Sarrazin oder wie man Aufklärer an den Pranger stellt

d.a. Den gegen Sarrazin vorgebrachten Anschuldigungen scheint ein Dauerauftrag zugrunde zu liegen. So griff der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel

den ehemaligen Bundesbankvorstand erneut mit geradezu unglaublichen Worten an: »Dieser bereite mit seiner Kritik an der Islamisierung den Boden für die Haßprediger im eigenen Volk.« Er scheute nicht einmal davor zurück, Sarrazin einen Hobby-Darwin zu nennen. Die ungeheure Popularität von Sarrazins Buch, Deutschland schafft sich ab, scheint für ihn schwer verkraftbar zu sein. »Man könne nur hoffen, daß es die Befürworter nicht gelesen haben, sonst müßte jedem überzeugten Demokraten und aufgeklärten Bürger dieses Landes Angst und Bange werden.« 1
 
Angst und bange wird allerdings dem Bürger angesichts der regelrechten Ausfällen gleichenden Attacken, zu denen sich zahlreiche Politiker hinreissen liessen und sich dadurch eine kaum wieder gutzumachende Blösse gaben. Auf Gabriels Angriff antwortete Sarrazin in dem nachfolgenden, in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung erschienenen Gastbeitrag wie folgt 2
 
»Die SPD-Spitze kann nicht lesen«
»Sigmar Gabriel stilisiert mich zum Wegbereiter von Haßpredigern, weil ich von der Evolutionsbiologie nicht schweigen will. Meine Thesen zur Sozialpolitik verfälscht er. Dies ist eine Antwort auf die Anklage, die mein Parteivorsitzender in der Zeit gegen mich erhoben hat.«
 
Sigmar Gabriel hat in der Zeit vom 16. September 2010 unter dem Titel Anleitung zur Menschenzucht eine Anklage gegen mich veröffentlicht. Darin zitiert er verfälschend aus dem Zusammenhang. Ich stelle fest:
 
Erstens: Die Fragen, die ich aufwerfe, gründen nicht in erster Linie auf Erkenntnissen der Genetik, sondern vorrangig auf kulturellen Entwicklungen: Ich kritisiere eine überproportionale Zunahme bildungsferner Schichten (auch durch Teile der Migration) in unserem Land, und weil diese Schichten deutlich mehr Kinder bekommen als die bildungsnahen, entstehen Leistungsprobleme im Land. Um dies zu verändern, fordere ich in meinem Buch (Seite 328/329) unter anderem: Ab dem dritten Lebensjahr Kindergartenpflicht, um die Bildungsnähe aller Schichten zu fördern; Verschärfung der sprachlichen Anforderungen bei Immigration, damit auch die Kinder der sogenannten Unterschicht die Schule bestehen können; Zuwanderung von Qualifikationen abhängig zu machen, um auch so die Bildungsschichten zu verstärken, die wir für die Zukunft unserer Gesellschaft brauchen. Das alles würde nicht nur die bildungsnahen Schichten fördern, sondern eben auch den Aufstieg aus den bildungsfernen.
 
Angeborene Ungleichheiten
Zweitens: Es ist richtig und wissenschaftlich unbestritten, daß Intelligenz auch vererblich ist (zu welchen Anteilen auch immer) und daß deswegen ein Land Wert darauf legen müßte, daß  auch die beruflich erfolgreichen Frauen und Männer trotz ihrer starken Beanspruchung Kinder wollen können. Dazu habe ich unterschiedliche Ansatzpunkte von besseren Betreuungsangeboten wie in Skandinavien oder Frankreich bis hin zum französischen Familiensplitting (Seite 389) diskutiert und eine andere, pauschale Auszahlung des Kindergeldes (Seite 389/390) in Erwägung gezogen. In diesem Zusammenhang habe ich auch die von allen Bildungspolitikern unbestrittene These aufgenommen, daß Bildung für die individuelle Entwicklung zwar wichtig ist, aber der Erfolg auch stark von der Familienleistung abhängt (Seite 235), die Eltern sich also kümmern müssen. Dabei habe ich allerdings auch gesagt: »Es gibt Grenzen des Intellekts oder der Persönlichkeit, die eben nicht zu überwinden sind, und es gibt Deprivationen die man durch staatliche Politik nur begrenzt ausgleichen kann.« (Seite 233) Kein vernünftiger Mensch würde bestreiten, daß es angeborene Ungleichheiten gibt, die, wie ich schreibe, von einem exzellenten Bildungssystem sogar akzentuiert werden können, etwa durch frühe Förderung musikalischer Hochbegabungen.
 
Unzulässige und ehrabschneidende Vorwürfe
Drittens: Zur finanziellen Familienförderung habe ich formuliert: »Das Ziel aller Maßnahmen muß sein: Wer seinen Lebensunterhalt durch Arbeit verdient, soll durch Kinder nicht in Armut geraten. Wer aber vom Staat alimentiert wird, soll nicht dazu verführt werden, diese Unterstützung durch Kinder zu erhöhen.« Dabei habe ich auch auf die Clintonschen Sozialreformen verwiesen (Seite 386).
 
Viertens: Ich habe auf die Heterogenität im Islam (von autoritär bis reformorientiert) hingewiesen und darauf, daß gewisse Strömungen eine Integration von Muslimen bei uns erschweren. Und ich habe die klare Erwartung geäußert, daß die Immigranten eine Integrationsleistung zu erbringen haben. Dabei habe ich in meinem Buch mehrfach auf die erfolgreiche Integration vieler Muslime und auf die hohen Integrationsleistungen von Menschen mit anderer Herkunft verwiesen. Mich mit dem Hinweis, ich sei Eugeniker, politisch stigmatisieren zu wollen und mir vorzuwerfen, ich bereitete den Boden für Haßprediger im eigenen Volk, ist unzulässig und ehrabschneidend. Wer heute über die Zukunft nachdenkt und dabei auch Fragen der Intelligenz, der Genetik und der Evolutionsbiologie anschneidet, dem darf nicht reflexhaft unterstellt werden, er wolle Menschen diskriminieren oder sie in ihren Rechten, Freiheiten und ihrer Würde beschränken. Über meine Thesen kann man streiten. Der Versuch, demographische und bevölkerungspolitische Fragen aus dem politischen Diskurs zu verbannen, führt aber nicht weiter. Die deutsche Sozialdemokratie sollte sich diesen Fragen nicht verschließen.«
 
 
1http://www.jungefreiheit.de/Single-News-Display-mit-Komm.154+M5497d7f6bd7.0.html
17. 9. 10
2http://www.faz.net/s/Rub546D91F15D9A404286667CCD54ACA9BA/Doc~E278286515AFC4D9D9B8BBA89725D602A~ATpl~Ecommon~Scontent.html   17. 6. 10  Sarrazin antwortet Gabriel