Geldwäsche, Mafia und sich verflüchtigende Steuern - Von Doris Auerbach

Die »Süddeutsche Zeitung« schätzt, dass der Staat auf Grund der in den letzten Wochen erfolgten Selbstanzeigen deutscher Steuerflüchtlinge,

die durch die für 2.5 Millionen € gekaufte CD ausgelöst wurden, mit einer Nachzahlung von einer Milliarde € rechnen kann. Dieser Einnahme ist der Fakt gegenüberzustellen, dass allein die Aufstockung des BRD-Truppenkontingents für den uns mittlerweile als Mission verkauften Afghanistankrieg für ein Jahr 1.1 Milliarden € schluckt. Mit anderen Worten: Für die inzwischen ein Defizit von 7,1 Milliarden € anzeigenden Kassen der Städte und Gemeinden bleibt nichts übrig, für sie gilt: Wie gewonnen, so zerronnen! Für das Defizit seien u.a. langfristige Fehlentwicklungen »wie den seit Jahren ungebremsten Anstieg der Sozialausgaben« auf inzwischen 40,3 Milliarden € verantwortlich zu machen. Solches, heisst es, könnten die Kommunen »auf die Dauer gesehen nicht alleine schultern«.
 
Natürlich macht sich der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble bezüglich des Zugewinns an Steuereinnahmen keine Illusionen 1. »Unsere Defizite sind so hoch, da fallen diese Einkünfte nicht ins Gewicht.« Dennoch meint er, dass Deutschland die Bankdaten auch kauft, damit »die Menschen in Deutschland das Gefühl hätten, dass es trotz allen gesellschaftlichen Spannungen fair zugeht.« Was das Bankgeheimnis betrifft, so sagt er voraus, dass es in der Europäischen Union abgeschafft werden wird, räumt jedoch ein, dass dieses früher durchaus nötig war: »Das Bankgeheimnis hatte in Zeiten, in denen Menschen um die Sicherheit ihrer Vermögen Angst hatten, eine andere Funktion und einen anderen Stellenwert als heute.« Inzwischen aber habe sich Europa gewandelt. Hierin kann man ihm nur beipflichten, allerdings in einem anderen Sinn als dem von ihm vermutlich gemeinten. Denn angesichts der praktisch nicht mehr tilgbaren Verschuldung seines Landes und die drohende Lage, die sich im Fall eines sich in mehreren EU-Staaten vollziehenden Staatsbankrotts für die gesamte EU ergeben könnte -  den schwindenden Wert des Euros mit eingerechnet - dürften sich die EU-Bürger sehr wohl um ihre Vermögen Sorgen machen.
 
»Das Bankgeheimnis hat deshalb keine Zukunft mehr«, erklärt Schäuble ferner, »weil wir heute in Europa eine andere Auffassung eines Rechtsstaats haben.« Ähnliches sagte sein Vorgänger Hans Eichel Anfang Februar dieses Jahres in der »Arena« des Schweizer Fernsehens: Deutschland sei heute ein Staat mit Rechtssicherheit, der die meisten Investitionen in der EU anziehe. Dieser Rechtsstaat hat allerdings eine überaus hässliche, von Seiten der Politiker weitgehend unangetastet bleibende Seite: Die Einnistung der Mafia im Land, die - so hat es den Anschein - von den der zitierten Rechtssicherheit zugrunde liegenden Gesetzen kaum oder gar nicht bedrängt wird. Und wenn Herr Eichel uns erzählt, dass die BRD heute die meisten Investitionen anziehe, so verschweigt er, dass allein im letzten Jahr 40 Milliarden kriminell erwirtschafteter Euro in die deutsche Wirtschaft eingespeist wurden, ein Prozess, der womöglich durch die auf vielen Gebieten durchgeführte Privatisierung staatlicher Einrichtungen enorm erleichtert wird. Somit muss der ehrliche Steuerzahler notgedrungen zu der Schlussfolgerung gelangen, dass die für ihn geltenden Durchleuchtungsmassnahmen auf die Aktivitäten der Mafia keine Anwendung finden, oder, anders ausgedrückt, dass die Kontrolle der Mafia mehr als löchrig sein muss, damit diese  ihre Investitionen in Immobilien resp. Unternehmen sozusagen unbehelligt tätigen kann. Kein Wunder also, dass das Bankgeheimnis um der Einnahmen willen zu fallen hat, denn die Mafia, soviel darf man voraussetzen, wird dem Staat kaum den Gefallen tun, ihr Finanzgebaren von sich aus offenzulegen. Widersprüche dieser Art sind leider keineswegs dazu angetan, die Glaubwürdigkeit der Politiker zu erhöhen.
 
Gerade weil der ehemalige deutsche Finanzminister Eichel aus welchen Gründen auch immer hier in der Schweiz offenbar ein speziell grünes Licht hat, um uns seine Sicht der Dinge vorzutragen, seien seine zuletzt an uns ergangenen Ermahnungen etwas unter die Lupe genommen: So forderte er vor kurzem im »SonntagsBlick«, die Behörden sollten nicht nur gegen Mitarbeiter, sondern auch gegen die Credit Suisse vorgehen 2. Sollte es sich herausstellen, dass Beihilfe zur Steuerhinterziehung ein Geschäftsmodell der Bank ist, müsse ihr die Lizenz in Deutschland entzogen werden: »Will eine Firma die Gesetze des Landes nicht respektieren, kann sie hier nicht tätig sein«, sagte Eichel. Nun möchte man von Eichel gerne erklärt haben, inwieweit die in seinem Land tätige Mafia bereit ist, diese Gesetze zu respektieren. Auf Grund der ständigen, von mir als reine Zurechtweisung empfundenen Belehrungen, die uns Herr Eichel zu bescheren beliebt, ist es nur gerecht, hier einiges aus dem jüngsten Bericht der OECD-Geldwäsche-Experten, der Financial Action Task Force (FATF), anzuführen 3. So hat Deutschland jetzt Ende Februar bezüglich seines Kampfes gegen die Geldwäsche einen rechten Tadel einstecken müssen. Interessanterweise heisst es hier: Deutschland hinkt beim Kampf gegen die Geldwäsche internationalen Standards hinterher. Das entspricht so gar nicht dem breitmundig ins Feld geführten »Staat mit Rechtssicherheit«. »Die internationale Studie kritisiert unzureichende Kontrolle von Maklern, Juwelieren und Kasinos. Die Prüfer konstatierten vor allem Mängel bei der Umsetzung der internationalen Vorgaben. Von 49 untersuchten Kriterien erfüllt Deutschland nur 29.  5mal vergaben die Prüfer die Note mangelhaft oder non-compliant, 15mal die Note befriedigend oder partially compliant. So zählen in Deutschland beispielsweise Insiderhandel oder Marktmanipulation nicht wie in anderen Ländern als kriminelle Vortaten für Geldwäsche. Die aber braucht es, um die Täter wegen Geldwäsche zu belangen. Und Kreditinstitute, die die Vorgaben für die Geldwäsche nicht einhielten, müßten wenig befürchten. Bislang habe es nur eine einzige Geldstrafe gegeben. Sauer stieß den Prüfern auch auf, daß weder Versicherungs- und Immobilienmakler, noch Juweliere und Kasinos ausreichend kontrolliert würden - nach Ansicht von Experten ein ideales Einfallstor für die Geldwäsche. Auch Rechtsanwälte und Notare könnten immer noch als Strohmänner für Finanztransaktionen dienen. Deutschland ist nur knapp daran vorbei geschrammt, auf der schwarzen Liste zu landen, sagt Daniel Thelesklaf, Direktor des Basel Institute on Governance. Auf dieser Liste finden sich jene Länder, die nach Einschätzung der FATF als Risiko für das internationale Finanzsystem eingestuft werden, weil sie nicht effektiv genug gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung vorgehen …... Zwischen 40 und 60 Mrd. € krimineller Gelder würden Jahr für Jahr in Deutschland generiert, so Schätzungen der Geldwäscheexperten. Aber Geldwäsche wird in Deutschland immer nur als Problem anderer Länder gesehen, kritisiert Thelesklaf, der selber drei Jahre lang Chef der Schweizer Geldwäschejäger war und die Weltbank, den internationalen Währungsfonds und die UNO bei der Geldwäschebekämpfung berät. ……. . Die Bundesregierung muß jetzt bis Februar 2012 die Mängel beheben. Dann kommen die Prüfer wieder.« Dies ist ein Auszug aus  dem deutschen »Handelsblatt« vom 23. Februar dieses Jahres, der die Aussagen Schäubles und Eichels für meine Begriffe schwer relativiert.
 
Was also spielt sich auf der politischen Hintergrundbühne ab, um einem Mann wie Eichel jeweils derart viel Raum einzuräumen, wie es beispielsweise in der Basler Zeitung zu konstatieren ist? Und warum werden Fakten der obigen Art bei Interviews nicht ins Feld geführt oder den Lesern in einem editorial zur Kenntnis gebracht?
 
»Die Schweizer Banken waren sich nicht zu fein, mit gestohlenem Geld Geschäfte zu machen«, sagte Eichel in der obengenannten Sendung. »Das ist eine kriminelle Veranstaltung, um die es hier geht.« Seit Jahrzehnten sei es für die Schweizer Banken ein Geschäftsmodell, Bürgern anderer Länder dabei zu helfen, ihr Geld am Fiskus vorbeizuschleusen.« Wo ist hier der Unterschied zwischen kriminell generierten Mafiageldern, die nahezu problemlos investiert werden können und den der Finanzaufsicht entzogenen Geldern, was bekanntlich von keiner geringen Anzahl von Staaten dieses Globus über Jahre hinweg praktiziert wurde? Eichel wies darauf hin, dass es überall auf der Welt üblich sei, zur Verfolgung von Straftaten Daten zu kaufen, auch solche, die »teilweise auf nicht legalem Weg beschafft wurden«, was ich als nicht zutreffend betrachte, denn der Kauf von Bankdaten ist neu, und es ist nicht bekannt, dass die zahlreichen offshore centres je zu einer Massnahme dieser Art gegriffen hätten. Die von Eichel präsentierte »einfache Lösung« gipfelt darin, dass sie die Ausländer, die Geld anlegen wollen, dazu verpflichtet, »eine Bescheinigung ihres Finanzamtes vorzuweisen, [die belegt, d.Red.] dass sie ihre Steuern bezahlt haben.« Dem wäre im Prinzip nichts entgegenzusetzen, gelänge es Herrn Eichel, uns den Nachweis zu erbringen, dass dies ab sofort auch für sämtliche in seinem eigenen Land abgewickelten mafiosen Geschäfte zu gelten hat. Eine Finanzplatzstrategie, die auf Schwarzgeld aufbaue, habe keine Zukunft: »Sie sitzen doch selber auf einem Pulverfass», so Eichel, »und die Quellen beginnen zu sprudeln.« 4 Es verhält sich auch hier so, wie es in dem Sprichwort ausgedrückt ist, welches besagt, dass man den Balken im eigenen Auge zu gerne zu übersehen gewillt ist; und dieser Balken in den Augen deutscher Regierungsmitglieder weist eine gewaltige Dimension auf, wie sie Jürgen Roth jetzt erneut in seinem letzten Buch Gangsterwirtschaftaufzeigt. Gerade deshalb wäre letzteres insbesondere Herrn Eichel sehr aufs Herz zu binden.
 
Es dürfte durchaus nicht verfehlt sein, anzumerken, dass der Bürger aller Staaten, also nicht nur der EU, auch in Zukunft versucht sein dürfte, einen grossen Teil seiner Kopeken vor einer Regierung zu retten, die - wie z. B. die der BRD -  unfähig scheint, der fortschreitenden und sein Wohlergehen unmittelbar bedrohenden Verschuldung Einhalt zu gebieten. Die Abschaffung des Bankgeheimnisses, schreibt zum Beispiel Jean-Claude Paye, wird die Steuerflucht nicht beeinflussen, denn es gibt dazu weit effizientere, angelsächsische Finanzwerkzeuge, mit denen die Reichen der Welt ihre Gelder dem Fiskus entziehen können. 5 Und wer ganz sicher sein will, so Auszüge aus Udo Ulfkottes Artikel Geld waschen mit dem Vatikan 6, dass ihn zu Lebzeiten kein Steuerfahnder wegen Schwarzgeld belästigt, muss sein Geld nur einer diskreten römischen Bank anvertrauen, dem Istituto per le Opere di Religione, der »Vatikanbank«. Diese Bank ist den weltlichen, für das Kreditwesen geltenden Gesetzen nicht unterworfen. Ihre Mitarbeiter dürfen von Justizbehörden oder anderen Ermittlungs-, Strafverfolgungs- oder Steuerbehörden nicht belästigt oder gar verhört werden. Dort sind alle Lauschangriffe zwecklos, da man dort weder über Kunden oder Konten spricht, noch Daten elektronisch verarbeitet. Die Vatikanbank, die garantiert keine Bilanz veröffentlicht, gehört dem Papst, er allein ist Eigentümer.
  
»Die Vatikanbank ist eine Art Girozentrale für die römisch-katholische Weltkirche. Viele Diözesen, Orden, Stiftungen und andere katholische Einrichtungen unterhalten ein Konto bei der Vatikanbank. Aber nicht nur sie: Die Mafia hat die Konten der Vatikanbank in der Vergangenheit zur Geldwäsche genutzt. Und unsere korrupten Politiker legen ihr Schwarzgeld ebenfalls bevorzugt bei der Vatikanbank an, wenn sie ganz sicher sein wollen, daß keine Steuer- oder Fahndungsbehörde zu ihren Lebzeiten jemals davon erfährt. Im November 2009 hat der Vatikan mit der Europäischen Union ein Währungsabkommen gegen Geldwäsche unterzeichnet. Das muß die Geldwäscher aus Politik und Mafia allerdings nicht beunruhigen. Es ist eine rein kosmetische Maßnahme. Denn die Vatikanbank ist innerhalb des Vatikans rechtlich völlig autonom. Was der Vatikan an Absichtserklärungen oder verbindlichen Verpflichtungen bei der EU unterzeichnet und was die Vatikanbank macht, sind juristisch gesehen zwei völlig verschiedene Dinge. Wie schön also, daß der Vatikan gegen Geldwäsche ist. Und wie schön für Mafia und Politik, daß die Vatikanbank sie durchführt. Die Vatikanbank führt Konten von römisch-katholischen Stiftungen, die es in Wahrheit gar nicht gibt. Es sind Politiker, die sich christlich nennen und den C-Parteien angehören, die solche Konten bevorzugt bekommen. Es sind jene Politiker, die beispielsweise in Deutschland Jagd auf Bürger mit Schwarzgeld machen. So einfach ist es, die Bürger an der Nase herumzuführen.«   
 
1 http://bazonline.ch/schweiz/standard/Diese-Einkuenfte-fallen-nicht-ins-Gewicht/story/15658063   7. 2. 10
2 http://bazonline.ch/wirtschaft/unternehmen-und-konjunktur/CSBanker-Vorsicht-bei-DeutschlandReisen/story/28789767   21. 3. 10
3http://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/studie-oecd-tadelt-deutschland-beim-kampf-gegen-geldwaesche;2535069    23. 2. 10
4 http://bazonline.ch/schweiz/standard/Sie-sitzen-doch-selber-auf-einem-Pulverfass/story/12828280   6. 2. 10 
5 http://www.politonline.ch/?content=news&newsid=1250 20. 6. 09 Die G-20-Staaten und die Hierarchisierung des internationalen Kapitals - Von Jean-Claude Paye
6http://info.kopp-verlag.de/news/geld-waschen-mit-dem-vatikan-kurzanleitung-fuer-steuersuender.html   25. 2. 10 
Geld waschen mit dem Vatikan – Kurzanleitung für Steuersünder - Udo Ulfkotte
Siehe auch  
http://www.politonline.ch/?content=news&newsid=1460    14. 3. 10
Durchleuchtet
und http://www.politonline.ch/?content=news&newsid=1470
Voranzeige für das neue Buch von Jürgen Roth - Gangsterwirtschaft