De Wecks Fernsehen über Donald Trump - Von Ulrich Schlüer

Daniela Lager, als sendungsprägender Kopf gezielt nach Washington

entsandt, war das Oberhaupt der Wahlreporter-Schar. Ihre Aufgabe bestand, das wurde schon bei ihrem ersten Auftritt klar, darin, den Amerikanern als zutiefst beleidigte Repräsentantin eines angeblich moralisch verletzten Kleinstaats die Leviten dafür zu lesen, dass man dort so einen wie Trump  - den das Studio  Leutschenbach schon seit Wochen zum sicheren Wahlverlierer erkoren hatte -    überhaupt in die Endrunde der Präsidentenwahl kommen liess. Daniela Lager spielte ihre Rolle ganz im Geiste eines Fräulein Rottenmeier. Und genoss es, dass ihr eine zweite Koryphäe aus dem Studio in Zürich unterstellt wurde: Der Sprecher von 10vor10, Honegger, der sich in rasch unerträglich werdender Überheblichkeit gleichsam als Erfinder Amerikas aufspielte. Damit sollte er uns als ausgewiesener Experte davon überzeugen, dass Trump an diesem 8. November nichts anderes als eine ihm sichere Niederlage einfahren könne, woraufhin er den Journalisten dann zum endgültigen Zerfetzen freigegeben würde. Als Dritter im Bund sollte einer von Honeggers Vorgängern, Stephan Klapproth mit Namen, die Moral zum Geschehen gehörig in den Mittelpunkt stellen. 

Auftakt
Bereits Stunden vor den ersten Resultaten verbreitete diese Crew die Zuversicht unfehlbarer Sieger und dies derart penetrant, dass
normale TV-Zuschauer desillusioniert auf ausländische Sender umschalteten, wohl doch etwas mehr an echter Information erwartend als ein gestelzt daherkommendes Moraltanten-Getue. Wer umschaltete, begann schon relativ früh am Morgen zu ahnen, dass sich da eine echte Sensation anbahnen könnte. Das Schweizer Fernsehen mit seinen zunehmend schockierten Berichterstattern vergass darob sogar das Berichten: Soll denn das ganze, wohldurchdachte, so ungeheuer aufwendig geplante Abrechnungs-Szenario mit einem zutiefst Verhassten und seinen Anhängern tatsächlich in eine Sackgasse münden? Noch während Stunden versuchte sich das Trio Lager-Honegger-Klapproth einzureden, es fände nach wie vor ein Kopf-an-Kopf-Rennen statt, die Wende werde dann schon noch kommen…… Der Informationsgehalt der Sendung sank auf den Nullpunkt. Wer genau erfahren wollte, was sich in den USA anbahnte, fand dafür andere, effektiv orientierende Stationen. Bis zum Zeitpunkt erster abschliessender Kommentare, verstrichen Stunden. Das Schweizer Fernsehen hätte Zeit gehabt, sich zu erholen, um die sachliche Auseinandersetzung mit dem Unerwarteten wenigstens zu beginnen. Doch was wurde uns am Abend des 9. Novembers aufgetischt? Kurzinterviews…. Befragt wurden angebliche US-Fachleute, die allerdings kaum ein Zuschauer gekannt haben dürfte. Ein seit 25 Jahren in New York lebender Schweizer kam zu Wort und überschüttete den inzwischen gewählten Präsidenten mit verbalem Unrat, der seinesgleichen sucht und die vom Schweizer Fernsehen aufgebotenen Fachexperten, die den Gewählten mit Vorwürfen und Schimpftiraden eindeckten, stellten alles in den Schatten, was Trump an Handfestem je geäussert haben soll. Wie, fragte man sich unwillkürlich, konnte dieser Trump Präsident werden, wenn ihn ganz offensichtlich niemand gewählt hatte? In 10vor10 bekam man dann noch fast ein Dutzend Trump-Fratzen zu Gesicht, die an Widerlichkeit ihresgleichen suchten. Leutschenbach wollte dem Publikum offenbar einreden, die USA würden ab sofort von keinem anderen als dem Leibhaftigen selbst regiert. Vom Schweizer Fernsehen wurde grundsätzlich jeder, der gegen Trump vom Leder zog, vor die Kamera geholt. Im Bundeshaus aufgegabelte linke Politikerinnen schossen dabei den Vogel ab: Sie lamentierten über Frauenverachtung, obwohl recht bald klar wurde, dass sich in den USA auch eine Mehrheit von Wählerinnen für Trump aussprach und dass selbst eine Mehrheit von Frauen mit Hochschulabschluss Trump den Vorzug gegeben hat. Am Schweizer Fernsehen fiel kein Wort darüber, weshalb der Frauenbonus für Clinton so ganz offensichtlich nicht gespielt hat, was aber interessiert hätte.   Den Tiefstpunkt einer völlig unhaltbaren Präsentation erreichte Katja Stauber: Nach Nine-eleven  - dem Terroranschlag vom 11. September 2001 mit über 3000 Toten -  treffe die Welt jetzt, am 9. November, Eleven-nine..… Wer sich zu einem derart abwegigem Vergleich hinreissen lässt, gehört schlicht und einfach nicht vor die Kamera. Bleibt eine solche Entgleisung folgenlos, wird Roger de Weck, der derzeit landauf landab die unerreichbare Qualität des Schweizer Fernsehens preist, schlicht zum Hanswurst entfesselter Ideologen und ahnungsloser Besserwisser.

Was das Schweizer Fernsehen zur Wahl von Donald Trump als Präsident der USA geboten hat, ist nichts weniger als der Tatbeweis dafür, dass das Schweizer Monopol-Fernsehen zum überflüssigsten aller empfangbaren Sender geworden ist.  [1]

 

Ganz anders Roger Köppel:

Trumps Sensationssieg ist gigantische Ohrfeige fürs Establishment

Um Himmels willen, was machen jetzt bloss all die Journalisten, die Medien, die Umfrage-Institute, die Empörten und Entsetzten, die Intellektuellen, die Politiker und Regierungschefs, die EU-Kommissare und angebliche Sachverständige, die uns seit Monaten ohne auch nur den Hauch eines Selbstzweifels bewiesen, gepredigt und eingehämmert haben, warum ein Wahlsieg des blonden Neandertalers, des Rechtspopulisten, der laut Sigmar Gabriel eine Gefahr für den Frieden darstellt, und Wüstlings, wie sich die feine Neue Zürcher Zeitung  ausdrückte, absolut ausgeschlossen sei?  

Soviel Muskeln, wie es jetzt braucht, um zurückzurudern, gibt es nicht. Dies ist meine Botschaft an die Hochmütigen und politisch Korrekten, die nach wie vor mit abstossender Überheblichkeit den übrigens demokratischen, friedlichen und absolut zivilisierten Volksentscheid der Amerikaner zum Höllensturz des Abendlandes herunterreden, weil sie sich einfach vollständig geirrt und die Stimmung falsch eingeschätzt haben: Es ist gut, dass die moderne Priesterkaste, diese politische Universalkirche der Hochmoral und der richtigen Gesinnung eine gigantische Ohrfeige kassiert hat. Die Leute haben die Nase voll von dieser abgewirtschafteten globalisierten Scheinelite, die uns

-  offene Grenzen,

-  katastrophale Kriege

-  den Euro
-  ein Himalaya von Staatsschulden

-  und jede Menge Verachtung für den einfachen Bürger beschert hat.

 

Und ja, diese Ohrfeige fühlt sich gut an! 
Der Wendepunkt in diesem Wahlkampf war jener Moment, als die hochgejubelte Hillary Clinton für einen Moment offenbarte, wie sie und ihre Unterstützer wirklich denken: Sie bezeichnete die Millionen von Amerikanern, die im Begriff waren, Trump ihre Stimme zu geben, als einen Korb der Erbärmlichen, was eine etwas höflichere Umschreibung für Untermenschen ist.

Die unerträgliche Ignoranz des Establishments 
Da kommt mir ein Gespräch mit dem ehemaligen EU-Chefkommissar Barroso in den Sinn, der mir bei einem Abendessen in Berlin vor ein paar Jahren sagte, jeder Gegner der EU sei entweder Kommunist, Nationalist, Populist oder Rassist. Das ist die unerträgliche Arroganz des Establishments, das jetzt hoffentlich brutal und heilsam auf den Boden geholt wurde. Die Leute sind nicht so dumm, wie die Politiker meinen: Im Gegenteil - die Etablierten lagen falsch, die Erbärmlichen hatten recht. Und selbst die enttäuschten Trump-Gegner sollten sich über diese Sternstunde der Demokratie freuen. Die Wähler haben sich von den Drohungen und der Angstmacherei nicht beirren lassen. Sie liessen sich von dem Propaganda-Sperrfeuer der Meinungseinpeitscher, die Trump als modernen Dschingis Khan verteufelten, weder verführen noch abschrecken.

Die Klatsche war überfällig 
Die Ironie besteht darin, dass die Medien, die kolossal versagten, gerade durch ihr Trump-Bashing Trump mit zum Sieg verhalfen. Nicht nur die Polit-Elite in allen Parteien erlebte ihr Waterloo; auch die Journalisten schrieben sich hochnäsig ins Elend. Die Klatsche war überfällig. Wann merken es die Junckers, Merkels, Hollandes und Renzis in ihren Glaspalästen? Beunruhigender und interessanter als Trump ist die Unzufriedenheit, die ihn ins Weiße Haus trug [und bei Nichterfüllung des Auftrags auch wieder hinausbefördern wird].


In allen westlichen Industrienationen breitet sich grosser Unmut aus. Die internationalistische Einheitspartei der Gutmenschen und politisch Korrekten hat sich totgelaufen. Es funktioniert einfach nicht, und immer mehr Bürger durchschauen es. Die EU ist ein Fehlkonstrukt. Der Euro muss künstlich belebt werden. Unkontrollierte Zuwanderung und Asylmissbrauch sind die Folgen der falschen Konzepte. Doch anstatt die Probleme zu lösen, beschimpfen die Politiker die Unzufriedenen. Trumps Sensationserfolg ist ein Befreiungsschlag, eine Art Brexit im Quadrat. Europas belagerte Polit-Elite verbarrikadiert sich hinter der eigenen moralischen Überheblichkeit. Noch immer haben sie es nicht begriffen.   


[1]  http://www.schweizerzeit.ch/cms/index.php?page=/news/de_wecks_fernsehen_ueber_donald_trump-2912  Der Freitags-Kommentar vom 11. 11. 16

[2]  http://www.focus.de/politik/experten/gastbeitrag-von-roger-koeppel-trumps-sieg-ist-eine-ohrfeige-fuers-establishment_id_6194899.html  Gastbeitrag des Weltwoche-Chefredakteurs Roger Köppel vom 11. 11. 16