Ein neuer Zweig internationaler humanitärer Aktivität: »Migrationsaussenpolitik« - Von Ulrich Schlüer

Migrationsaussenpolitik: Was für ein vollmundiger, vieldeutiger Begriff. Im Zusammenhang mit einem neuen Rahmenkredit

unterstreicht das Departement Calmy-Rey seinen Willen, im Rahmen humanitärer Anstrengungen künftig auch mittels gezielter Migrationsaussenpolitik aktiv zu werden. Diese soll gar zu einem Schwerpunkt humanitärer Aussenpolitik der Schweiz werden. Ist auch erst vage bekannt, was im Rahmen einer derartigen Politik realisiert werden soll, so hat Calmy-Reys Departement doch schon einmal 50 Millionen Franken dafür vorgesehen. Diese Gelder sollen insbesondere in Nordafrika und in den Nahostländern eingesetzt werden, sozusagen als Schweizer Beitrag zum ›Arabischen Frühling‹. Was genau an Projekten angepackt wird, ist noch nicht ersichtlich, aber für die aussenpolitischen Programme werden von Bundesrat und Parlamentsmehrheit - in krassem Gegensatz beispielsweise zu Armee-Bedürfnissen - pauschal schon Millionen gesprochen, auch wenn der Verwendungszweck erst in Form von diffusen Träumen hoch oben in den Sternen flimmert…..

Verwendung unklar
Man möchte, sagt Bern, mit noch zu konkretisierenden Vorhaben erreichen, dass diejenigen, die heute in Nordafrika an eine Auswanderung nach Europa dächten, doch im eigenen Land zurückgehalten werden können. Dieses Ziel klingt auf den ersten Blick plausibel, zumal, so möchte man meinen, mit den arabischen Diktatoren und Unterdrückern eigentlich auch alle ernstzunehmenden Fluchtgründe verschwunden sind.

Der Schwachpunkt
Damit wird bereits der grosse Schwachpunkt dieser Migrationsaussenpolitik aufgezeigt: Die allermeisten Nordafrikaner, die sich für Tausende von Dollars einem Schlepper unterwerfen, auf dass er sie in das ›von Milch und Honig überfliessende Europa‹ bringen soll, sind gar nicht auf der Flucht; sie sind weder bedrängt noch bedroht. Sie wollen, statt mühsame Aufbauarbeit fürs eigene Land zu leisten, lieber in Form komfortabler Sozialapparate irgendwo in Westeuropa von den Honigtöpfen profitieren, am liebsten von schweizerischen in dem gemäss ›afrikanischem Buschtelefon‹ gegenüber illegalen Einwanderern freigiebigsten Land.

Erwartungen und Prognosen
Das für die Migrationsaussenpolitik zuständige Departement Calmy-Rey beteuert voller Eifer, man werde selbstverständlich ein ›effizientes Controlling‹ einrichten, das durch präzise Überprüfung aller bewilligter Projekte die ›Erfolgskontrolle‹ der Migrationsaussenpolitik gewährleisten werde. Deren noch nicht identifizierte Projekte würden Menschen, die zumindest teilweise ›fluchtbereit‹ seien, zweifelsfrei von der Emigration abhalten. Das werde mittels des einzuleitenden Controlling sichergestellt. Man kann sich schon heute lebhaft vorstellen, was in solchen Controlling-Berichten dereinst zu lesen sein wird: Man habe, wird es da heissen, Flüchtlingsströme zwar ›nicht vollständig unterbinden‹ können; gäbe es diese Migrationsaussenpolitik mit all ihren illustren Zielen jedoch nicht, so wäre der Strom der Migranten nach Europa zweifelsfrei noch ›viel grösser‹. Man müsse, auf dass sich die Migrationsaussenpolitik ›noch wirksamer‹ entfalte, in erster Linie die dafür gesprochenen Mittel markant erhöhen, zumindest verdoppeln; dann würde Europa von der im Rahmen der Migrationsaussenpolitik ganzheitlich anzupackenden Migrationsabhaltepolitik möglicherweise etwas spüren. So argumentieren Bundes-Controller, wenn sie eine sündhaft teure Wirkungslosigkeit mit geschwollenen Worten zu kaschieren trachten.

Gegenantrag
In der Kommissionsdebatte über die neue Migrationsaussenpolitik wurde zu dem vorgesehenen Controlling ein Gegenantrag gestellt: Wenn aus Ländern, die in den Genuss von Projekten schweizerischer Migrationsaussenpolitik kommen, auch in Zukunft illegale Einwanderer in die Schweiz gelangen und hier massive Kosten verursachen, dann müssten diese Kosten den für die Migrationsaussenpolitik reservierten finanziellen Mitteln belastet werden. Das wäre eine echte Erfolgskontrolle: Ist die Migrationsaussenpolitik erfolgreich und kann tatsächlich Ströme illegaler Einwanderung in die Schweiz unterbinden, dann würden der Migrationsaussenpolitik markant mehr Mittel für ihre Projekte zufliessen. Ist die Migrationsaussenpolitik aber wirkungslos, weil weiterhin Tausende illegaler Einwanderer aus den Ländern, die von der Migrationsaussenpolitik der Schweiz profitieren, in unser Land gelangen, dann würden die Mittel für die Migrationsaussenpolitik rasch zusammenschmelzen, weil die durch die illegalen Einwanderer verursachten Kosten der Migrationsaussenpolitik belastet werden.

Zwei Fässer ohne Boden
Dieser SVP-Antrag löste helle Entrüstung aus: Unmöglich, unmenschlich, typisch SVP, unsinnig, von tiefstem Unverständnis für ›globale Zusammenhänge‹ zeugend sei dieser Antrag; so fielen die Sprecherinnen und Sprecher sämtlicher Parteien von der Mitte bis ganz nach links über die Antragssteller her. Mit demonstrativer Entrüstung schmetterten sie den SVP-Antrag geschlossen ab. Die Mittel für Migrationsaussenpolitik-Projekte, deren Aussehen noch niemand kennt, wurden dementsprechend bereitwillig gesprochen.

Damit werden die Steuerzahler in Bezug auf die durch die Einwanderung gegebenen Tatbestände für zwei Fässer ohne Boden geschröpft. Erstens weiterhin für die Unsummen, die durch die bestehende, auf eine unter Bürokratiekaskaden getarnte Unfähigkeit, Tatenlosigkeit und politische Dienstverweigerung zurückzuführende überfällige Ausweisung illegaler Einwanderer anfallen. Zweitens jetzt auch noch für eine wirkungslose Migrationsaussenpolitik.

So geht Bern mit dem Geld der Bürger um, dies just zu einem Zeitpunkt, da der als Folge der Schwindsucht von Euro und Dollar erstarkende Franken dringendst nach Entlastung aller Leistungsträger in unserem Lande ruft.


http://www.schweizerzeit.ch/cms/index.php?page=/News/Migrationsaussenpolitikquo-282
Der aktuelle Freitagskommentar des Chefredaktors der Schweizerzeit vom 26. August 2011