Das Minarettverbot und das Recht - Von Ulrich Schlüer

Die medienwirksame Behauptung, der Europäische Menschenrechtsgerichtshof in Strassburg habe eingegangene Klagen gegen das in der Schweiz von Volk und Ständen

beschlossene Minarettverbot formell angenommen, erwies sich zwar als Falschmeldung. In Tat und Wahrheit hat der Strassburger Gerichtshof der Schweizer Landesregierung lediglich den Eingang von sechs Klagen formell mitgeteilt, zu denen die Schweiz Stellung nehmen könne, bevor der Europäische Gerichtshof entscheide, ob er auf die eingereichten Klagen überhaupt eintreten will oder nicht. Es ist also noch kein Entscheid über die Klagezulassung gefallen. Trotzdem soll die Rechtslage rund ums Minarettverbot hier kurz dargelegt werden:
 
Volkssouveränität im Zentrum
Die Schweiz ist dem Europarat - dem Träger des Europäischen Menschenrechtsgerichts - mit einer Verfassung beigetreten, die unser Land klar als direkte Demokratie erkennen lässt. Die Volkssouveränität ist das Kernstück der Schweizer Bundesverfassung. Sie sichert dem Volk als Souverän das letzte Wort in allen wichtigen Fragen des Landes. Ausserdem bildet sie die Grundlage für das Initiativ- und das Referendumsrecht. Mit diesen Bestimmungen wird das Volk höher eingestuft als Parlament und Regierung. Der Europarat nahm die Schweiz in vollem Wissen um ihre besondere Form der Demokratie, die dem Volk das letzte Wort lässt, welches von allen Instanzen zu respektieren ist, auf. Nur «zwingendem Völkerrecht» hat das Volk in der Verfassung eine höhere Geltung als den übrigen Verfassungsbestimmungen eingeräumt. Der Schweiz heute vorwerfen zu wollen, dass sie demokratische Rechte genauso respektiert, wie sie dem Volk in der Bundesverfassung garantiert sind, wäre tatsächlich grotesk. Wer so urteilen möchte, gäbe zu verstehen, dass er in einer Verfassung nichts mehr als einen Fetzen Papier sieht, womit dem Volk allerlei versprochen werden kann, das einzuhalten freilich niemand gewillt ist. 
 
Mögliche Konsequenzen
Würde das Strassburger Gericht solch widersinniger Argumentation folgen, wären die Konsequenzen für die Schweiz klar: Sie würde ein solches Urteil zwar zur Kenntnis nehmen, es aber nicht umsetzen. Weil jede Umsetzung der in der Verfassung dem Volk garantierten Souveränität widersprechen würde. Keinesfalls dürfte die Schweiz den Austritt aus dem Europarat erklären. Im Gegenteil: Der Europarat müsste zu einer Entscheidung gezwungen werden, ob er die Schweiz, die älteste Demokratie Europas, dafür aus dem Rat ausschliessen will, dass sie ihre Verfassung so erfüllt, wie diese es verlangt. Ein Ausschluss wegen Verfassungstreue wäre tatsächlich ein Novum von höchst eigenem Charakter, zumal auch der Europarat unsere Verfassung ausschliesslich als demokratisch anerkannt hat.
 
Weitere Regeln
Im übrigen darf der Menschenrechtsgerichtshof eine Klage gemäss seinen eigenen Regeln nur annehmen, wenn der Kläger vom angefochtenen Entscheid persönlich betroffen wurde und er auf nationaler Ebene alle Gerichtsinstanzen vergeblich angerufen hat. Keine dieser Bedingungen ist bei den sechs eingereichten Klagen erfüllt. Trotzdem bleibt ein Restrisiko: Der Strassburger Gerichtshof könnte der Versuchung erliegen, «politisch » statt «rechtlich» zu entscheiden. Es gilt also auf der Hut zu bleiben.
 
Komitee «Ja zum Minarettverbot»
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