De Wecks Fernsehen über Donald Trump - Von Ulrich Schlüer 13.11.2016 22:03
Daniela Lager, als sendungsprägender Kopf gezielt nach Washington
entsandt, war das Oberhaupt der Wahlreporter-Schar.
Ihre Aufgabe bestand, das wurde schon bei ihrem ersten Auftritt klar, darin,
den Amerikanern als zutiefst beleidigte Repräsentantin eines angeblich
moralisch verletzten Kleinstaats die Leviten dafür zu lesen, dass man dort so
einen wie Trump - den das Studio
Leutschenbach schon seit Wochen zum sicheren Wahlverlierer erkoren hatte - überhaupt in die Endrunde der Präsidentenwahl
kommen liess. Daniela Lager spielte ihre Rolle ganz im Geiste eines Fräulein
Rottenmeier. Und genoss es, dass ihr eine zweite Koryphäe aus dem Studio in
Zürich unterstellt wurde: Der Sprecher von ›10vor10‹, Honegger, der sich in rasch unerträglich
werdender Überheblichkeit gleichsam als ›Erfinder
Amerikas‹ aufspielte. Damit sollte er uns
als ›ausgewiesener Experte‹ davon überzeugen, dass Trump an diesem 8. November
nichts anderes als eine ihm sichere Niederlage einfahren könne, woraufhin er
den Journalisten dann zum endgültigen Zerfetzen freigegeben würde. Als Dritter
im Bund sollte einer von Honeggers Vorgängern, Stephan Klapproth mit Namen, die
Moral zum Geschehen gehörig in den Mittelpunkt stellen.
Auftakt Bereits Stunden vor den ersten Resultaten
verbreitete diese Crew die Zuversicht unfehlbarer Sieger und dies derart
penetrant, dass ›normale‹ TV-Zuschauer desillusioniert auf ausländische
Sender umschalteten, wohl doch etwas mehr an echter Information erwartend als ein
gestelzt daherkommendes Moraltanten-Getue. Wer umschaltete, begann schon
relativ früh am Morgen zu ahnen, dass sich da eine echte Sensation anbahnen
könnte. Das Schweizer Fernsehen mit seinen zunehmend ›schockierten Berichterstattern‹ vergass darob sogar das Berichten: Soll denn das
ganze, wohldurchdachte, so ungeheuer aufwendig geplante Abrechnungs-Szenario
mit einem zutiefst Verhassten und seinen Anhängern tatsächlich in eine
Sackgasse münden? Noch während Stunden versuchte sich das Trio Lager-Honegger-Klapproth
einzureden, es fände nach wie vor ein ›Kopf-an-Kopf-Rennen‹ statt, die Wende werde dann schon noch kommen…… Der
Informationsgehalt der Sendung sank auf den Nullpunkt. Wer genau erfahren
wollte, was sich in den USA anbahnte, fand dafür andere, effektiv orientierende
Stationen. Bis zum Zeitpunkt erster abschliessender Kommentare, verstrichen Stunden.
Das Schweizer Fernsehen hätte Zeit gehabt, sich zu erholen, um die sachliche
Auseinandersetzung mit dem Unerwarteten wenigstens zu beginnen. Doch was wurde
uns am Abend des 9. Novembers aufgetischt? Kurzinterviews…. Befragt wurden
angebliche US-Fachleute, die allerdings kaum ein Zuschauer gekannt haben
dürfte. Ein seit 25 Jahren in New York lebender Schweizer kam zu Wort und
überschüttete den inzwischen gewählten Präsidenten mit verbalem Unrat, der
seinesgleichen sucht und die vom Schweizer Fernsehen aufgebotenen ›Fachexperten‹, die
den Gewählten mit Vorwürfen und Schimpftiraden eindeckten, stellten alles in
den Schatten, was Trump an Handfestem je geäussert haben soll. Wie, fragte man
sich unwillkürlich, konnte dieser Trump Präsident werden, wenn ihn ganz
offensichtlich niemand gewählt hatte? In ›10vor10‹ bekam man dann noch fast ein Dutzend Trump-Fratzen
zu Gesicht, die an Widerlichkeit ihresgleichen suchten. Leutschenbach wollte
dem Publikum offenbar einreden, die USA würden ab sofort von keinem anderen als
dem Leibhaftigen selbst regiert. Vom Schweizer Fernsehen wurde grundsätzlich
jeder, der gegen Trump vom Leder zog, vor die Kamera geholt. Im Bundeshaus
aufgegabelte linke Politikerinnen schossen dabei den Vogel ab: Sie lamentierten
über Frauenverachtung, obwohl recht bald klar wurde,
dass sich in den USA auch eine Mehrheit von Wählerinnen für Trump
aussprach und dass selbst eine Mehrheit von Frauen mit Hochschulabschluss Trump
den Vorzug gegeben hat. Am Schweizer Fernsehen fiel kein Wort darüber, weshalb
der Frauenbonus für Clinton so ganz offensichtlich nicht gespielt hat, was aber
interessiert hätte. Den Tiefstpunkt einer völlig unhaltbaren
Präsentation erreichte Katja Stauber: Nach Nine-eleven - dem Terroranschlag vom 11. September 2001
mit über 3000 Toten - treffe die Welt
jetzt, am 9. November, Eleven-nine..… Wer sich zu einem derart abwegigem
Vergleich hinreissen lässt, gehört schlicht und einfach nicht vor die Kamera.
Bleibt eine solche Entgleisung folgenlos, wird Roger de Weck, der derzeit
landauf landab die unerreichbare Qualität des Schweizer Fernsehens preist,
schlicht zum Hanswurst entfesselter Ideologen und ahnungsloser Besserwisser.
Was das Schweizer Fernsehen zur Wahl von Donald
Trump als Präsident der USA geboten hat, ist nichts weniger als der Tatbeweis
dafür, dass das Schweizer Monopol-Fernsehen
zum überflüssigsten aller empfangbaren
Sender geworden ist. [1]
Ganz anders Roger Köppel:
Trumps Sensationssieg ist
gigantische Ohrfeige fürs Establishment
Um Himmels
willen, was machen jetzt bloss all die Journalisten, die Medien, die Umfrage-Institute,
die Empörten und Entsetzten, die Intellektuellen, die Politiker und Regierungschefs,
die EU-Kommissare und angebliche Sachverständige, die uns seit Monaten ohne
auch nur den Hauch eines Selbstzweifels bewiesen, gepredigt und eingehämmert
haben, warum ein Wahlsieg des blonden Neandertalers, des ›Rechtspopulisten‹, der
laut Sigmar Gabriel eine ›Gefahr für
den Frieden‹ darstellt, und ›Wüstlings‹, wie sich die feine Neue Zürcher Zeitung ausdrückte,
absolut ausgeschlossen sei?
Soviel
Muskeln, wie es jetzt braucht, um zurückzurudern, gibt es nicht. Dies ist meine
Botschaft an die Hochmütigen und politisch Korrekten, die nach wie vor mit
abstossender Überheblichkeit den übrigens demokratischen, friedlichen und
absolut zivilisierten Volksentscheid der Amerikaner zum Höllensturz des
Abendlandes herunterreden, weil sie sich einfach vollständig geirrt und die
Stimmung falsch eingeschätzt haben: Es ist gut, dass die moderne Priesterkaste,
diese politische Universalkirche der Hochmoral und der richtigen Gesinnung eine
gigantische Ohrfeige kassiert hat. Die Leute haben die Nase voll von dieser
abgewirtschafteten globalisierten Scheinelite, die uns
- offene Grenzen,
- katastrophale Kriege
- den Euro
- ein Himalaya von Staatsschulden
- und jede Menge Verachtung für den ›einfachen Bürger‹ beschert hat.
Und ja, diese
Ohrfeige fühlt sich gut an! Der
Wendepunkt in diesem Wahlkampf war jener Moment, als die hochgejubelte Hillary
Clinton für einen Moment offenbarte, wie sie und ihre Unterstützer wirklich
denken: Sie bezeichnete die Millionen von Amerikanern, die im Begriff waren,
Trump ihre Stimme zu geben, als einen ›Korb
der Erbärmlichen‹, was eine etwas
höflichere Umschreibung für ›Untermenschen‹ ist.
Die unerträgliche
Ignoranz des Establishments Da kommt
mir ein Gespräch mit dem ehemaligen EU-Chefkommissar Barroso in den Sinn, der mir
bei einem Abendessen in Berlin vor ein paar Jahren sagte, jeder Gegner der EU
sei entweder Kommunist, Nationalist, Populist oder Rassist. Das ist die
unerträgliche Arroganz des Establishments, das jetzt hoffentlich brutal und
heilsam auf den Boden geholt wurde. Die Leute sind nicht so dumm, wie die
Politiker meinen: Im Gegenteil - die Etablierten lagen falsch, die ›Erbärmlichen‹ hatten recht. Und selbst die enttäuschten Trump-Gegner sollten
sich über diese Sternstunde der Demokratie freuen. Die Wähler haben sich von
den Drohungen und der Angstmacherei nicht beirren lassen. Sie liessen sich von
dem Propaganda-Sperrfeuer der Meinungseinpeitscher, die Trump als modernen
Dschingis Khan verteufelten, weder verführen noch abschrecken.
Die Klatsche war
überfällig Die
Ironie besteht darin, dass die Medien, die kolossal versagten, gerade durch ihr
Trump-Bashing Trump mit zum Sieg verhalfen. Nicht nur die Polit-Elite in allen
Parteien erlebte ihr Waterloo; auch die Journalisten schrieben sich hochnäsig
ins Elend. Die Klatsche war überfällig. Wann merken es die Junckers, Merkels,
Hollandes und Renzis in ihren Glaspalästen? Beunruhigender und interessanter
als Trump ist die Unzufriedenheit, die ihn ins Weiße Haus trug [und bei
Nichterfüllung des Auftrags auch wieder hinausbefördern wird].
In allen
westlichen Industrienationen breitet sich grosser Unmut aus. Die internationalistische Einheitspartei der
Gutmenschen und politisch Korrekten hat sich totgelaufen. Es funktioniert
einfach nicht, und immer mehr Bürger durchschauen es. Die EU ist ein
Fehlkonstrukt. Der Euro muss künstlich belebt werden. Unkontrollierte
Zuwanderung und Asylmissbrauch sind die Folgen der falschen Konzepte. Doch
anstatt die Probleme zu lösen, beschimpfen die Politiker die Unzufriedenen. Trumps
Sensationserfolg ist ein Befreiungsschlag, eine Art Brexit im Quadrat. Europas
belagerte Polit-Elite verbarrikadiert sich hinter der eigenen moralischen
Überheblichkeit. Noch immer haben sie es nicht begriffen.
[1] http://www.schweizerzeit.ch/cms/index.php?page=/news/de_wecks_fernsehen_ueber_donald_trump-2912 Der Freitags-Kommentar vom 11. 11. 16
[2] http://www.focus.de/politik/experten/gastbeitrag-von-roger-koeppel-trumps-sieg-ist-eine-ohrfeige-fuers-establishment_id_6194899.html Gastbeitrag
des ›Weltwoche-Chefredakteurs‹ Roger Köppel vom 11. 11. 16
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