Besetzung des Iraks: Immer noch ein kriminelles Unternehmen - Von Bill Van Auken

Die Medien berichteten jüngst über klare Beweise für eine umfassende Korruption bei amerikanischen Wiederaufbauprojekten im Irak. Das ist symptomatisch für den kriminellen Charakter des Kriegs und der Besatzung seit ihrem Beginn vor fast sechs Jahren.

Diese Verbrechen gehen unter der Obama-Regierung weiter, und kein Ende ist in Sicht. Wie die »New York Times« am 15. 2. 09 unter Berufung auf ungenannte hohe Regierungsquellen und Gerichtsdokumente berichtete, haben Bundesstaatsanwälte sich zwei hohe Offiziere vorgenommen, die nach der Invasion vom März 2003 für die Vergabe von Aufträgen für den Wiederaufbau im Irak verantwortlich waren. Es wurden Untersuchungen gegen Oberst Anthony B. Bell, der inzwischen aus der Armee ausgeschieden ist und 2003 und 2004 für die Vergabe von Aufträgen für den Wiederaufbau im Irak zuständig war, sowie gegen Oberstleutnant Ronald W. Hirtle von der Luftwaffe, der 2004 ein hoher Vergabe-Offizier in Bagdad war, eingeleitet. Der Times zufolge lieferte Dale Stoffel, ein amerikanischer Waffenhändler, Informationen über Zahlungen und Bestechungsgelder in Millionenhöhe im Zusammenhang mit dem Büro, in dem die beiden Offiziere arbeiteten. Stoffel wurde Ende 2004 im Irak erschossen, kurz nachdem er entscheidende Aussagen vor den US-Staatsanwälten gemacht hatte. Unter Berufung auf zwei hohe Bundesbeamte berichtet die Zeitung, Stoffel habe »ein Bild gezeichnet, das einem schlechten Kriminalroman zur Ehre gereicht hätte: Zehntausende von Dollars wurden in Pizza-Schachteln gestopft und heimlich an das amerikanische Auftragsvergabebüro geschickt, und Schmiergelder wurden in Papiertüten in toten Briefkästen an verschiedenen Stellen der Grünen Zone deponiert.« Die Untersuchung erstreckt sich auf »einen Zeitraum, in dem oftmals ganze Packen von in Schrumpffolie eingeschlagenen Hundert-Dollar-Noten aus einem kaum bewachten Safe im Keller eines Palastes, der Saddam Hussein gehört hatte, verteilt wurden«, berichtet die Times. Sie fügt hinzu: »Ehemalige amerikanische Beamte beschreiben Zahlungen an örtliche Baufirmen aus riesigen Summen, die auf den Tisch geworfen und in Leinensäcke gestopft wurden, als ob es Halloween-Süßigkeiten wären.« Weiter nannte die Zeitung den Fall von Major John Cockerham, der »sich schuldig bekannte, als Auftragsvergabeoffizier fast zehn Millionen an Bestechungsgeldern angenommen zu haben«, und den Fall einer zivilen Auftragsvergabe-Beamtin, die »im Jahr 2006, einen Tag, nachdem sie gestanden hatte, 225.000 Dollar Bestechungsgeld für das Fälschen von Angeboten zugunsten einer Privatfirma angenommen zu haben, Selbstmord beging«.
 
Es ist klar, daß diese bekanntgewordene Korruption nur die Spitze des Eisbergs war. Wenn amerikanische Firmen bereit waren, Hunderttausende oder sogar Millionen von Dollars an Bestechungsgeldern zu zahlen, dann deswegen, weil sie selbst Dutzende oder Hunderte Millionen stehlen konnten, sobald sie die von der Regierung finanzierten  Wiederaufbau-Projekte an Land gezogen hatten. Manchmal wurden diese Verträge großen Konzernen mit besten politischen Kontakten zugeschustert, wie z.B. Halliburton, das früher von Vizepräsident Dick Cheney geleitet worden war, und Bechtel. In anderen Fällen scheinen sie an diejenigen gegangen zu sein, die bereit waren, die höchsten Schmiergelder zu zahlen. Am 16.2.09 wies Patrick Cockburn, der altgediente Nahost-Korrespondent der britischen Tageszeitung Independent, auf den Bericht hin, den der Sonderermittler für den Wiederaufbau im Irak (SIGIR) unter dem Titel Harte Lehren herausgegeben hatte. Er äußert die Vermutung, daß von den 125 Mrd.$ amerikanischer Staatsgelder, die für den Wiederaufbau im Irak vorgesehen waren, bis zu 50 Mrd. Dollar versickert sein könnten. Das wäre, schreibt er, »der größte Betrug der amerikanischen Geschichte, ..... größer selbst als das berüchtigte Schneeballsystem Bernard Madoffs.«
 
Es gibt zwischen diesen beiden Formen von Betrug und Diebstahl allerdings eine definitive Verbindung. Madoffs Finanzoperationen waren keineswegs nur eine Anomalie des Systems. Sie waren in Wirklichkeit fester Bestandteil der halbkriminellen Finanzmanipulationen, mit denen die ganze Zeit eine enorme Umverteilung des Reichtums von unten nach oben organisiert wurde. Diese gleiche wohlhabende Schicht bildete auch die wichtigste gesellschaftliche Basis für die Politik von aggressiven, d.h. kriminellen Kriegen der Bush-Regierung, die das Ziel verfolgten, die amerikanische Vorherrschaft in den strategischen, Öl produzierenden Regionen am persischen Golf und in Zentralasiens herzustellen. Milliarden Menschen in aller Welt zahlen jetzt den Preis für die finanziellen und politischen Verbrechen. Auf kein anderes Land trifft das mehr zu als auf den Irak. Auch wenn Washington und die Medien regelmäßig mit einer angeblichen Rückkehr zur Normalität im Irak prahlen, sind die Lebensbedingungen der 28 Millionen Einwohner nach wie vor verheerend. Glaubwürdige Untersuchungen belegen, daß die sechs Jahre Krieg und Besatzung über eine Million Menschen das Leben gekostet haben. Dem Internationalen Flüchtlingsbüro zufolge sind 2,8 Millionen Iraker Flüchtlinge im eigenen Land, weil sie gewaltsam aus ihren Häusern vertrieben wurden. Weitere 2,4 Millionen sind aus dem Land geflohen. Mit dem Terrorbombardement vom März 2003 und den mehr als zehn Jahre andauernden schweren Wirtschaftssanktionen wurde ein großer Teil der irakischen Infrastruktur zerstört. Seitdem hat Washington fast nichts getan, um das Land wieder aufzubauen, außer daß es die Sicherheitskräfte als Unterdrückungsapparat der Marionettenregierung wieder hergestellt hat. Die sogenannten Wiederaufbauaktivitäten erwiesen sich als massive Plünderungsaktionen der Konzerne. Sie schlossen Verträge ab, nach denen ihnen die Kosten plus garantierte Profite für Arbeiten vergütet wurden, die zum Teil niemals ausgeführt oder so schlecht ausgeführt wurden, daß sie praktisch wertlos waren. Wenn man bedenkt, daß an der Spitze des SIGIR ein gewisser Stuart Brown steht, ein früherer Bush-Berater, der zu dem Juristenteam gehörte, das die Präsidentschaftswahl 2000 gestohlen hat, dann kann man als sicher annehmen, daß der Bericht mehr verdeckt, als enthüllt. Trotzdem gewährt sogar dieser Bericht einen vernichtenden Einblick in die Korruption, Verschwendung, Brutalität und Inkompetenz, die für die amerikanischen Operationen im Irak kennzeichnend sind.
 
In einem jüngeren Bericht untersucht der SIGIR die Arbeit einer Task Force des Verteidigungsministeriums, die den Auftrag hatte, die wirtschaftliche Entwicklung anzustoßen. Sie sollte dafür sorgen, daß ehemalige irakische Staatsbetriebe, die vor dem Krieg 200.000 Arbeiter beschäftigt hatten, den Betrieb wieder aufnehmen konnten. Diese Task Force gab 102 Millionen Dollar aus und verzeichnete einen Effekt von etwa 24.500 Arbeitsplätzen. Der Bericht stellte aber fest, daß die Angabe des Verteidigungsministeriums »keine verläßliche Basis« für die Beurteilung der tatsächlichen Zahl von Leuten gibt, die wieder in Arbeit sind. Ein anderer Inspektionsbericht dreht sich um die Wiederherstellung eines Klärwerks, das bei der amerikanischen Eroberung Falludschahs zerstört worden war. Nach einer um 2 Jahre verspäteten Fertigstellung und um das dreifache gestiegenen Kosten hatten die Bauunternehmen keinerlei Vorsorge getroffen, tatsächlich Häuser an das System anzuschließen. Infolgedessen, so der Bericht, »haben die Bewohner Falludschahs von dem Klärwerk keinen Vorteil.« Der SIGIR-Bericht führt zahlreiche ähnliche Fälle an, in denen Projekte mehrfach bezahlt, aber nicht fertiggestellt wurden.
 
Das Ergebnis dieser Korruption und Nachlässigkeit ist eine andauernde soziale Katastrophe für die irakische Bevölkerung. Einem Bericht von Oxfam zufolge ist der Anteil der Iraker, die keinen Anschluß an die Trinkwasserversorgung haben, seit dem Beginn des Kriegs bis 2007 von 50 auf 70 % angestiegen. Dem Bericht des Inspekteurs zufolge laufen zwei Drittel der Abwässer von Bagdad ungeklärt in die Flußläufe der Stadt und finden ihren Weg ins Trinkwasser. Die Folge sind immer wieder Ausbrüche von Cholera und anderen Krankheiten Mindestens zwei Drittel der Iraker haben auf Grund der Kriegsschäden immer noch keine regelmäßige Stromversorgung, mit häufigen und länger anhaltenden Perioden, in denen der Strom abgeschaltet wird. Dies macht ein normales Wirtschaftsleben und häusliches Leben unmöglich. Es herrscht immer noch Massenarbeitslosigkeit. Nach offiziellen Zahlen sind 18 % der Iraker arbeitslos, weitere 10 % finden keine regelmäßige Arbeit. Als Teil des Stationierungsabkommens zwischen Washington und dem Regime in Bagdad vom Dezember übergeben die amerikanischen Besatzungstruppen bis zu 17.000 Gefangene, von denen die meisten ohne Prozeß und Anklage festgehalten werden, an die irakischen Behörden, obwohl diese für Gefangenenfolter berüchtigt sind. Damit bereitet die Obama-Regierung Greueltaten vor, die den Horror von Abu Ghraib in den Schatten stellen werden.
 
Der kriminelle amerikanische Krieg endet nicht mit der Amtsübernahme von Präsident Barack Obama, und es gibt zunehmende Anzeichen, daß er weitergehen wird, während seine Regierung den Krieg in Afghanistan ausweitet. Die Architekten und Kommandeure des militärischen surge [Truppenausweitung] sind immer noch auf ihrem Posten, von Bushs Verteidigungsminister Robert Gates über Centcom-Chef General David Petraeus bis zu General Raymond Odierno, dem Kommandierenden der amerikanischen Besatzungstruppen im Irak. Diese Militärführer erheben ihre Stimme immer lauter und sprechen sich selbst gegen den begrenzten Rückzugsplan Obamas aus. Vor kurzem meldete sich Generalleutnant Frank Helmick, der Kommandeur der amerikanischen Ausbildungseinheiten für die irakischen Sicherheitskräfte zu Wort. Er sagte der Financial Times am 16.2.09, es werde mindestens noch bis Ende 2011 dauern, bis diese Kräfte »in der Lage sind, gegen die Aufständischen zu kämpfen.« Auch Petraeus und Odierno haben Obama offen gedrängt, sein Wahlkampfversprechen fallen zu lassen. Obama hatte versprochen, die Kampftruppen innerhalb von sechzehn Monaten aus dem Irak abzuziehen. Auch dieser Plan sah schon immer vor, Zehntausende von Soldaten zurückzulassen, um Aufstandsbekämpfung zu betreiben und amerikanische Interessen im Land zu schützen. Die Generale drängen Obama angeblich, einfach eine größere Zahl der jetzigen Kampftruppen umzufirmieren und gleichfalls im Land zurückzulassen. Es ist klar daß der Krieg und die Besatzung im Irak auf die eine oder andere Weise fortgesetzt werden. Der Kampf, ihn zu beenden und die Verantwortlichen für dieses kriminelle Unterfangen zur Verantwortung zu ziehen, erfordert ein Vorgehen gegen die Obama-Regierung. Dieser Kampf verlangt die unabhängige politische Mobilisierung der Arbeiterklasse gegen das Profitsystem, welches die Quelle von Militarismus und Krieg ist.
 
Anmerkung politonline d.a. Nun konnten wir alle erleben, wie von Seiten der BRD der Steuerstreit mit der Schweiz nach Maßgabe angeheizt wurde. Offenbar weiß dort die rechte Hand mitunter nicht, wie die linke vorgeht. Nicht, daß Steuervergünstigungen, die Unternehmen in einigen der neu zur EU hinzugekommenen Ostländern gewährt werden, ein Geheimnis wären, dennoch staunt man nicht schlecht, wenn man folgendes unter den Augen hat 2: Vorteilhaft [im Irak] seien zudem »großzügige Steuererleichterungen« für ausländische Investoren: Zehn Jahre Steuerfreiheit, daneben aber auch zollfreie Einfuhren und freier Gewinntransfer ins Ausland seien gesichert, berichtet das Außenministerium. Mit anderen Worten: Was die Unternehmen an Steuern sparen, wodurch diese dem Land selbst verloren gehen, darf dann gegebenenfalls der altgediente Geber, der Steuerzahler der übrigen Länder, aufbringen, wenn es um Tilgung von Kriegsfolgen und Wiederaufbau geht. Wieso wird ein sozusagen unbeschränkter Gewinntransfer garantiert, wenn dieser doch zum größten Teil im Irak selbst zu reinvestieren wäre? Mit einer Kaltblütigkeit werden diese Dinge in Szene gesetzt, die ihresgleichen sucht. Welche Sicherheitsmaßnahmen im Rahmen der Anstrengungen zum Ausbau deutscher Wirtschaftsbeziehungen offenbar erforderlich sind, davon zeugt folgende Aussage: »Wir bewegen uns unter sichtbar professionellem Schutz. Bei Autofahrten in der Stadt sind wir mit einer Eskorte unterwegs: Vorne sondiert ein Scout-Fahrzeug die Lage, hinten hält uns ein Gunship-Fahrzeug, aus dessen offener Heckscheibe ein fest installiertes Maschinengewehr ragt, den Rücken frei.« Wer da im einzelnen unter Umständen auch einmal ein Opfer dieser fabelhaften Vorrichtung werden könnte, darüber macht man sich wohl keine Gedanken. Für die Einheimischen jedenfalls dürfte dieser Anblick mehr als erniedrigend sein. Von daher gesehen sollte es auch nicht überraschen, daß die deutsche Bundeswehr erneut mit der Ausbildung irakischer Soldaten begonnen hat 3. Dabei handelt es sich um einen Logistikverband der irakischen Streitkräfte, der zuerst in Deutschland, dann in den Vereinigten Arabischen Emiraten trainiert wird. Das Militärgerät, das die Einheit für ihren Einsatz im irakischen Bürgerkrieg benötigt, wird ebenfalls von der Bundeswehr geliefert. Man darf sicher sein, daß Nachrichten dieser Art nur in geringem Ausmaß in die Öffentlichkeit sickern. Es ist unbeschreiblich, zu was die Steuern alles dienen, trotz der in Deutschland nachweislich im Steigen begriffenen Armut. Berlin kooperiert eng mit den Vereinigten Arabischen Emiraten, seinem derzeit wichtigsten Kriegspartner am Persischen Golf. Deutschland baut seine Zusammenarbeit mit dem Feudalstaat, dessen Repressionspraxis scharf kritisiert wird, seit den 90er Jahren systematisch aus und hat nach dem Irak-Krieg 2003 eine Strategische Partnerschaftmit ihm ausgerufen. Die Militär- und Polizeikooperation wird nun durch die Nutzung eines emiratischen Luftwaffenstützpunktes durch deutsche Kriegsflugzeuge intensiviert. Die Emirate grenzen an die Straße von Hormuz, eine der geostrategisch wichtigsten Meerengen weltweit. All das spricht nicht für Gedanken, in deren Zentrum das Wohlergehen der Iraker stünde. Und schon ist die Eröffnung einer Filiale der Friedrich-Ebert-Stiftung in Bagdad im Gespräch 4. Wir haben genügend oft über den Einfluß dieser Organisationen geschrieben, deren Vermögen - je nach Stiftung in Milliardenhöhe - trotz Versuchen, hier eine Änderung zu erzielen, unbesteuert bleiben, was noch keinem Finanzminister Sorgenfalten auf die Stirn getrieben hätte, selbst wenn die Landeskassen dringend zu füllen wären. Das weist einerseits auf die weltweit gegebene, man könnte sagen uneingeschränkte Macht der Stiftungen hin und auf die Möglichkeiten ihrer illegitimen Einflußnahme auf das politische Geschehen, die sie dank ihrer finanziellen Mittel auszuüben imstande sind.
 
Wie die Verantwortlichen im Irak ihre eigene Bevölkerung übervorteilen, geht aus nachfolgendem Bericht hervor:
Laut dem irakischen Abgeordneten Mohammed Al-Dayni  hat sich das irakische Öl-Ministerium - durch Entscheidungen der Regierung unterstützt - innerhalb der letzten Monate um Verträge mit ausländischen Unternehmen, die Öl im Irak fördern sollen, bemüht 5; gleichzeitig wird versucht, die meisten irakischen Öl- und Gasfelder zu versteigern. Die lokale Regierung der kurdischen Region (KRG) hat inzwischen mehr als 22 Verträge mit ausländischen Unternehmen geschlossen. All diese Verträge wurden unter Verletzung der Verfassung und des bestehenden gültigen Rechts geschlossen. All diese Verträge werden als illegal betrachtet, weil die Behörden darauf bestehen, die Rolle der Abgeordnetenkammer, die eigentlich die letzte Gewalt besitzt, diesen Verträgen zuzustimmen, zu übergehen. Das Ministerium hat neulich eine Änderung des Vertrages von 1997 unterzeichnet, der die Belange des Al-Ahdab-Ölfeldes im Bezirk Waset regeln soll: Aber das Ministerium veröffentlichte weder diesen Vertrag noch unterbreitete es ihn der Abgeordnetenkammer zur Prüfung. Deshalb wurde er gegen die Verfassung geschlossen. Hinzu kommt, daß das Ministerium mit der Shell International Company (die bei dem Übereinkommen die Federführung hatte) einen Vertrag unterzeichnete, mit dem es auf die Hälfte des im südlichen Teil des Irak geförderten Öls zugunsten der Shell Company verzichtete und Shell das volle Monopol zusprach. Behauptet wurde, kein anderes Unternehmen sei gewillt, mitzumachen. Dies bedeutet, daß der Irak während der Lebensdauer dieses Vertrages zig Milliarden Dollar an diesen ausländischen Partner verlieren wird. Am letzten Tag des Jahres 2008 kündigte Öl-Minister Al-Shahrestany in einer Pressekonferenz die zweite Runde über eine Lizenzvergabe an, die 11 Gebiete mit Ölfeldern betrifft, in denen insgesamt 16 Öl- und Gasfelder liegen, einschließlich der riesigen Ölfelder von Majnoon, Halfaya, Kayara und anderen. Die Ölreserven dieser Ölfelder werden auf über 55 Milliarden Barrel geschätzt. Die gesamten Reserven der 24 Ölfelder der ersten und zweiten Runde umfassen mehr als 95 Milliarden Barrel, was in etwa 90 % der bestätigten irakischen Ölreserven ausmacht.

Diese verfassungswidrige Politik war durch die Bush-Administration gedeckt und dient den Interessen eigener Unternehmen, nicht aber den amerikanischen Bürgern, geschweige denn dem Ruf Amerikas. Das Ministerium für Öl hat in den letzten 5 Jahren darin versagt, große Ölraffinerien, Speicherdepots und neue Pipelines zu bauen, die alten zu ersetzen oder bereits bestehende Anlagen instand zu halten bzw. wieder instand zu setzen. Ebenso hat das Ministerium weder die Gas-Installationen im Süden und Norden des Landes repariert, noch hat es den Rückgang an Ölrücklagen gestoppt. Es scheint, daß es das Ziel des Ministeriums gewesen ist, einen solchen Punkt zu erreichen, um die totale Abhängigkeit von ausländischen Unternehmen zu rechtfertigen. Wir, die Abgeordneten, erteilen der Politik des Ministeriums, auf den Ölreichtum des Iraks zugunsten ausländischer Unternehmen zu verzichten, eine Absage und bestehen auf der Anwendung unserer verfassungsmässigen Rechte als Abgeordnetenkammer, alle Maßnahmen, die vom Ministerium ergriffen werden, zu überprüfen, um die Interessen des irakischen Volkes zu schützen. Wir bestehen darauf, die nationalen Belange bei den Abläufen in der Ölindustrie nicht aufzugeben, die Iraqi National Oil Company wieder einzusetzen, damit sie ihre Verantwortung in der Entwicklung der Ölindustrie und der Entwicklung ihrer Produktion und Exportkapazitäten durch nationale Anstrengungen wahrnimmt.
 
Dieser Bericht zeigt auf, wie auch die neuen Machthaber im Irak hinsichtlich der Wahrung der Interessen des Landes verfahren. Man hätte annehmen sollen, daß das blutige Geschehen in ihrem Land sie eine andere Haltung einnehmen lassen würde. Heute, schreibt Karl Müller in Zeit-Fragen 5, ist der Irak ein Land, in dem die Menschen kaum noch Luft zum Atmen haben und in dem ein Regime herrscht, dessen Macht auf brutaler Unterdrückung jeglichen Widerstands und auf der Terrorisierung seiner Bevölkerung beruht. Wo vermeintlich »Ruhe« im Land eingekehrt sein soll, handelt es sich um eine Friedhofsruhe, deren größter »Geschäftszweig« die Sicherheitsindustrie ist.    
   
1 http://www.wsws.org/de/2009/feb2009/irak-f19.shtml  19. 2. 09
2 http://www.german-foreign-policy.com/de/fulltext/57469  18.02.2009 Kriegswirtschaft
3 http://www.german-foreign-policy.com/de/fulltext/57164 20.02.2008 Militärpartner am Golf
4 http://www.german-foreign-policy.com/de/fulltext/57287  4.07.2008 Besatzungsbeitrag
5 http://www.zeit-fragen.ch/ausgaben/2009/nr8-vom-2322009/was-sucht-der-deutsche-aussenminister-im-irak/ Zeit-Fragen Nr. 8 vom 23. 2. 09 Irakische Abgeordnete wehren sich gegen Ausverkauf des Ölreichtums - Von Mohammed Al-Dayni. Dieser ist seit 2006 Mitglied des irakischen Parlaments. International bekanntgeworden ist er dadurch, daß er die Verbrechen der Todesschwadronen und ihre Auftraggeber öffentlich gemacht hat. Ebenso hat er die Existenz von über 400 Geheimgefängnissen verschiedener Regierungsstellen im Irak aufgedeckt, in denen Menschen ohne jede Rechtsgrundlage festgehalten, gefoltert und auch exekutiert werden.
Siehe auch http://www.politonline.ch/?content=news&newsid=971  Anglo-amerikanische Ölmultis sichern sich den Zugriff auf das irakische Öl - Von F. William Engdahl
Wer sich ein Bild von den wirklichen Ereignissen seit dem Kriegsbeginn im März 2003 machen will, muss die Kapitel zum Irak in Naomi Kleins Buch «Die Schock-Strategie. Der Aufstieg des Katastrophen-Kapitalismus» ­(ISBN 13-978-3100396112) lesen.