Fünf Milliarden besser als erwartet - Von Ulrich Schlüer

Frohe Kunde aus Bern: Die Rechnung der Eidgenossenschaft schliesst 2010 rund 5 Milliarden besser ab als budgetiert.

Statt 2 Milliarden Defizit dürfen 3 Milliarden Überschuss erwartet werden. Ergebnis sehr vorsichtigen Budgetierens vor anderthalb Jahren, als sich die Wirtschaft von den Folgen der Finanzkrise erst allmählich zu erholen begann. Man mag dafür Verständnis aufbringen, dass aus jener Lagebeurteilung heraus damals zurückhaltend budgetiert wurde. Der Bund steht jedoch noch immer vor einem Schuldenloch von um die 110 Milliarden Franken. Was tut eine haushälterische Finanzministerin, wenn sie, vor einem solchen Schuldenberg stehend, unversehens 3 Milliarden Überschuss erwarten darf? Nimmt sie eine Schulden-Abzahlung vor? Oder Steuererleichterungen, weil Exportwirtschaft und Tourismus von der fortschreitenden Franken-Aufwertung bedrängt werden und um ihrer internationalen Konkurrenzfähigkeit willen entlastet werden müssten? Nein! Auf solche Begehren kommen höchstens haushälterisch denkende Menschen. Eveline Widmer-Schlumpf hat im Wahljahr anderes im Sinn, zumal ihr persönlicher Sitz in der Landesregierung bedenklich wackelt, weil ihre Hausmacht im Parlament allzu dürftig ist.
 
Wiedergutmachung
Kommt dazu, dass die Finanzministerin, deren Wahl 2007 nur dank der Linke zustande kam, die Genossen vor wenigen Monaten zutiefst verärgert hat: Damals, als sie sich ins Finanzministerium drängte und der in Wirtschaftsfragen kompetenten Simonetta Sommaruga nur das Justizdepartement übrig liess. Eveline Widmer-Schlumpfs Wählerbasis, die Linke, hat ihr für diesen Schachzug Rache geschworen. Sie muss also, will sie wiedergewählt werden, die Linke ködern. Dafür kommen drei Überschuss-Milliarden wie gerufen. Finanzministerin Widmer-Schlumpf öffnet also ihr linkes Füllhorn: Schluss mit Sparen bei Kinderkrippen - von der Linken bekanntlich zur Bundesaufgabe erhoben. Ein paar hundert Millionen mehr für die Entwicklungshilfe wurden bereits versprochen - auch der Linken zuliebe. Und ein weiteres Tummelfeld der Linken, die Bildungsbürokratie, soll mit zusätzlichen Mitteln geschwemmt werden. Linke Stimmen werden da gekauft. Für Wirtschaftsentlastung und Schuldenabbau bleibt nichts.
 
Plan B
Bezüglich Postenabsicherung zirkuliert ein weiteres, sich hartnäckig haltendes Gerücht, ein »Plan B« für Widmer-Schlumpf, wenn sie sich im Bundesrat nicht halten kann. Allenthalben gehen die Wahl-Auguren längst davon aus, dass Strauss-Kahn, der jetzige Chef des Internationalen Währungsfonds, vor allem auf den Sitz des französischen Staatspräsidenten schielt, wenn er weltweit Milliarden organisiert, um - vordergründig - Euro-Staaten vor dem Bankrott zu retten. In Wahrheit geht es ihm nämlich in erster Linie um die Rettung französischer Banken, die mit 750 Milliarden € hängiger Darlehen an die maroden Staaten am tiefsten im Euro-Schuldensumpf stecken. Gehen diese Banken pleite, dann ist der Traum von Strauss-Kahn mit dem Elysée im Zentrum ausgeträumt. Gelingt ihm aber der Sprung an die Spitze Frankreichs, dann steht der Schweizer Philipp Hildebrand, der plakativ eifrig für die Freigabe von Nationalbank-Reserven in einer Höhe von bis zu 30 Milliarden Schweizerfranken zur Euro-Rettung drängt, für den Posten an der Spitze des IWF offenbar bereits in den Startlöchern. [Was er sich davon versprechen mag, bleibt für jeden, der Geschichte und Wirken des IWF kennt, ein Rätsel. Doch nicht etwa eine Einflussnahme, die die USA gegebenenfalls zu verhindern wüsste, da ihr Stimmenanteil im IWF über 17 % beträgt, wodurch sie jeden Beschluss blockieren kann. Anmerk. politonline d.a.]
 
Damit würde der prestigeträchtige Platz an der Spitze der Schweizerischen Nationalbank frei. Nicht unbedingt für einen Nachfolger aus gleichem Haus. Auch eine Quereinsteigerin wird als Kandidatin gehandelt. Diese musste, um Kronfavoritin zu werden, lediglich das Departement wechseln. Als Finanzministerin hat sie Wahlchancen, die Eveline Widmer-Schlumpf als Justizministerin nie gehabt hätte. Wahlbehörde ist der Bundesrat. Er würde, wenn Eveline Widmer-Schlumpf die Wiederwahl in die Landesregierung nicht schafft, ihr den Wechsel an die Nationalbank-Spitze wohl kaum verwehren. Alles bloss Spekulation? Nicht auszuschliessen! Aber plausibel scheinen die Zusammenhänge durchaus. Sowohl die Verschleuderung von Nationalbank-Reserven als auch die Verwertung von Überschussmilliarden erinnern an Stimmenkauf. Solange Bundesräte vom »Berner Kuchen« und nicht vom Volk gewählt werden, sind Manöver, wie sie derzeit die Gerüchteküche anheizen, nie auszuschliessen.  [1]
 
Zur Person von Bundesrätin Sommaruga war einem Kommentar von Ulrich Schlüer bezüglich der Ausschaffungsinitiative folgendes zu entnehmen:
 
Bürokratischer Zentralismus oder Volkssouveränität - Kein Anlass zur Selbsterniedrigung
Sie, Bundesrätin Simonetta Sommaruga, hätte einen »schweren Gang« anzutreten. Dies berichteten die Medien, als unsere neue Justizministerin drei Tage nach dem Ja von Volk und Ständen zur Ausschaffungsinitiative nach Brüssel aufbrach. [Siehe auch »Die direkte Demokratie und ihre Feinde - Von Patrick Freudiger« auf http://www.politonline.ch/?content=news&newsid=1435
 
Am lange zuvor schon vereinbarten Treffen der Justizminister aller Schengenländer stünde sie vor der unangenehmen Aufgabe, das Schweizer Ja zu konsequenterer Ausschaffung ausländischer Straftäter erläutern und erklären zu müssen. Es werde, wurde vorausgesagt, zu Brüssel herbe Kritik aufs Haupt der neuen Bundesrätin niederprasseln …
 
Sommarugas Brüsseler Kotau
Das tönte dramatisch - war allerdings erlogen. In Wahrheit hatte Brüssel den Schweizer Volksentscheid nicht einmal auf die Traktandenliste des Justizministertreffens gesetzt. Kein Justizminister irgendeines Schengenlandes erwartete oder verlangte Auskünfte zum Ausschaffungs-Ja des Schweizer Souveräns. Für Brüssel war die Schweizer Volksabstimmung kein Thema. Dieses Desinteresse wurmte offenbar die Schweizer Bundesrätin - worauf niemand andere als sie selbst die Traktandierung der Schweizer Volksabstimmung verlangte. Ohne jede Aufforderung seitens Brüssel gab Frau Sommaruga dann ihre unterwürfige Beteuerung ab, die Umsetzung des Schweizer Volksentscheids erfolge akribisch nach Brüsseler Vorgabe ….. Simonetta Sommarugas Kotau vor Brüssel war ein freiwilliger. Niemand in Brüssel hatte ihn verlangt, vielleicht auch, weil Berner Unterwerfungsgesten nach Volksentscheiden  - zelebriert nach dem Ja zur Verwahrungsinitiative, zur Minarettverbotsinitiative und jetzt zur Ausschaffungsinitiative. Schweizer Exponenten der Classe politique leisten sie freiwillig -aus Lust an der Unterwerfung …… - die der Brüsseler Bürokratie wider den Strich gehen, längst Ritual geworden sind. Sommarugas selbstgewählter Kotau ist Teil des notorischen Lamentos, das Bundesberns Umgang mit Brüssel charakterisiert. Täglich klagen Bundesrat, Bundesverwaltung, Mitte- und Linksparteien, dass der Spielraum für weitere bilaterale Verträge mit Brüssel »beklemmend eng« geworden sei und das »Diskussionsklima«  unangenehm frostig und barsch.
 
Was ist denn »ungelöst«?
Was für ein Jammer! Doch: Existieren überhaupt ungelöste neue Probleme zwischen Bern und Brüssel die, wenn sie nicht rasch vertraglich geregelt werden können, die Existenz der Schweiz irgendwie bedrohen würden? Nicht die Spur! Zwar gibt es ernste Probleme, Resultate schlechter Verträge, die in Kraft sind. Schengen und Personenfreizügigkeit sind Beispiele dafür. Diese Probleme sind Bern gleichgültig, die Substanz der Verträge interessiert die Classe politique nicht. Für sie ist bloss das Dabeisein wichtig, koste es an Substanz, was immer es wolle. Wer im Verhältnis zu Brüssel keine Glaubensfrage sieht, wer unsere Interessen in Sachverhandlungen jeweils kühl abwägt, erkennt ziemlich rasch, dass sich das Verhältnis zwischen der EU und Bern verändert hat; und dass sich der Schweiz aus der Klimaveränderung durchaus neue Chancen eröffnen könnten. Die Finanznot diktiert die Lage. Das marktwidrige Politprodukt Euro stösst die EU immer tiefer ins Schuldenelend. Die EU wird zwangsläufig zum Bittsteller. Die Schweiz, die eben noch auf graue und schwarze Listen gesetzt werden sollte, der skrupellos Daten geklaut worden sind, soll jetzt mit Milliarden an Franken den EU-Schuldensumpf austrocknen helfen. Und was tut Bern? Es will - aus reiner Gefallsucht gegenüber Brüssel - sofort alle Kassen öffnen. Das sei das Rezept, behaupten die Euroturbos, Brüssel davon abzubringen, uns immer wieder die kalte Schulter zu zeigen. So als wünschten sich all diese Jammeri, auch die Schweiz würde mittendrin in diesem Schuldensumpf stecken. Möchten sie, die stets nach Brüssel Schielenden, den soliden Franken etwa auch der Währungszerrüttung preisgeben?
 
Das Euro-Desaster
Der Euro ist ein Politprodukt, ein marktwidriges Kunstkonstrukt, mit dem machtbesessene Politiker die EU in die Position eines »global players« hieven, zu einem politisch dominierenden Grossgebilde umschmieden wollten. Grundlegend unterschiedliche Volkswirtschaften völlig ungleicher Produktivität und Leistungsfähigkeit wurden ins starre Korsett der Einheitswährung geschnürt, auf dass ein politisch geschlossener Block entstünde, der künftig machtvoll auf der Weltbühne auftreten könne. Mit dieser Absicht wurde die Einheitswährung erzwungen. Sie bescherte den produktionsschwachen EU-Ländern zunächst schlaraffische Genüsse: Niedrigzinsen, wie sie Starkwährungsländer wie Deutschland genossen, erlaubten plötzlich auch leistungsarmen EU-Ländern Luxus. Finanziert wurde dieser Luxus - vor allem unbezahlbar komfortable Sozialwerke - mit vermeintlich billigen Schulden. Die Überschuldung grassierte - bis das Kartenhaus zusammenbrach.
 
Dass Deutschland  - zu einem Zeitpunkt, als der unserem Land mit Kavallerieangriff drohende Hans Eichel deutscher Finanzminister war - die Stabilitätskriterien für den Euro aus egoistischer Konsumsucht vorsätzlich erodieren liess, womit die Verschuldungsexzesse in allen, insbesondere in den leistungsschwächeren Euro-Länder alle Dämme brachen, glaubte Brüssel gleichmütig hinnehmen zu können. So wie Brüssel es bis heute hinnimmt, dass vor allem französische Banken unter dem Schutzschirm ihrer Regierung mit bei der Europäischen Zentralbank abgeholtem billigem Geld Milliarden-Darlehen an faktisch bankrotte Euro-Schwächlinge leisten, wobei Frankreichs Regierung eisern dafür sorgt, dass alle daraus resultierenden Schulden den damit spekulierenden Banken pünktlich zurückbezahlt werden, indem sie mittels neuer Verschuldung den EU−Steuerzahlern aufgehalst werden…..
 
Vor solch empörenden, die Krise immer weiter vertiefenden Eigenmächtigkeiten, verschliesst Brüssel bis heute alle Augen. Stattdessen sollen neu auch Nicht-EU-Länder  - vor allem die noch reiche Schweiz - mit Milliarden aus ihren Währungsreserven EU-Schuldenlöcher stopfen helfen. Unter sanfter Anwendung der Strategie »Und bist du nicht willig, so brauch’ ich Gewalt«. Die Gegenwehr gegen die sich zu Bern darob ausbreitende verantwortungslose Liebedienerei Brüssel gegenüber wird zwar zäh und mit grösstem Einsatz geleistet. Aber für Bern sind selbst elementare Schweizer Interessen nebensächlich: Währungsreserven, die Brüssel direkt oder auf Umweg über den Internationalen Währungsfonds (IWF) von der Schweiz in Milliardenhöhe einfordert, werden zu Bern als »Manipuliermaterial«» für Politiker gesehen. Dass Währungsreserven Volksvermögen sind, darüber verliert Bundesbern kein Wort.
 
Zentralismus verliert
Würde die wuchernde Krise endlich einmal kühl beurteilt, dann würde die eingetretene Entwicklung bald klar erfasst: Die EU, ganz auf eine schönfärberisch als »Harmonisierung« etikettierte Funktionärsherrschaft setzend, bringt Europa im Vergleich zur übrigen Welt, besonders zu Fernost, zunehmend ins Hintertreffen. Bürokratismus und Dirigismus lähmen. Der Euro, zentralistisches, marktwidriges Kunstprodukt, lässt die EU ins Verschuldungsdesaster taumeln. Brüssel antwortet mit noch einschneidenderer Zentralisierung. Es ist eigentlicher Wirtschaftsdikatur nicht mehr fern.
 
Volkssouveränität gewinnt
Die Schweiz hat den Brüsseler Weg dank ihrer direkten Demokratie nicht mitgemacht. Die Schweiz ist zum einzigen Nicht-Hochsteuerland in Europa geworden. Zentralistischer Dirigismus, Währungskorsett, zunehmend diktatorische Wirtschaftslenkung, führten die EU ins Euro-Desaster. Die Schweiz mit der Volkssouveränität und der Direkten Demokratie im Zentrum ihrer Verfassung wird zur freiheitlichen Alternative. So abschätzig die tragenden Säulen unserer Demokratie von der Classe politique auch beurteilt werden, so haben uns Volkssouveränität und Föderalismus doch überzeugend davor bewahrt, ins gleiche Elend zu geraten, in das die EU geraten ist.
 
Es besteht für uns Schweizer keinerlei Grund zur Selbsterniedrigung! Es lebe die Volkssouveränität! [2]
 
Alle Hervorhebungen durch politonline
1 Quelle: Schweizerzeit; alle Beiträge aus der Feder von Nationalrat Ulrich Schlüer
http://www.schweizerzeit.ch/cms/index.php?page=/News/Stimmenkauf-25 Der aktuelle Freitags-Kommentar der «Schweizerzeit»-Redaktion vom 14. Januar 2011
2 Quelle: «Schweizerzeit», EXTRA zum Jahreswechsel, Nr. 26, vom 21. Dezember 2010
http://www.schweizerzeit.ch/frame_brisant.html