Blair bekennt seine Lüge - Von Rainer Rupp

Der britischer Expremier bestätigt, daß die angeblichen Massenvernichtungswaffen Saddam Husseins nicht der wahre Grund für den Überfall auf Irak waren.

Anthony Blair hat, was selten genug vorkommt, am Sonntag, den 13. 12., die Wahrheit gesagt. In einer BBC-Fernsehshow bekannte er sich dazu, daß die angeblichen Massenvernichtungswaffen von Saddam Hussein nur vorgeschoben waren und er an der Seite von Präsident George W. Bush auf jeden Fall sein Land in den Krieg gegen den Irak geführt hätte. Es bestätigt nicht nur, daß dieser Angriffskrieg mit einem Konstrukt von Lügen begründet wurde. Unabhängigen Schätzungen zufolge haben infolge von Krieg und Besatzung bisher bis zu eine Million Iraker ihr Leben verloren, mindestens ebenso viele wurden verletzt und sind für den Rest ihres Lebens behindert, und weitere Millionen müssen als Flüchtlinge unter großen Entsagungen in der Ferne ihr Leben fristen. Dennoch zeigte der frömmelnde, inzwischen zum Katholizismus konvertierte Blair in der BBC-Sendung keine Reue. Im Gegenteil, er glaube auch heute noch, daß es für Irak das Beste gewesen sei, Saddam Hussein zu stürzen und einen Regimewechsel herbeizuführen.
 
Seit dem Nürnberger Kriegsverbrechertribunal 1946 ist im Völkerrecht verankert, daß die Planung und Durchführung eines Angriffskrieges das schlimmste aller Verbrechen gegen die Menschlichkeit ist, das sich nur dadurch von anderen Kriegsverbrechen unterscheidet, indem es in sich selbst die kumulierten Übel des Ganzen enthält. Bisher war es allerdings schwierig gewesen, Blair nachzuweisen, daß er wissentlich einen Angriffskrieg geführt hat. Aber mit seinen Einlassungen vor den Kameras der BBC hat er nun die Beweise selbst geliefert. Das dürfte den in Großbritannien populären Bestrebungen neue Impulse geben, den ehemaligen Premierminister als Kriegsverbrecher vor Gericht zu stellen. Tatsächlich scheint der vor Selbstgerechtigkeit strotzende Blair große Probleme mit der Realität zu haben und sich für unangreifbar halten. Nur so läßt sich erklären, daß er angesichts der im Land mit großem Interesse verfolgten Arbeit der Chilkot-Kommission zur Untersuchung der Hintergründe des britischen Eintritts in den Irakkrieg seinen Gegnern die besten Argumente gegen sich selbst auf dem Tablett serviert. Hinzu kommt, daß die Strafverfolgung Blairs längst nicht mehr nur von Friedensaktivisten und Verfassungsrechtlern gefordert wird, sondern auch von vielen Dutzenden von Hinterbliebenen von im Irak gefallenen britischen Soldaten. Denn ihre Söhne und Ehegatten würden noch leben, wenn sich der Premier an die geltenden Rechtsnormen gehalten und Parlament und Volk nicht belogen hätte, um aus persönlichen Gründen in den Krieg zu ziehen, argumentieren sie. Die große Mehrheit der Briten scheint inzwischen überzeugt, daß Blair ein Kriegsverbrecher ist. Als der Kabarettist Sandi Toksvig ihn jüngst im BBC-Radio Four News Quiz als solchen bezeichnete, gab es laut BBC keine einzige Beschwerde von den Zuhörern. Dennoch dürfte das britische Establishment alles tun, damit der Wegbereiter der neokonservativen Neuen Weltordnung nicht vor Gericht kommt. [1]
 
Nicht uninteressant in diesem Zusammenhang ist auch ein Rückblick auf den Waffenhandel, der in der Regel gut getarnt hinter den Kulissen läuft:
 
»Chirac hat alles gewußt«
Der frühere französische Präsident habe gewußt, daß Schmiergelder an Politiker jahrelang Waffenlieferungen in das Bürgerkriegsland Angola ermöglichten. Das sagt der für die Affäre verurteilte Ex-Innenminister Charles Pasqua. Zweieinhalb Wochen nach dem Urteil in dem Prozeß um den illegalen Waffenhandel mit Angola wirft der zu einem Jahr Haft verurteilte Pasqua dem früheren Staatspräsidenten Jacques Chirac Mitwisserschaft vor. »Chirac hat niemals zu seiner Verantwortung gestanden«, sagte Pasqua am 12. November vor Journalisten in Paris. Auch der damalige Außenminister und spätere Premier Dominique de Villepin habe von dem Handel gewußt. »Die Regierung war seit 1995 sehr wohl auf dem laufenden und hat nichts dagegen unternommen«, fügte er hinzu. Pasqua sieht sich als Bauernopfer in einem Verfahren, in dem mehr als 40 Geschäftsleute und Politiker angeklagt waren. Die Rolle Chiracs wurde in dem Prozeß nicht behandelt. Der Waffenhandel in den 1990er Jahren hatte einen Umfang von 790 Millionen $. Die Schmiergelder an Politiker ermöglichten es, das UNO-Embargo für Waffenverkäufe an das Bürgerkriegsland zu umgehen. Panzer, Helikopter, Kriegsschiff und Munition wurden in den Ostblockstaaten aufgekauft und nach Angola gebracht. Neben Pasqua war auch Jean-Christophe Mitterrand, der Sohn des früheren Präsidenten Francois Mitterrand, zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt worden. Die beiden Hauptverantwortlichen, der Milliardär Pierre Falcone und der Geschäftsmann Arcadi Gaydamak sollen jeweils 6 Jahre in Haft. [2]
 
1 http://www.jungewelt.de/2009/12-16/038.php
2 http://bazonline.ch/ausland/europa/Chirac-hat-alles-gewusst/story/13208359  12.11.09