Körperscanner, Interessenkonflikte und Vetternwirtschaft - Von F. William Engdahl

Schon Stunden nach dem versuchten Bombenanschlag redete alle Welt über die sogenannten Ganzkörperscanner als der »magischen Kugel«,

mit der solche Attacken verhindert werden könnten 1. Neben der Frage der Verletzung der Privatsphäre fragt es sich im übrigen auch, ob die Ganzkörperscanner überhaupt funktionieren und wer am meisten von ihrem Einsatz profitiert. Eine Passagiervereinigung namens FlyersRights.org wirft Michael Chertoff, der vor nicht einmal einem Jahr als Minister ausgeschieden ist, vor, er nutze sein Ansehen als ehemaliger Minister, um ein Produkt eines seiner Kunden zu empfehlen. »Chertoff sollte das Vertrauen, das die Öffentlichkeit in ihn als ehemaligen Amtsträger setzt, nicht missbrauchen dürfen, um persönlich am Verkauf der Ganzkörperscanner zu verdienen, indem er behauptet, die Scanner hätten diese besondere Art von Sprengstoff sichtbar gemacht«, erklärte Kate Hanni, Gründerin der Organisation.
 
Ist es denkbar, dass es hier nur um eine weitere Erniedrigung der normalen Passagiere geht, um eine Methode, um im Zusammenhang mit dem längst diskreditierten Krieg gegen den Terror von Bush und Cheney erneut Angst zu verbreiten - und um als Berater bestimmter Kunden eine Menge Geld zu verdienen? Chertoff besitzt als ehemaliger Minister für Heimatschutz in solchen Fragen eine hohe Glaubwürdigkeit. Was er jedoch nicht so offen erwähnt, ist die Tatsache, dass er mittlerweile Chef einer hochkarätigen Beratungsfirma in Washington ist, deren Geschäft von seinen Verbindungen zu seinem ehemaligen Arbeitsplatz abhängt, und dass einer seiner Kunden der führende Hersteller von …. richtig geraten: Ganzkörperscannern ist. Korruption? Interessenkonflikt? Betrug an der amerikanischen Öffentlichkeit und den Flugreisenden? Dreimal jaBushs Heimatschutzminister Chertoff wird von den hohen Verkaufszahlen der Körperscanner seines Kunden profitieren.
Chertoff hat seine eigene Sicherheitsberatungsfirma vor nicht einmal einem Jahr gegründet, nachdem er aus seinem Amt als Minister ausgeschieden ist. Es ist gewiss kein kleines Liebhaberunternehmen. Auf ihrer Website beschreibt sich die Firma selbst: »Unsere Direktoren arbeiten schon seit Jahren eng zusammen, als führende Vertreter der Ministerien für Verteidigung, Heimatschutz und Justiz sowie der National Security Agency und der CIA. Wir haben erlebt, unter welchem Druck jeder stand - ein Druck, den sich die Allermeisten nie wünschen würden, wenn Tausende von Menschenleben oder sogar die Sicherheit des ganzen Landes auf dem Spiel standen, wenn keine Zeit zu verlieren war und zumeist nur sehr spärliche Informationen vorlagen. Wir haben es gemeinsam durchgestanden. Und die Vereinigten Staaten sind gestärkt daraus hervorgegangen……«  Zur Chertoff-Group gehört der frühere Vorsitzende der CIA, General Michael V. Hayden, der vor seiner Ernennung zum CIA-Chef im Jahr 2006 Chef der hochgeheimen National Security Agency gewesen war. Keine schlechte Visitenkarte. Auch Charles E. Allen, Chertoffs früherer für Sicherheitsfragen zuständiger Staatssekretär beim Heimatschutzministerium, der 40 Jahre für die CIA tätig war, gehört dem Unternehmen an. Während Chertoffs Amtszeit als Heimatschutzminister hat die US-Regierung die ersten Scanner der Firma Rapiscan gekauft. Erst vor wenigen Monaten hat das amerikanische Transportministerium 25 Millionen Dollar, die gemäss dem »American Recovery and Reinvestment Act« bewilligt worden waren, für den Kauf weiterer 150 Geräte von Rapiscan verwendet. Jetzt, nach Detroit, hat das Ministerium angekündigt, noch einmal 300 Geräte anzuschaffen. Die kalifornische Firma Rapiscan, Inc., die das derzeit meistverwendete Modell produziert, ist zufällig Kunde der Chertoff-Group. Wie schön doch bei der Lobbyarbeit in Washington eine Hand die andere wäscht! Jetzt gilt der »Heimatschutz« als Arbeitsplatzbeschaffer für die amerikanische Wirtschaft, ein Armutszeugnis für das Land und seine Politiker. Wo sind eigentlich die zutraulichen, kompetenten, gut ausgebildeten Spürhunde geblieben? Ach, gebt mir doch wieder so einen zutraulichen deutschen Schäferhund!
 
Nach dem missglückten Terroranschlag von Detroit, schreibt Marc Pitzke im Spiegel 2, begann Chertoff durch die US-Medien zu tingeln, um den Einsatz der umstrittenen Nacktscanner gegen versteckte Bomben zu propagieren - und wurde überall gehört. In der New York Times hiess es: »Wären sie benutzt worden, so hätten sie das erkannt.« In der Washington Post: »Wir müssen einen Weg finden, Gegenstände in Körperregionen aufzuspüren, an die man nicht leicht herankommt.« Auf CNN: »Dies war eine anschauliche Lektion für den Wert dieser Geräte.« Chertoff achtet laut Pitzke sehr genau darauf, den Namen seiner Klienten nicht zu erwähnen, er trommelt generell für diese Boom-Industrie. »Er würde sich nie dazu hergeben, spezifische Werbung zu machen«, sagte ein Brancheninsider, der die Verbindung Chertoffs zu Rapiscan bestätigte. Die PR-Methoden seien diskreter. Das ist verständlich - denn es geht um Millionen. Dank der Hysterie um den Beinah-Bomber von Detroit verspricht sich die Nacktscanner-Sparte massive Profite. Neben Rapiscan, einer Tochter des Technologiekonzerns OSI Systems, buhlt die New Yorker Firma L-3 Communications um die lukrativen Regierungsaufträge, die bisher aus Datenschutzbedenken und wegen zäher Tests nur schleppend vergeben wurden.
 
Anmerkung d.a. Auch aus diesen Beiträgen lässt sich folgern, wie opportun der missglückte Anschlag für die Pläne der vom Einsatz der Scanner profitierenden Firmen sein muss. Von daher gesehen bleibt es nicht aus, dass man geneigt ist, den Verdacht zu nähren, dass dieser gut geplant und mit Absicht über die Bühne ging. Sieht man sich dazu die von Chertoffs Sicherheitsfirma vorgebrachten Worte, um den Begriff Phrasen zu vermeiden, genauer an, dann darf man fast sicher sein, dass auch auf diesem Gebiet keine Schranken gesetzt sind und Aussagen dieser Art vom US-Bürger in der Regel nicht weiter hinterfragt werden.   
 
1 http://info.kopp-verlag.de/news/koerperscanner-interessenkonflikte-und-vetternwirtschaft.html  20.1.10
2 http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/0,1518,671652,00.html  21.1.2010
Gutes Geschäft mit der Angst - Von Marc Pitzke, New York