DIE UMWELT-KILLER
d.a. Kein Tag ohne Klimahysterie; kein Tag ohne haltlose, unfundierte Übertreibungen! So heisst es bei der hinsichtlich der für uns aufbereiteten Weisungen führenden UNO-Institution IPCC, dem Intergovernmental Panel on Climate Change, längst unisono, dass das Klima den Weltfrieden gefährdet..... mehr...
ARTIKEL
»Er galt als Amispitzel und mußte aus dem Weg geräumt werden«19.10.2008 15:25
Ein jW-Gespräch mit Gaby Weber über den Massenmörder Adolf Eichmann und darüber, daß er zuviel über das Dreiecksgeschäft mit der israelischen Atombombe wußte. Gaby Weber ist Journalistin und Buchautorin, sie lebt und arbeitet in Buenos Aires und Berlin. Sie hat unter anderem Bücher über die Rolle deutscher Nazis und über Daimler-Benz in Argentinien geschrieben. Das Interview führte Peter Wolter von der »jungen Welt«.
In Ihrem Buch »chatting with
Sokrates« zitieren Sie den Satz: »Der Mossad hat Adolf Eichmann wegen seiner
Verbrechen am jüdischen Volk aus Argentinien entführt.« Dazu Ihr Kommentar:
»Ein Satz, vier Lügen«. Würden Sie uns das erklären?
Der zitierte Satz
gibt die Version wieder, die in den Geschichtsbüchern steht und die vom
israelischen Geheimdienst Mossad seit 1975 offiziell verbreitet wird. Nach
jahrelangen Recherchen in Archiven und vielen Gesprächen mit Zeitzeugen bin ich
zu einem ganz anderen Ergebnis gekommen: Erstens war es nicht der Mossad, der
im Mai 1960 in Argentinien das Kommando führte. Es war ein kleiner Geheimdienst
Israels, der Atomtechnologie beschaffen sollte. Zweitens war der Auslöser für
Eichmanns Abtransport nicht seine Beteiligung am Judenmord, sondern sein Wissen
um geheime Dreiecksgeschäfte. Drittens wurde er nicht entführt und viertens
nicht aus Buenos Aires.
Fangen wir
doch mit Punkt eins an.....
Es waren damals
in der Tat israelische Agenten in Argentinien - und zwar vom LAKAM, einem
militärischen Dienst, der zum Zweck der Wirtschaftsspionage gegründet worden
war. Die Gruppe hatte den Auftrag, das Know-how für den Bau einer Atombombe zu
beschaffen. Nach dem Krieg waren Naziwissenschaftler nach Argentinien
geflüchtet und setzten dort, wie es Präsident Juan Perón geplant hat, ihre
Forschungen fort. Außerdem sollten sie Uran für den geheimen Reaktor Dimona
beschaffen. Diese LAKAM-Agenten waren völlig unprofessionell. Sie traten wie
die Elefanten im Porzellanladen auf, so daß schon wenige Tage nach ihrer
Ankunft die argentinische Bundespolizei auf sie aufmerksam wurde. Die einzige
Möglichkeit für Israel, das nötige Know-how zu bekommen, waren die deutschen
Wissenschaftler. Die USA und Großbritannien wollten damals die atomare
Aufrüstung Israels verhindern; Frankreich lieferte zwar einen
Forschungsreaktor, wurde dann aber von den USA gestoppt. Und die Sowjetunion
kam nicht in Frage, unter anderem weil sie den Ägyptern im Nuklearbereich half.
Und was
spricht gegen die Version von der »Entführung«?
Israels Staatspräsident
David Ben Gurion gab am 23. Mai 1960 in der Knesset bekannt, daß Eichmann in
Haft war. Aus Israel selbst gab es damals keine offizielle Erklärung, wie er
dorthin gelangt war - den Begriff »Entführung« setzten Journalisten in die
Welt. Als die argentinische Regierung sich angesichts der
Presseberichterstattung über die Verletzung ihrer Souveränität beschwerte,
schrieb Ben Gurion seinem Amtskollegen in Buenos Aires einen Brief mit der
Entschuldigung, es seien »Freiwillige« auf eigene Faust am Werk gewesen. Erst
ab 1975 verbreitete der Mossad Bücher, die die angebliche Entführung
detailliert beschrieben. In den wesentlichen Punkten ist die Mossad-Version
nachweislich falsch.
Nach der Lektüre Ihres Buches fragt man sich,
ob nach Eichmann jemals ernsthaft gefahndet wurde. Er lebte doch bis 1950
unbehelligt in Westdeutschland, bevor er mit Hilfe des Vatikans nach
Argentinien gelangte. Es gab viele, die davon wußten.
Er war mit einem
falschen Paß auf den Namen Ricardo Klement eingereist. Seine Kinder gingen
unter ihrem richtigen Namen in die deutsche Schule, sie waren auch in der
deutschen Botschaft registriert - das geht eindeutig aus Akten des Auswärtigen
Amtes hervor, die ich einsehen konnte. Eichmann fühlte sich in Argentinien so
sicher, daß er - wie viele andere Nazis auch - jahrelang offen unter seinem
Namen aufgetreten ist. Der Gründer und langjährige Chef von
Mercedes-Benz-Argentinien, Jorge Antonio, hatte ihn eingestellt - er wußte
genau, mit wem er es zu tun hatte. Das hat mir Antonio in einem längeren
Interview bestätigt. Man muß dabei im Hinterkopf behalten, daß Mord nach
deutschen Gesetzen damals nach 20 Jahren verjährte. Eichmann ging also davon
aus, daß er spätestens ab Mai 1965 unbehelligt in die Bundesrepublik einreisen
konnte. Antonio vermutete, daß Eichmann ab Ende der 50er Jahre für einen
US-Geheimdienst arbeitete. Dafür habe ich allerdings noch keine Bestätigung in
den USA gefunden - ein Antrag auf Akteneinsicht läuft noch.Seit 1956 gab es
in Deutschland einen Haftbefehl, ausgestellt vom hessischen Generalstaatsanwalt
Fritz Bauer. Der hatte auch die israelische Justiz um Hilfe gebeten. Mittlerweile
ist mit Hilfe von Archivquellen erwiesen, daß die israelische Regierung schon
1957 von einem deutschen, in Argentinien lebenden Antifaschisten informiert
worden war, wo Eichmann steckte. Der Bundesnachrichtendienst (BND) wußte
ebenfalls Bescheid. Er informierte 1958 die CIA, wie aus heute zugänglichen
Akten hervorgeht. Es ist auffällig, daß Israel keine öffentliche Kritik daran
übte, daß damals Naziverbrecher hohe Funktionen in der Bonner Regierung
bekleideten. Israel hat z. B. offiziell nie etwas dazu gesagt, daß Hans Globke,
der Initiator der Nürnberger Rassegesetze, von Adenauer zu seinem
Staatssekretär gemacht worden war. Oder zu dem damaligen Vertriebenenminister
Theodor Oberländer, der 1960 in der DDR wegen Ermordung von mehreren tausend
Juden und Polen in Lemberg in Abwesenheit zu lebenslänglichem Zuchthaus
verurteilt wurde. Da könnte man doch fragen, ob sich die israelische Regierung
ihr Schweigen irgendwie bezahlen lassen hat.
Wäre nicht
der BND als Regierungsbehörde verpflichtet gewesen, seine Erkenntnisse an die
Staatsanwaltschaft weiterzugeben?
Diese Frage müßte
das Bundeskanzleramt beantworten, ich war mit meiner Anwältin dort. Es wurde
mir in der Tat eine Akte gezeigt, die begann aber erst nach 1960. Ich habe dann
beim BND die Freigabe der Akte beantragt, ich meine die Dokumente zum Zeitraum
vor Eichmanns Verhaftung in Israel. Zu meiner Überraschung wurde mir
mitgeteilt, daß sie diese Akte gefunden haben, sie wollten sie aber bis
mindestens 2017 geheimhalten. Ich habe jetzt gegen den BND Klage erhoben, weil
es nicht angeht, daß dort Erkenntnisse über einen Massenmörder mit dem Argument
unter Verschluß gehalten werden, der Geheimdienst müsse seine Methoden und
Quellen schützen.
Eichmann
arbeitete in Argentinien für Mercedes-Benz. Zum Unternehmensvorstand in
Stuttgart gehörte damals auch ein ehemaliger SS-Offizier, Hans-Martin Schleyer.
Wußte der davon?
Ich will erst
kurz auf die Geschichte von Mercedes-Benz Argentina eingehen: Die Firma wurde
1951 mit Geldern gegründet, die aus dem im Ausland geparkten Nazivermögen stammen.
Sie wurde über Nacht praktisch größter Investor in Argentinien: ihr gehörten
Ländereien, Banken, Investmentfirmen. 1955 wurde sie nach dem Militärputsch
gegen Perón für einige Jahre beschlagnahmt. Die damals sichergestellten Akten
konnte ich einsehen. Schleyer war in jenen Jahren in Argentinien, um die
beschlagnahmte Firma zu legalisieren. Und als Eichmann in Buenos Aires vermißt
wurde, wandte sich die Familie an Mercedes-Benz, und der Vorgang landete in
Stuttgart bei Schleyer. Aus dem Daimler-Archiv weiß ich, daß Schleyer öfter von
»alten Kameraden« um Gefallen und Spenden gebeten wurde. Auch in der Schweiz
habe ich Dokumente über Strohmänner gefunden, die da mitgemischt haben.
Mercedes-Benz Argentina hat nicht nur Eichmann, sondern auch andere geflüchtete
Nazis eingestellt.
Wie groß
war denn die Nazigemeinde in Argentinien?
Es sind etwa
50000 Nazis ins Land gekommen, zum großen Teil mit Hilfe der katholischen
Kirche. Die haben sich dann über ganz Lateinamerika verteilt - es dürften
maximal 10000 gewesen sein, die längere Zeit in Argentinien blieben. Das waren
natürlich nicht alle gesuchte Kriegsverbrecher. Eichmann war jedenfalls der
zweithöchste SS-Mann dort, er fühlte sich nach meinen Recherchen offenbar wie
der Anführer des Exils. Er hat seine Rolle aber sehr überschätzt, zu sagen
hatte er eigentlich nichts mehr. Er wußte jedoch eine Menge über viele Leute,
mit denen er zu tun hatte - und hätte mit seinem Wissen den einen oder anderen
fertigmachen können. Man hatte Angst vor ihm.
Eichmann
hatte in Argentinien wohl auch Kontakt zu deutschen Atomwissenschaftlern, die
dort ihre Forschungen fortsetzten.
Kernforschung
wurde in Argentinien an zwei Orten betrieben: zum einen in Tucumán, wo Eichmann
anfangs wohnte. Dort arbeiteten viele Atomwissenschaftler aus dem Umfeld von
Otto Hahn. Nach dem Putsch gegen Perón konzentrierte sich die Forschung auf
Bariloche, dort wurde an der Herstellung von Plutonium gearbeitet. Die
argentinische Atomkommission wurde von deutschen Wissenschaftlern, die schon an
Hitlers-Uranprojekt gearbeitet hatten, mit aufgebaut.
Welches
Interesse hatte Argentinien an der Atomforschung? General Perón sah Argentinien auf dem Weg zu einer
Großmacht, was man sich heute kaum noch vorstellen kann. Er wollte eine eigene
Industrie aufbauen, auch auf dem Rüstungssektor - dafür wollte er die deutschen
Wissenschaftler haben. Daß es sich um Nazis handelte, war ihm egal. Für dieses
Know-how interessierte sich dann auch die israelische Regierung.
Warum
sollten ausgerechnet Nazis dem jüdischen Staat zur Atombombe verhelfen?
Ich vermute, die Israelis haben die Deutschen erpreßt. Wahrscheinlich auch
die Frankfurter Firma Degussa, die in den 50ern die Wiedergeburt der deutschen
Atomindustrie eingeleitet hat. Eine Degussa-Tochter hatte bekanntlich das
Giftgas Zyklon B produziert, mit dem Millionen Juden in den
Konzentrationslagern ermordet wurden. Die 1960 gegründete Tochterfirma Nukem
hat jedenfalls für Israel einen Teil des nötigen Urans aus Argentinien
beschafft. Ich habe versucht, bei Degussa zu recherchieren - aber leider läßt
man mich nicht ins Archiv.
Es gab
damals noch ein anderes Land, das die Kernwaffe wollte: der junge Bonner Staat.
Der Beschluß des Bundestages, daß die Bundeswehr atomar aufgerüstet werden
soll, wurde bis heute nicht zurückgenommen.
1955 hat Degussa
ihre Nukleargruppe gegründet - es waren auch Leute aus dem Atomministerium
dabei, dem damals der CSU-Politiker Franz Josef Strauß vorstand. Das
Bundeskabinett stellte im März 1960 drei Millionen DM für nukleare
Zusammenarbeit zwischen dem Otto-Hahn-Institut der Universität Göttingen und
dem Weizmann-Institut in Israel zur Verfügung.
Warum hat Israel nicht
interveniert, um zu verhindern, daß der deutschen Bundesregierung das Know-how
für die Atombombe in die Hände fällt?
Für Juden müßte
das eigentlich ein Alptraum sein - Judentum und israelische Regierung sind aber
nicht identisch. Verantwortlicher Verteidigungsminister in Tel Aviv war damals
Schimon Peres, der als der »Vater des israelischen Atomprogramms« gilt. Dabei
ließ er sich offensichtlich kaum von moralischen Kriterien leiten. Israels
Verhandlungspartner auf westdeutscher Seite hatten fast alle im faschistischen
Deutschland wichtige Positionen innegehabt. Trotzdem lieferte Israel schon ab
1957 Waffen an die Bundeswehr. Und wie kann man
erklären, daß der Mossad den Erfinder der fahrbaren Gaskammern, Walter Rauff,
auf seiner Agentenliste führte?
Über diese Verflechtungen
wußte Eichmann Bescheid?
Über viele
vermutlich. Er hatte zahlreiche Kontakte. Sein Fehler war, daß er anfing zu
plaudern. Es begann mit einem langen Interview, das er dem niederländischen
Kriegsverbrecher Willem Sassen gegeben hatte, Eichmann wollte sich
rechtfertigen. Und er wurde immer mehr zu einer Gefahr, weil er von dem
Atomdeal und der Zusammenarbeit mit Israel wußte. Er wurde als Amispitzel
verdächtigt, deswegen mußte er aus dem Weg geräumt werden.
Okay - aber
warum hat man ihn dann nicht einfach umgelegt?
Darüber kann man
nur spekulieren. Das wäre möglicherweise zu einem Riesenskandal geworden, der
Argentinien schwer verärgert hätte. Denkbar ist auch, daß die Argentinier dem
einfach zuvorgekommen sind, indem sie ihn auswiesen. Jorge Antonio hat, auch
öffentlich, bestätigt, daß Eichmann, der Ausländer mit falschen Papieren, von
den Argentiniern nach Brasilien ausgeflogen und an die Israelis übergeben
worden ist. Der damalige Generaldirektor von Mercedes-Benz Argentina, William
Mossetti, muß ebenfalls davon gewußt haben. Er meldete Eichmann bereits am 12.
Mai 1960 von der argentinischen Sozialversicherung ab. Er wußte also elf Tage
vor der Bekanntgabe in der Knesset, daß Eichmann nicht mehr in seinem
Unternehmen auftauchen würde. Mossetti übrigens war laut der OSS-Dokumente, die
ich im US-Bundesarchiv einsehen konnte, während des Zweiten Weltkrieges
»G2-officer«, also Geheimagent, vermutlich für die Army. Auf jeden Fall kann
die Version des Mossads, Eichmann sei entführt und mit einer El-Al-Maschine von
Buenos Aires mit einer Zwischenlandung in Dakar nach Israel geflogen worden,
schon rein technisch nicht stimmen. Das Flugzeug war eine Bristol Britannia,
die nach Herstellerangaben eine Reichweite von 6869 Kilometern hat. Die
Entfernung zwischen Buenos Aires und Dakar beträgt aber 6992 Kilometer: die
Maschine muß also eine andere Route geflogen sein. Laut Jorge Antonio wartete
das Flugzeug in Natal im Nordosten Brasiliens, was mir im übrigen auch die
brasilianischen Behörden bestätigt haben. Dort wurde die El-Al-Maschine
aufgetankt und Eichmann an Bord gebracht. Und von Natal ging es weiter bis
Dakar und dann nach Israel. Sowohl die Argentinier als auch die Brasilianer
haben sich nach meinem Eindruck völlig legal verhalten. Eichmann hatte einen
falschen Paß, konnte also ohne Probleme aus Argentinien in das Land, wo er
hergekommen war, ausgewiesen werden. Und Brasilien braucht keinen Ausländer mit
falschen Papieren ins Land zu lassen - sie haben ihn also ins nächste Flugzeug
gesetzt. Das war nun diese El-Al-Maschine.
Hat
Brasilien bewußt mitgespielt?
Davon gehe ich
aus. Die brasilianische Regierung hat ja damals ebenfalls mit Degussa über den
Kauf einer Atomzentrifuge verhandelt. Hinzu kommt, daß der gesamte Flugverkehr
Brasiliens bis heute vom Militär überwacht wird, die wußten genau, welche
Flugzeuge im Luftraum unterwegs waren.
Die
Ergebnisse Ihrer Recherche widersprechen all dem, was man aus der
Geschichtsschreibung weiß. Gibt es Historiker, die sich ernsthaft mit Ihren
Argumenten auseinandersetzen?
Das ist je nach
Land verschieden. In den USA arbeite ich mit Leuten der Interagency Working
Group on Nazi Crimes zusammen, Historikern, die im Bundesarchiv in Washington
sitzen. In Deutschland hingegen sieht das anders aus - dort ist ein kritischer
Umgang mit israelischer Zeitgeschichte sehr schwierig. Bisher wurde ich nicht
direkt angefeindet, übrigens auch nicht von der israelischen Regierung. Der vor
kurzem abgelöste Ministerpräsident Ehud Olmert hat mir geschrieben, man habe
mein Bitten um Informationen zur Kenntnis genommen. Das war's dann aber auch.
Israel ist in einer schwierigen Situation. Nachdem das Märchen von der
Eichmann-Entführung jahrelang aufrechterhalten wurde, ist es schwierig, davon
wieder wegzukommen. Und dem stehen immer noch militärische Interessen entgegen.
Israel spielt ja ein doppeltes Spiel: Offiziell heißt es, der Staat habe keine
Atombomben. Andererseits sind eben diese Bomben Teil des Abschreckungspotentials.
Seit einem Jahr versuche ich, von der Internationalen Atomenergieorganisation
(IAEA) in Wien Informationen zu bekommen. Dort ist Israel Mitglied. Ich habe
denen Dokumente über die erwähnten Uranlieferungen geschickt und warte auf eine
Stellungnahme.
Sie haben
sich aber auch an den Mossad selbst gewandt ...
Der Geheimdienst
hatte auf seiner Homepage als eine seiner großen Heldentaten die Geschichte
von der Eichmann-Entführung dokumentiert. Ich habe dann per Mail nachgefragt,
warum sie eine solche Lügengeschichte ins Netz stellen. Sie sollten mir bitte
Kopien der einschlägigen Akten schicken. Eine Antwort habe ich zwar nie
bekommen, aber ein paar Tage später war das Heldenepos von der Internetseite
verschwunden.
Sie haben
die Eichmann-Story in Form eines Theaterstücks dargestellt. Warum nicht
klassisch, als Sachbuch mit ordentlichen Fußnoten?
Ich wollte
anfänglich einen Dokumentarfilm drehen, also erst einmal ein Drehbuch
schreiben. Das wäre aber zu teuer geworden - für solche Projekte gibt es kein
Geld. Da ich mich schon gedanklich auf dieses Drehbuch fixiert hatte, habe ich
dieses Theaterstück verfaßt, das von Basisgruppen, Schultheatern und anderen
kleinen Bühnen ohne großen technischen Aufwand gespielt werden kann. Man
braucht nur Stühle, Tisch, eine weiße Wand sowie einen Beamer, mit dem
Archivdokumente eingespielt werden. Ein Theaterstück gibt mir die Möglichkeit,
Eichmann in seiner Subjektivität zu beschreiben. Also etwa so: Was ist in
seinem Kopf vorgegangen? Es ist fast unerträglich, das zu Papier zu bringen,
was dieser Verbrecher von sich gegeben hat. Ich habe den Dialog zwischen einer
Journalistin und einer Historikerin dazwischengeschaltet -– die Leser oder
Zuschauer haben damit etwas mehr Distanz dazu, können es also auch eher
rational verarbeiten. Sicher, ein Sachbuch wäre auch eine Möglichkeit gewesen.
So eins habe ich z. B. über die Geldwäsche der Nazis geschrieben, jede zweite
Zeile war mit einer Fußnote mit Hinweis auf Archivdokumente versehen. Das Buch
ist in Deutschland totgeschwiegen worden. Vielleicht ist das Theater der einzige
Ort, an dem man noch frei reden und Argumente austauschen kann.
Das Buch
heißt »Chatting with Sokrates« - wie kamen Sie zu diesem Titel?
Der altgriechische Philosoph hatte schon vor
zweieinhalbtausend Jahren eine sehr kluge Fragetechnik entwickelt. Direkte,
fast naiv wirkende Fragen, die dazu geeignet sind, Herrschaftsversionen zu
entlarven. Daran sollte sich der Journalismus erinnern. Unser Beruf ist heute
ziemlich verkommen, man wiederholt, was man wiederholen soll, statt Vorgegebenes
in Frage zu stellen. Man kann gar nicht dumm genug fragen- die naivsten Fragen
sind meistens die besten.