»Die Bombe«

d.a. Ob der Iran oder jetzt auch Brasilien, die Verdächtigungen reissen nicht ab. Wie einer Meldung von BBC online zu entnehmen ist,

ist nun auch Russland in den Ring der Verdächtiger eingestiegen, die den Iran des Baus atomarer Waffen zeihen 1 . Zum ersten Mal wurde öffentlich erklärt, dass der Iran dem Bau von nuklearen Waffen näherkommen könnte. Russland, das enge wirtschaftliche und militärische Bindungen zum Iran hat, ist traditionsgemäss ein Verbündeter dieses Landes, hatte sich aber dennoch hinter die letzten Monat von der UNO verhängten verschärften Sanktionen gestellt. Präsident Dmitri Medwedew führte auf einem Treffen von Diplomaten in Moskau aus, »dass sich der Iran der Schaffung des Potentials, das im Prinzip für den Bau atomarer Waffen eingesetzt werden könnte, nähere.« Damit reiht er sich in den Kreis derjenigen unter den EU-Staaten ein, die - zusammen mit der USA - den Iran des Versuchs, Atomwaffen zu bauen, verdächtigen.
 
Wie man weiss, spricht Brasilien dem Iran das gleiche Recht auf ein ziviles Nuklearprogramm zu, das es auch sich selbst vorbehält. Nicht überraschend tritt in diesem Zusammenhang natürlich auch Hans Rühle, der Ex-Planungsstabschef des deutschen  Verteidigungsministeriums, auf den Plan. Ihn darf man als einen gewissermassen mitRöntgenaugen ausgestatteten Vorhersagespezialist in Sachen Atombombenbau betrachten: Mitte Mai dieses Jahres sagte er doch tatsächlich eine brasilianische Nuklearbombe in den nächsten drei Jahren voraus - dies lediglich auf Gerüchte und Meinungsmache brasilianischer Oppositionspolitiker hin. Lulas erfolgreicher Vermittlungsversuch im Nuklearkonflikt sollte von vorneherein torpediert werden 2.
 
Man muss sich hier in Erinnerung rufen, dass Rühle schon Anfang Januar 2008 in der Neuen Zürcher Zeitung geschrieben hatte, dass der Iran unbeirrt an der Bombe weiterarbeiten kann: »Der letzte Schritt zur Produktion eines atomaren Sprengkopfes wird in kürzester Zeit möglich sein.« Bezüglich der Brasilien betreffenden Spekulationen las man sodann in der NZZ vom 3. Juli: »Ob das brasilianische Atomprogramm noch weiter reicht, sprich die geheime Entwicklung von Nuklearwaffen vorsieht, darüber wird immer wieder spekuliert. Tatsächlich bestand zur Zeit der Militärdiktatur ein Geheimplan für die unterirdische Zündung eines atomaren Sprengsatzes und den Bau einer Bombe. Die geheimen Programme [und dadurch eigentlich nicht beweisbar; Anmerk. von politonline] wurden nach dem Ende der Diktatur jedoch eingestellt und 1988 schrieb sich das Land in seiner Verfassung vor, seine nuklearen Aktivitäten auf friedliche Zwecke zu beschränken. Hinzu kamen in den 90er Jahren die Ratifizierung des Vertrags über eine atomwaffenfreie Zone in Lateinamerika sowie jene des Atomwaffensperrvertrags und jene des Teststoppabkommens. Dass sich die Spekulationen dennoch halten, hat Brasilien einerseits gewissen Akteuren in Politik und Armee zu verdanken, die sich öffentlich über den Nutzen von Atomwaffen unterhalten. Jüngstes Beispiel lieferte Brasiliens Vizepräsident José Alencar, der im vergangenen Herbst in einem Interview die Auffassung vertrat, dass ein Land von der Dimension Brasiliens Atomwaffen sehr gut gebrauchen könne.« Soweit ein Auszug aus dem Artikel von Tjerk Brühwiller 4.
 
Bedenklich ist auch, dass selbst die Vereinigten Arabischen Emirate den Handel mit dem Iran weiter eingeschränkt haben 5. Der Vorsitzende der emiratisch-iranischen Handelskammer, Masoud Daneshmand, bestätigte, dass die Behörden in den VAE seit der Verhängung der jüngsten Sanktionen am 9. Juni 41 iranische Bankkonten eingefroren haben. Die Inhaber der Konten sind Unternehmen und Individuen auf der Liste des jüngsten Sanktionsbeschlusses. Damit gingen die Emirate jedoch über die Forderung dieses Beschlusses hinaus, behauptet Daneshmand. Daher werde auch Iran den bilateralen Handel mit Dubai in den kommenden Monaten einschränken, drohte Daneshmand. Dubai ist der wichtigste Umschlagsplatz für Güter mit Destination Iran. In Dubai sind etwa 10 000 Unternehmen registriert, die Iranern und Exiliranern gehören.
 
Was die Konditionierung durch die Presse in Bezug auf die Abwehrhaltung gegen den Iran bewirken kann, war am Weltfrauentag im März dieses Jahres sichtbar geworden. Dort fand der 2. bundesweite Aktionstag der Kampagne Antifa Teheran statt. Unter dem Motto Gegen religiösen Fundamentalismus, Sexismus und Homophobie - nieder mit dem islamistischen Regime im Iran! gab es in zahlreichen Städten Aktionen und Demonstrationen. Schon in der Nacht vom 7. auf den 8. März hatten Unbekannte Farbbombenanschläge auf den Kölner Firmensitz der Lübecker Drägerwerk AG sowie auf den Firmensitz der Deutz AG in Köln-Kalk verübt. Laut Welt online und dem ARD-Magazin Monitor liefert das Drägerwerk sowohl Gasmesstechnik als auch hochwertige Software in den Iran. Die Deutz AG unterhält eine permanente Niederlassung im Iran und exportiert nach eigenen Angaben Dieselmotoren von 4 bis 440 KW in die Islamische Republik. Aufträge und Geschäfte werden im Iran meist nicht mit Privatleuten, sondern mit der Pasdaran-eigenen Unternehmensgruppe Ghorb getätigt. Es ist davon auszugehen, dass jedes größere Geschäft im industriellen Bereich direkt mit einer Regimefirma abgewickelt wird. Die Überlegung, dass durch die Drosselung der Geschäftstätigkeit mit dem Iran die eigene Wirtschaft geschädigt wird, kam an diesem Frauentag ganz offensichtlich nicht zum Durchbruch. Das würde ja ein Nachdenken und die Erkenntnis erfordern, dass uns auch dieser Zwist von der USA aufgezwungen ist.
 
Abschliessend noch einmal die Worte von Mohssen Massarrat: »Iranische Atombomben, die selbst nach CIA-Informationen erst in 5 bis 10 Jahren möglich sein sollen, sind ein noch absurderer Vorwand als die Lüge über die Massenvernichtungswaffen zur Legitimierung des Irak-Kriegs. Pakistanische Atomwaffen, die längst existieren und auch leicht in die Hände der Extremisten in der pakistanischen Armee gelangen könnten, stellen eine ungemein größere Gefahr dar, die Washington jedoch nicht weiter interessiert.« Nun sind wir bereits von immensen Problemen finanzieller und wirtschaftlicher Natur bedrängt und dennoch mehrt sich die Anzahl der Handlanger, deren Gewissen sich bei dem Gedanken, dass das Einkreisen des Irans zu einem für uns alle grauenhaften Brandherd führen könnte, offenbar in keiner Weise regt. Man muss immer wieder darauf hinweisen, dass unsere Demokratie ein hohles Kartenhaus ist, solange wir diese Mächte nicht stoppen können.
  
Notiz zum Bankgeheimnis
Nachdem das Kesseltreiben gegen das Bankgeheimnis den bekannten Flächenbrand mit seinen Auswüchsen erzeugt hat, wozu auch die gegen die Schweiz gerichtete spezielle Rhetorik des vormaligen Finanzministers Peer Steinbrück und des SPD-Chef Franz Münteferings gehören, liess uns nun die deutsche Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger - für meine Begriffe etwas sehr spät - wissen, dass sie grosses Verständnis für die Idee des Bankgeheimnisses habe. Ihr missfällt die EU-Vorstellung eines automatischen Informationsaustauschs. Sie will Probleme »mit Anstand und nicht mit der Kavallerie« lösen. Ich denke, dass hier das Kind längst mit dem Bad ausgeschüttet worden ist. Schon Mitte Februar 2008 hatte der OECD-Generalsekretär Angel Gurría erklärt: Ein »exzessives Bankgeheimnis« sei ein Relikt aus vergangenen Zeiten und dürfe in den Beziehungen demokratischer Gesellschaften keine Rolle mehr spielen - das Beiwort exzessiv wurde nicht näher erläutert; das Bankgeheimnis der Schweiz sieht sich jedenfalls nach wie vor von Seiten der EU, die sich auch ins kantonale Steuerrecht einmischt, unter starken Druck gesetzt. Wenigstens gehört Leutheusser-Schnarrenberger, die als sozialliberale Politikerin gilt und sich hartnäckig für Bürger- und Grundrechte einsetzt, zu jenen deutschen Politikern, denen der Kauf von CDs mit Steuerdaten missfällt. Dazu erklärte sie: Als Bundesjustizministerin ist mir nicht wohl, wenn private Daten höchst illegal beschafft werden und dann damit ein Geschäft gemacht wird. Gleichzeitig halte ich aber das deutsche Bemühen für sehr berechtigt, gegen jene vorzugehen, welche die Steuergesetze verletzen. Ferner: »Ich habe grosses Verständnis für die Idee des Bankgeheimnisses. Gerade auch vor dem Hintergrund, dass verschiedene staatliche Stellen unter dem Titel der Terrorismusbekämpfung immer öfter versuchen, auf Kundendaten zuzugreifen, auch wenn gar kein konkreter Verdacht vorliegt. Ich verfolge das mit Besorgnis. Für mich ist klar, dass Bankkundendaten den Staat grundsätzlich nichts angehen. Ebenso klar ist für mich aber auch, dass die Behörden gezielt auf Kundendaten zugreifen können müssen, wenn ein konkreter Straftatverdacht gegenüber einer bestimmten Person vorliegt. Dazu gehört für mich auch der Verdacht auf Steuerhinterziehung. Vollkommen inakzeptabel ist dagegen Datenbeschaffung ohne Anlass und in einem weiten Umfeld.« Auf die Frage, ob sie den automatischen Informationsaustausch ablehnt, antwortet sie: »Das Geschäft fällt in die Kompetenz meines Kollegen Finanzministers. Ich selbst bin hier tatsächlich sehr, sehr zurückhaltend. Wenn etwas automatisiert wird und Gefahr besteht, dass der Automatismus zu weit gehen könnte, dann ist Vorsicht geboten. Wo ein automatischer Zugriff eingerichtet wird, besteht generell die Gefahr, dass übers Ziel hinausgeschossen wird. Daher bin ich aus Rücksicht auf den Datenschutz für eine restriktive Regelung.« 6
 
Wie wir verdummt werden
Als einzige deutsche Abgeordnete hatte die Vorsitzende der Linkspartei, Gesine Lötzsch, Fragen zu dem diesjährigen Treffen der Bilderberger im Parlament gestellt. Die Reaktion fiel mager aus, denn die Antwort von Hans-Joachim Otto, parlamentarischer Staatssekretär, ist eigentlich keine: Der Bundesregierung lägen »keine Erkenntnisse über Teilnehmer der Bundesregierung« oder deren Finanzierung vor. Mitglieder des Kabinetts hätten »als Privatperson und nicht in ihrer offiziellen Funktion teilgenommen«. Es ist ja wohl kaum möglich, dass die Teilnahme des stellvertretenden Bundesvorsitzenden der SPD, Olaf Scholz, sowie die von Eckart von Klaeden, Vorsitzender der Arbeitsgruppe Auswärtiges der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und seit 2006 Bundesschatzmeister der CDU, und die von Roland Koch, noch Ministerpräsident von Hessen, nicht Gegenstand von Erörterungen unter den MdB waren, zumal sowohl Koch als auch von Klaeden zum zweiten Mal bei einer solchen Konferenz anwesend waren. Sehr aufschlussreich ist auch der Fakt, dass der Chefredaktor der ZEIT seit Jahren bei der Konferenz anwesend ist. Der in die Suche eingegebene Begriff Bilderberger“ führt dort allerdings auch seit Jahren zu keinem Ergebnis. Das Thema existiert schlicht nicht. 7
 
 
1 http://news.bbc.co.uk/2/hi/world/middle_east/10600100.stm   12. 7. 10
Russian President Dmitry Medvedev says Iran is "moving closer" to having the potential to create nuclear weapons
2 http://www.politonline.ch/?content=news&newsid=1528   30. 5. 10
Militärische Kontrolle und Einkreisung Lateinamerikas durch die USA - Von Wolf Gauer
3 NZZ Nr. 5 vom 8. Januar 2008 Iran kann unbeirrt an der Bombe weiterarbeiten – Von Hans Rühle; siehe auch http://www.politonline.ch/?content=news&newsid=1484   11. 4. 10 
Der Iran: Von immer gleichbleibenden Unterstellungen bedroht - Von Doris Auerbach
4 Neue Zürcher Zeitung  Nr. 151 vom 3. Juli 2010 Brasiliens Atomprogramm mit Dunkelstellen von Tjerk Brühwiller, Sao Paulo
5 F.A.Z., 07.07.2010, Nr. 154 / Seite 6 
6 http://bazonline.ch/schweiz/standard/Ich-habe-grosses-Verstaendnis-fuer-die-Idee-des-Bankgeheimnisses/story/30256622   5. 6. 10.  
7 https://www.jungewelt.de/loginFailed.php?ref=/2010/06-23/050.php  23. 6. 10
Kommunikationsproblem