Bundesbern will in den UNO-Sicherheitsrat - Grossmannssüchtige Zwerge

Der UNO-Sicherheitsrat ist das von den Grossmächten beherrschte Machtzentrum der an tödlicher Bürokratiesklerose leidenden Weltorganisation.

Höchstes Ziel aller je persönlich mit der UNO in Berührung gekommenen Politfunktionäre aus aller Welt ist es, wenigstens einmal im Leben - allenfalls auch bloss am Katzentisch der Ohnmächtigen - im UNO-Machtorgan namens Sicherheitsrat, der von den Grossmächten mit ihrem Veto-Recht beherrscht, nicht selten auch manipuliert wird, Einsitz nehmen zu können. Das Sicherheitsratsfieber hat jetzt auch die Schweiz erfasst. Sie will sich, mit dem Jahr 2022 im Visier, in die Warteschlange der Hineindrängenden einreihen.

»Separate Frage«
Als Bern vor wenigen Jahren eine knappe Mehrheit der Schweizer für ein Ja zur Mitgliedschaft der Schweiz bei den Vereinten Nationen zu überreden vermochte, stand die mögliche Sicherheitsratseinsitznahme der neutralen Schweiz auch bereits zur Diskussion. Der Bundesrat wiegelte damals ab: Das sei »eine separate Frage«, die mit der Mitgliedschaft nicht direkt zu tun habe. Die »Wünschbarkeit« einer Sicherheitsratseinsitznahme könne »später in aller Ruhe« diskutiert werden. In Wahrheit fieberte Bern schon damals dem Sicherheitsrat entgegen. Kein mit der UNO in Kontakt stehender Funktionär, der vom Sicherheitsratsfieber nicht erfasst ist.…
 
Man wünsche, führte Bundesrätin Calmy-Rey in einer der Aussenpolitischen Kommissionen beider Räte kürzlich treuherzig aus, zu dieser Frage, eine »breite Diskussion im Volk«. Was unverzüglich den Antrag auslöste, den Entscheid über die Sicherheitsratseinsitznahme mittels obligatorischem Referendum dem Volk zu überlassen. Daraus würde die lebendigste Diskussion der direkten Demokratie resultieren. Eine derartige Diskussion, wo ein Ja sowohl als auch ein Nein möglich wäre, wünscht Berns Classe Politique allerdings überhaupt nicht. Man will keine Kontroverse: Denn Bern wünscht, angehimmelt zu werden. Das Volk, meint Berns Elite, verfüge über einen »zu beengten Horizont«, als dass man eine »richtige Entscheidung« in dieser Frage weltpolitischer Dimension von ihm erwarten könne. Ja-Sager verlangt Bern, und keine mündigen Bürger.
 
Ausverkauf der Neutralität
Dass sich die Mehrheit der sich in der UNO tummelnden Funktionäre mit Vorliebe als Sprecher einer angeblichen »Völkergemeinschaft« aufspielen, ist täglich sichtbar. Und dass sich diese Funktionäre vielem, vor allem Spesenträchtigem, verpflichtet fühlen, erkennen zumindest aufmerksame Beobachter. Dass sich aber höchstens eine Minderheit der UNO-Offiziellen der Demokratie verpflichtet fühlt, wird geflissentlich übersehen, hindert Bern jedoch nicht daran, die Fiktion der Völkergemeinschaft munter mitzutragen. Das muss freilich jeder, den es nach einer Einsitznahme ins Machtzentrum der UNO dürstet. Die Tatsache, dass die Mehrheit der UNO-Delegierten autoritäre bis diktatorische Herrschaften vertreten, ist schon deshalb auszublenden, weil andernfalls unlösbare Konflikte mit unserer Schweizer Neutralität unausweichlich wären. Die Völkergemeinschaft, behauptet Bern, könne grundsätzlich nur gerechte, global allgemeingültige und richtige Entscheide treffen - zu denen Neutralität weder denkbar noch vertretbar sei. Neutralität, schwadroniert Bern weiter, sei gegenüber Entscheiden und Haltungen von einzelnen Staaten zu üben, nicht aber gegenüber der Völkergemeinschaft. Entscheide sich die UNO für einen Einsatz mit Gewaltmitteln, dann sei das eine vorbehaltlos als gerecht zu beurteilende Massnahme der Völkergemeinschaft zur Disziplinierung von Schurken. Der Kreuzzugsgedanke feiert offensichtlich Urständ. So dass alle UNO-Entscheide, auch solche, die allein von Grossmächten mit den ihren zur Verfügung stehenden Machtmitteln durchgedrückt worden sind, gerechte, gute und humane Entscheide der Völkergemeinschaft sind.
 
Neutralität und Völkergemeinschaft
Bundesbern nimmt eine solche Anmassung, die mitunter auch von Diktatoren ausgehen kann, gerne als »Völkerrecht« auf, indem es wortreich beteuert, gegenüber Völkergemeinschafts-Beschlüssen Neutralität bekunden zu wollen, andernfalls käme dies dem Verrat an der Völkergemeinschaft gleich. Als würden die Völker je gefragt, was sie zum Wirken ihrer Funktionäre in New York oder gar zu Sicherheitsratsentscheiden gerne sagen möchten…. Ein Jammer allerdings, wenn ein von der UNO als gerecht erklärter Krieg in einer Niederlage endet, wie derzeit in Afghanistan. Wie die Funktionäre der Völkergemeinschaft darauf reagieren? Ganz einfach: »Schwamm drüber!«. Und schon ist der Fall erledigt. Die Exponenten der Schweiz, die sich - der Fiktion der Völkergemeinschaft ergeben - bei der UNO in New York tummeln, sind willige Mitspieler im verlogenen Spiel: Einst hochgehaltene, in der Bundesverfassung vom Schweizervolk bekräftigte Wertvorstellungen wie Selbstbestimmung, Demokratie, Freiheit, werden als Ideale von gestern belächelt. Im postnationalen Zeitalter sei Neutralität ein Begriff von gestern. Diejenigen, die zu New York glauben, Weltpolitik einatmen zu dürfen, erklären diese flugs zum Ausverkaufsartikel.
 
Immer bei der Mehrheit…..
Was das für eine dereinst dem Sicherheitsrat angehörende Schweiz bedeuten würde? Auch diese Frage ist einfach zu beantworten: Die Schweiz wird, wenn sie im Sicherheitsrat abstimmt, konsequent nur die Mehrheitsmeinung vertreten. Sie kann nicht anders. Denn es ist allein die Mehrheit, die schlussendlich bestimmt, was weltweit als gerecht für die Völkergemeinschaft zu gelten hat, wobei ein neutrales Abseitsstehen dann eben nicht mehr möglich wäre. Jede Minderheitsmeinung dazu wäre - wie einst im Sozialismus - Störung der Gerechtigkeit, also eine ungerechte, ungebührliche und den Einheitsfrieden störende Auflehnung. Nicht einmal die Stimmenthaltung wäre vertretbar, denn wollte man sich dort der Stimme enthalten, wo weltweite Gerechtigkeit dekretiert wird? So lechzt die Classe Politique der Schweiz danach, unser Land im Sicherheitsrat zum willigen Trabanten der Machtkartelle, allenfalls auch zum Trabanten von Diktatoren zu erniedrigen - schliesslich sitzen mit den Vetorechtsmitgliedern zusammen jeweils auch Diktatoren im Sicherheitsrat. Die Rolle des Trabanten der Grossen anstelle einer an Wertvorstellungen orientierten freiheitlichen Gesinnung: ersterer Rolle möchten Berns Funktionäre die Schweiz in Zukunft im »postnationalen Zeitalter« überlassen, sobald sie den Duft des Machtzentrums zu New York in der Nase zu verspüren glauben.
 
Quelle: Der aktuelle Freitags-Kommentar der «Schweizerzeit»-Redaktion vom 5. November 2010 von Ulrich Schlüer - http://www.schweizerzeit.ch/frame_brisant.html