Friedensinitiative 05.06.2011 23:47
Palästinensischen Staat unverzüglich nach Ausrufung anerkennen - Auf Initiative der Palästinensischen Gemeinde Deutschland Hannover e.V.
und unter
Mitwirkung der Jüdischen Stimme für gerechten Frieden in Nahost e.V. richteten
Dr. Yazid Shammout und Prof. Dr. Rolf Verleger am 11. Mai einen gemeinsamen
offenen Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel und Außenminister Guido
Westerwelle.
Die
Meldungen aus dem Nahen und Mittleren Osten überschlagen sich in den letzten
Wochen. Die arabischen Völker - durstig nach Demokratie - bringen einen
Diktator nach dem anderen zum Sturz. Die Palästinenser stellen ihre Einheit
wieder her. Der Wunsch, aber auch der Weg zu Demokratie, Freiheit und Frieden
scheint geebnet zu sein. Die Schaffung eines echten Friedens im Nahen Osten ist
von immenser Bedeutung, nicht nur weil es sich um eine Region handelt, die in
unserer unmittelbaren Nachbarschaft liegt und wirtschaftlich für Deutschland
und Europa beträchtliche Bedeutung hat, sondern auch weil hier die westliche
Welt und die islamische Welt zusammenstoßen, weil hier jede Gewalttat und jede
Ungerechtigkeit weltweite Resonanz findet und weil die Ernsthaftigkeit des
westlichen Diskurses von Demokratie, Menschenrechten und Völkerrecht auf dem
Prüfstand steht und bisher diese Prüfung nicht bestanden hat.
Die jetzt
stattfindenden Veränderungen sind eine echte Chance für die Befriedung der
Region und dürfen nicht ungenutzt verstreichen. Ohne daß die Palästinenser
endlich einen eigenen lebensfähigen und unabhängigen Staat bekommen, wird es
keinen Frieden in dieser Region geben. Ohne Frieden gibt es Krieg und
Terrorismus. Der UNO-Beschluß 181 aus dem Jahr 1947 sah die Teilung Palästinas
in einen arabischen und in einen jüdischen Teil vor. Es wurde nicht beschlossen, daß
Palästina durch Israel ersetzt wird. Es wurde auch nicht beschlossen,
daß ein unabhängiger palästinensischer Staat erst durch Verhandlungen oder gar
Zustimmung Israels entsteht. (…) Mit Entsetzen stellen wir fest, daß die Bundesregierung
entgegen der seit Jahren verlauteten offiziellen Position für eine
Zwei-Staaten-Lösung den auszurufenden palästinensischen Staat nunmehr
offensichtlich nicht anerkennen will. Die verwendete Begründung der
Bundesregierung ist, daß Israel dem erst zustimmen soll.
Wir, in
Deutschland lebende Juden und Palästinenser, fordern unsere Bundesregierung gemeinsam
dazu auf, an der bisherigen Position, die auch Sie, sehr geehrte Frau
Bundeskanzlerin, mehrfach öffentlich erklärt haben, festzuhalten und den
palästinensischen Staat unverzüglich nach seiner Ausrufung anzuerkennen. Wir
haben kein Verständnis für Ihre Haltung, daß ein palästinensischer Staat
seitens Deutschlands nur dann anerkannt wird, wenn dies durch Verhandlungen
erreicht wird. Damit legen Sie, sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin, das Schicksal der
Palästinenser ausschließlich in israelische Hand. (…) Mehrere
europäische Staaten haben bereits ganz konkrete Schritte in Vorbereitung zur
Anerkennung eines palästinensischen Staates bekundet, indes nimmt Deutschland
überraschend eine Position ein, die für uns weder nachvollziehbar noch
gerechtfertigt ist. Deutschland wird durch das Abweichen von der bisherigen
Position viel an Glaubwürdigkeit verlieren.
In der Rubrik »Glosse Politik« der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 23. Mai 1 las man folgendes: »So etwas hat es im Weißen Haus kaum je gegeben.
Rhetorisch überlegen, in einschüchternder Körpersprache und eiskalter
Sachlichkeit läßt ein Besucher den vermeintlich mächtigsten Mann der Welt als politisches
Leichtgewicht erscheinen. So geschehen vor dem offenen Kamin im Oval Office,
als Benjamin Netanjahu Barack Obama eine Lehrstunde über die ›grundlegenden Tatsachen‹ im
Nahen Osten erteilte. Diese lauten nach Netanjahus Lesart: Jüdische Siedlungen in den
besetzten Gebieten, zumal im Osten Jerusalems, sind unantastbar und werden
wachsen; die Grenzen von 1967 sind längst historische Makulatur;
palästinensische Vertriebene werden nicht auf israelisches Territorium
zurückkehren; die Terroristen der Hamas verstehen und sprechen nur die Sprache
der Gewalt. Freilich weiß Netanjahu in dieser Haltung nicht nur die große
Mehrheit daheim hinter sich, sondern auch die Mehrheit im Washingtoner Kongreß und der
amerikanischen Öffentlichkeit. Der Israeli hat sich offenbar schon auf einen
neuen Gesprächspartner im Oval Office von 2013 an eingestellt. rüb.«
»Israel«, so
die Frankfurter Allgemeine Zeitung 2 ferner,
»das im Sechstagekrieg vom Juni 1967 von Palästinensern
bewohnte Gebiete von Ägypten, Jordanien und Syrien erobert hatte, will den
Grenzverlauf, wie er vor dem Sechstagekrieg bestanden hatte, nicht akzeptieren.
Die Begründung der israelischen Regierung lautet, der Staat Israel könne in
diesen Grenzen nicht verteidigt werden, zudem müßten zahlreiche jüdische
Siedlungen in den besetzten Gebieten erhalten bleiben. Netanjahu beruft sich
auf eine Versicherung des früheren Präsidenten George W. Bush aus dem Jahr
2004, die keine Verpflichtung der Siedler zum Rückzug aus den
Palästinensergebieten vorsieht.«
Die
Rede Netanjahus Ende Mai vor einem vollen Haus im Kongreß, war einem Bericht von
Karin Leukefeld in der Jungen Welt 3 zu entnehmen, erfreute
sich des Beifalls sowohl demokratischer als auch republikanischer Senatoren und
Abgeordneter. Zwar machte der israelische Ministerpräsident deutlich, ›daß niemand Israel in die Schranken weisen werde‹, erklärte aber gleichzeitig, daß er bereits sei, über einen
Friedensplan mit den Palästinensern zu verhandeln. Die Größe eines zukünftigen
palästinensischen Staates werde er ›großzügig bemessen‹. Einige Siedlungen sollten nicht gebaut werden, andere im Tausch
für palästinensisches Land ›jenseits israelischer Grenzen‹ bleiben. Allerdings werde es weder ein Israel in den
Grenzen von 1967 geben, noch werde er jemals einer Teilung von Jerusalem
zustimmen, machte Netanjahu deutlich. ›Israel braucht Grenzen,
die es verteidigen kann‹, sagte er. Jerusalem werde ›die unteilbare Hauptstadt eines jüdischen Staates‹ sein. Damit wies Netanjahu
Forderungen von Obama zurück, die dieser zuvor als Perspektive für einen
Frieden im Nahen Osten genannt hatte. Auch die EU fordert einen
palästinensischen Staat in den Grenzen von 1967, der neben der Westbank und
Gaza auch Ostjerusalem als Hauptstadt umfassen soll. Er sei überzeugt, eine ›leuchtende Zukunft und Frieden für unsere Kinder‹ zustande zu bringen, so Netanjahu. ›Aber Israel wird nicht
mit einer palästinensischen Regierung verhandeln, die von der palästinensischen
Version von Al-Qaida unterstützt wird‹, sagte er unter
Verweis auf die Vereinbarung von Fatah und Hamas, eine Übergangsregierung der
nationalen Einheit zu bilden. Das größte Hindernis sei aber die Weigerung der Palästinenser,
Israel als einen ›jüdischen Staat‹ anzuerkennen, betonte der Regierungschef weiter. Nach zwei
Jahrzehnten fruchtloser Verhandlungen sei es höchste Zeit, daß der
palästinensische Präsident Mahmud Abbas ›sich vor sein Volk
stellen muß und sagt: ›Ich werde
einen jüdischen Staat akzeptieren‹.
Diese sechs Worte würden ›die Geschichte ändern‹, so Netanjahu. Saeb Erekat von der PLO sagte, Netanjahu sei ›kein Mann des Friedens‹ und habe ›nichts angeboten‹. Die palästinensische Regierung werde den Versöhnungsprozeß nicht
aufgeben, wie Netanjahu es von Mahmud Abbas gefordert habe, als er sagte, Abbas
müsse sich zwischen ihm und der Hamas entscheiden. Netanjahu habe ›keinen Plan für einen Frieden‹, sagte auch der
frühere Mossadagent Yossi Alpher. Es sei das einzige Ziel von Netanjahu gewesen,
die USA und europäische Staaten zu überzeugen, keinesfalls die Initiative der
Palästinenser zu unterstützen, die im September von den Vereinten Nationen die
Anerkennung eines eigenen Staates in den Grenzen von 1967 erreichen wollen. In
Israel rechnet man in der UN-Vollversammlung offenbar mit einer klaren Mehrheit
für das Anliegen der Palästinenser.
Wie
BBC online am 28. 5. 4 meldete, sucht die Arabische Liga für Palästina die UNO-Vollmitgliedschaft
als palästinensischer Staat mit Ostjerusalem als Hauptstadt zu erreichen. Diese
Entscheidung fiel auf einem Treffen in Doha, an dem
Mahmoud Abbas teilgenommen hatte. Letzterer wiederholte seine Entschlossenheit,
die Anerkennung durch die UNO im September zu erlangen, es sei denn, Israel
begänne damit, Verhandlungen auf einer substantiellen Basis zu führen. Noch im November 2009 hatte es geheißen, »daß
die EU eine einseitige Ausrufung eines palästinensischen Staates nicht
unterstützen wolle. Der damalige EU-Außenbeauftragte Javier Solana hatte sich gegen
die Forderung der palästinensischen Autonomiebehörde, die Unabhängigkeit
Palästinas auch ohne Zustimmung Israels in den Grenzen von 1967 anzuerkennen,
ausgesprochen. ›Ich glaube, es ist jetzt nicht der Moment,
darüber zu sprechen‹, ließ Solana wissen. Auch Benita
Ferrero-Waldner hatte als damalige EU-Außenkommissarin die palästinensische
Forderung für verfrüht erklärt. ›Zunächst einmal müßten die
Friedensverhandlungen mit Israel wieder in Gang gesetzt werden‹, sagte sie.« 5
1
F.A.Z. Nr. 119 vom 23. 5. 2011, Seite 10
2 F.A.Z.
Nr. 119 vom 23. 5. 2011, Seite 7 Obama setzt Streit mit Netanjahu fort; rüb.
3 Quelle:
http://www.jungewelt.de/2011/05-26/043.php 26. 5. 11
Absage
an den Frieden - Stehende Ovationen im US-Kongreß für Israels Ministerpräsident
Netanjahu - Von Karin Leukefeld
4 http://www.bbc.co.uk/news/world-middle-east-13586799 28. 5.
11
The Arab League says it will seek full UN
membership for a Palestinian state with East Jerusalem
as its capital.
5 http://www.jungewelt.de/2009/11-18/041.php
EU will keinen Palästinenserstaat
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