Zur Person von Joe Biden - Von Doris Auerbach

Man ist sicherlich einiges von der Presse gewöhnt, dennoch hat sich »Die Welt« mit ihrer Aussage »Der amerikanische Vizepräsident Joe Biden ist der Star auf der Münchner Sicherheitskonferenz« sozusagen überschlagen [1]. Zuviel ist über ihn bekannt, als dass man ihn als solchen betrachten könnte.

Allein schon die Wortwahl dieser Charakterisierung im Zusammenhang mit den dort versammelten, mehrheitlich kriegsbeflissenen Geistern ist völlig unangebracht. Die »Financial Times Deutschland« ihrerseits befleissigte sich am 17. 1. eines ebenfalls recht schönfärberischen statements: »Der Countdown läuft: Die Welt freut sich auf die Amtsübernahme Barack Obamas« 2. Gewiss: insbesondere die Afghanen, deren totale Niederwerfung voraussichtlich Teil seines Regierungsprogramms bleiben wird; die Freude der Pakistaner dürfte darin begründet sein, vermehrten Luftangriffen von Seiten der USA ausgesetzt zu werden und die bedauernswerten Iraner dürften mit weiteren Drohungen und Sanktionen bedacht werden, auch wenn zwischendurch einmal eine Schönwetterwolke in Form eines Gesprächsangebots auftaucht. Schliesslich hatte Hillary Clinton bereits eine Woche vor der Amtseinführung Obamas dem Iran und Russland gedroht, wobei sie den Krieg als Option nicht ausschloss. Damit hat sie gleich zu Beginn ihrer neuen Funktion dafür gesorgt, dass hier keine falschen Hoffnungen aufkommen, gewissermassen als Einstandsgeschenk. Ende April 2008 hatte sie den Iran vor einem atomaren Angriff auf Israel gewarnt, wobei ganz offensichtlich ihre Phantasie mit ihr durchgegangen sein muss. »In diesem Fall könnten die Vereinigten Staaten den Iran auslöschen«, erklärte sie im US-Fernsehen. Auf diese Formulierung angesprochen, sagte sie gegenüber dem Fernsehsender ABC, die Iraner müssten wissen, dass sie im Fall eines Wahlsiegs als Präsidentin den Iran angreifen würde, um einen iranischen Nuklearangriff auf Israel zu vergelten. Diese kriegerische Einstellung scheint sie auch als Aussenministerin beibehalten zu wollen. Gegen den Iran hatte Obama, wie die Berliner Umschau am 14. 1. schrieb, »bereits vor über einem Jahr einen Waffengang ausdrücklich nicht ausgeschlossen.« Übereinstimmung zwischen Clinton und ihrem Amtskollegen Steinmeier herrschte offensichtlich auch bei dessen Besuch in Washington am 3.2.09. Beide warnten den Iran. »Die Muskelspiele des Irans beunruhigen den Westen«, hiess es in der Welt am 3. Februar. Clinton drohte dem islamischen Land mit Konsequenzen, sollte der Iran atomar aufrüsten. Soviel für die Kriegsbereitschaft von Leuten, die uns regieren, ohne dass ihre Vernunft sie mit der elementaren Frage konfrontiert, ob unser Globus eine Verwüstung der angedrohten Art überhaupt noch verkraften kann. Es wird so viel über die Mafia und ihre Kriminalität geschrieben. Ich konnte jedoch bislang noch nie lesen, dass sich auf offizieller Ebene jemand bereit gefunden hätte, Aussagen resp. Absichten der genannten Art als verbrecherisch zu bezeichnen. Und das sind sie in  meinen Augen.
 
Was sich sonst noch überlegt wird, nämlich wenig, was uneingeschränkt der Wahrheit entspräche, deuten die folgenden Worte Clintons an: Die Aussenministerin dankte Deutschland für den Beitrag in Afghanistan: »Wir brauchen unsere engsten Verbündeten wie Deutschland, um den Erfolg und die Stabilität der afghanischen Nation in diesem wichtigen Moment zu gewährleisten.« Es ist nicht die Stabilität dieses geschundenen Landes, sondern dessen totale Beschlagnahmung, wofür sie die BRD braucht; zu dieser Gewährleistung trägt Deutschland unverdrossen bei, auch wenn über 70 % der Bevölkerung gegen den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan protestiert haben. Erklärungen dieser Art zeigen für mich einmal mehr, mit welch politischen Verlogenheiten hier ohne Hemmungen hantiert wird. Wo bleibt der von der Presse fast täglich und vom Buchmarkt höchst intensiv hochgejubelte Wechsel, für den Obama sorgen will? Die EU-Bürger, die einmal mehr nichts zu vermelden haben, können sich ihrerseits auf die beabsichtigte Ausweitung des Afghanistankriegs, der ihre mehrheitlich bankrotten Staatsschatullen zusätzlich belasten wird, freuen. Mit anderen Worten: der Countdown wird das Inferno in Afghanistan in Gang halten. Widerstand gegen die westliche Militärallianz hat sich inzwischen auch in der Türkei formiert: dieser fordert neben dem NATO-Austritt den Rückzug der türkischen Soldaten aus Afghanistan und die Schliessung der NATO-Stützpunkte in Izmir, Konya, Sile, Balikesir und Marmaris.
 
Sarkozy darf man zubilligen, den Vogel abgeschossen zu haben, indem er auf der NATO-Sicherheitskonferenz mehr Verteidigungsanstrengungen von Europa forderte und so laut Welt »die vielleicht einprägsamste (!) Formulierung des Tages« fand: »Ich sage allen in Europa: Das ist ein Test, ob die Europäer den Frieden wollen oder in Frieden gelassen werden wollen.« Hemmungen, davon abzusehen, sich der Entstellung von Fakten zu bedienen,  scheinen seit den Tagen der Irakkriegslügen restlos überwunden. Wozu mehr Verteidigung? Wir werden gar nicht angegriffen und sehr wohl in Frieden gelassen. Lediglich die USA und ihre Vasallen fahren mit dem Versuch fort, die Kriegsfackel aus rein geostrategischen Gründen am Brennen zu erhalten. Es fragt sich, ob sich die Redaktionen der Zeitungen überhaupt noch Rechenschaft darüber ablegen, was so an gedruckten Ungereimtheiten in ihren Blättern erscheint. So heisst es in dem Artikel der Welt vom 7.2. ferner recht überheblich, dass »Laridschani [Ali Larijani] einen Einblick in all die Pathologien des revolutionär-iranischen Weltbildes bot.« Ganz so, als wären die Strategien der Neokonservativen nicht ihrerseits als hochgradig krankhaft einzustufen, was nicht bedeutet, dass ich diejenigen des Irans, ein Land, in dem das British Empire zusammen mit der USA regelrecht gewütethat, als solche betrachtete. Natürlich muss uns auch Herr Steinmeier belehren: »Es wäre ein Fehler, wenn die Iraner die neue Gesprächsbereitschaft Barack Obamas so verstehen würden, als sei man in Sachen Atomprogramm auch inhaltlich zu Konzessionen bereit.« Man entgeht kaum der Folgerung, dass die Findigkeit der kriegssüchtigen Spezies, jeweils einen Vorwand für einen Angriff zu legitimieren, unverändert ergebnisreich verläuft. Bei Afghanistan war es der 11. September, beim Irak die angeblichen Waffenvernichtungswaffen, bei Pakistan schiebt man den Kampf gegen den Terror vor und beim Iran ist es die Behauptung, die Atombombe sei das gewollte Ziel und sozusagen gleich übermorgen greifbar. Es ist auffallend, wieviel Raum die Presse denjenigen einräumt, die letztere Sicht vertreten, auch wenn diese wiederholt widerlegt wurde. »Wer Frieden wolle, müsse auch die Mittel bereitstellen, um Sicherheit zu garantieren«, heisst es ausserdem in besagtem Artikel. Mittel dieser Art bestehen einzig und allein in einer Haltung des Nichtangriffs und einer friedlichen Koexistenz, die, geht man durch die Presseberichte, auf der Agenda der NATO schwerlich ausfindig zu machen sind.    
 
F. William Engdahl schreibt zu Joe Biden u.a. folgendes 3:
Berichten zufolge sagte Biden bei einer Spenden-Gala am 19. Oktober 08 in Seattle im US-Bundesstaat Washington: »Merken Sie sich meine Worte. In nicht einmal sechs Monaten wird die Welt Barack Obama auf eine harte Probe stellen, genauso wie damals John F. Kennedy. Die Welt beobachtet uns.« Biden wiederholte sich, als er sagte: »Wir stehen kurz davor, einen brillanten 47jährigen Senator zum Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika zu wählen. Vergessen Sie nicht, daß ich das hier vor Ihnen gesagt habe, auch wenn Sie alles andere vergessen, was ich sage. Seien Sie auf der Hut, wir werden eine internationale Krise erleben, eine künstlich geschaffene Krise, in der getestet wird, was in diesem Kerl steckt.«  Er verplapperte sich fast, als er hinzufügte: »Ich kann Ihnen mindestens vier oder fünf  Szenarios aufzählen, wie diese Krise ausgelöst werden könnte.« Er nannte  den Mittleren Osten und Rußland als potentielle Auslöser.
 
Zu wem gehört Joe Biden? Zunächst einmal etwas zum Hintergrund des altgedienten Senators aus Delaware, einem Staat, der in der amerikanischen Politik als Herrschaftsgebiet des riesigen Chemie- und mittlerweile auch GVO-Konzerns DuPont gilt *. Biden gehört seit 1973, also seit 35 Jahren, dem US-Senat an. Er ist gegenwärtig Vorsitzender des Außenpolitischen Ausschusses. Sein Einfluß trug maßgeblich dazu bei, daß die USA militärisch in den Bosnien-Krieg eingriff; außerdem stimmte er für die Irak-Kriegs-Resolution. Biden ist gegen einen Abzug der Truppen aus dem Irak und befürwortet die Aufteilung des Iraks in eine lockere Föderation dreier ethnischer Staaten mit getrennten Gebieten für die Kurden, Schiiten und Sunniten, vergleichbar etwa mit dem ehemaligen Jugoslawien [siehe auch http://www.politonline.ch/index.cfm?content=news&newsid=248, Wird der Irak geteilt?]. Biden spielte 1999, d.h. in der Regierungszeit Clintons, beim Krieg der USA und der NATO gegen das ehemalige Jugoslawien eine entscheidende Rolle. Die von ihm formulierte »Lift and Strike«-Resolution verband damals Waffenverkäufe in der Region mit den massiven Bombardierungen. Biden zeichnet auch für Gesetze verantwortlich, mit denen fast 10 Milliarden $ umverteilt wurden und an die riesige »Gefängnisindustrie« in der USA flossen. Mit diesen Gesetzen wurden nicht nur die die Mittel für die berufliche Ausbildung der Insassen drastisch gekürzt, sondern auch die Anwendung der Todesstrafe ausgeweitet sowie Trainings- und Erziehungslager für Minderjährige, sogenannte »Boot Camps«, gegründet. Als langjähriges Mitglied des New Yorker Council on Foreign Relations (CFR) setzt sich Biden auch für die Entsendung von US-Truppen nach Darfur ein. Ähnlich wie Obama bezeichnet auch er Afghanistan, und nicht den Irak, als »Hauptfront« im Krieg gegen den Terrorismus.
 
Biden ließ sich zu Obama in Seattle ferner wie folgt vernehmen: »Dieser Kerl hat es in sich. Aber er wird Ihre Hilfe brauchen. Denn ich verspreche Ihnen, Sie alle werden in einem Jahr dasitzen und sich fragen: ›O Gott, warum steht die Regierung in den Umfragen so weit unten? Warum steht sie so schlecht da?« Biden unterstrich bei seiner Wahlrede vor den Unterstützern Obamas, daß die Gebirgsregion an der afghanisch-pakistanischen Grenze ganz besondere Sorgen bereite, weil Osama bin Laden »lebt und aktiv ist und weil Pakistan über ein großes Atomwaffenarsenal verfügt«. Ahnungsvoll, vielleicht als Hinweis auf den potentiellen Einsatz von Atomwaffen gegen die Taliban in Pakistan oder Afghanistan, fügte Biden noch hinzu: »Überall wimmelt es dort von Al-Qaida-Leuten. Wir haben nicht die militärischen Mittel, und haben sie, offen gestanden, auch in den letzten 20 Jahren nicht gehabt, um das Ergebnis zu bestimmen. Die ganze außenpolitische Lage ist auch viel wichtiger, und viel komplizierter. Und Barack versteht das.« Anmerkung: Womit direkt zur Essenz der Münchner Sicherheitskonferenz übergeleitet wird.
 
1http://www.welt.de/politik/article3165220/Washington-will-mehr-als-gute-Worte-von-Europa.html  7.2.09 Washington will mehr als gute Worte von Europa
2 http://www.ftd.de/politik/international/:44-US-Pr%E4sident-Obama-verspricht-ein-Fest/462131.html
17.1.09 Obama verspricht ein Fest - Der Countdown läuft: Die Welt freut sich auf die Amtsübernahme Barack Obamas
 3 Quelle: http://info.kopp-verlag.de/news/joe-bidens-aufschlussreiche-warnung-vor-der-zukunft.html
21. 10. 08 Joe Bidens aufschlussreiche Warnung vor der Zukunft  Von F. William Engdahl; von uns gekürzte Fassung
* und als Steuerparadies für zahlreiche Unternehmen: Konzernmacht im Untergrund - von Werner Rügemer http://www.politonline.ch/index.cfm?content=news&newsid=141