krieg gegen den Iran, keine ›humanitären
Bombardierungen‹ und kein Schüren
von ›Farbenrevolutionen‹. Für Putin kommt eine von Washington
entworfene ›Neue Weltordnung‹ nicht in Frage. Was herrscht, ist ›das altbewährte Prinzip der staatlichen
Souveränität‹. Weitere
Schlüsselpunkte: Keine Militärbasen der USA, die Russland umstellen, keine US-Raketenabwehr
ohne strikte schriftliche Zusage, dass das System niemals gegen Russland
gerichtet sein wird, und eine wachsende enge Kooperation der BRICS-Gruppe: Brasilien,
Indien, Russland, China, Südafrika.« Es war Putin, der die
Wiederauferstehung Russlands als Energie-Supermacht nahezu eigenhändig
anführte; Erdöl und Erdgas machen zwei Drittel der russischen Exporte aus, die
Hälfte des Bundesbudgets und 20 % des BIP. Das Hauptgewicht wird auf Erdgas
liegen. Obwohl Russland über nicht weniger als 30 % der globalen Erdgasvorräte
verfügt, macht seine Flüssiggasproduktion weniger als 5 % des Weltmarkts aus.
Es ist nicht einmal unter den 10 Spitzenproduzenten. Putin weiss, dass Russland
riesige Mengen an ausländischen Investitionen in der Arktis benötigen wird, um
seine Erdölproduktion über 10 Millionen Barrels pro Tag zu halten. Und es muss mit
China einen umfassenden, komplizierten, Milliarden Dollar schweren Handel rund
um die ostsibirischen Erdgasfelder abschliessen; der Bereich Erdöl wurde
bereits im Rahmen der Pipeline von Ostsibirien zum Pazifik (ESPO) unter Dach
gebracht. Putin ist sich bewusst, dass dieser Handel für China in Bezug auf
seine Energiesicherheit ein lebenswichtiges Gegengewicht zu Washingtons
zweifelhaften Annäherungsversuchen gegenüber Asien bildet. Wie Escobar ferner
ausführt, wird Putin alles unternehmen, um die ›South Stream Pipeline‹
zu konsolidieren; deren Kosten könnten sich bis auf atemberaubende 22
Milliarden $ belaufen; der Beteiligungsvertrag ist bereits zwischen Russland,
Deutschland, Frankreich und Italien unterzeichnet. In der ›South Stream Pipeline‹
wird russisches Erdgas vom Grund des Schwarzen Meeres in den südlichen Teil der
EU geliefert, durch Bulgarien, Serbien, Ungarn und die Slowakische Republik.
Wenn diese Pipeline in Betrieb geht, ist die Konkurrenzpipeline ›Nabucco‹ schachmatt gesetzt, was einen bedeutenden russischen Sieg gegen den
Druck aus Washington und die Brüsseler Bürokraten darstellt. Was die ›Shanghai Cooperation Organization‹, die SCO, angeht, so wird Putin
wünschen, dass Pakistan Vollmitglied wird, genauso wie China daran interessiert
ist, den Iran einzubeziehen. Die Auswirkungen wären gewaltig, koordinierten
Russland, China, Pakistan und der Iran nicht nur ihre wirtschaftliche
Integration, sondern auch ihre gemeinsame Sicherheit in einer starken SCO, dies
unter dem Motto ›Blockfreiheit,
Konfliktvermeidung und Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten anderer
Länder‹. Die SCO entwickelt sich zu
einem wirtschaftlichen und sicherheitstechnischen Kraftpaket, während parallel
dazu ›Pipelineistan‹ die volle Integration der SCO als
Gegengewicht zur NATO beschleunigt. [1]
Rainer
Rupp von der Jungen Welt kommentierte die Wahl wie folgt: »Mit
aufgeregten Kolportagen über die Präsidentschaftswahlen in Rußland versuchten
sich westliche und speziell die deutschen Medien am 4. März gegenseitig zu übertreffen. Sie entfalteten
eine Propagandaoffensive gegen Wladimir Putin, der die Wahl bei einer
Beteiligung von 65 % mit knapp 64 % der abgegebenen Stimmen gewann. Das
ARD-Hörfunkstudio Moskau meldete unverdrossen: ›Kein glänzender Wahlsieg‹.
Immerhin räumten die meisten Berichterstatter ein, daß ›die
Mehrheit der Russen hinter Putin steht‹ (ARD). Dem folgten düstere
Warnungen, daß das Land und die Welt bald den ›wahren,
den rücksichtslosen Putin‹ kennenlernen werde, der jetzt keine Rücksicht
mehr zu nehmen brauche.« Wie dem Bericht von Rupp ferner zu entnehmen ist, tauchte als faktisch einzige Quelle für die angeblich ›massenhaften
Wahlfälschungen‹ die ›unabhängige Wahlbeobachter-Gruppe
Golos‹ auf. Tatsächlich wird dieses Institut vom halbstaatlichen Arm der
US-Außenpolitik, dem ›National Endowment for Democracy‹ (NED)
und ähnlichen Nichtregierungsorganisationen finanziert. ›Golos‹
hatte bereits vor der Wahl Berichte über Wahlfälschungen
verbreitet, die von westlichen Medien eins zu eins wiedergegeben wurden.
Der Jungen Welt gegenüber erklärte Rupp, dass weder von ihm noch von
jemand anderem seiner Gruppe Unregelmässigkeiten festgestellt worden seien. Zwar
wären etliche Wahlwillige abgewiesen worden, diese hätten jedoch keine
Ausweispapiere vorweisen können. [5]
Werner
Pirker, ebenfalls von der Jungen Welt, hielt fest, dass der Wahlbetrug
für westliche und ›unabhängige‹
russische Wahlbeobachter feststand, noch bevor die Präsidentenwahlen in Rußland
überhaupt
stattgefunden hatten. »Den Vogel schoß die deutsche Grünen-Abgeordnete und
selbsternannte Rußland-›Expertin‹ Marieluise Beck ab, die
meinte, daß die Wahlen zwar oberflächlich betrachtet korrekt verlaufen seien. ›Aber
wenn wir zu Zeiten Erich Honeckers in die DDR gegangen wären, hätten wir auch
keine Verstöße gesehen.‹ Will heißen: Nicht auf empirische Beweise,
sondern allein auf die ideologische Wachsamkeit kommt es an. Es sind die alten
Reflexe aus der Zeit des Kalten Krieges, die im medialen Gekläff
gegen das politische System in Rußland reaktiviert werden. Der Putinismus
erscheint als die Rückkehr des Reiches des Bösen, als wiederauferstandener
sowjetischer Totalitarismus – freilich ohne Kommunismus. Wenn es gegen Rußland
(und China) geht, ist sogar Kapitalismuskritik durchaus en vogue. Auch das
traditionelle antirussische Ressentiment – das Moskowiterreich als Hort
politischer Rückständigkeit – wird ausgiebig bedient. Das postkommunistische
Rußland sieht sich in die Kategorie der Schurkenstaaten zurückversetzt. Ein ›Regime
change‹ erscheint der westlichen Wertegemeinschaft dringend geboten.« [6]
Rußland wählt Stabilität
Unter diesem Titel schreibt Charly Kneffel in der Berliner Umschau u.a.: »Rußland
hat also Putin wiedergewählt. Das war keine Überraschung, obwohl die westliche
Destabilisierungsmaschinerie nichts unversucht ließ, im
Vorfeld der Wahlen Unruhe zu stiften und die Legitimität des
Ex-Ministerpräsidenten und Ex-Präsidenten so madig zu machen, wie es nur geht.
Tatsächlich ist der ›Westen‹, wie man das so schön euphemistisch nennt, gerade
im Augenblick seiner tiefsten Krise seit 1929: ohne wirkliches Konzept, daraus
zu entkommen, eifrig bestrebt, so schnell es geht (und solange die Kräfte noch
reichen) möglichst viele machtpolitische Fakten zu setzen und möglichst alle
geopolitischen Gegner als politische Faktoren auszuschalten. Es besteht kaum
ein Zweifel, daß Putin tatsächlich die Mehrheit, wenn auch vermutlich nicht die
städtische Mittelschicht, hinter sich hat. Im Ernst: kann sich jemand Gennadij
Sjuganow, den offiziell lizensierten ewigen Oppositionsführer, als russischen
Staatspräsidenten vorstellen, oder Schirinowski? Dann noch Mironow und
Prochorow? Ehrlich gesagt, wer weiß irgendetwas Handfestes über diese
Kandidaten zu sagen? In diesem Kreis war Putin tatsächlich der einzige seriöse
Kandidat. Man mag einwenden, daß etliche Kandidaten aus nicht immer ganz
einsichtigen Gründen nicht zugelassen wurden. Sicher: aber mehrheitsfähig wären
diese auch nicht gewesen und wie wird man in der USA eigentlich Präsident, wenn
man nicht gerade, wie weiland George W. Bush, der Einfachheit halber zum
Präsidenten ernannt wird? Man muß nicht drum herum reden: Putin ist der
Präsident, den die Masse des russischen Volks gewählt hat – und das ist auch
gut so. Denn auf Rußland kommen in den nächsten Jahren gewaltige Aufgaben zu.« Der Autor sieht Russland gemeinsam mit China als den letzten wirksamen Schutz vor der
offenen Kriegspolitik, die vom Westens ausgeht, wo ein Präsident Obama,
der massiv unter Druck der AIPAC steht, kaum noch die Richtlinien der Politik
seines Landes bestimmen kann. »Rußland muß diesen Kräften
zeigen, daß es so einfach nicht geht, zu provozieren, ohne die Folgen, über die
man nicht nachdenken will, einzubeziehen.
Aber auch innenpolitisch muß Putin jetzt nach dem Medwedew-Interregnum den
zweiten Teil seines Projekts vollziehen. Dies beinhaltet den umfassenden
wirtschaftlicher Aufbau des Landes, um die Abhängigkeit vom Rohstoffexport zu
verringern. Das nötige Kapital ist da und hier böte sich auch für europäische
Länder, allen voran für die BRD, ein weites Feld für Investitionen.
Voraussetzung wäre allerdings, daß man den Mut hat, sich ökonomisch und auch
politisch von der transatlantischen Vormacht abzukoppeln. Last not least muß
Putin auch sehen, dem städtischen Mittelstand eine Perspektive zu geben, die
dessen legitime Bedürfnisse befriedigt, ohne die Glücksritter, die nach 1990
unter dem unglückseligen Jelzin den Ton angaben. Putin hat Rußland in seiner
ersten 8 Jahre währenden Amtsperiode aus dem Griff der Finanzoligarchen
befreit; sie sitzen, wie Chordokowskij, im Knast oder sind wohlweislich ins
Exil gegangen, wie Abramowitsch u.a.. Damit hat Rußland einen Teil seiner
weltpolitischen Rolle zurück gewonnen und den Traum von der ›One world‹ zerstört. In seiner
zweiten Amtsperiode wird er vor der Herkulesaufgabe stehen – das ganze Land ist
immer noch sehr groß – zu modernisieren und mehr Menschen an gesellschaftlichen
Entscheidungsprozessen zu beteiligen. ›Nebenbei‹ wird er den ›Orangenen
Kranz‹, der um sein Land gelegt worden ist und der durchaus
ein militärisches Bedrohungspotential darstellt, aufbrechen müssen. Man kann
sich zwar nicht vorstellen, daß die russischen Wähler das alles bedacht haben. Aber auf jeden Fall haben sie gut gewählt.« [7]
Das Ziel, Putin
in seiner Position als Staatschef Russlands noch vor seiner als gesichert
geltenden Wahl durch eine gestärkte Opposition zu schwächen, ist vollumfänglich
gescheitert. Mit der Maxime, ›die
Vereinigten Staaten haben alles Recht der Welt, sich in die inneren
Angelegenheiten Rußlands einzumischen‹,
hatte Christopher Walker, ehemaliger hoher Mitarbeiter des State Departements
und derzeit Vizechef von ›Freedom
House‹, unmittelbar vor
den russischen Wahlen am 4. März das ›Naturrecht‹ seines Landes auf die
Destabilisierung anderer Staaten unterstrichen. ›Freedom House‹ gilt als
Menschenrechtsorganisation und präsentiert sich nach aussen hin als eine unabhängige,
die Förderung demokratischer Werte in aller Welt anstrebende NGO, obwohl es
gänzlich von der US-Regierung finanziert wird. Wie Rainer Rupp darlegt, »sind Schlagworte
wie Freiheit und Demokratie lediglich Instrumente des finanzstarken »Freedom
House«, das zusammen mit einer Reihe anderer, hauptsächlich US-amerikanischer,
aber auch europäischer NGOs dem westlichen Imperialismus dient. Diese
Nichtregierungsorganisationen locken zumeist einheimische, politisch naive
Jugendliche mit westlichem Lebensstil und Versprechungen, geben Anleitungen zur
politischen Mobilisierung sowie zur Vorbereitung und Durchführung von
Protestaktionen. Vor allem aber sorgen sie für deren Finanzierung. Was schon in vielen Ländern geklappt hat, das
hätte nun auch in Russland erreicht werden sollen. [8]
Stets bedroht: Die Souveränität
In einem
Artikel in der Regierungszeitung ›Rossiyskaya Gazeta‹ hatte Putin Ende Februar
erklärt, dass er die Souveränität Rußlands gegenwärtig gefährdet sehe. »In
einer Welt wirtschaftlicher und anderer Umwälzungen gibt es immer die
Versuchung, Probleme des einen auf Kosten des anderen zu lösen, durch Druck und
Gewalt. Es ist kein Zufall, daß einige Leute heute davon sprechen, daß es aus angeblich
›objektiven Gründen‹ schon bald so sein wird, daß die
nationale Souveränität nicht für Ressourcen von globaler Bedeutung gelten soll.
Was Rußland betrifft, so wird das auf keinen Fall, noch nicht einmal
hypothetisch, zutreffen. Anders ausgedrückt: ›Wir sollten niemanden in
Versuchung führen, indem wir uns selbst erlauben, schwach zu sein.‹ Putin betonte, Rußland habe die Periode des wirtschaftlichen Zerfalls
der 90er Jahre nur überstanden, weil es eine Nuklearmacht blieb. ›Aus
diesem Grund werden wir unsere strategische Abschreckungsfähigkeit auf keinen
Fall aufgeben, sondern sie stärken. Diese Stärke ermöglichte es uns, unsere
nationale Souveränität während der extrem schwierigen 90er Jahre zu bewahren,
als wir, offen gesagt, sonst nichts anderes in der Hand hatten. Offensichtlich
werden wir nicht in der Lage sein, unsere internationale Position zu stärken
und unsere Wirtschaft sowie unsere demokratischen Institutionen zu entwickeln,
wenn wir Rußland nicht schützen können, wenn wir es versäumen, das Risiko
möglicher Konflikte zu kalkulieren, unsere militärisch-technologische
Unabhängigkeit zu sichern und eine adäquate militärische Reaktionsfähigkeit als
letzte Option für Herausforderungen vorzubereiten.‹ Medwedew hatte bei dem Besuch der Strategischen
Raketenkräfte in der Region Saratow am 21. Februar dargelegt, dass die harte
Haltung gegenüber den US/NATO-Raketenabwehrsystemen keine Konfrontation bedeute:
›Wir können dem gegenüber nicht gleichgültig sein, weil dies unsere
strategischen Interessen berührt‹. Medwedew bezeichnete die ABM-Systeme ›im wesentlichen als eine Ausweitung der
strategischen Raketenkräfte mit anderen Mitteln‹. Rußland werde seine
geplanten Gegenmaßnahmen nur in zwei Fällen ändern. Erstens, wenn die NATO ihre
Pläne aufgäbe, und zweitens, wenn Rußland ein Vorschlag zu einer gemeinsamen
Entwicklung solcher Systeme unterbreitet würde. Er betonte, daß dies unter keinem
russischen Präsidenten anders sein werde. ›Das ist nicht irgendeine
Art von russischem Militarismus oder ein Überrest des Kalten Krieges, sondern
eine realistische Analyse: Wir können gar nicht anders handeln‹. [9]
Bevormundung und Drohungen
Was
Putins Äusserung betrifft, dass es kein Zufall sei, wenn einige Leute heute
davon sprächen, dass es aus angeblich ›objektiven Gründen‹
schon bald so sein könnte, dass die nationale Souveränität nicht für Ressourcen
von globaler Bedeutung gelten soll, so lässt sich dies jetzt schon an Hand
eines Beispiels belegen: Einem
Bericht von BBC online zufolge haben die
USA, Japan und die EU bei der WTO bereits eine Klage gegen China eingereicht;
letzteres nennt fast den gesamten Bestand an seltenen Erden, nämlich 95 %, sein
eigen. Die Klage beinhaltet Chinas Begrenzung seiner diesbezüglichen Exporte.
Indem China seinen Export drosselt, würde es die Preise in die Höhe treiben. »Wir
müssen die Kontrolle über die Zukunft unserer Energieversorgung sicherstellen. Dies
lässt uns keine andere Wahl, als Chinas Exportpolitik erneut anzugreifen, um
unseren Geschäftszweigen einen fairen Zugang zu diesen Materialien zu
garantieren«,
so Obama auf der ›Rose Garden‹ Pressekonferenz am 13. März. Darüber
hinaus hat der US-Kongress ein Gesetz verabschiedet, das es amerikanischen
Unternehmen und Gewerkschaften erleichtert, Klage gegen chinesische
Geschäftspraktiken zu erheben; der Präsident hat angedeutet, dass er diesem zustimmen
wird. [10]
Ohne die als seltene Erden bezeichneten 17 Metalle geht
in den High-Tech-Industrien der Weltwirtschaft gar nichts, kein Handy, kein
MP3–Player, kein Blackberry, keine Windkraftanlage….. Da nun aber China im
Begriff ist, eine moderne Industrie in seinem Land aufzubauen, wird es diese
Metalle in Zukunft selbst vermehrt benötigen. Deng Xiaoping sagte bereits 1992,
dass China die neue Opec für seltene Erden wird - und genau das ist jetzt
Realität, urteilt ein Experte für strategisch relevante Ressourcen. China hatte
seine Exportbeschränkungen schon Ende 2010 verteidigt; in einer Erklärung des
Aussenministeriums hiess es, die Kürzung der Ausfuhren um 11 Prozent diene dem
Schutz der Umwelt und der Ressourcen, worin man China uneingeschränkt zustimmen
muss, zieht man den unglaublichen Verschleiss in Betracht, den sich
der Westen auf diesem Gebiet leistet. Eine vernünftige Haltung würde sich daher
darin manifestieren, dass letztere Praxis rigoros eingestellt wird. Andernfalls
könnte durchaus die Drohung am Horizont auftauchen, dass ein Land, das gewillt
ist, seine eigenen Ressourcen im Sinne der Souveränität zu verwalten,
schlichtweg einen Überfall zu vergegenwärtigen hätte.
[1] http://www.antikrieg.com/aktuell/2012_03_14_warumputin.htm
resp. http://www.berlinerumschau.com/news.php?id=46751&title=Warum+Putin+Washington+auf+die+Palme+bringt&storyid=1001331800687 15. 3. 12
Warum
Putin Washington auf die Palme bringt
- Von Pepe Escobar
[2] http://www.jungewelt.de/2012/03-13/050.php »Fair und von einem hohen Standard«
[3] http://www.globalresearch.ca/index.php?context=va&aid=15663 14. 10. 09
[4] Réseau Voltaire Nr. 29 vom 8. 1. 04
[5] http://www.jungewelt.de/2012/03-06/055.php Westen fälscht Wahlen - Von
Rainer Rupp
[6] http://www.jungewelt.de/2012/03-06/023.php Liberale Heuchelei - Wladimir Putin siegt im ersten
Wahlgang - Von Werner Pirker
[7] http://www.berlinerumschau.com/news.php?id=45928&title=Ru%DFland+w%E4hlt+Stabilit%E4t+%96+das+Projekt+Putin&storyid=1001331021183 6. 3. 12
Rußland wählt Stabilität – das Projekt Putin - Von
Charly Kneffel
[8] http://www.jungewelt.de/2012/03-02/013.php Am weißen Band - Vor den
Präsidentschaftswahlen in Rußland: USA stellen sich hinter Protestbewegung in
Moskau. Putin sagt »politischer Ingenieurskunst« Washingtons den Kampf an - Von
Rainer Rupp
[9] Strategic Alert Jahrgang 25, Nr. 9 vom 29.
Februar 2012
[10] http://www.bbc.co.uk/news/business-17348648 13. 3. 12
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