Afghanistan - Die Nachrichten werden immer schlimmer

politonline d.a. Wie der englische »Guardian« am 31. 3. berichtet, wirft ein von Karsai diesen Monat unterzeichnetes Gesetz die Frauen noch mehr zurück, als dies zur Zeit der Herrschaft der Taliban der Fall war.

Wie Kritiker behaupten, liegt der Grund für dieses Vorgehen darin, dass er sich hiervon eine grössere Unterstützung durch die afghanischen Shia und Hazara erhofft; beide sind für das Gesetz, womit er seine Wahlchancen zu erhöhen hofft. Das ist genau das Szenarium, das seine Gegner fürchteten, als das oberste Gericht - angeblich aus Sicherheitserwägungen heraus - die Amtszeit Karsais bis August 2009 verlängerte. Die Wahlen sind für den 20. 8. 09 festgesetzt. »Es wird angenommen«, schreibt The Guardian 1, »dass das Gesetz, das bislang noch nicht veröffentlicht worden ist, den Frauen verbietet, das Haus ohne die Erlaubnis ihres Mannes zu verlassen; ohne die Zustimmung des Ehemanns hätten die Frauen keinen Zugang zur Bildung, sie könnten keinen Arzt aufsuchen und sich nicht um eine Arbeitsstelle bewerben.« Laut Jurist Legal Law and Research 2 legalisiere es die Vergewaltigung in der Ehe; die UNO warnt ferner davor, dass das Gesetz die Vormundschaft über die Kinder lediglich dem Vater und Grossvater überträgt, nur ihnen könnten die Kinder zugesprochen werden. Laut einem Bericht der UNO vom Anfang dieses Monats verschlechtert sich die Situation der Menschen in Afghanistan zunehmend, wobei auch die fortgesetzte Kinderarbeit angeprangert wird. Letzten November drängte die UNO darauf, dass Karsai die Todesstrafe, die dieser vier Jahre, nachdem sie abgeschafft worden war, wieder einführte, aussetze. Im April letzten Jahres wurde der erste Mordanschlag auf Karsai verübt, was den dritten Versuch seit 2001 darstellt. Ein Mitglied des afghanischen Oberhauses erklärte, dass das Gesetz schlimmer sei als die während der Talibanherrschaft geltenden. Jeder, der bei der Diskussion desselben seine Stimme dagegen erhob, wurde angeklagt, gegen den Islam zu sein. Die afghanische Verfassung räumt den Shia, von denen man annimmt, dass sie etwa 10 % der Bevölkerung ausmachen, ein gesondertes Familienrecht ein, das sich auf die traditionelle Rechtsprechung der Shia gründet. Dennoch sehen die Verfassung und diverse internationale Verträge, die Afghanistan unterzeichnet hat, gleiche Rechte für die Frauen vor. Wie andere weibliche Parlamentsabgeordnete auch, beklagte sich Shinkai Zahine Karokhail darüber, dass das Gesetz nach einer eingeschränkten Debatte mit einer noch nie dagewesenen Schnelligkeit verabschiedet wurde. Die von den Frauen gewünschten zahlreichen Änderungen wurden laut ihr nicht diskutiert, da Karsai den Shia vor den Wahlen zu Gefallen sein wollte. Die Anführer der Hazara Minorität, die bei den Wahlen den Ausschlag geben könnten, verlangten das neue Gesetz ebenfalls.
 
Inzwischen hat Präsident Karsai laut BBC online 3 eine dringende Überarbeitung des umstrittenen Gesetzes angeordnet. Hierzu entschloss er sich, nachdem NATO-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer ihn jetzt in Strassburg im Namen der NATO dazu aufgefordert hat. Das Gesetz, so Scheffer, sei gegen die von seinen Truppen vertretenen Werte. US-Präsident Obama bezeichnete es am Samstag (4.4.09) in Strassburg als abscheulich. Laut Karsai ist nun der Justizminister des Landes damit beauftragt, das Gesetz zu revidieren; falls dieses in irgendeiner Form gegen die Verfassung oder die Gesetze der Scharia gerichtet sei, würden entsprechende Massnahmen ergriffen.
 
Ungeachtet der fortgesetzten Bekriegung des Landes sowie der von der USA durchgeführten Angriffe im Grenzegebiet zu Pakistan hat die EU ihre Afghanistan-Hilfe soeben um 60 Millionen €, die im Grunde genommen dringend für die eigenen Bürger erforderlich wären, aufgestockt. Der als bankrott zu bezeichnende US-Steuerzahler steht für die Summe von 40 Millionen $ gerade, die die Administration Obama grosszügig festsetzt. Dem deutschen Aussenminister Steinmeier darf man ganz speziell gratulieren, da er sich in meinen Augen nicht wenig erniedrigte, als er dieser Tage anlässlich der Afghanistan-Konferenz in Den Haag die US-Strategie für das Land lobte und erklärte, er betrachte sie als »absolut richtig«. In NATO-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer hat er natürlich den richtigen Verbündeten, da dieser wenige Tage vor dem Gipfel der Allianz in Strassburg und Baden-Baden ein stärkeres Engagement der Europäer in Afghanistan forderte. Man fragt sich, ob hierbei überhaupt noch konkrete Überlegungen angestellt werden, was daraus erwächst. Der frühere Bundeswehrgeneral Klaus Reinhardt hingegen forderte bereits letzten Oktober eine Strategie für einen Truppenabzug vom Hindukusch. »Wir sind im 6. Jahr in Afghanistan, aber wie das enden soll, weiss kein Mensch«, sagte er gegenüber der Heidelberger Rhein-Neckar-Zeitung. »Immer nur mehr Soldaten zu fordern, bringt nichts.« Die Politik drücke sich um das Wort »Kampfeinsatz«, kritisierte Reinhardt. »Die Jungs vor Ort werden beschossen und laufen auf Minen, für die ist das Krieg.« Und dieser soll, dem Willen des US-Präsidenten Obama zufolge, vorerst nicht enden. Und so sieht es offenbar auch Brüssel.   
 
Saudische und britische Spuren bei dem Putschversuch in Bangladesch
Eine Woche, nachdem Killer in Uniformen der paramilitärischen Gruppe Bangladesh Rifles 70 Offiziere ermordet hatten, sagte die Ministerpräsidentin von Bangladesch, Sheikh Hasina Wazed, bei einem Seminar in der Hauptstadt Dhaka am 4.3.09, es bestehe das Risiko neuer Anschläge, »um die Demokratie des Landes zu zerstören.« 4 Auch sie persönlich sei gefährdet. Der 33stündige Aufstand am 25. Februar, bei dem die Offiziere getötet wurden, sei Teil eines größeren Komplotts zur Destabilisierung des Landes. »Die Verschwörungen gegen Bangladesh sind noch nicht zu Ende... …. Das Spiel läuft noch«, erklärte sie. Am 3.3. sagte Hasina ihren für den 7.3. geplanten Besuch in Saudi-Arabien ab, weil sich herausgestellt hatte, daß die Mörder von Riad finanziert waren. Man fand auch heraus, daß es das eigentliche Ziel gewesen war, sie selbst und den Armeechef General Moeen U Ahmed umzubringen. Mittels dieses Komplotts sollten von den Saudis finanzierte Dschihadisten einen Putsch unternehmen, um den Terrorismus auf dem indischen Subkontinent zu entfesseln.
 
Woran Saudi-Arabiens sonst noch beteiligt ist, geht aus nachfolgendem hervor: So ist die Erzeugung und Rekrutierung islamistischer Terroristen eine bewußte britische Politik, die mit Hilfe eines Netzwerks islamischer Wohlfahrtsorganisationen, die vom britischen Geheimdienst gesteuert und von den Saudis finanziert werden, umgesetzt wird. Diese Politik wurde in zwei Berichten dokumentiert, die von der konservativen britischen Denkfabrik Policy Exchange veröffentlicht wurden. EIR [Executive Intelligence Review von Lyndon LaRouche] konnte den Inhalt dieser Berichte bestätigen. In dem ersten Bericht, der 2006 unter dem Titel »Wenn Progressive sich mit Reaktionären einlassen: Der Flirt des britischen Staats mit dem radikalen Islam«, wird ein zuvor geheimes Dokument des Außenamtes von 2005 zitiert, das »starke Sympathien für die Moslem-Bruderschaft und Kritik für die Versuche des [ägyptischen] Präsidenten Hosni Mubarak ausdrückt, die Organisation als terroristisch zu dämonisieren.« Diese Politik habe »die internationale Glaubwürdigkeit der Moslem-Bruderschaft enorm gestärkt«. Der Bericht wirft dem Außenamt vor, es habe engsten Umgang mit dem reaktionären Muslim-Rat von Britannien (MCB) und liefere diesem einen Vorwand, sich als Sprecher aller britischen Moslems darzustellen, obwohl er in Wirklichkeit nur für eine kleine Minderheit der in Großbritannien lebenden Moslems spreche und engste Beziehungen zur Moslem-Bruderschaft und der radikalen südasiatischen Islamistengruppe Jamaat-e-Islami habe. Den zweiten Bericht, »Die Geiselnahme des britischen Islams: Wie die extremistische Literatur die Moscheen im Vereinigten Königreich unterminiert«, veröffentlichte Policy Exchange im Jahr 2007. Im Rahmen dieser Studie besuchten islamische Forscher fast 100  repräsentative britische  Moscheen, um zu sehen, ob dort extremistische Literatur, in der Haß oder ein gewalttätiger Dschihad gepredigt wurde, zu haben war, was auch in etwa 80 % der Fälle zutraf. Ein großer Teil dieser Literatur stammte aus Saudi-Arabien und kam von dort nach Großbritannien. Wenn man Pamphlete mitrechnet, deren Druck mit saudischen Geldern unterstützt wurde dann ist eine deutliche Mehrheit dieser dschihadistischen Hetzschriften saudischen Ursprungs. Insgesamt kommt die Finanzierung und Kontrolle der Moscheen weit mehr aus Saudi-Arabien als aus Südasien, auch wenn die große Mehrheit der britischen Moslems südasiatischen Ursprungs ist und meist aus Pakistan, Indien oder Bangladesh stammt. Unter diesem Einfluß hat sich die Färbung der religiösen Überzeugungen der britischen Pakistanis seit den 70er Jahren stark verändert. Die mit Saudi-Arabien verbündete Deobandi-Bewegung, die früher eine Minderheit von nur rund 20 % stellte, ist stark angewachsen. Im September 2007, so die London Times, kontrollierten die Deobandi rund die Hälfte aller Moscheen, während die übrigen verschiedenen anderen saudisch-finanzierten Sekten gehören, und tatsächlich haben die meisten islamistischen Terrorgruppen in Südasien Verbindungen zu den Deobandi. Sie bilden das Umfeld, in dem Hunderte britischer Dschihadis rekrutiert wurden, die man heute an allen Fronten des Terrorkriegs in der islamischen Welt findet 5.

1  http://www.guardian.co.uk/world/2009/mar/31/hamid-karzai-afghanistan-law  31.3.09 Jon Boone in Kabul - Worse than the Taliban' - new law rolls back rights for Afghan women und
2 http://jurist.law.pitt.edu/paperchase/2009/03/afghanistan-president-signs-law.php 31.3.09 Jurist Legal Law and Research - Afghanistan president signs law restricting women's rights in re-election bid: report – By Brian Jackson
3 http://news.bbc.co.uk/2/hi/south_asia/7983081.stm 4.3.09
4 Strategic Alert, Jahrgang 23, Nr. 11 vom 11. März 2009
5 Strategic Alert, Jahrgang 22, Nr. 52 vom 26. Dezember 2008, Wie die Briten den Dschihad-Terrorismus schufen und kontrollieren