Abbas: »Israel will keinen Frieden« - Von Florian Rötzer

Während die Hamas das Existenzrecht Israels nicht anerkennen will, schreibt der Autor, läßt Israel weiterhin verstärkt Siedlungen und Straßen im Westjordanland ausbauen, was Abbas in den Worten zum Ausdruck bringt, daß Israel keinen Frieden will.

Auch wenn sich US-Präsident Obama schnell für eine Lösung des Nahost-Konflikts einsetzen möchte, ist die Situation nach dem Krieg verfahrener denn je, denn vor den Wahlen will die israelische Regierung weiter Stärke demonstrieren, während die Hamas umgekehrt ihre Macht ausbauen und zeigen will, daß sie weiterhin handlungsfähig ist. Nach dem Anschlag mit einer Straßenbombe auf ein Patrouillen-Fahrzeug am 27. 1., bei dem ein israelischer Soldat getötet und zwei weitere Soldaten verletzt wurden, und nachdem am 28. 1. zudem eine Kassam-Rakete aus dem Gaza-Streifen abgeschossen wurde, hat Israel harte Maßnahmen angekündigt. Wie Rötzer ferner berichtet, wurde von der israelischen Regierung überdies betont, daß man mit der Hamas nicht verhandle; man habe auch, was den Waffenstillstand betrifft, keine Verpflichtungen gegenüber der Hamas 1. Insofern dürfte das von Zipi Livni offen verkündete Ziel, die Hamas-Herrschaft im Gazastreifen zu vernichten 2, weiterhin verfolgt werden, auch wenn es längst kein Geheimnis mehr ist, daß es Israel war, das die Hamas zu Anfang mit aufbaute *. 
 
Die israelische Zeitung Haaretz zitierte Livni wie folgt: »Sobald es einen Vorfall an der Grenze gibt und jemand schießt, wenn es da eine Bombe gibt oder das Schmuggeln von Waffen, muß Israel sofort antworten.« Dieses  Zitat der israelischen Außenministerin  verschwand kurz nach seiner Veröffentlichung 3. Wie die New York Times berichtete, profitieren von dem kurz vor den israelischen Parlamentswahlen am 10. Februar durchgeführten Krieg laut Umfragen die rechtsgerichtete Likud‹-Partei von Benjamin Netanjahu und die nationalistische Yisrael Beiteinu von Avigdor Lieberman 4. Gleichzeitig sinken die Umfragewerte für die regierende Kadima (Livni) und die Arbeitspartei (Ehud Barak) weiter. Es bleibt abzuwarten, was George Mitchell, der Sondergesandte Barack Obamas für den Mittleren Osten, hinsichtlich einer Stabilisierung der Region erreichen wird. Im übrigen dürfte ein Friedensprozeß wenig Chancen haben, solange das Westjordanland von israelischen Siedlungen zerschnitten wird und die Siedler sich nicht zurückziehen. Laut einem soeben veröffentlichten Bericht von Peace Now haben sich die Siedlungen im Jahr 2008 gegenüber 2007 um 68 % vergrößert, während die Zahl der Siedler von 270.000 auf 285.000 angestiegen ist. Trotz Vereinbarungen, den Siedlungsausbau zu stoppen, habe die Regierung dies zugelassen, kritisiert Peace Now. Die Fatah, heißt es, habe ihre Verpflichtung, weitere Terroranschläge zu unterbinden, eingelöst. Der Ausbau der Siedlungen schwächt die Position der Palästinensischen Autorität, die das Westjordanland kontrolliert, und stärkt die rivalisierende Hamas. Der palästinensische Präsident Mahmoud Abbas soll, um dem Dilemma zu entkommen, zwischen Israel und Hamas zerrieben werden. Er wollte auch beim Treffen mit Mitchell klarstellen, daß Israel, wie bereits oben dargelegt, keinen Frieden wünscht; der Krieg habe dies deutlich gemacht. Israel wolle mit Gesprächen nur weitere Zeit schinden, um Fakten durch die Sicherheitsmauer und den Ausbau der Siedlungen zu schaffen. John Holms, der UNO-Koordinator für Humanitäre Hilfe, kritisierte sowohl die Hamas als auch Israel. Erstere habe zivile Einrichtungen während des Kriegs zynisch mißbraucht und Raketen gegen zivile Ziele abgeschossen. Beides, so Holms, seien Verletzungen des internationalen Rechts.
  
Anmerkung politonline d.a. Wie zu erwarten, ist der übliche fest verankerte Mechanismus, im Anschluß an sinnentleerte Zerstörungen unsere Steuergelder für den Wiederaufbau  einzufordern, auch jetzt wieder reibungslos angelaufen. Beim WEF in Davos, der Versammlungsort der Vertreter der Global Governance - letztere ist das Etikett, das es ihnen erlaubt, mit diesem Planeten weitgehend so umzuspringen, wie es ihren eigenen Zielen, aber nicht den unsrigen entspricht, ein Fakt, den die Regierungen möglichst verdrängen - hat Ban Ki Moon einen Appell in Höhe von 613 Millionen $ lanciert 5. Die Vorstellungswelt der UNO-Funktionäre muß von einer Ungetrübtheit sein, die ihresgleichen sucht, ächzt doch die Mehrheit der Steuerzahler bereits unter einer nicht mehr zu tilgenden Verschuldung, den makabren Folgen der Finanzkrise, Arbeitslosigkeit sowie unter vermehrten sozialen Lasten, die die Einwanderung mit sich bringt: Umstände, die das einstmals gesunde Fundament ihrer Staaten endgültig zu sprengen drohen. Bei einer gemeinsam mit Ban Ki Moon abgehaltenen Pressekonferenz in Davos erklärte der bereits genannte John Holms, daß Israel die Blockade des Palästinensischen Gebietes aufheben müsse: »Andernfalls werden wir nicht in der Lage sein, das zu vollbringen, was wir erreichen wollen.« Im Gegensatz hierzu wiederholt Israel sein Argument, daß die Beschränkung des Zugangs zum Gaza-Streifen notwendig sei, um zu verhindern, daß Waffen an die Hamas gelangen können, womit die Mitchell übertragene Aufgabe bereits in einem nicht leicht zu behebenden Zwiespalt steckt.
 
Nicht, daß man nach den jetzigen Verwüstungen im Gaza, die mehr als 1300 Menschenleben forderten, zu der Einsicht gelangte, daß ein weiterer Brandherd den Nahostbereich unseres Globus endgültig in Schutt und Asche legen könnte - und zwar für alle darin Involvierten; im Gegenteil: die Idee, den Iran anzugreifen, ist jetzt am 25. 1 in Tel Aviv erneut aufgegriffen worden 6. Bei einem Treffen mit Tony Blair behauptete Verteidigungsminister Ehud Barak das, was uns je nach Lage der Dinge immer wieder erklärt wird, daß nämlich das nukleare Programm des Irans die Stabilität in der Region bedrohe. Wir wissen allerdings nicht, ob Blair den Mut hatte, Herrn Barak auseinanderzulegen, wer diese Stabilität in erster Linie wirklich bedroht. Desgleichen heißt es, daß dieses die gesamte Welt bedrohe, wobei der Tatbestand der in den bekannten Ländern - wozu auch  Israel gehört - vorhandenen atomaren Waffen, die gerade der USA eine absolute Übermacht einräumen, schlicht in die geistige Versenkung geschoben wird. Auch bei dieser Unterredung wurde der Ruf nach verschärften Sanktionen gegen den Iran laut, als ob die bestehenden, die Geschäfte der EU-Länder mit dem Iran bereits schwer beeinträchtigenden Sanktionen nicht genügten. Barak legte ferner dar, daß Israel die Option einer militärischen Attacke gegen den Iran nicht vom Tisch nehmen werde, auch wenn für Israel in diesem Punkt die Notwendigkeit eines Zusammengehens mit Rußland und China bestünde. Bereits bei einem Treffen mit Condoleezza Rice im November letzten Jahres hatte Barak Washington gebeten, die militärische Option gegen den Iran nicht auszuschließen.  
 
Einer britischen Information vom 29. 1. zufolge hätte die Administration Obama erwogen, der iranischen Regierung eine Antwort zugehen zu lassen, die die Bereitschaft zur Verbesserung der Beziehungen und die eventuelle Aufnahme von direkten Gesprächen zwischen den beiden Ländern signalisieren sollte. Dies hätte den bedeutendsten Schritt zur Normalisierung der Beziehungen bedeutet, den die USA nach 30 Jahren vollzogen hätte. Robert Gibbs, der Sprecher des Weißen Hauses, beeilte sich jedoch, einen Bericht dieser Art in Abrede zu stellen. Weder der Präsident noch die Außenministerin hätten Kenntnis von einem derartigen Schreiben. Gibbs fügte hinzu, daß es bezüglich des Irans zahlreiche Probleme gäbe, die behandelt werden müßten. So glaube Obama, daß die iranische Führung ihr illusorisches illegales Nuklearprogramm, die Förderung des Terrorismus sowie die Bedrohung des Friedens in Israel anzugehen hätte 7. Washington hat den Iran am 29. 1. gewarnt, daß das militärische Vorgehen als eine der Optionen der USA bestehen bleibe, was auf den von Obama unermüdlich propagiertem Wandeleinen dunklen Schatten wirft. Insgesamt heißt es, daß es unter der neuen US-Regierung ein noch größeres militärisches Engagement in Afghanistan geben wird; die Bevölkerung werde bereits auf neue Opfer und Kosten eingestimmt. Dies trotz der steigenden Selbstmordrate unter US-Soldaten, die 2007 mit 115 Soldaten, die sich das Leben nahmen, so hoch wie nie zuvor in der Geschichte der US-Armee lag. Der »erhöhte Streß« angesichts der Kriegs­einsätze in Afghanistan und im Irak sei ein Faktor für den »traurigen Rekord« 8.
 
Wieso bei den genannten Vorhaben die EU oder andere Staaten nicht die unmißverständlich zu vollziehende Forderung erheben, den Gedanken an ein weiteres Inferno, einen Krieg gegen den Iran, für immer aufzugeben, gibt zu denken. Es geschieht nichts dergleichen. Man beschränkt sich lieber weiterhin auf die bislang praktizierte, eingeschliffene und wesentlich leichtere Rolle, jeweils erst nach dem Desaster an Ort und Stelle zu eilen, um unter den bekannten, so leicht von den Lippen gehenden Floskeln wie Empörung und Enttäuschung mittels Verteilung unserer Steuergelder die Ankündigung von Friedensbemühungen von sich zu geben, anstatt die sich in der Regel weit im voraus abzeichnenden und immer wieder in Kriege mündenden Krisen von vornherein mit allen Mitteln zu verhindern. Angesichts der Debakel, mit denen sich der Bürger unausgesetzt konfrontiert sieht, stellt sich die Frage, wie es den Verantwortlichen überhaupt noch gelingt, vor sich selbst bestehen zu können.
 
 
Wer sich angelegentlich darüber informieren möchte, welche Konzerne sich am Ausbau der Siedlungen und der Infrastruktur in den von Israel besetzten Gebieten beteiligen, am Bau der Mauer und der checkpoints, sowie die Lieferung von speziellen Ausrüstungen, die für die Kontrolle und Unterdrückung der unter der Besatzung lebenden Bevölkerung Verwendung finden, besorgen, nehme in die folgende website Einsicht: http://www.whoprofits.org/
 
1 http://www.heise.de/tp/r4/artikel/29/29624/1.html  28. 1. 09
2 http://www.politonline.ch/?content=news&newsid=1111 »Geschmolzenes Blei« Von Uri Avnery
3 http://www.radio-utopie.de/2009/01/27/Livni-Sofort-Angriff-auf-Gaza,-US-Friedensmission-von-Mitchell-sabotiert Livni: »Sofort Angriff auf Gaza« US-Friedensmission von Mitchell sabotiert
4 http://www.nytimes.com/2009/01/27/world/middleeast/27mideast.html?_r=1&em 26.1.09
Gaza War Gives Bigger Lift to Israel’s Right Than to Those in Power - By Isabel Kershner
5 http://news.bbc.co.uk/2/hi/business/davos/7857874.stm 29. 1. 08 UN launches $613m appeal for Gaza
6 http://www.prisonplanet.com/israel-switches-to-iran-after-gaza.html
Sunday, Jan 25, 2009 Tom Baldwin in Washington 
7 http://news.antiwar.com/2009/01/29/white-house-dismisses-report-of-iran-letter/
http://www.timesonline.co.uk/tol/news/world/middle_east/article5614805.ece 30.1.09
US pours cold water over hopes of Iran deal resp.
http://www.haaretz.com/hasen/spages/1060071.html  31. 1. 09
White House: Obama believes U.S. should keep all options open on Iran By Reuters
8 http://www.jungewelt.de/2009/01-31/010.php Selbstmordrekord in der US-Armee
 
* Betr. Hamas siehe http://www.politonline.ch/index.cfm?content=news&newsid=1114
Die Hamas und Fatah - durch die US-Israel-Kriegsallianz instrumentalisiert sowie
http://www.politonline.ch/index.cfm?content=news&newsid=1109
Die Partnerschaft Israels mit der Hamas - Von Paul Joseph Watson