Werte statt Euro 20.11.2011 21:46
Die Medien feiern abend- und seitenfüllend den tiefen Fall von Silvio Berlusconi, als ob mit dessen Sturz
die bedrohliche Überschuldungskrise im Euro-Raum beseitigt wäre. Breit ausgewalzte Schadenfreude muss offensichtlich darüber hinwegtäuschen, dass über die für die Menschen echt schicksalhaften, weil zutiefst bedrohlichen Folgen der Überschuldungskrise insbesondere im Euro-Raum nahezu nichts berichtet wird, eine unverzeihliche Unterlassungssünde nahezu aller Medien. Nicht berichtet wird, dass die Inflation, die unentrinnbare Folge des skrupellosen Anwerfens der Notenpresse durch die Europäische Zentralbank (EZB), längst Tatsache ist: Die im
gesamten Euro-Raum explodierenden Rohstoff- und Konsumgüterpreise zeugen davon.
Nicht berichtet wird, dass die «Unabhängigkeit der Notenbanken» bedrohlich
rasch zur Fiktion verkommen ist. Die Staatslenker wollen die von
der Politik verschuldete Überschuldungskrise der Euro-Staaten
offensichtlich durch Inflation, im Klartext: durch eine ebenso massive wie verantwortungslose
kalte
Enteignung der soliden Sparer beseitigen. Die Notenbanken, sich auf dem
Papier noch als «unabhängige Wächterinnen» über die Geldwertstabilität
preisend, spielen bei der Währungs-Zerrüttung mit: Indem sie die Zinsen trotz
Inflation künstlich tief halten. Damit betreiben sie statt der versprochenen
Werterhaltung die gezielte Entwertung der ihnen anvertrauten Währung namens
Euro. Ihr Verrat an ihrem Auftrag ist Verrat an den Völkern. Doch die
Medien schweigen. Verschwiegen wird – dieser Vorwurf trifft die Schweizer Medien
– auch beharrlich, dass «unsere» Nationalbank sich in die politisch gewollte
Inflationsanheizung einbinden liess: Dies, indem sie die engere Anbindung des
Frankens an den schlingernden Euro durchzieht und indem sich der
Nationalbankpräsident Philipp Hildebrand durch ein extra für ihn erfundenes Amt
in die internationale, im Gleichschritt mit der Politik auf Inflation getrimmte
«Finanzarchitektur» einbinden lässt. Seine Ernennung zum Vizepräsidenten des ›International Stability Board‹ ist doch keine Ehrbezeugung. Damit
will die Internationale der Schuldenmacher doch bloss an die Substanz herankommen,
die in der Schweiz noch vorhanden ist – sie wollen damit die gähnenden
Schuldenlöcher im Euro-Raum stopfen.
Werterhaltung müsste
das Ziel sein
Nähme die
Nationalbank ihren zentralen Auftrag, die Werterhaltung des Schweizer Frankens,
ernst, müsste sie, statt vermeintlichen Glanz auf dem internationalen Parkett
der Geldwertzerstörer zu suchen, in allererster Linie ihre Reserven - sie sind
Volksvermögen! - erhalten. Will sie angesichts des derzeit hohen Preises nicht
direkt Gold kaufen, dann muss sie jetzt – die schlauen Chinesen machen es
derzeit vor – in erstklassige Aktien gut aufgestellter Konzerne investieren.
Nestlé (und andere) blühen trotz der Überschuldung der Staaten! Wenn die
Nationalbank den Auftrag der Werterhaltung des schweizerischen Volksvermögens
als ihr oberstes Ziel verfolgen würde, dürfte sie keinesfalls der Entwertung
preisgegebene Euros in dreistelliger Milliardenhöhe erwerben, dann müsste sie –
sei es direkt, sei es durch Schaffung eines Staatsfonds – werthaltige Anteile
an gesunden Konzernen erwerben. «Werte statt Euro» müsste die Losung heissen.
So, wie die kürzlich gestartete Gold-Initiative die Nationalbank auf
Werterhaltung verpflichtet, so würde auch der Erwerb erstklassiger Wertpapiere
das der Nationalbank anvertraute Volksvermögen absichern und erhalten. [1]
»Zum
ersten Mal«,
schreibt Dr. Bruno Bandulet in seinem ›DeutschlandBrief‹, »machten deutsche und französische
Ökonomen gemeinsam Front gegen den Euro und berieten am 7. Oktober ›über ein besseres Währungssystem für
den Europa.‹ Zum Schluss herrschte
weitgehende Übereinstimmung, dass die Einheitswährung scheitern wird und durch
ein neues europäisches Währungssystem mit Rückkehr zu den nationalen Währungen
ersetzt werden sollte. Aus Deutschland war Ex-Bundesbanker Wilhelm Nölling
angereist; er nannte die Währungsunion, die ›Ursache
unlösbarer Probleme‹ und zeigte sich
›zu hundert Prozent sicher, dass die
vom Bundestag abgegebenen
Milliardengarantien eingelöst werden müssen. Das jüngste Euro-Urteil des
Bundesverfassungsgerichts habe die Erpressbarkeit Deutschlands erhöht. Denn
Karlsruhe habe für die deutschen Zahlungen keine klare Obergrenze gezogen‹. Nölling sieht folgendes kommen: Sinkende Lebensstandards in der EU, Gelddrucken
der Zentralbank, Kapitalflucht, Schwarzarbeit
und Steuerverweigerung. Joachim Starbatty, wie Nölling einer der Kläger
in Karlsruhe, befasste sich kritisch mit der Geldpolitik der EZB. Als dritter deutsche
Referent behandelte Bandulet das Thema ›Europa
nach dem Euro‹. Jean-Jacques Rosa
(Paris) stellte die Frage, warum die in der EU herrschenden Eliten den Euro
überhaupt eingeführt hätten. Antwort: ›Weil
ihre ldeen aus einer anderen Zeit stammen, aus der Zeit des Kalten Krieges‹. Ein europäischer Zentralismus werde
nicht durchsetzbar sein, auch weil der äußere Feind fehle. Eine seriöse
Prognose, wie lange der Euro überlebt und was danach kommt, sei nicht möglich,
weil es mit 17 Partnern unzählige Kombinationsmöglichkeiten gebe. ›Der Abzug des Kapitals aus der
Euro-Zone hat bereits begonnen‹.
Wenn sich an der an der offiziellen Euro-Politik nichts ändert, drohen
Aufstände und Revolutionen, meinte Rosa. Gérard Lafay Paris plädierte für ein
neues europäisches Währungssystem mit nationalen Währungen und für den Anfang
für eine Umstellung eins zu eins. Beispiel: 1 Euro gleich 1 Neuen Deutschen Mark.
Danach würden die einzelnen Währungen auseinanderdriften, bis sie auf der Basis
realer Wechselkurse fixiert würden. Jean-Pierre Vesperini (Rouen) erinnerte
daran, dass nicht Deutschland, sondern Frankreich – nämlich Mitterrand und
die französischen Bankiers - den Euro gefordert und durchgesetzt hätten. Er beziffert
die Wachstumseinbussen, die Frankreich wegen des Euros erlitten hat, auf
jährlich 0,7 % des Bruttoinlandprodukts. Allein dadurch habe sich das
französische Haushaltsdefizit erhöht. Sein Kollege Gabriel Colletis Toulouse meinte,
der Euro werde ›von sehr mächtigen
Interessen‹ verteidigt, ›deswegen bricht das
Kartenhaus nicht
so schnell zusammen.‹ ›Kartelle sind keine nachhaltigen
Organisationen‹, sagte dazu
Professor Rosa, ›in einem Kartell
ist derjenige der Böse, der das Kartell bricht‹ und erklärte damit sehr schön den Unwillen der deutschen
Regierung, den ersten Schritt zu tun. Roland Hureaux Toulouse, früher im
Kabinett des Ministerpräsidenten und zusammen mit Michel Robatel aus Lyon
Organisator der Konferenz, warf der offiziellen Euro-Politik ›Unkenntnis des kulturellen Faktors in
der Wirtschaft‹ vor, erwähnte das
deutsche Inflationstrauma, das in Frankreich fehle, und bekräftigte die
gemeinsame Absicht, die in Lyon begonnene deutsch-französisch Kooperation
fortzusetzen, zunächst mit einer Tagung in Deutschland.
Dass die
europäischen Banken 3 Jahre nach dem letzten Crash schon wieder wackeln, hat
einen einfachen Grund. Sie sitzen – nach dem Stand vom Juni 11 – auf
Staatsanleihen Griechenlands, Irlands, Portugals, Italiens und Spaniens im
Volumen von 556 Milliarden €. Genau das aber haben die Politiker von ihnen
erwartet. Es ist ein durchsichtiges Ablenkungsmanöver, jetzt die Banken
zu alleinigen Sündenböcken zu machen. Noch vor einem Jahr forderte Schäuble die
deutschen Geldinstitute dazu auf, ihre Mittelmeer-Anleihen nicht zu verkaufen.
Ohne die Banken hätte der Euro nicht gegründet werden können. Und er hätte
nicht so lange überlebt. Dasselbe gilt für die Verscherungskonzerne,
die von den Regierungen gezwungen werden, zum Schaden der Versicherten in
Staatsanleihen zu investieren. Jörg Asmussen (SPD) hatte im
Finanzministerium unter Peer Steinbrück die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass die deutschen Banken massiv
in minderwertige US-Immobilienpapiere einsteigen konnten, was den Steuerzahler zwecks
Bankenrettung bisher 39 Milliarden Euro gekostet hat. Nun darf er künftig in der EZB den Euro retten
helfen. Vor dem EU-Parlament empfahl er sich als ›pragmatisch‹ und fügte
hinzu: ›Das ist etwas, was die
Deutschen noch lernen müssen.‹ Nach
Axel Weber und Jürgen Stark haben sie endlich einen Deutschen bei der EZB, der
keinen Ärger macht. Allein seine üble Rolle im Aufsichtsrat der
Mittelstandsbank IKB, an deren Ruin er keinen geringen Anteil hatte, hätte
ausreichen müssen, um ihn aus dem Verkehr zu ziehen.« [2]
[1] http://www.gesunde-waehrung.ch/downloads/111115-goldstueck.pdf 15. 11. 11 Bulletin der Bürgeraktion
«Gesunde Währung» Gesunde Währung,
Postfach 23, 8416 Flaach
www.gesunde-waehrung.ch info@gesunde-waehrung.ch
[2] Quelle: eigentümlich frei Nr. 11 / 2011
Der
Verleger, Journalist und Buchautor Dr. Bruno Bandulet war unter anderem Chef
vom Dienst bei der «Welt» und Mitglied der Chefredaktion der «Quick». Er ist
Herausgeber des Informationsdienstes «Gold & Money Intelligence (G&M)».
Von 1995 bis Ende 2008 war er Herausgeber des Hintergrunddienstes
«DeutschlandBrief», der seit Anfang 2009 als Kolumne in «eigentümlich frei»
weitergeführt wird.
Einer, der
unentwegt Widerstand gegen den EU-Zentralismus, den Euro-Wahn und den
Ökologismus
leistet, ist der tschechische Präsident Václav Klaus - und das auf hohem intellektuellen
Niveau. Erfreulich, dass jetzt eine Auswahl seiner Artikel und Reden als Buch vorliegt. Zum Beispiel konstatierte er im
April 2010 nüchtern, dass die Kosten der Erhaltung der Euro-Zone, die
deren Funktionieren mit sich bringt, die Erträge übersteigen. Weil aber
soviel politisches Kapital in den Euro investiert wurde, werde er in absehbarer
Zukunft nicht verschwinden. Nur werde die Bevölkerung in der Euro-Zone den
Preis, der dafür bezahlt wird, nie erfahren. Václav Klaus ›Europa?‹ Context Verlag
Augsburg
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