Schweden und der Fiskalpakt - Parteiputsch bereitet den Weg in die Euro-Diktatur

Nur ein politischer Putsch gegen den Vorsitzenden der schwedischen Sozialdemokraten hat es der schwedischen Regierung ermöglicht,

dem neuen diktatorischen Fiskalpakt der EU zuzustimmen. Die Sozialdemokraten sind zwar in der Opposition, aber Premierminister Fredrik Reinfeldt brauchte ihre Zustimmung, um einer breiten Unterstützung im Parlament sicher zu sein. Der sozialdemokratische Parteichef, Hakan Juholt, der versucht hatte, die Partei gegen die neoliberale Welle auszurichten, mußte am 21. Januar zurücktreten. Juholt hatte den Vorsitz erst im April 2011 übernommen, im Rahmen einer Revolte der regionalen Parteiführer gegen die jahrzehntelange monetaristische und industriefeindliche Politik der Parteiführung von Olaf Palme, Ingvar Carlsson, Göran Persson und Mona Sahlin. Er wurde sofort Ziel einer endlosen Serie von Medienskandalen, überstand aber die Angriffe, und die parteiinterne Verschwörung gegen ihn wurde ausmanövriert. Bei den Skandalen ging es vor allem um persönliche Dinge. Oft wurde ihm vorgeworfen, er sei unfähig, der Partei eine klare politische Linie zu geben. Tatsächlich waren aber er und sein Wirtschaftsprecher Tommy Waidelich sehr klar in ihrer Haltung, Schweden aus dem Euro herauszuhalten. Berühmt wurde ein Satz Waidelichs zu der Frage, ob Schweden dem Euro beitreten könnte: »Nicht, solange ich lebe!«

 

Als am 9. Dezember gegen Ende des Brüsseler EU-Gipfels der Vorschlag für den Fiskalpakt vorgestellt wurde, bezog Juholt klar Stellung dagegen und blockierte dadurch faktisch eine schwedische Beteiligung. Premierminister Reinfeldt mußte sich daher den Ländern anschließen, die eine Beteiligung an dem Pakt verweigerten oder offen ließen, wie Großbritannien, Tschechien und Ungarn. Das war offenbar zuviel für die EU-Bürokraten und die Bankenelite, die schon so viele Regierungen Europas und Gegner der Spar- und Bankenrettungspakete beiseitegefegt haben.  Unmittelbar nach seiner Rückkehr aus dem Winterurlaub wurde Juholt am 16. Januar von den  Medien angegriffen, die einen kleinen Fehler, den er bei einer Pressekonferenz über Verteidigungsfragen gemacht hatte, massiv hochspielten. Am 9. Januar hatte der frühere  Ministerpräsident Göran Persson den Ton gesetzt, als er offen forderte, Schweden solle sich dem Fiskalpakt anschließen. Schließlich gab Juholt dem Druck nach und trat am 21. Januar zurück. Danach wurde der Druck auf die Sozialdemokraten, den Pakt zu akzeptieren, massiv verstärkt. Finanzminister Anders Borg verhandelte mit den anderen EU-Finanzministern darüber, den Fiskalpakt so zu formulieren, daß die Einwände der Sozialdemokraten umgangen würden. Der  wesentliche Punkt dabei war, Schweden einen Einfluß bei den Gipfeltreffen der Euro-Zone zu sichern, auch wenn das Land nicht am Euro beteiligt ist oder sich nicht an die vorgeschriebenen Haushaltsbeschränkungen hält. Trotzdem blieben die sozialdemokratische Parlamentsfraktion und Waidelich auch am 24. Januar noch standhaft und lehnten die vierte Revision des vorgeschlagenen Fiskalpaktes ab. Aber am 26. Januar wurden dann der Regimewechsel innerhalb der Partei  vollendet: Praktisch gleichzeitig wurde bekanntgegeben, daß Stefan Löfven der neue   Parteivorsitzende wird, und daß die Sozialdemokraten jetzt den Fiskalpakt unterstützen. Löfven wurde am 27. Januar bestätigt. Er war Vorsitzender der Gewerkschaft IF Metall, die aus dem Zusammenschluß der Gewerkschaften der Metallarbeiter und der Industriearbeiter hervorgegangen ist. International steht er Berthold Huber von der deutschen IG Metall nahe. Obwohl er aus dem produktionsfreundlichen und antiliberalen Flügel der Partei stammt, machte die alte Garde um die früheren Regierungschefs Persson und Carlsson ihn zum Vorsitzenden, um den Widerstand gegen eine schwedische Beteiligung am europäischen Fiskalpakt in der Partei zu brechen, denn die Industriegewerkschaften folgen im allgemeinen der EU-freundlichen Linie des Arbeitgeberverbandes, ein Erbe des alten Bündnisses zwischen den Sozialdemokraten und der Bankiers- und Industriellenfamilie Wallenberg seit 1936.

 

Als die Regierung am 30. Januar bekanntgab, daß Schweden sich am Fiskalpakt beteiligen wird und nur Großbritannien und Tschechien dies nicht tun werden, war der Zorn in der Bevölkerung groß.  Die Kombination aus dem abstoßenden Putsch gegen Juholt, der Kehrtwende der Sozialdemokraten und den Machenschaften der Regierung, um den Wünschen der EU-Diktatur nachzukommen, hat dazu geführt, daß Eurorettungspolitik und Fiskalpakt sehr stark im Bewußtsein der Öffentlichkeit sind. Beim EU-Gipfel am 30. Januar wurde dann der Fiskalpakt mit den Änderungen abgesegnet. Schweden und die übrigen Nicht-Euro-Staaten innerhalb der EU dürfen einmal im Jahr an den halbjährlichen Treffen der Mitglieder der Eurozone teilnehmen. Da die meisten Entscheidungen sowieso schon im Vorfeld von Merkozy getroffen werden und die Nicht-Euro-Staaten bei diesen Treffen kein Stimmrecht haben, haben die Sozialdemokraten mit diesem Zugeständnis an Schweden allerdings faktisch nichts gewonnen. Aber Schweden wird sich mit 11 Mrd. Euro am 200-Mrd.-Euro-Programm des Weltwährungsfonds (IWF) für den Euro beteiligen. Das IWF-Programm ist Teil der Stützungsgelder für die Krisenstaaten in der Euro-Zone, wodurch das Verbot direkter Finanzhilfen zwischen den EU-Mitgliedstaaten umgangen werden soll. Da nur 50 Mrd. dieser 200 Mrd. Euro von Nicht-Euro-Staaten kommen, ist Schwedens Beitrag von 11 Mrd. € bedeutend - auch weil man hofft, daß er noch weitere Länder mit einem AAA-Rating dazu bewegen wird, sich am IWF-Programm zu beteiligen.

 

Quelle: Strategic Alert, Jahrgang 25, Nr. 6 vom 8. Februar 2012