Schwere Anklagen - Menschenrechtsreport vergleicht Israel mit südafrikanischem Apartheid-Regime Von Jürgen Cain Külbel

Grundlegende Menschenrechte werden in Israel zunehmend verletzt, konstatierte »The Association for Civil Rights in Israel« (ACRI), die führende Menschen- und Bürgerrechts-Organisation des Landes, in ihrem am 7. 12. 08 veröffentlichten »State of Human Rights Report«. Der Jahresbericht weist auf »äußerst besorgniserregende Trends hin, wie Verstöße gegen die elementarsten Menschenrechte in bezug auf Gesundheit, ein Leben in Würde, Bildung, Wohnen, Gleichheit, Kampf gegen Rassismus, Freiheit der Meinungsäußerung, Schutz der Privatsphäre und der Demokratie«.

Die Autoren konstatieren einen Zusammenhang »zwischen der andauernden Besetzung der Gebiete, deren Auswirkungen auf die Menschenrechte der Palästinenser, die Bedrohung, die dieser Umstand für die israelische Demokratie darstellt« und unterscheiden dabei zwischen der Situation in Israel und im Westjordanland, wo die Verletzung grundlegender Menschenrechte als weitaus schwerer bezeichnet wird. Nach einer Umfrage des Israel Democracy Institute glauben nur 56 % der Israelis an gleiche Rechte für alle Bürger, nur 57 % an die Gleichheit zwischen Männern und Frauen. Ganz zu schweigen von der Gleichstellung zwischen Israelis und anderen Ethnien: »Die Diskriminierung im Dienstleistungssektor, bei den Haushaltsmitteln und im Zugang zu natürlichen Ressourcen zwischen … Israelis und Palästinensern … stellt eine grobe Verletzung des Grundsatzes der Gleichheit dar, die vielfach und in zunehmendem Maße an das Apartheid-Regime in Südafrika erinnert.« Die Rechte der arabischen Bürger Israels unterliegen, so der Bericht, seit der Gründung des Staates einer »systemischen und institutionellen Diskriminierung in allen Aspekten des Lebens«. Obwohl die Araber 20 % der Bevölkerung ausmachen, verfügen die arabischen Behörden auf lediglich 2,5 % der Fläche des Staates über die Gerichtsbarkeit. Zudem verhindern soziale und institutionelle Barrieren den arabischen Bürgern den Erwerb von Grundstücken oder Leasing (von Boden) auf einer Fläche von 80 % des Landes. Der Report weist zudem auf schwere Fälle von Diskriminierungen behinderter Menschen hin: Deren Durchschnittseinkommen sei um 70 % geringer als das gesunder Menschen; 85 % der »Arbeitgeber« stellten keine Behinderten ein. Einwanderern aus der ehemaligen Sowjetunion und aus Äthiopien ergeht es ähnlich; mehr als 72 % aller Kinder äthiopischer Abstammung wachsen in Israel in Armut auf. Gleichheit, so die Verfasser, werde nicht als ein oberstes Recht anerkannt, eben weil es nicht ausdrücklich durch die Grundrechte garantiert werde. Um Diskriminierung zu verhindern, mangelt es in der israelischen Gesellschaft an »einer echten Internalisierung der Werte der Gleichheit«, mahnen die Verfasser.
 
Der Report kritisiert, daß Personen seit August 2008 auf unbestimmte Zeit in »administrative Haft« genommen werden können, wenn »auf der Grundlage geheimer Beweise« angenommen werde, daß sie »direkt oder indirekt an feindlichen Aktivitäten gegen den Staat Israel« beteiligt waren. Dem arbeitet der Trend zu, Gerichten zunehmend Beweise »hinter verschlossenen Türen zu präsentieren«. Die Regierung beabsichtige zudem ein Gesetz, dem zufolge Asylbewerber für längere Zeit ohne gerichtliche Überprüfung in Gewahrsam genommen werden können. Israel hat seit 1951 lediglich 171 Menschen den Flüchtlingsstatus zuerkannt, eine der niedrigsten Zahlen in der westlichen Welt. Die Behandlung der derzeitig 12500 Asylbewerber »schwankt zwischen dem Ignorieren dieses Phänomens und der Vernachlässigung bestimmter humanitärer Gesten«, was wiederum »zur Abschreckung von mehr Asylbewerbern« führen soll, so der Bericht.
 
Für das Jahr 2007 dokumentieren die Menschenrechtler, daß mittlerweile 420.000 israelische Familien, das sind 20,5 %, unterhalb der Armutsgrenze leben. Die Kinderarmut erreichte zudem dramatische 35,9 % (805000 Kinder). Die Bewohner von Ost-Jerusalem und die Beduinen leiden am stärksten unter Armut und Mangel an sozialen Dienstleistungen: 67 % der palästinensischen Familien in Ost-Jerusalem gelten als arm, 77,2 % der dort lebenden Kinder sind davon betroffen. Im Vergleich dazu beträfe das nur 21 % der jüdischen Familien Jerusalems und 39,1 % ihrer Kinder. Besonders menschenunwürdig werden Zehntausende von Beduinen, die in 39 Dörfern in der Negev-Wüste vegetieren, behandelt: Dienstleistungen im Bildungs- und Gesundheitssektor, sauberes Wasser, Strom, Abwasser, Telefon, Infrastrukturen werden ihnen völlig verwehrt.
 
Quelle: http://www.jungewelt.de/2008/12-10/023.php
Siehe www.acri.org.il/pdf/state2008.pdf