Schürt der Zentralrat der Juden den Antisemitismus in Deutschland?

Die Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch, wirft Papst Benedikt XVI. im Streit um die Wiederaufnahme des Holocaust-Leugners und Traditionalistenbischofs Richard Williamson in die Kirche mangelndes Fingerspitzengefühl vor.

Das hatte sie ja bereits mehrfach in dieser Woche getan, fraglich ist nur, was sie mit der dauernden Wiederholung erreichen möchte. Papst Benedikt XVI. steht in der Kritik, weil er die Exkommunikation von vier Bischöfen der traditionalistischen Piusbruderschaft aufgehoben hatte. Unter ihnen ist auch Williamson, gegen den die Regensburger Staatsanwaltschaft ermittelt. Der Brite hatte in einem im Landkreis Regensburg aufgezeichneten Interview behauptet, die historische Evidenz spreche gegen die Existenz von Gaskammern zur NS-Zeit. Auch seien nicht sechs Millionen Juden, sondern 200 000 bis 300 000 Juden von den Nazis ermordet worden. Es stimmt, daß der Holocaust ein Teil der deutschen Geschichte ist und ja, es war ein Verbrechen! Aber dieses Verbrechen wurde vor 60 Jahren begangen und es ist langsam an der Zeit, den Toten ihre Ruhe zu gönnen. Das andauernde Wiederauflebenlassen der Erinnerung in einer Form, die eine Generalschuld eines ganzes Volkes bis in die 3., 4., 5. Generation indizieren soll, ist der Sache sicher nicht dienlich. Frau Knobloch sollte sich einmal fragen, ob sie mit ihren Äußerungen nicht einem neuen Antisemitismus Nahrung gibt.
 
Der in Deutschland aufkeimende Antisemitismus basiert zum größten Teil auf Vorurteilen, die entstehen, weil sich einige wenige Persönlichkeiten immer wieder ins Rampenlicht spielen müssen. In einer heute durchgeführten Blitzumfrage bei 147 zufällig ausgewählten Passanten gaben 139 an, daß sie kein Mitglied der jüdischen Gemeinde kennen würden, 6 sagten, das sie glaubten, ein Mitschüler wäre Jude gewesen, waren sich aber nicht sicher.  Zwei gaben an, daß sie jüdische Arbeitskollegen hätten, waren sich aber auch nicht ganz sicher. Das sollte uns doch klar vor Augen führen, daß es in Deutschland keine Basis für einen fundierten Antisemitismus gibt, einfach weil die wenigsten Menschen positive oder negative Erfahrungen in ihrem persönlichen Umfeld machen konnten. Die Vorurteile gegenüber den Juden in Deutschland basieren auf den Aussagen, die von führenden Mitgliedern der jüdischen Gemeinde in der Öffentlichkeit gemacht werden.
 
Es ist traurig, aber zu verstehen, daß die Überlebenden des Holocaust nicht vergeben können. Trotzdem wäre es manchmal angebracht, wenn sie darüber nachdenken würden, ob sie mit ihren Aussagen dem Gedenken an dieses Verbrechen dienlich sind. Sicherlich handelt Frau Knobloch nur in der besten Absicht, aber es müßte ihr doch auffallen, daß sie mit ihren permanenten kritischen Aussagen einen neuen Antisemitismus heraufbeschwört. Manchmal ist ein Geste des Vergebens besser, um das Andenken an die Geschichte zu erhalten.
 
Stellen sie sich einmal, vor daß wir uns den ganzen Tag überlegt haben, ob wir diesen Bericht schreiben können, oder ob wir damit in eine antisemitistische Ecke gedrückt werden, in der wir uns als Journalisten nicht sehen. Und das, obwohl wir in einem Land leben, in dem schon mit Blick auf die Geschichte jeder das Recht haben sollte, seine Meinung frei zu sagen.
 
http://www.hannover-zeitung.net/vermischtes/116914-frau-knobloch-kann-einfach-keine-ruhe-geben vom 1. 2. 09; Hervorhebung durch politonline