Schacher für Krieg - Von Rainer Ruppp

politonline d.a. Wie Engdahl in »Africom« festhält, war es Andrew Marshall, der Rumsfeld und Cheney 2001 davon überzeugte, daß die Stationierung von Anlagen zur strategischen Raketenabwehr an den Grenzen Rußlands der USA die langersehnte atomare Vorherrschaft verschaffen würde, also die Fähigkeit, einen atomaren Erstschlag gegen Rußland zu führen und die russische Verteidigung auszuschalten.

Es ist unbeschreiblich, welche Art von Zielen die USA verfolgt; es läßt sich kaum in Abrede stellen, daß wir Gefahr laufen, einem in meinen Augen total entmenschten Denken ausgesetzt zu werden. Als Gegenpol hierzu darf dann ein neues Humanitäres Forumin Genf, das wiederum Millionen an Steuergeldern schluckt, agieren. Würden die von Engdahl dargelegten US-Pläne Gestalt annehmen - und es spricht wenig dafür, daß diese in Brüssel Anstoß erregen, im Gegenteil, es hat eher den Anschein, als würde dort diesbezüglich auch noch mitgewirkt - dann, denke ich, können wir uns die Humanität ersparen, denn dann wird es auch dafür leider zu spät sein.
 
Rainer Rupp: Ein »russischer Verzicht auf den Iran« könnte durchaus einen US-Verzicht auf den geplanten Raketenschild« in Osteuropa nach sich ziehen. Über dieses Ansinnen Washingtons informierte die russische Nachrichtenagentur RIA Nowosti am 24. 10. 08. Demnach war dieses Angebot von Pentagon-Chef Robert Gates seinem russischen Amtskollegen während des informellen Treffens der NATO-Verteidigungsminister im niederländischen Noordwijk gemacht worden.  
 
Bereits am 17. Oktober hatte US-Vizeaußenminister Daniel Fried laut New York Times bei Gesprächen mit Vertretern Rußlands im NATO-Hauptquartier in Brüssel erklärt, die USA könnte ihre Haltung zur Stationierung ihres Raketenschildes in Europa ändern, wenn der Iran die Urananreicherung stoppen und »seinen Ton ändern«, sich also dem US-Diktat unterwerfen würde.  Offensichtlich will Washington nun auch Moskau erpressen, seine Hilfe bei Irans Atomprogramm, seine Wirtschaftskooperation mit Teheran und die Waffenlieferungen an den Iran einzustellen und der amerikanischen Linie zu folgen. Rußland dürfte jedoch nicht bereit sein, seine geostrategischen Trümpfe und seine Glaubwürdigkeit in der Region zu verspielen. Laut russischen Medien hat der Kreml auf die US-Vorschläge »gelassen reagiert«. Die größere Flexibilität in der amerikanischen Verhandlungsposition wurde zwar begrüßt, aber der amerikanische »Appell an Rußland« sei »verschwommen, nicht konkretisiert und unklar«. Das russische Außenministerium erklärte, es warte auf offizielle Vorschläge aus Washington.
 
Indessen hat Pentagon-Chef Gates in einer Rede vor der europäischen Topgeneralität versucht, mit einer kaum verhüllten Drohung zur Auflösung der NATO auch die Europäer zu erpressen, damit sie zusätzliches Kanonenfutter in den Afghanistan-Krieg schicken [Anmerkung d.a.: wobei Abertausende von EU-Bürgern, was sich Gates vermutlich gar nicht vorstellen kann, da diese Leute derart in ihrem eigenen Denken verfangen sind, wie erlöst wären, wenn diese auf eine gesteigerte Militarisierung ausgerichtete Organisation zersplittert würde]. Auf der 15. »Konferenz europäischer Armeen« mit Vertretern aus 38 Staaten in Heidelberg warnte Gates am 25.10.07 laut New York Times, daß der Ausgang in Afghanistan »auf der Kippe« und die »Glaubwürdigkeit der NATO auf dem Spiel« stünde. Einige lasche europäische Länder hätten die »Kriegsanstrengungen in Afghanistan ernsthaft gefährdet«, klagte Gates. »Eine Handvoll von Verbündeten« müsse dafür den Preis bezahlen. Dann folgte die Drohung des US-Verteidigungsministers. »Wenn die Allianz der größten Demokratien der Welt nicht imstande ist, den Willen aufzubringen, eine Mission (!) zu erfüllen, bei der wir uns einig sind, daß sie moralisch richtig und lebenswichtig für unsere Sicherheit ist, dann werden sich unsere (amerikanischen) Bürger fragen, welchen Wert die Mission und welchen Nutzen das inzwischen 60 Jahre alte transatlantische Sicherheitsprojekt noch hat.« Das Kalkül dürfte sein, mit dieser Infragestellung der NATO den Druck auf die europäischen Regierungen zu erhöhen. Sie sollen der US-amerikanischen Kriegspolitik kritik- und bedingungslos folgen.
 
d.a. Leider erfahren wir nicht, wie die Reaktion der Konferenzteilnehmer auf die Behauptung, man hätte in Afghanistan eine Mission zu erfüllen, ausfiel. Es würde ferner interessieren, welches Ausmass an Gehirnwäsche erforderlich ist, um die Massaker in diesem Land sowie dessen infernale Zerstörung als Mission auszugeben.
 
Nun soll sich der britische Botschafter in Kabul, Sir Sherard Cowper-Coles, dahingehend geäußert haben [1], daß der Krieg in Afghanistan nicht zu gewinnen sei, womit klar wäre, daß  man dem afghanischen Kriegsmoloch weitere Menschenleben zu opfern gedenkt, auf beiden Seiten. Die höchstwahrscheinlich authentischen kritischen Äußerungen des Botschafters werden durch die Aussage des britischen Brigadegenerals Mark Carleton-Smith bestätigt, die am 5.10.08 in der Sunday Times zu lesen war [2]: Er ist sicher, daß der Krieg gegen die Taliban nicht gewonnen werden kann; er schlägt vor, eine politische Lösung mit ihnen auszuhandeln. Gemäß den Friedenspolitischen Mitteilungen aus der US-Militärregion Kaiserslautern/ Ramstein vom 8.10.08 haben britische Offizielle große Besorgnis über die Sicherheitslage in Afghanistan geäußert und streiten mit den Vereinigten Staaten über politische Teilbereiche wie die Bekämpfung des Drogenanbaus. Die Äußerungen von Cowper-Coles sind jetzt in einer Zeit bekannt geworden, in der die Sicherheitslage in Afghanistan immer kritischer wird. Ban Ki-Moon stellte fest, sie habe sich in den vergangenen sechs Monaten »entscheidend verschlechtert« und wies auf die zunehmenden Angriffe auf Hilfskräfte hin, von denen mindestens 30 in diesem Jahr getötet wurden. General David McKiernan, der US-Oberkommandierende in Afghanistan, hat vor militanten islamistischen Dschihadisten, die aus allen Ecken der islamischen Welt ins Land strömten, um die Taliban im Kampf gegen die NATO-Allianz zu unterstützen, gewarnt; die meisten kämen über Pakistan. »Sie sind sehr gut ausgebildet und gut bei Angriffen auf weiche Ziele. Es sind Usbeken, Tschetschenen, Männer aus dem Punjab, Araber und Europäer«, sagte er. Auf einer Pressekonferenz in Washington hat McKiernan mitgeteilt, es werde versucht, die Kooperation mit dem pakistanischen Militär und den Geheimdiensten zu verbessern, um die Flut der Dschihadisten aufzuhalten. Die Führung des pakistanischen Geheimdienstes Inter-Services Intelligence / ISI sei zwar kürzlich ausgetauscht worden [3], aber der ISI sei »historisch gesehen« immer Komplize bei den Aktivitäten der Taliban in deren Stammesgebieten (an der Grenze zu Afghanistan) gewesen. (Mit Hilfe des ISI hat schon die CIA die gegen die sowjetische Armee kämpfenden Mudschaheddin, die Gründungsväter der Taliban, mit Waffen versorgt.) McKiernan bestätigte, daß er versuche, drei zusätzliche US-Kampfbrigaden mit etwa 10.500 Soldaten zu bekommen, um die aus 40 Ländern entsandten ISAF-Truppen der NATO zu verstärken. Diese wolle er so schnell wie möglich einsetzen.
 
Unerwähnt bleibt jeweils, daß der Krieg in Afghanistan auch nach dem 2002 erteilten UNO-Mandat für den Einsatz einer ISAF-Schutztruppe, die den Wiederaufbau in Afghanistan absichern soll, ein völkerrechts- und verfassungswidriger Angriffskrieg bleibt.
 
Quelle: http://www.jungewelt.de/2007/10-27/055.php  27.10.07
1 http://www.guardian.co.uk/world/2008/oct/02/afghanistan.usforeignpolicy 3. 10. 2008
2 http://www.timesonline.-co.uk/tol/news/uk/article4882597.ece
3 http://www.politonline.ch/index.cfm?content=news&newsid=1038
Pakistan - USA setzen Wechsel an ISI-Spitze durch