USA - Ein wahrlich »traumhaftes« Team

politonline d.a. Schon hat sich die Presse dieser Tage wieder einmal überschlagen und uns mit dem Begriff »Obamas Dream Team« versorgt. So ließ auch die »Basler Zeitung« ihre Leser am 1. Dezember doch tatsächlich folgendes wissen: »Mit den jüngsten Personalentscheiden, wie dem Festhalten am amtierenden Verteidigungsminister Robert Gates, beweist Obama schon vor der Machtübernahme in Washington Mut, Risikobereitschaft und eine viel gerühmte Klugheit und Weitsicht.« [1]

Man sollte die Redaktion zu gegebener Zeit darauf hinweisen, inwiefern diese hehren Worte der Wirklichkeit standhalten. Auch Le Figaro verfehlte nicht, mit »Clinton und Gates in Obamas Dream Team« in den Chor dessen einzustimmen, was eher als blanke Lobhudelei zu sehen ist 2. Der eigentlichen Situation trug wenigstens Rainer Rupps Artikel 3 mit dem Titel »Dream-Team des designierten US-Präsidenten Obama kommt aus dem Establishment und versetzt die Falken in Verzückung«, Rechnung. In diesem legt er u.a. folgendes dar: Die Wahlkampfschlager »Frieden und soziale Gerechtigkeit«, derentwegen Millionen von Obama-Aktivisten die Kassen ihres »Hoffnungsträgers« mit Spenden gefüllt hatten, scheinen bereits vergessen. Keiner der 23 Senatoren und keiner der 133 Abgeordneten des Repräsentantenhauses, die gegen den Irak-Krieg gestimmt hatten, befindet sich in Obamas »Dream-Team«. Das einzige Versprechen, das der designierte Präsident wahrscheinlich einlösen wird, ist die Schließung des US-Folterlagers auf Guantánamo. Keine Anzeichen gibt es dagegen, daß diejenigen, die unter Bush die Folter autorisiert haben, von Obama zur Verantwortung  gezogen würden. Mit dem Falken Robert Gates als Verteidigungsminister wird das hochtechnisierte Menschenschlachten in Irak und Afghanistan weitergehen und womöglich noch stärker auf Pakistan übergreifen. Und was die Nah- und Mittelostpolitik betrifft, so wird Obamas Stabschef im Weißen Haus, der bekennende Zionist Rahm Emanuel, dafür Sorge tragen, daß sich an der bisherigen neokonservativen, prozionistischen Linie nichts ändern wird. Dafür steht auch Hillary Clinton als Garantin. Viele Kriegsgegner, die sich teils unter erheblichen persönlichen Opfern für Obamas Wahl eingesetzt hatten, schütteln inzwischen den Kopf. Der Spiegel dagegen, das Organ des deutschen Establishments, preist die von Obama um sich gescharten »Experten« [ebenfalls] als außenpolitisches »Dream-Team«, bei dem, so die  britische Times am 1.12., die Washingtoner »Falken in Verzückung geraten.« In der englischsprachigen Ausgabe der ägyptischen Al-Ahram, so Rupp ferner, wird hingegen treffend vor der »abstoßenden Gesellschaft« gewarnt, mit der sich Obama umgeben habe. Mit der Ernennung der »neuen« alten Vertreter aus der Clinton-Administration folge eine Enttäuschung auf die andere. Man dürfe eben von den US-Wahlen nicht »zu viel erwarten«. Der Hinweis auf die neuen alten Vertreter erscheint auch in der Berliner Umschau 4, in der Paul Müller sehr treffend schreibt: »Für die Zukunft könnte der Kommentar von Christopher Preble, außenpolitischer Direktor des als libertär geltenden Cato Instituts, von mehr Interesse sein. Laut der New York Times kommentierte er die Auswahl des designierten Staatschefs mit den Worten, wir erhalten damit »lediglich mehr von demselben.« 4. Jedenfalls wird – was Gates betrifft – die Traumsicht auch in dem nachfolgenden Beitrag zunichte gemacht.    
 
Obama behält Verteidigungsminister Gates: Ein Schlag ins Gesicht für Anti-Kriegs-Wähler
Von Patrick Martin *
Verteidigungsminister Robert Gates und der designierte Präsident Barack Obama sind übereingekommen, daß Gates auch unter der neuen Regierung der Demokraten im Amt bleibt. Diese Entscheidung hat die Schlagzeilen der Medien in den letzten 24 Stunden beherrscht. Obama stößt damit Dutzende Millionen Wähler vor den Kopf, die ihn gewählt haben, weil er versprochen hatte, den Wandelnach Washington zu bringen. George W. Bush hatte Gates vor zwei Jahren, im November 2006, nach dem Debakel der Republikaner bei den Kongreßwahlen und dem Rücktritt Donald Rumsfelds, zum Chef des Pentagons ernannt. Millionen hatten 2006 für die Demokraten gestimmt, um ein Ende des Irakkriegs durchzusetzen. Aber die Bush-Regierung schlug den gegenteiligen Kurs ein und eskalierte die amerikanische Intervention mit dem sogenannten surge, einem weiteren Truppenaufbau um zusätzliche 30.000 Kampfsoldaten. (Die notwendigen Mittel bewilligten die Demokraten im Kongreß pflichtschuldigst und bestätigten Gates, General David Petraeus und andere hochrangige Amtsträger.)
 
Gates spielte bei diesen Ereignissen eine Schlüsselrolle: bei der Ernennung von Petraeus zum Oberbefehlshaber im Irak, bei den blutigen Kämpfen im Frühjahr und Sommer 2007 mit den höchsten US-Verlusten des ganzen Krieges, bei der Verstärkung der Luftangriffe, die Tod und Verderben über die irakische Gesellschaft brachten, und bei dem Wechselbad von Bestechung und Unterdrückung, mit dessen Hilfe man sowohl die sunnitische als auch die schiitische Opposition gegen das Besatzungsregime spaltete. Obama gewann die demokratische Präsidentschaftsnominierung gegen Senatorin Hillary Clinton vor allem, weil er sich auf die Anti-Kriegs-Stimmung stützte, die den Demokraten schon 2006 den Sieg bei den Kongreßwahlen beschert hatte. Er wiederholte bei den Vorwahlen immer wieder, er werde den Krieg im Irak beenden, »einen Krieg, dem nie zugestimmt und der nie geführt werden dürfen hätte«. Das war eine Zurechtweisung Clintons und anderer demokratischer Mitbewerber, die im Senat für den Krieg gestimmt hatten. Jetzt läßt Obama das Militär, die Geheimdienste und die ganze herrschende Elite wissen, was für ein zuverlässiger Verteidiger des US-Imperialismus er ist: Jeden Zentimeter Boden und jeden Tropfen Öl, den die Bush-Regierung mit ihrer kriminellen Aggression im Irak und in Afghanistan erobert hat, wird er verteidigen. Nichts anderes heißt es, wenn er Gates im Pentagon beläßt und Hillary Clinton zur Außenministerin bestellt. Auch die Designierung zahlreicher Falken aus der zweiten Reihe für Positionen im Nationalen Sicherheitsapparat dient diesem Zweck.
 
Die US-Medien sind voll davon, daß Gates als erster Pentagon-Chef der amerikanischen Geschichte im Amt bleibt, obwohl im Weißen Haus ein Machtwechsel stattgefunden hat. Daß Obama damit ein Signal für seine künftige Politik aussendet, verstehen sowohl jene Medien, die die Politik der Bush-Regierung im Irak im Großen und Ganzen unterstützt haben, wie auch jene, die ihr eher kritisch gegenüber standen. Das Wall Street Journal nannte die Entscheidung »das bisher klarste Anzeichen dafür, daß die neue Regierung noch einmal über den Irak und Afghanistan nachdenkt. Der Verteidigungsminister war immer gegen einen festen Zeitplan für den Rückzug der amerikanischen Truppen aus dem Irak. Seine Ernennung könnte also bedeuten, daß Obama sich noch weiter von seinem Wahlversprechen löst, die meisten Kampftruppen bis Mitte 2010 aus dem Irak abzuziehen. Zu Afghanistan, dem wichtigsten Problem der Nationalen Sicherheitspolitik der nächsten Regierung, haben die beiden Männer beinahe identische Auffassungen.« Die New York Times meinte: »Gates wird jetzt die Wende vollziehen müssen: von einem Oberbefehlshaber, der den Irakkrieg auslöste, zu einem, der versprochen hat, ihn zu beenden.« Aber das Blatt sieht auch, daß eher Obama seine Position geändert hat als Gates. »Mit der Bitte an Gates, im Amt zu bleiben, hat Obama alle Bedenken zur Seite geschoben, obwohl diese Entscheidung in schrillem Gegensatz zu seinem Wahlkampf steht, dessen Markenzeichen anfänglich seine Opposition gegen den Krieg war.« Liberale Gefolgsleute Obamas, wie die Redaktion der Zeitschrift The Nation, argumentieren jetzt, schließlich bestimme Obama den politischen Kurs. Er werde Schritt für Schritt die Truppen aus dem Irak abziehen. Er umgebe sich nur deshalb mit Falken, um Kritik von rechts an seiner Außenpolitik zu unterlaufen. Das wirft aber die Frage auf, was Leute wie Gates, Clinton und auch den pensionierten General James Jones, der als Nationaler Sicherheitsberater vorgesehen ist, dazu veranlassen sollte, bei einem solchen Verwirrspiel mitzumachen. Eine noch bessere Frage wäre: Welche Zusagen hat Obama Gates zum künftigen Verlauf der Kriege im Irak und in Afghanistan jetzt schon gemacht?
 
Mehr als eine Millionen Menschen sind in dem Blutbad umgekommen, das die amerikanische Invasion im Irak im Jahre 2003 entfesselt hat. Fünf Millionen haben ihre Heimat verloren. Der Irak ist als funktionierende Gesellschaft zerstört. Afghanistan liegt nach dreißig Jahren Krieg schon in Schutt und Asche, und Pakistan droht in der Region das nächste Schlachtfeld zu werden. In den Augen der meisten Menschen weltweit und von Millionen Amerikanern verdient Gates einen Platz auf der Anklagebank in einem künftigen Kriegsverbrechertribunal. Neben Bush, Cheney, Rumsfeld, Rice, Colin Powell und anderen Verantwortlichen für den größten Massenmord des 21. Jahrhunderts muß er zur Rechenschaft gezogen werden. Indem Obama Gates im Amt hält und dadurch die Besatzungspolitik und halbkoloniale Herrschaft akzeptiert, läßt er jeden Anschein von Anti-Kriegs-Haltung fallen und übernimmt offen die Rolle des neuen Oberkommandierenden des amerikanischen Imperialismus.
 
* Quelle http://www.wsws.org/de/2008/nov2008/pers-n29.shtml  29.11.08 Obama behält Verteidigungsminister Gates: Ein Schlag ins Gesicht für Anti-Kriegs-Wähler
Von Patrick Martin  
1 http://www.bazonline.ch/ausland/amerika/Obamas-Vorliebe-fuer-starke-Frauen/story/13925379  1. 12. 08
2 http://www.lefigaro.fr/elections-americaines-2008/2008/11/24/01017-20081124DIAWWW00452-l-equipe-de-barack-obama.php  1.12.08
Clinton et Gates dans la «dream team» d'Obama
3 http://www.jungewelt.de/2008/12-03/029.php Wandel durch Annäherung »Dream-Team« des designierten US-Präsidenten Obama kommt aus dem Establishment und versetzt die Falken in Verzückung Von Rainer Rupp
4 http://www.berlinerumschau.com/index.php?set_language=de&cccpage=02122008ArtikelPolitikMueller1  2.12.08 Politik: Obama präsentiert sein Kriegskabinett - Clinton, Gates, Napolitano in US-Geopolitik / Neuer Bericht empfiehlt neues Vorgehen gegen Iran Von Paul Müller