Syrien: Hintergründe und Fakten - Von Doris Auerbach 03.07.2011 22:58
Auf welche Weise Revolutionen in einem nicht zu unterschätzenden Ausmass im Hintergrund entfacht und gesteuert werden, sollte der Öffentlichkeit inzwischen bewusst geworden sein.
Wenigstens
hat sich der Kenntnisstand hinsichtlich der Eingriffe der Geheimdienste und der
Stiftungen insofern vergrössert, als diese ihre Machenschaften längst nicht
mehr so erfolgreich verdecken können, wie dies über Jahre hinweg der Fall war. Diesbezüglich
liegen nun auch nach Tunesien, Ägypten, Libyen und dem Jemen Hinweise zu Syrien
vor.
Die
dort vor allem vom Ausland ausgehende Anheizung der Proteste ist augenfällig.
Bereits am 29. 4. dieses Jahres erging über die Facebookseite »Syrische
Revolution 2011« der Aufruf zu einem landesweiten »Tag des Zorns«; der
Betreiber des Facebooks ist der in Schweden sitzende Fidaad-Din Tariif
As-Sayyid Isa, der Vertreter der in Syrien verbotenen Muslimbruderschaft. Es hiess,
die Protestbewegung solle »mit einer Stimme nach Freiheit und
Würde« rufen. Die Meldungen sind noch immer widersprüchlich. So sollen Berichte
ausländischer Fernsehkanäle gefälscht oder zumindest nicht hinterfragt worden
sein, wobei einige der gezeigten Bilder offenbar aus Tunesien und Libyen
stammten, andere seien in ›Chatrooms‹ wie ›Paltalk‹ vorfabriziert
worden. Aussagen des syrischen Chirurgen Ammar Agha aus Jableh zufolge hätte
sich beispielsweise ein ›Augenzeuge‹ gegenüber dem Fernsehsender
Al-Dschasira als ›Chirurg Ammar Agha
aus Jableh‹ ausgegeben und über Ereignisse
berichtet habe, die dort gar nicht stattgefunden hätten. Andere ›Augenzeugen‹ hatten aus ihren Wohnungen oder von Hausdächern aus telefoniert,
ohne die Geschehnisse tatsächlich vor Ort zu verfolgen. Der Büroleiter von
Al-Dschasira in Beirut, der tunesische Journalist Ghassan Ben Jeddo, trat aus
Kritik an der Berichterstattung des Senders von seinem Posten zurück. Der
Einfluss des Auslands auf die Geschehnisse in Syrien, schreibt Karin Leukefeld,
»wird an dem Exilaktivisten Ammar Abdulhamid deutlich, der aus
dem US-Bundesstaat Maryland mit seiner Webseite › Syrian Revolution Digest‹
täglich neue ›Berichte‹ in Umlauf bringt. Seinen Angaben
zufolge habe man mindestens 100 Satellitentelefone, Hunderte von Kameras und
Laptops an Mitstreiter in Syrien verteilt, die in jeder Provinz über ein
Netzwerk von Leuten verfügten. Finanziert werde man von Geschäftsleuten.
Abdulhamid selber betreibt eine Stiftung zur ›Förderung der Demokratie im Größeren Mittleren Osten und in der
Region Nordafrika‹.« 1
Wie einem Bericht der Frankfurter Allgemeinen Zeitung zu entnehmen war 2, »unterstützt Washington
Regimekritiker in muslimischen Ländern durch den Aufbau alternativer
Mobilfunknetze, über welche auch Zugang zum Internet möglich ist. Wie die New York Times unter Berufung auf
Regierungsmitarbeiter berichtete, wurde mit Mitteln des Washingtoner Außen- und
Verteidigungsministeriums allein in Afghanistan für bis zu 50 Millionen $ ein
unabhängiges Mobilfunknetz geschaffen. Für die Montage von Transpondern würden
Türme auf amerikanischen Militärstützpunkten genutzt. Washington finanziere auch den
Aufbau paralleler Mobilfunknetze für Oppositionelle in Ländern wie Libyen,
Syrien und Iran. Bis vor wenigen Wochen hatte sich Washington auf die
Überwindung von Zugangssperren und Zensurfiltern in Festnetzleitungen
konzentriert. Der Aufbau paralleler Mobilfunknetze mit Zugang zum Internet kam
hinzu, nachdem der frühere ägyptischen Präsident Mubarak kurz vor seinem Sturz
den Zugang zum Internet über Landleitungen vollständig sperren lassen hatte. In
den vergangenen Monaten hatten Regimekritiker in Nordafrika und im Nahen Osten
soziale Netze wie Facebook und den Dienst Twitter
genutzt, um Proteste zu koordinieren.« Bereits 2003 hatten US-Militärs öffentlich Militärschläge
gegen Syrien in Betracht gezogen, um die dortige Regierung zu disziplinieren;
2004 hatte Washington Wirtschaftssanktionen verhängt; US-Präsident George W.
Bush verschärfte Ende 2005 den Kurs erneut. Die USA zahlte spätestens seit 2006 ausweislich
interner Berichte Millionensummen an Gruppen der syrischen Exilopposition,
um einen Umsturz in Damaskus zu fördern. 3
Westlichen
Diplomaten zufolge übt US-Staatssekretär Jeffrey D. Feltman Druck auf die
Vereinigten Arabischen Emirate und Kuwait aus, damit sich diese von Syrien
fernhalten. »Die US-Regierung«, schreibt Karin Leukefeld, »verfügt
über ein großes Arsenal an entsprechenden Mitteln, die ihre Diplomaten und
Geheimdienstler je nach Situation einsetzen: von politischer oder
wirtschaftlicher Erpressung über Unterstützung von Regierungsgegnern,
Sanktionen, Sicherheitsratsresolutionen der UNO, bis hin zu verdeckter Sabotage
und völkerrechtswidrigen Angriffskriegen. Als selbsternannter ›Weltpolizist‹ kennt man
in Washington keine Skrupel. ….. ›Besser, Sie distanzieren sich von Präsident
Assad, die Zeit arbeitet gegen ihn‹,
das soll Feltman Medienberichten zufolge seinen politischen Gesprächspartnern
in der libanesischen Hauptstadt Beirut gesagt haben«, wo er sich bei seinem
Streifzug durch die Region aufgehalten hatte. »Feltman (Jg. 1959) hat
eine steile Karriere hinter sich. Den Posten als Staatssekretär für den Nahen
Osten im US-Außenministerium übernahm er 2008. Davor war er jahrelang
US-Botschafter im Libanon; von 2003 bis 2004 leitete er das Büro der ›Provisorischen Koalitionsbehörde CPA‹ in Erbil, im nordirakischen
Kurdengebiet. Die CPA bescherte dem Land nach dem Sturz von Saddam Hussein 2003 neben
der religiösen Spaltung und bürgerkriegsähnlichen Zuständen eine gigantische
Korruption. Von 2001 bis 2003 war Feltman an der US-Botschaft in
Israel, dessen zionistischer Führungselite er seit seiner ersten Mission in Tel
Aviv (1995–1998) stets als treuer Freund zur Seite stand.« 4 Ende Juni hatte der
syrische Präsident Baschar al-Assad für die landesweiten Unruhen ›Saboteure‹ verantwortlich gemacht. Diese ›kleine Gruppe‹ würde die ›legitimen Forderungen
nach Reformen‹ ausnutzen, sagte Assad am 20. 6. in einer Fernsehansprache. 5 Wie der kanadische
Professor Michel Chossudovsky darlegt, ist das, was sich in Syrien abspielt,
ist ein bewaffneter Aufstand, der von ausländischen Mächten verdeckt
unterstützt wird, u. a. von der USA, der Türkei und Israel.
[siehe
http://www.politonline.ch/index.cfm?content=news&newsid=1769
]
Eigentlich
sollte man annehmen, dass die über Jahre hinweg missbrauchten, zeitweilig an
glatte Lügen grenzende Verdächtigungen, die missliebige Staaten treffen,
inzwischen derart abgenutzt und daher unglaubwürdig geworden sind, dass man sich
eines anderen Themas bedienen sollte. Nichts dergleichen. Syrien hat nach den
am 24. 5. 11 in Wien gemachten Angaben der Internationalen Atomenergiebehörde
(IAEA), so die Basler Zeitung, mit
hoher Wahrscheinlichkeit an einem geheimen Atomprogramm gearbeitet, die damit
zu dem gleichen Schluss wie die USA kam. Bei einem vor 4 Jahren von Israel
bombardierten Ziel in Syrien habe es sich sehr wahrscheinlich um einen fast fertiggestellten,
heimlich gebauten Atomreaktor gehandelt, erklärte die IAEA. Syrien, das den
Vorwurf bestritt, erlaubt den Inspekteuren mittlerweile keinen Zutritt mehr. 6
Am 6. September 2007 hatte
Israel eine geheime Kommandoaktion in Syrien ausgeführt. Israelische
Kampfflugzeuge zerstörten im Osten des Landes eine Nuklearanlage, die Syrien
nach Angaben aus Mossad-Kreisen zusammen mit Nordkorea dort errichtete.
Damaskus hat den Bau der Anlage stets abgestritten. 7
Nach
mehrjährigen Bemühungen, die syrische Staatsspitze zu stürzen und durch ein
prowestliches Regime zu ersetzen, hatten Berlin und Brüssel in Abstimmung mit
Washington zuletzt den Versuch gestartet, Syrien durch stärkere Kooperation aus
der Bindung an den Iran zu lösen. Damaskus ist der bedeutendste Partner
Teherans in der arabischen Welt. Laut
Topic ist die syrische Armee [Stand 2006] mit ihren 380.000 Mann fast
ausschliesslich mit sowjetischem Militärgerät ausgestattet: Mit 4 600 Panzern,
rund 600 MiG- und Suchoi-Kampfflugzeugen, 170 Hubschraubern und mindestens 2
U-Booten; etwa 10.000 syrische Offiziere erhielten auf sowjetischen und russischen
Militärhochschulen Wissen und Schliff; Russlands einziger Flottenstützpunkt
liegt im syrischen Tartus. 8
Die
Zusammenarbeit mit repressiven Regimes
Was
in der Tagespresse kaum in Erscheinung tritt, ist der Umstand, dass bundesdeutsche
Stellen mit den jetzt kontinuierlich unter Anklage stehenden syrischen
Repressionsapparaten seit Jahrzehnten kooperiert haben. 9 »So
waren ehemalige Wehrmachtssoldaten am Aufbau der Streitkräfte Syriens
beteiligt. Ihre Tätigkeit als Militärberater in Damaskus genoss die Zustimmung der
früheren Kriegsgegner USA, Frankreich
und Großbritannien, da sie dem westlichen Einflußkampf gegen die
Sowjetunion diente. In den frühen 1950er Jahren - die Bundesrepublik hatte noch
keine eigenen Streitkräfte - begann Bonn, die Tätigkeit der deutschen Soldaten
in Syrien zu lenken, was mit Zustimmung der westlichen Alliierten geschah: ›Amerikanern, Franzosen und Briten war
durchaus an der Präsenz deutscher Militärberater gelegen.‹ Die Ende der 1980er Jahre eingeleitete Zusammenarbeit der
bundesdeutschen Auslandsspionage mit den Geheimdiensten Syriens galt als
relativ eng und schuf die Grundlage für die Zustimmung des Regimes in Damaskus zum
westlichen Krieg gegen den Irak im Jahr 1991. Die syrischen
Geheimdienste sind schon lange für ihre Brutalität bekannt. Ein einstiger
CIA-Mitarbeiter wird mit den Worten zitiert: ›Wenn man ein ernsthaftes Verhör will, schickt man einen Gefangenen
nach Jordanien. Wenn man sie foltern lassen will, schickt man sie nach Syrien‹. Ganz wie in Ägypten war auch in
Syrien die deutsch-US-amerikanische Kooperation besonders eng. 1949
war es Washington gelungen, den von der CIA ausgebildeten Militär Adib al
Shishakli in Damaskus an die Macht zu bringen. Ihm arbeiteten die bundesdeutschen
Militärberater verläßlich zu; doch gelang es ihnen, genug Eigenständigkeit zu
bewahren, um nach al Shishaklis Sturz 1954 ihren Einfluß nicht wegen zu großer
US-Nähe zu verlieren. Später konnten sie
ihre Stellung sogar nutzen, um einen pro-US-amerikanischen Putsch zu unterstützen.
Letztlich half jedoch alles nichts: Syrien schloß sich, um die Unabhängigkeit der
arabischen Welt von den früheren Kolonialmächten und deren Nachfolger USA zu
sichern, 1958 für drei Jahre mit Ägypten zur Vereinigten Arabischen
Republik zusammen. Auch nach deren Auseinanderbrechen blieb es auf einem
prosowjetischen, gegen den Westen gerichteten Kurs. Schließlich verlor auch die
Bundesrepublik in den 1960er Jahren weitgehend ihren Einfluß. …… Erst 1987 wurde die bundesdeutsch-syrische
Repressionskooperation wieder etabliert - mit der Entsendung eines Statthalters
des Bundesnachrichtendienstes (BND) nach Damaskus. Hintergrund war, daß das syrische
Regime sich in der zweiten Hälfte der 1980er Jahre wegen des Niedergangs der
Sowjetunion nach neuen Verbündeten umsehen mußte. Bonn nutzte dies, um
an seine alten Verbindungen aus den 1950er Jahren anzuknüpfen, und preschte
als erster westlicher Staat bei der neuen Zusammenarbeit mit Syrien voran.
›Die deutsch-syrische Geheimdienstkooperation‹, so der Geheimdienstexperte Erich Schmidt-Eenboom, ›galt als höchst erfolgreich. Sie
lieferte auch die Grundlage dafür, daß sich Syrien nach einer Zusage Bonns über
die Zahlung von 200 Millionen DM 1991 im Zweiten Golfkrieg auf die Seite der
Vereinigten Staaten schlug.‹« 10
Noch
Anfang Februar 2011 hatte der deutsche Verkehrsminister Peter Ramsauer bei einem Besuch in Damaskus dafür
plädiert, eine Eisenbahnverbindung von der Arabischen Halbinsel nach Syrien zu
bauen und dort Waren vom Persischen Golf nach Hamburg einzuschiffen. Damit
sollten nicht zuletzt die deutsch-syrischen Wirtschaftskontakte systematisch
verstärkt werden. So war Ramsauer mit konkreten Vorschlägen in Damaskus
eingetroffen: »Ich denke zum Beispiel an eine Eisenbahnverbindung,
die den Persischen Golf mit dem Mittelmeer verbindet. Produkte aus dem Nahen
und aus dem Mittleren Osten könnten in Zukunft ›auf neuen Schienenstrecken zu den großen syrischen Häfen gebracht
und von dort aus nach Hamburg verschifft werden‹,« so Ramsauer. Insgesamt gehe es »um einen
infrastrukturellen Ausbau auf breitester Front.« Dazu seien im neuen syrischen
Fünfjahresplan rund 50 Milliarden $ vorgesehen. Über die Pläne zur
infrastrukturellen Anbindung Syriens an Europa und zur engen Einbindung des
Landes in den Handel zwischen der EU und den Diktaturen der Arabischen
Halbinsel hatte Ramsauer erklärt: »Die syrische Führung
wünscht sich eine größere Rolle Europas bei der Entwicklung Syriens
(...).« Hintergrund der
Umsturzbemühungen wie auch der Einbindungsversuche ist das Bestreben, im
mittelöstlichen Hegemonialkampf gegen den Iran Vorteile zu erzielen. 11
Um
Syrien vom Iran zu lösen, strebt der Westen nun wahlweise einen Regimewechsel im Land oder dessen Einbindung
in die westliche Hegemonialsphäre an. Anfang Februar also galten Ramsauer die Menschenrechte in Syrien
offensichtlich noch als nachrangig: »Unsere Vorstellungen
von Demokratie und Menschenrechten«, erklärte er, »sind nicht einfach eins
zu eins auf Länder in anderen Weltregionen übertragbar.« Seitdem hat sich die
Lage geändert: Unter dem Druck anhaltender Proteste wankt die syrische
Regierung, so daß ein Regimewechsel in Damaskus in Reichweite rücken könnte.
Deshalb geriert sich die Bundesregierung
nur wenige Monate nach Ramsauers Erläuterungen als etwas, was sie nur gegenüber
mißliebigen Regierungen spielt: als Vorkämpferin gegen staatliche Repression.
11
Das
Übliche: Sanktionen
Dass
es bis heute nicht zu einem weiterreichenden Bündnis Syriens mit dem Westen
kam, liegt hauptsächlich daran, dass Damaskus auf eine gewisse
Eigenständigkeit bedacht blieb und dafür auch heftige Spannungen mit
dem Westen in Kauf nahm. »Wir verurteilen die
massive Gewalt der syrischen Führung gegen friedliche Demonstranten«, so eine
Erklärung des deutschen Aussenministers. Die Kritik an den syrischen
Repressionsbehörden, deren Praktiken Berlin sich bei Bedarf ohne
Umstände zunutze machte, ist trotz allen Anscheins mehr als ein
billiges PR-Manöver. Da sich Syrien nach wie vor nicht ohne Umstände dem Westen
beugt und unter anderem mit dem Iran kooperiert - der möglichen zukünftigen
Hegemonialmacht im Mittleren Osten - kann die Kritik Berlins durchaus auch als
eine Waffe gegen Damaskus gelten, die zur Disziplinierung eingesetzt wird, bis
das Regime sich beugt - oder bis es erneut für Handlangerdienste in Sachen
Folter vom Westen in Anspruch genommen wird. 9
Mitte
Juni hatte der israelische Aussenminister Avigdor Lieberman die EU
aufgefordert, den Druck auf Syriens Präsidenten Baschar al-Assad zu erhöhen. 12 Nach einem Treffen mit Guido
Westerwelle in Jerusalem legte er den EU-Staaten am 14. 6. nahe, ihre
Botschafter aus Damaskus abzuziehen. »Wir sind über die unschuldigen Menschen,
die dort leiden, besorgt«, erklärte Lieberman. Eine militärische Intervention
gegen Assad lehnte er jedoch ab. »Es gibt genug andere Möglichkeiten, den
syrischen Präsidenten dazu zu bringen, sein Amt niederzulegen.« Westerwelle
betonte, es müsse »eine gemeinsame internationale Antwort« auf die Gewalt gegen
das syrische Volk geben. Er verwies auf die Sanktionen, die bereits auf den Weg
gebracht worden sind. »Wir sind davon überzeugt, dass politischer Druck und
internationale Isolierung nicht wirkungslos bleiben.« Die jetzt gegen Syrien
verhängten Sanktionen umfassen das Einfrieren von EU-Kooperationsprogrammen,
Reisebeschränkungen für Funktionäre der Regierung in Damaskus, und das Verbot
des Exports von Waffen und Produkten, die zur inneren Repression genutzt werden
können. Die US-Regierung ihrerseits hat Strafmassnahmen gegen syrische
Regierungsvertreter erlassen, die das Einfrieren von Auslandsguthaben umfassen
und sich insbesondere gegen Funktionäre des Militärs und der Geheimdienste
richten. Ausgenommen ist bislang allerdings Staatspräsident Assad. Es ist
abzusehen, dass aus den bedrohten afrikanischen Staaten in Zukunft kein Cent
mehr auf EU- resp. US-Bankkonten fliessen wird; noch bestehende offshore
centres werden diese dagegen problemlos aufnehmen.
Auch
wenn Obama einen stärker auf Kooperation ausgerichteten Kurswechsel gegenüber
Syrien eingeleitet hatte, muss bezweifelt werden, ob die Unterstützung für die
syrische Exilopposition inzwischen eingestellt worden ist. Berichte deuten
darauf hin, dass zumindest letztes Jahr noch Gelder bereitgestellt wurden.
Offenbar hält Washington unter Präsident Obama heute zwei Eisen im Feuer -
nicht nur die Option, per Umsturz ein prowestliches Regime in Damaskus an die
Macht zu bringen, sondern auch die Variante, Syrien per Kooperation in die
westliche Hegemonialsphäre einzubinden. 11
Knuth
Mellenthin von der jungen Welt verdanken
wir eine ausführliche Besprechung des Buches von David Frum, der den Begriff
die ›Achse des Bösen‹ erfand, und Richard Perle: ›An End to Evil: How to Win the War on
Terror‹. Perle, der Chefideologe der US-amerikanischen Neokonservativen, der sich seit seiner
Mitarbeit in der Reagan-Regierung vor über 20 Jahren gern ›Fürst der Finsternis‹ nennen lässt und auch
an der diesjährigen Bilderberger-Konferenz in St. Moritz anwesend war,
hatte sich damit zum Jahresanfang 2004 zurückgemeldet. »In provozierend
aggressiver, primitiv schwarzweiß-malender, bewußt beleidigender Tonart«,
schreibt Mellenthin, »beschuldigt er darin 99 % der amerikanischen Politiker
und Meinungsmacher der Feigheit, der Blindheit und des Defätismus. Die Formel
vom ›Krieg gegen den
Terror‹
kann nicht verdecken, daß sich der Haß Richard Perles in erster Linie gegen die
islamischen Länder und die moslemischen
Bevölkerungsgruppen in der USA und in Europa richtet. Es geht Perle um
alles, was in den arabischen Ländern aus
Sicht der Neokonservativen zu bekämpfen und im wörtlichen Sinn zu vernichten
ist: ›Religiöse
Extremisten und laizistische Militante, Sunniten und Schiiten, Kommunisten und
Faschisten - im Nahen Osten verschmelzen diese Kategorien miteinander. Sie alle
strömen aus demselben enormen Reservoir an leicht entflammbarer Leidenschaft.‹ Der ›Krieg gegen den
Terrorismus‹ sei ›die
größte Aufgabe unserer Generation‹, führt Perle aus und verlangt
außerdem den Sturz Baschar al-Assads und die Erzwingung einer generellen
›Westorientierung‹ Syriens [schon
damals, Anmerk. politonline].
Um das zu erreichen, soll gegen Syrien eine Wirtschaftsblockade verhängt
werden. Vor allem soll es von der Ölzufuhr aus dem Irak abgeschnitten werden. Unter
dem Vorwand der Terroristenbekämpfung sollen US-Spezialeinheiten auf syrischem
Gebiet operieren. In Syrien und im Irak soll eine ›Demokratisierung‹ entsprechend den wirtschaftlichen
und strategischen Interessen der USA erzwungen werden. Perle macht in diesem
Zusammenhang ausdrücklich klar, daß es Wahlen erst geben darf, wenn
hinreichend sichergestellt ist, daß sie ein der USA genehmes Regime an die
Macht bringen.« 13
Man
erinnere sich: Noch am 13. April dieses
Jahres hatte Hillary Clinton auf dem amerikanisch-islamischen Weltforum in
Washington die Staatschefs dazu aufgerufen, keine Gewalt anzuwenden und mit ›ausgestreckter Hand auf die Proteste
zu reagieren.‹ Was daraus geworden
ist, haben wir täglich vor Augen.
1 http://www.jungewelt.de/2011/04-30/051.php 30. 4. 11
Gesteuert
per Facebook - Von Karin Leukefeld
2 F.A.Z. Nr. 136 vom 14.
6.2011, / Seite 7 - Mobiles Internet für Regimekritiker
3 U.S. secretly backed Syrian
opposition groups, cables released by WikiLeaks show; www.washingtonpost.com 18. 4. 2011
4 http://www.jungewelt.de/2011/05-31/006.php »Go home, Feltman« - Diplomatischer Druck,
Drohungen, Sabotage, Krieg: Washingtons Umsturzexperte tourt durch den Nahen
Osten - und ist dort alles andere als willkommen - Von Karin Leukefeld
5http://www.berlinerumschau.com/news.php?id=22625&title=Syrischer+Pr%E4sident+Assad+macht+%22Saboteure%22+f%FCr+Unruhen+verantwortlich&storyid=1308562901875
6 http://bazonline.ch/ausland/naher-osten-und-afrika/Syrien-soll-heimlich-an-Atomreaktor-gebaut-haben/story/26711196 24. 5. 11
7 http://www.jungewelt.de/2009/07-20/020.php 20. 7. 09 Kuhn-Report: Angriffsstunde X
8 Topic Nr. 8 vom August 2006
9 http://www.german-foreign-policy.com/de/fulltext/58039 30. 3. 11
Der
gemeinsame Nenner Repression (II)
10 Erich Schmidt-Eenboom: Der deutsche
Geheimdienst im Nahen Osten. Geheime Hintergründe und Fakten, München 2007
11 http://www.german-foreign-policy.com/de/fulltext/58053 2. 5. 2011
Eine
Frage der Taktik
12 http://nd-epaper.neues-deutschland.de/nd/2011/06/15/b/2/art-00214.html 15. 6. 11
Lieberman
fordert stärkeren Druck der EU auf Syrien
13 Junge Welt vom 6. 2. 2004 -
Buchbesprechung von Knut Mellenthin; »Sieg oder Holocaust« - Neokonservative
wollen »vierten Weltkrieg« wieder ankurbeln. Richard Perles »Wie man den Krieg
gegen den Terror gewinnt«
http://www.jungewelt.de/2004/02-06/003.php Seite 10
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