Der Euro: Schlechte Noten - Von Doris Auerbach

»Bei einem Bankrott Spaniens«, legt Walter K. Eichelburg dar, »wird wohl niemand mehr annehmen, dass Deutschland, ohne selbst unterzugehen,

dieses Land retten könnte. Noch weniger bei Frankreich. Dann ist die gesamte Eurozone bankrott … Aber das ist ein Thema für das Frühjahr 2011, wenn vermutlich der endgültige Systemcrash und die Euro-Auflösung kommen.« Das eiligst geschnürte 750 Milliarden € schwere Rettungspaketsollte dem Bondmarkt bekanntlich zeigen, dass »die Eurozone und besonders Deutschland solidarisch für alle Euro-Staatsschulden haftet. …… Womit man Merkel, Schäuble und Deutschland erpresste, um nicht aus dem Euro auszusteigen, ist noch nicht bekannt, es dürfte aber mehr als unfein gewesen sein.« »Gleich hinter Irland«, führt Eichelburg weiter aus, »warten noch einige andere Eurostaaten auf den Untergang: zuerst Portugal und Spanien, dann Belgien und Frankreich. Belgien ist als Staat gerade in Auflösung, für die enormen Staatsschulden wird nach der Teilung und gegebenenfalls Übernahme durch andere Staaten niemand aufkommen.« 1  Im 2. Halbjahr 2011, heisst es darüber hinaus, werden Investoren weltweit erkennen, dass der Westen einen grossen Teil der Schulden, die er in den letzten zwei Jahrzehnten angehäuft hat, nie zurückzahlen wird. Die Stunde der Wahrheit schlägt im Oktober 2011. 2   
 
Festhalten am Euro
Was nun die EU-Bürger von ihren Hirten vernehmen, hört sich leicht anders an. So wies der an der Spitze des Stabilisierungsfonds EFSF [European Financial Stability Facility] stehende Klaus Regling Ende November die Möglichkeit eines Auseinanderbrechens der Eurozone mit ihren 16 Nationen zurück: »Es ist unvorstellbar, dass der Euro scheitert.« Die Chance, so Regling gegenüber Bild, dass der Euro zusammenbrechen würde, sei gleich null.  Regling, der die Währungsunion angesichts der Euro-Krise insgesamt nicht in Gefahr sieht, ferner: »Kein Land wird freiwillig den Euro abgeben. Für schwächere Länder wäre das wirtschaftlich Selbstmord, ähnlich für die stärkeren Länder.« 3  Und Deutschlands Kanzlerin schaltete sich mit den Worten ein. dass »sie jetzt im Gegensatz zum Frühjahr zuversichtlicher sei, dass die EU gestärkt aus den jetzigen Herausforderungen hervorginge.« Wo Frau Merkel eine solche Stärkung ausmachen will, müsste sie uns erläutern, zumal der Wert des Euros weit davon entfernt ist, eine solche zu beflügeln. »Europa«, schwärmte sie am 15. Dezember in ihrer Regierungserklärung, ist »unsere gemeinsame Zukunft. Niemand in Europa wird alleingelassen«, schliesslich sei man ja eine Verantwortungsgemeinschaft. 4  Letzteres dürfte, ohne dass sie dies anspricht, dazu führen, dass die Verantwortung für den finanziellen Schlendrian einiger Staaten auf die Bürger von EU-Mitgliedsländer übertragen wird, deren Haushaltsführung danach trachtet, sich innerhalb der vorgegebenen Stabilitätskriterien zu bewegen. Bedenkt man die Erklärung des deutschen Bundesbankchefs Axel Weber: »Der Euro bleibt - um jeden Preis!« mit der wohl die Märkte beruhigt werden sollten, so steht zu befürchten, dass dieser Preis niederschmetternde Auswirkungen mit sich bringen kann.  
 
Zum EFSF gilt es festzuhalten, dass Jean-Claude Trichet kurz vor dem EU-Gipfel vom 17. Dezember gefordert hatte, eine massive Aufstockung des 440 Milliarden € Steuergelder schweren Fonds dieser Zweckgesellschaft  - dem sogenannten Rettungsschirm oder Rettungsfonds -  vorzunehmen. Diese als Auszahlungssumme an Banken im Besitz von staatlichen Schuldtiteln gedachte Summe war im Mai »im Eilverfahren eingetrieben worden«. »Allein das deutsche Parlament unterschrieb am 21. 5. 10 eine Blankovollmacht von insgesamt 148.000.000.000 Euro für die EFSF, noch bevor diese überhaupt gegründet worden war und ohne dass ein Vertrag darüber vorgelegen hätte«, führt Daniel Neun aus 5, was für meine Begriffe wieder einmal ein bezeichnendes Licht auf die Art und Weise wirft, wie unsere Parlamentarier ihre Verantwortung wahrnehmen. Nicht umsonst schreibt Bruno Bandulet in seinem Buch Die letzten Tage des Euro bezüglich der deutschen Volksvertreter, dass diese darin geübt seien, »jedes von den EU-Instanzen angeordnete Gesetz und jeden Europa-Vertrag ungelesen durchzuwinken.« Gegen den Beschluss des Bundestags hatte, wie Neun weiter schreibt, die Radio Utopie-Autorin Sarah-Luzia Hassel Reusing Klage erhoben (AZ 2BvR 1183/10); das Bundesverfassungsgericht lehnte allerdings einen Eilantrag gegen die Vollmacht des Bundestages ab, so dass bis heute kein Hauptverfahren eingeleitet wurde. 6   Es ist überhaupt mehr als fraglich, ob überhaupt noch begriffen wird, was das Ausmass der gigantischen Milliardensummen auf dem Gebiet der Verschuldung resp. der Rettung für den Steuerzahler, der sie erarbeiten muss, bedeuten. Aktuell hat der Fonds ein Volumen von insgesamt 750 Milliarden €. Die Summe dieser Steuergelder teilt sich wie folgt auf: Die Euro-Staaten kommen für 440 Milliarden € auf, der Anteil der EU-Kommission beträgt 60 Milliarden € und der des IWF 250 Milliarden € . Die EFSF läuft bis 2013. Wie das angesichts der allseits gegebenen horrenden Verschuldung funktionieren soll, wissen offenbar nur diejenigen, die dieses Vorgehen erdacht haben. Trotz zahlreicher Aussagen von Experten, die alles andere als ein erfolgsversprechendes Szenarium hinsichtlich des weiteren, man kann ruhig sagen, Schicksal des Euros zeichnen, hat sich Frau Merkel befleissigt, ihr Volk in der Zuversicht in den Bestand dieser Währung zu stärken: Es soll an den Euro glauben. 7  »Diese Entschlossenheit und Zuversicht brauchen wir jetzt weiter,« so die Kanzlerin. »An Europa und den Euro zu glauben, sich nicht beirren zu lassen, ist schon die Hälfte der Lösung.« So einfach kann man sich das machen. Merkel, auch das sollte man im Gedächtnis behalten, bezeichnete den Euro als »die Erfolgsgeschichte des zusammenwachsenden Europas. Wir haben allen Grund, ihn zu verteidigen« - auch wenn der zu verteidigende Euro einer Forsa-Umfrage für das Magazin Stern vom 15. Dezember zufolge von 45 % der Deutschen abgelehnt wird. Ferner: »Der Euro ist unser gemeinsames Schicksal.« Darin, allerdings, kann man ihr nur vorbehaltslos beipflichten, wird die Transferunion umgesetzt. In ihrer Regierungserklärung nannte sie als Ziel das Inkrafttreten diesbezüglich geplanter Massnahmen inklusive der notwendigen Änderungen des Lissabon-Vertrages zum 1. Januar 2013. Dadurch ermöglicht werden »der Kauf von Anleihen der Euro-Zonen-Staaten sowie kurzfristige Kredite. Diese Gelder fliessen von den hochverschuldeten Staaten direkt weiter an die Gläubiger, also an die Banken und die kapitalkräftigen Käufer der Staatsanleihen - auch an die mit Sitz in Deutschland.« 8  
 
Nach dem vermutlich im kommenden März zu fassenden Beschluss der Staats- und Regierungschefs müssen die im Lissabon-Vertrag vorzunehmenden Änderungen in den Mitgliedsländern anschliessend ratifiziert werden. Kern derselben soll ein permanenter Krisenmechanismus für die Euro-Zone sein, der den im Jahr 2013 auslaufenden Euro-Rettungsschirm ablöst. Ziel ist es, die Finanzmarktstabilität der Euro-Zone dauerhaft zu gewährleisten. 9  Die in Brüssel zur Diskussion stehende Textpassage lautet: »Die Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, können einen Stabilitätsmechanismus schaffen, um die Stabilität der Euro-Zone als Ganzes zu sichern. Er kann aktiviert werden, wenn dies für die Sicherung der Stabilität des Euros als Ganzem unabdingbar ist. Im Rahmen dieses Mechanismus werden Finanzhilfen nur unter strikten Bedingungen gewährt.« Die Ratifizierungsverfahren in den Nationalstaaten müssen rechtzeitig abgeschlossen sein, damit das neue Sicherheitsnetz gegen Mitte 2013 aufgespannt werden kann. Infolge der Kürze der Änderung kann diese in einem vereinfachten Verfahren ratifiziert werden. Hierzu heisst es: Referenden sind dafür nicht erforderlich. Nun hatte Angela Merkel ihren Bürgern und damit auch indirekt denen der übrigen EU-Länder immer wieder klargemacht, wie dieses Europa doch eine einzige Gemeinsamkeit bilde, die aber offensichtlich dort abrupt endet, wo zu erwarten wäre, dass der Bürger, der die Konsequenzen der neuen Regelung zu tragen haben wird, konsultiert wird. Aber das fällt offensichtlich nicht ins Kapitel Gemeinsamkeit. Im Klartext: Gleich, was dem Bürger aus dieser Neuerung erwächst, es bleibt ihm verwehrt, sich hierzu äussern zu können. Wie aus Brüssel weiter zu erfahren war, würden die Rettungshilfen, deren Umfang noch offen ist, voraussichtlich nicht unter den bisherigen Mitteln von 750 Milliarden € liegen. Wie mit den Summen jongliert wird, ist beispiellos; und: es gibt schon lange keine Millionen mehr, nur noch Milliarden.
 
Die Transferunion
Die Forderung der Etablierung einer Transferunion erging bereits Anfang November von Seiten Jean-Claude Junckers 10. Laut ihm sollen die Euroländer gemeinsam für Schulden haften. Auch hier die Gemeinsamkeit, zu der sie nichts zu sagen haben. »Das ist ein intelligenter Weg, um wirtschaftlich schwächere Euroländer auch künftig für Investoren attraktiv zu halten«. Zu diesem Zweck wären gemeinschaftliche Anleihen einzuführen. Damit sollten die Euroländer künftig solidarisch für einen Teil der Gesamtschulden haften. Die Grenze soll bei dem Schuldenstand liegen, der 60 % der Wirtschaftskraft jedes Eurolandes entspricht, so viele Schulden sind nach EU-Regeln gerade noch erlaubt. Diese Schulden sollten gebündelt und kollektiv garantiert werden, fordert Juncker. Für alle darüber liegenden Schulden müssten die Länder national haften. »Wir wollen einen Euro, der durch ein wetterfestes Regelwerk dauerhaft vor Turbulenzen geschützt ist«, sagte der deutsche Aussenminister Guido Westerwelle am 25. 11. 10 in Berlin nach einem Treffen mit seiner französischen Amtskollegin Michèle Alliot-Marie. 11  Eigentlich sollte man meinen, dass hierfür längst Zeit gewesen wäre. Der an der Universidad Rey Juan Carlos in Madrid Volkswirtschaft lehrende Philipp Bagus meint, dass der eventuelle Ausbau der Transferunion letztendlich mit einer Hyperinflation enden könne. Zu den Gründen, die dafür sprechen, dass der Euro zerbrechen wird, zählt er u.a. das Beispiel Griechenland: »Die griechische Regierung erhielt beispielsweise ein Rettungspaket im Mai 2010, welches zum Grossteil durch Deutschland finanziert wird. Griechen bekommen eine Rente in Höhe von bis zu 80 % ihres Durchschnittslohns. Deutsche erhalten nur 46 % [im Schnitt sogar nur 37 %; Anmerk. politonline]. Griechen bekommen 14 Renten im Jahr, Deutsche 12. Gegen den anfänglichen Widerstand von Deutschland wurde eine Transferunion eingerichtet und die griechische Regierung gerettet. Es wurde ein Rettungsfallschirm für unverantwortliche Regierungen eingerichtet und die EZB erwarb direkt Staatsanleihen, womit sie zum Instrument politischer Interessen wurde.« Auf die Frage, warum das EMS, das European Monetary System, Konflikte erzeugt, antwortet Bagus:  »Es kommt zu einer kontinuierlichen Umverteilung zugunsten von Regierungen mit höheren Defiziten. Rettungspakete werden geradezu provoziert. Diese Umverteilungen verursachen Konflikte zwischen Nationen und beeinträchtigen eine harmonische Kooperation.« Bagus  erinnert daran, dass Trichet vor der Einführung des Euros gegen die Unabhängigkeit der EZB war. Die Statuten der EZB erlauben dieser mehr Willkür und Inflation als die Statuten der Bundesbank. 12
 
Unter dem Titel Gibt es einen Diktatur-Plan für den Tag des Super-Gaus? schreibt Karl Weiss: »Wenn alle Schulden in der Euro-Zone bezahlt werden sollen (und irgendwann müssen sie ja bezahlt werden), sind um die 3 Billionen (US-Version: 3 trillions) Euro notwendig. Dieses Geld gibt es nicht - höchstens, wenn man alle Banken, Firmen und Privatpersonen im Euro-Bereich enteignete und ihr Geld zum Schuldenzahlen benutzte. Das beinhaltet die Gefahr, dass sich in einem Moment die grossen Spekulanten (vor allem Grossbanken) zusammentun und gegen den Euro oder einfach gegen alle Staatsanleihen der Euro-Zone wetten, was dann zum Euro-Super-Gau führen kann. Anscheinend ist man sich bei der deutschen Regierung dieses Risikos bereits bewusst.« 13  Schon Ende November erklärte Weiss, »dass die EU etwa 3 Billionen € bräuchte, um alle in Schwierigkeiten steckenden Euro-Länder zu retten. In Zahlen: 3 000 000 000 000, eine 3 mit 12 Nullen. Dieses Geld ist aber nicht vorhanden und Geld drucken würde die Krise noch verschärfen. Das heisst: Es gibt keinen Ausweg für den Euro.« Auch Weiss vermerkt, worauf wir verschiedentlich hingewiesen haben, nämlich dass diese Zahlen unvorstellbar sind. Dennoch scheinen die EU-Kommission und die Regierungen damit auf unerklärliche Weise zurechtzukommen - zumindest signalisieren sie uns das. Diese nicht vorhandenen Mittel, so Weiss ferner, müssten durch Neuverschuldung der Euro-Länder beschafft werden. Das aber würde die Verschuldung auf Höhen treiben, die einem Staatsbankrott aller Euro-Länder gleich käme. Selbst wenn die Euro-Länder damit bei den Spekulanten eine Zeitlang durchkämen (so wie die USA im Moment; diese ist in Wirklichkeit bereits bankrott, nur wagt es keiner der grossen Investoren, den ersten Schritt gegen die US-Staatsanleihen bzw. den Dollar zu tun), so wäre es doch nur eine Frage der Zeit, bis die Euro-Anleihen selbst und der Euro als Währung mit einer Rallye auf fast Null gefahren würden. Und das heisst: Währungsreform. 14   Auch sonst klingt für meine Begriffe nichts nach Demokratie, da es heisst, dass Berlin kraft der Vertragsänderung, mit der das generelle Beistandsverbot modifiziert wird, »Verfassungsklagen gegen künftige Rettungsmassnahmen vorbeugen möchte«, womit dem Bürger ein weiteres Instrument aus der Hand genommen würde. Im Lissabon-Vertrag gibt es ein generelles Verbot der gegenseitigen Schuldenübernahme, das nun entsprechend modifiziert wird, um im Ernstfall doch einen Beistand zu ermöglichen. Die gegenwärtige No-Bailout-Klausel verbietet es bekanntlich den Regierungen, der Europäischen Kommission und der Europäischen Zentralbank, für die Verbindlichkeiten eines anderen Landes der Eurozone einzustehen. Tritt ein Land der Währungsunion bei, gibt es seine eigenständige Geldpolitik auf, behält aber die vollumgängliche Souveränität in Haushaltsfragen. Für ihre Staatsschulden ist somit jede Regierung allein verantwortlich. 15
 
Mit einem dauerhaften Euro-Rettungsschirm unter Dach und Fach soll nun »endlich nachgeholt werden, was bei der Euro-Einführung versäumt wurde: Die Entwicklung einer gemeinsamen Wirtschaftspolitik. Wir müssen nicht nur stabile Haushalte haben. Es ist genauso wichtig, dass wir auch eine gemeinsame Wirtschaftspolitik entwickeln; Schritt für Schritt, das ist ein langer Prozess, sagte die Kanzlerin in Brüssel. Sie stellte sich damit nach anfänglichem Zögern hinter die Forderung von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble, den Weg zu einer politischen Union einzuschlagen. Das bedeutet, dass auch das deutsche Sozialsystem auf den Prüfstand kommt. Es gehe zwar nicht um eine Angleichung der Rentensysteme oder des Renteneintrittsalters, sagte Merkel. Aber man werde sich abschauen, was in anderen Ländern gut sei.« Bislang hatte sich Frau Merkel hinsichtlich der Möglichkeit einer EU-Wirtschaftsregierung eher reserviert verhalten, da eine solche die Rolle Brüssels stärken würde. Nun aber erklärte sie, dass sich die EU weiter entwickeln müsse: »Wir brauchen mehr Harmonie in der Wirtschafts- und Finanzpolitik, eine Art Wirtschaftsregierung in Europa«, sagte sie in einem Interview mit der Bild-Zeitung (Ausgabe 16. 12. 10). 16  Das deckt sich in meinen Augen mit der Forderung nach Aufgabe grosser Teile der Souveränität. Zum Thema Transferunion vermerkt die Frankfurter Allgemeine Zeitung u.a.: »Was Freunde selbst in der Not nur selten voneinander verlangen würden, soll auf der Ebene der Staaten nun aus der Schuldenkrise führen: die gemeinsame Schuldenaufnahme. Luxemburgs Ministerpräsident Jean-Claude Juncker, Vorsitzender der Eurogruppe, fordert zusammen mit Italiens Finanzminister Mario Tremonti die Einführung sogenannter Euro-Anleihen (auch  Euro-Bonds). Die Staaten des Euro-Raums sollen - so lautet der Vorschlag - gemeinsame Anleihen begeben und gemeinsam dafür haften. Das werde den finanzschwachen Staaten wieder Zugang zum Kapitalmarkt, also erträgliche Zinsen für neue Schulden verschaffen. Nicht die ganze Schuld solle gemeinsam finanziert werden, sondern zum Beispiel der Betrag, der 40 oder 60 % der jährlichen Wirtschaftsleistung des Schuldenlandes entspricht. Wer noch mehr Schulden aufnehmen muss, solle das wie bisher allein tun. Folgte die Eurogruppe dem Plan ihres Vorsitzenden Juncker, sässen eines Tages nicht mehr die soliden Bürgen am Ruder, sondern die hoch verschuldeten Staaten.«  17
 
Zur Frage des Souveränitätsverlusts
Verinnerlicht man das, was nach Ansicht des früheren Bundeskanzlers Helmut Schmidt bevorsteht, so steht seine Prognose in meinen Augen im krassen Gegensatz zu der von Merkel betonten grandiosen Freiheit, denn Schmidt legt in der Zeit, deren Mitherausgeber er ist, u.a. folgendes dar: »Die Rettung des Euros wird Deutschland mit viel Geld und einem Verlust an Souveränität bezahlen. Trotzdem gehe daran kein Weg vorbei. Wer in dieser Lage lediglich taktiert, wer gar jedwedes Auseinanderfallen des Euro-Verbundes öffentlich diskutiert, dem fehlt jede Weitsicht. Allein die blosse Absicht der Wiederherstellung nationaler Währungen würde sogleich einige südeuropäische Währungen ins Bodenlose abwerten und umgekehrt eine wiederhergestellte D-Mark kolossal aufwerten. Das würde den deutschen Export schwer behindern, die Basis unseres hohen sozialen Wohlstandes, und ungezählte deutsche Arbeitsplätze vernichten, stellt Schmidt fest und fordert ziemlich unkonventionelle Reparaturen. Die Deutschen hätten in der Vergangenheit erheblich zum Unfrieden in Europa und in der Welt beigetragen und müssten nun auf eine ganz andere Weise dazu beitragen, dass sich die Schrecken der Vergangenheit nicht wiederholen können. Dafür sind weitere Opfer an Souveränität und an Geld geboten18  Was den hohen sozialen Wohlstand betrifft, so fürchte ich, dass Schmidt hier nicht ganz auf dem Laufenden ist!! Und ob die heutige jüngere Generation der Deutschen gewillt ist, ihm zu folgen, bleibt abzuwarten. Der Verlust der Souveränität ist mitnichten ein neues Thema, sondern ein immer wieder angesprochenes Ziel, auch wenn die deutsche Bundeskanzlerin erklärt hat, dass ihr »die Botschaft wichtig sei, dass (auch) mit dem künftigen Krisenmechanismus die EU-Staaten keine Hoheitsrechte abgäben.« 19  
 
Schmidt steht mit seiner Sicht der Dinge offenbar nicht allein, folgt man einem Artikel in der Welt: »Für den Euro muss auch Deutschland Opfer bringen«, heisst es dort. Und unverhohlen: »Die Erhaltung der Währungsunion wird Deutschland viel Geld und nationale Souveränität kosten. Trotzdem wird es sich am Ende lohnen......  Der Fortbestand der Eurozone, der den deutschen Steuerzahler auf lange Sicht wohl viele Milliarden Euro zur Finanzierung von Schuldenstaaten kosten wird, ist nur dann sinnvoll, wenn sich die Länder der Eurozone enger miteinander verzahnen.« Das Ifo-Institut - dies sei ergänzend angefügt - hat errechnet, dass der deutsche Steuerzahler im derzeitigen Krisenmechanismus für den Euro-Raum  [Stand 26. 11. 10]  insgesamt mit bis zu 215 Milliarden Euro in der Haftung steht. »Eine verstärkte finanzpolitische Koordinierung«, liest man in der Welt ferner, »die über den Stabilitätspakt hinausgeht, darf kein Tabu sein. Nur dann haben Länder wie Deutschland eine Chance, bei ihren Partnern mehr finanzpolitische Disziplin durchzusetzen. Es gibt zwar gute Argumente dagegen. Aber wer den Euro will, kommt wahrscheinlich langfristig kaum umhin, noch mehr Souveränität abzugeben als bisher schon. Das gilt für Griechen und Iren. Und für die Deutschen.« Bequemerweise wird offengelassen, auf welche Weise sich das Ganze für die Deutschen lohnen soll; im übrigen muss es geradezu auffallen, dass fast nur von deutschen Opfern, die  für die anderen gebracht werden müssen, die Rede ist. 20
 
Joschka Fischer, der frühere deutsche Aussenminister, der, wie es Strategic Alert einmal ausgedrückt hat, heute eine führende Rolle beim neoimperialistischen European Council on Foreign Relations (ECFR) spielt, sprach offen von der Supranationalisierung Europas. Er verurteilte eine bezüglich des Lissabon-Vertrags getroffene Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, die dem deutschen Bundestag und dem Bundesrat grösseren Einfluss sichert, denn diese sei, behauptete er, eine nationalistische Sichtweise, die darauf abziele, eine Supranationalisierung Europas zu verhindern. Hierzu Ausführungen von Strategic Alert, die den Parlamentariern eigentlich zu denken geben sollten: »IWF-Direktor Dominique Strauss-Kahn hat deutlich gemacht, dass es das Ziel der Banken ist, die Regierungen ganz zu entmachten. In einer Rede auf einer Konferenz der EZB in Frankfurt am 20. 11. 10 behauptete er, inadäquate Regierungsführung in der Eurozone habe die Krise verschärft. Da die verschiedenen nationalen Interessen notwendigen Entscheidungen im Wege stünden, müsse das Zentrum, d.h. die supranationale EU-Kommission und die EZB die Macht übernehmen: Druck aus dem unmittelbaren Umfeld der Regierungsvertreter war Europa nicht dienlich. Es ist Zeit für einen Kurswechsel. Das Zentrum muss in allen Bereichen, die entscheidend sind, die Initiative ergreifen, besonders in der Finanz-, Wirtschafts- und Sozialpolitik, damit die Union ihr gemeinsames Schicksal erfüllt -  Länder müssen bereit sein, mehr Befugnisse an das Zentrum abzutreten. Mechanismen müssen umgestaltet werden, um ihnen die Anreize für Reformen zu geben. Strauss-Kahn appellierte an die EU-Länder (die nicht einmal selbst entscheiden dürfen, welche Glühbirnen sie verwenden), ihr letztes Vorrecht, nämlich den Staatshaushalt, aufzugeben. Die ehrgeizigste Lösung…... bestünde darin, eine zentralisierte Steuerbehörde zu schaffen, mit einer vergleichbaren politischen Unabhängigkeit wie die EZB. Diese Behörde würde die Finanzpolitik jedes Mitgliedslandes festlegen und Mittel aus dem Zentralhaushalt vergeben. Dies wäre möglich, indem man die Macht des Europäischen Rats, in dem die nationalen Regierungen sitzen und der als letzte Entscheidungsinstanz dient, beschneiden würde. Dann würden enge nationale Interessen einer effektiven Umsetzung der gemeinsamen Regeln nicht im Wege stehen. Diesen Zwecken könne entweder die Kommission oder eine eigene Institution dienen.« Man sollte sich keiner Täuschung hingeben, wenn dieses Vorhaben bereits so klar definiert ausgesprochen wird, dann ist auch damit zu rechnen, dass die Entsouveränisierung der Mitgliedstaaten wie skizziert eintritt. Hierzu gehört der bereits ergangene Vorschlag, der EU-Zentrale in Brüssel die Macht einzuräumen, eine eigene EU-Steuer zu erheben. 21  Was die Glühbirnen betrifft, die zwar nicht in diesen Themenbereich fallen, so sei dennoch vermerkt, dass unsere Politiker diese auf einmal ganz plötzlich zurückhaben wollen. Wie es aussieht, ist ihnen endlich aufgefallen, was lange vor der Einführung der Energiesparlampen ein allseits bekannter Fakt war, nämlich dass sie giftig sind, wenn sie zu Bruch gehen. Deshalb fordern führende EU-Abgeordnete nun die Absetzung des Verbots der herkömmlichen Glühbirne und die Überprüfung, ob die Energiesparlampe aufgrund der nachgewiesenen Gesundheitsgefahren - auch die waren lange vor dem Verbot bekanntgemacht - überhaupt noch vertrieben werden dürfe.
 
Es sei noch vermerkt, dass sich die Schulden aller EU-Länder einer EU-Statistik vom 15. 5. 10 zufolge auf etwa 5,17 Billionen € summierten; zum Jahresende 2010 waren sie bereits auf 7 Billionen € geklettert. 2011 müssen die Staaten der Eurozone insgesamt 1.700 Milliarden € am Kapitalmarkt aufnehmen. 22   Am 15. 12. hatte Frau Merkel darüber hinaus ja auch von der bereits erwähnten grandiosen Friedens- und Freiheitsidee der europäischen Einigung, dem Vermächtnis, das künftigen politischen Generationen hinterlassen werde, gesprochen. »Diesem Vermächtnis fühle ich mich ganz persönlich verpflichtet«, so Merkel, die schon zuvor den Satz geprägt hatte: »Scheitert der Euro, dann scheitert Europa.« Da fragt man sich, wie weit ihre Sicht reicht oder ob sie sich überhaupt schon einmal über die Zahlen gebeugt hat, die sowohl das Vermächtnis als auch den Euro in die Tiefe reissen könnten. 23  
                                  
Nun hat die Kanzlerin - auch andere ihresgleichen - immer wieder behauptet, der Euro sei eine Erfolgsgeschichte. »Warum«, fragt Klaus Peter Krause, »ist er dann in der Krise? Warum muss er dann gerettet werden? Warum versinkt die Währungsunion nun entgegen den einstigen Beschwörungen und Verträgen und damit rechtswidrig in eine Transferunion, in der Deutschland für die Schulden aller Euro-Staaten am heftigsten mit aufkommen muss? Hier finden ungenierte kollektive Rechtsbrüche statt, wie die FDP-interne Gruppierung Liberaler Aufbruch um den Bundestagsabgeordneten Frank Schäffler dem Bundesfinanzminister Schäuble gerade vorgeworfen hat. Der Bundestag gibt sein Budget-Recht nach Brüssel ab und damit den wichtigsten Teil der deutschen Souveränität. Das ist eine besondere Form des Hochverrats. Und am 15. 12. sagte Merkel vor dem Bundestag, man habe es nicht mit einer Krise des Euros, sondern mit der einiger Euro-Staaten zu tun. Der Euro insgesamt habe sich als krisenfest erwiesen. Tatsächlich hat er sich nicht als krisenfest erwiesen, denn die Euro-Währungsunion ist inzwischen die Krise selbst; ohne ihn könnten die gefährdeten Euro-Staaten abwerten. Der Euro treibt sie jetzt tiefer hinein. Über staatliche Anleihen sind die EU-Staaten hoch verschuldet, auch Deutschland. Mit Hilfe von einst weit von sich gewiesenen EU-Anleihen wird die Verschuldung eine Etage höher gehoben und weitergetrieben. Wahrscheinlich werden wir noch staatliche Zwangsanleihen erleben, als verkappte Vermögensabgabe, denn auf eine Rückzahlung solcher Anleihen wird man kaum bauen können, sondern sogar dankbar sein müssen, wenn sie wenigstens verzinst würden - mit wie wenig auch immer. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin hat sich schon für eine deutsche Vermögensabgabe stark gemacht - eine vielleicht gesteuerte Vorgabe, um die Reaktionen zu testen und schon einen gedanklichen Gewöhnungseffekt in Gang zu setzen. Und Schäuble treibt seine Pläne für eine Finanztransaktionssteuer voran. Wir sollen zahlen, zahlen, zahlen … Was wir mit der Finanzkrise und jetzt mit den EU-Beschlüssen erleben, ist eine Form von Regierungskriminalität.  …… Staatliche Schuldenorgie, Finanzkrise, Staaten retten, Euro-Krise - für das alles werden die Bürger bluten müssen, nicht die Verursacher.« 24
 
Wer wollte unter diesen Umständen nicht von einem grandiosen finanzpolitischen Pfusch sprechen, für den zum Schluss wahrscheinlich keiner die Verantwortung zu tragen braucht. Man darf davon ausgehen, dass der Schnitt der Bürger die derzeit erstellte Kulisse kaum durchschaut, was gleichbedeutend damit sein könnte, dass er sich im Ernstfall restlos überrannt wiederfindet. Im Zeitalter des Absolutismus war es die Norm, den Bürger je nach Lage des Landes steuerlich auszuhöhlen. Dennoch war man noch nicht so tief gesunken, denselben dafür arbeiten zu lassen, um die infolge uferloser Korruption und Misswirtschaft aufgebauten Schuldenberge fremder Nationen abzutragen.  
 
 
 
1 http://www.mmnews.de/index.php/wirtschaft/7047-2010-gerade-noch-ueberlebt   31. 12. 11  2010, gerade noch überlebt  - von Walter K. Eichelburg
2 http://www.mmnews.de/index.php/wirtschaft/7014-schuldenpulverfass-explodiert-2011
22. 12. 10   Schuldenpulverfass explodiert 2011
3 http://www.bbc.co.uk/news/business-11836514  25. 11. 10
4 http://www.fr-online.de/wirtschaft/krise/ein-bisschen-frieden-in-bruessel/-/1471908/4926306/-/view/asFirstTeaser/-/index.html   15. 12. 10 Ein bisschen Frieden in Brüssel
5 http://www.radio-utopie.de/2010/12/14/auch-wenn-alles-in-euro-fallt/  14. 12. 10
Auch wenn alles in Euro fällt Von Daniel Neun
6 http://www.radio-utopie.de/2010/06/08/autorin-von-radio-utopie-verfassungsklagerin-gegen-148-mrd-euro-zweckgesellschaft/  8. 6. 2010  Autorin von Radio Utopie Verfassungsklägerin gegen 148 Mrd. Euro-Zweckgesellschaft
7 http://www.mmnews.de/index.php/politik/6977-merkel-deutsche-sollen-an-euro-glauben
16. 12. 10  Merkel: Deutsche sollen an Euro glauben
8 http://www.radio-utopie.de/2010/12/10/ein-stuckchen-souveranitat-aufgeben-fur-brussel-und-den-euro/ 10. 12. 10  »Ein Stückchen Souveränität aufgeben« für Brüssel und den Euro? Von Daniel Neun
9 http://bazonline.ch/ausland/europa/Der-Euro-ist-unser-gemeinsames-Schicksal/story/13863144   15. 12. 10
10 http://www.mmnews.de/index.php/politik/6730-juncker-will-transfer-union   6. 11. 10 
Juncker will Transfer-Union - Premierminister Juncker: Euroländer sollen gemeinsam für Schulden haften.
11 http://bazonline.ch/ausland/europa/Dass-der-Euro-scheitert-ist-unvorstellbar-/story/21579181
12 http://www.mmnews.de/index.php/wirtschaft/7053-die-tragoedie-des-euro
3. 1. 11   Die Tragödie des Euro – Von Phillip Bagus  www.philippbagus.com  Die Hauptforschungsgebiete von Prof. Philipp Bagus sind Geld- und Konjunkturtheorie. 2010 erschien sein Buch Tragedy of the Euro, das vom  Ludwig von Mises Institut herausgegeben wurde
13  http://www.berlinerumschau.com/news.php?id=4866&title=Gibt+es+einen+Diktatur-Plan+f%FCr+den+Tag+des+Super-Gaus%3F&storyid=1001294128393  4. 11. 10  und
»3 Billionen Euro – kein Ausweg«
14 http://karlweiss.twoday.net/stories/11419452/  29. 11. 10
15 http://bazonline.ch/wirtschaft/konjunktur/Euro-am-Abgrund--Schweiz-weist-den-Ausweg/story/19216251   2. 6. 10 – Von Charles Wyplosz, Professor für Volkswirtschaft am Institut Universitaire de Hautes Etudes Internationales der Universität Genf
16  http://bazonline.ch/ausland/europa/EUStaaten-einigen-sich-auf-dauerhaften-Rettungsschirm/story/24174891   16. 12. 10  EU-Staaten einigen sich auf dauerhaften Rettungsschirm
17  FAZ Nr. 292 vom 15. 12. 2010, / Seite 2 Gefährliche Bürgschaften - Von Stefan Ruhkamp
18 http://bazonline.ch/ausland/europa/Der-Euro-ist-unser-gemeinsames-Schicksal/story/13863144  15. 12. 10  Der Euro ist unser gemeinsames Schicksal
19 http://www.fr-online.de/wirtschaft/krise/ein-bisschen-frieden-in-bruessel/-/1471908/4926306/-/view/asFirstTeaser/-/index.html   15. 12. 10  Ein bisschen Frieden in Brüssel
20http://www.welt.de/debatte/kommentare/article11452646/Fuer-den-Euro-muss-auch-Deutschland-Opfer-bringen.html  7. 12.  10  Für den Euro muss auch Deutschland Opfer bringen
21 Strategic Alert, Jahrg. 24, Nr. 47 24. November 2010 - Irland kapituliert vor EU-Diktat
22 http://www.mmnews.de/index.php/politik/6974-spd-gruene-a-grosskapital-wollen-eu-diktatur 15. 12. 10  SPD, Grüne & Grosskapital wollen EU-Diktatur
23 http://bazonline.ch/ausland/europa/Der-Euro-ist-unser-gemeinsames-Schicksal/story/13863144   15. 12. 10
24 http://www.mmnews.de/index.php/wirtschaft/6992-euro-unser-geheiligt-werde-die-name
19. 12. 10  Euro unser, geheiligt werde Dein Name - Von Klaus Peter Krause
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