Kriegsgewinnler

politonline d.a. Die US-Wirtschaftsblogseite Business Pundit hat vor kurzem eine Liste der korruptesten Privatfirmen im Irakkrieg veröffentlicht [1]. »Es ist sicher verständlich«, heisst es dort, »dass in der USA wenig getan wird, um für die Öffentlichkeit gut sichtbar und systematisch aufzulisten, wer eigentlich als Privatunternehmer an welchen Vorhaben in welchem Umfang im Irak sein üppiges Geld verdient. So bleibt es Privatpersonen vorbehalten, die wenigen Versatzstücke, die auf Grund von Nachrichtenfetzen in die Öffentlichkeit rieseln, so zusammenzusetzen, dass wenigstens gewisse Ahnungen von Zusammenhängen und Strukturen der Kriegskorruption sichtbar werden. Was herausdringt, haben meistens einige wenige Bürgeranwälte der Omertà der Todesmakler in langwierigen Prozessen abgetrotzt.«

Wie bereits auf http://www.politonline.ch/index.cfm?content=news&newsid=958 in Drohungen dargelegt, erzielen 151 Kongressabgeordnete einen finanziellen Profit aus dem Krieg. Mehr als ein Viertel der Senatoren und Abgeordneten des Kongresses haben mindestens 196 Millionen US-$ ihres Vermögens in Firmen investiert, die mit dem Verteidigungsministerium Geschäfte tätigen, also von Tod und Zerstörung im Irak profitieren. Mitgliedern der Sektoren Aussenbeziehungen des Senats sowie des Komitees für bewaffnete Dienste, denen die Überwachung des Irakkriegs obliegt, werden Investitionen zwischen 32 und 44 Millionen $ in die genannten Firmen zugeschrieben. Der Kriegsfalke Joe Lieberman hatte 2006 mindestens 51.000.- $ in diese investiert. Es ist klar, dass sich auf Grund dieser Verhältnisse wenig Widerstand gegen neue Kriegskredite ergeben kann. Dass die eigene Bevölkerung dadurch in eine nie mehr zu tilgende Verschuldung getrieben wird, macht offensichtlich keinem der hierfür Verantwortlichen zu schaffen. Und damit der US-Steuerzahler die Neubelastungen sowie die damit einhergehenden Beschränkungen seiner Freiheit akzeptiert, wird von immer neuen Bedrohungen gesprochen. »Wo es keine gibt,« schrieb Interinfo Linz schon im September 2002, »werden diese durch die eigenen Geheimdienste selbst produziert. Es wird gelogen, betrogen, gefälscht und die eigene Bevölkerung verunsichert und terrorisiert.«
 
Die von Pundit erstellte Liste stellt keine Rangliste dar und ist in keinesfalls vollständig; so fehlt beispielsweise der Kriegskonzern Blackwater und der Gewinn kann nicht bei allen Unternehmen genannt werden. Bei manchen Firmen fehlen jegliche konkreten Zahlen; nur das wirtschaftliche und soziale Potential ist in etwa einzuschätzen. Im nachfolgenden führen wir einen Teil dieser Firmen auf; auf http://www.businesspundit.com/the-25-most-vicious-iraq-war-profiteers/ kann die vollständige Liste eingesehen werden.
 
Halliburton: Dieser Mischkonzern ist durch sein ehemaliges Aufsichtsratsmitglied, dem amtierenden Vizepräsidenten der USA, Richard Cheney, wohl der prominenteste Profiteur des Irakkriegs. Die Einkünfte aus Regierungsaufträgen für den Wiederaufbau im Irak betrugen zwischen 2003 und 2006 17.2 Milliarden US-$.
Veritas Capital/ Dyn Corp: Ein Finanzunternehmen, ein sogenannter private equity fund. Eine Tochterfirma von Veritas ist DynCorp, die bislang 1.44 Milliarden $ verdient hat - u.a. durch die Ausbildung der irakischen Polizei. Den Rang als »Staat im Staate« im Irak-Geschäft erlangte DynCorp nicht unwesentlich durch ihren Chef Dwight M. Williams, der früher Chief Security Officer beim Heimatschutzministerium gewesen ist.
Washington Group International: Aufgaben: Beratung und Ausführung bei Reparatur, Wiederherstellung und Unterhaltung von Ölfeldern im Irak. Im Zivilbereich: Bau und Unterhaltung von Schulen, Militärbasen, kommunale Behörden und Wasserwerken. 931 Millionen $ Gewinn in den Jahren 2003 bis 2006.
Environmental Chemical: Diese Firma konzentriert sich auf das Aufräumen und Säubern von Schlachtfeldern. Gewinn bis 2006: 878 Millionen $.
International American Products: IAM ist für Stromnetze und Elektroanlagen in Kriegszonen zuständig; dabei wurden in den letzten 3 Jahren 759 Millionen $ Gewinn erzielt.
Erinys: Eine britische Firma mit Sitz in London: rekrutiert und bildet Wachleute zum Schutz der Ölfelder aus. Bislang 136 Millionen $ Gewinn.
Fluor: Fluor betreibt in einem Joint Venture mit der Londoner Firma AMEC PLC Wasser- und Abwasserleitungssysteme im Irak. Volumen: 1.1 Milliarden $.
Perini: Diese Firma ist skandalumwittert. Der Investor Richard Blum ist vermutlich durch die massive Hilfe seiner Gemahlin, der Senatorin Dianne Feinstein, an die lukrativen Aufträge mit einem Volumen von 650 Millionen $, gelangt. Frau Feinstein gehört nämlich dem  Military Construction Approbriations Subcommittee an, also dem Senatsunterausschuss, der über die Mittelvergabe für das Militär entscheidet. Etliche Vorwürfe, öffentliches Mandat mit privaten Geschäftsinteressen verquickt zu haben, überstand die Senatorin bislang unbeschadet. Perini baut Schutzvorrichtungen vor Mörsergranaten und Raketen.
URS Corporation: Derselben lukrativen Verquickung von öffentlichen Ämtern und privatwirtschaftlicher Initiative des Duos Blum/Feinstein verdankt die URS Corporation ein Auftragsvolumen von 792 Millionen Dollar. Hier geht es um Reinigungsarbeiten im großen Stil.
L3 Communications: Auswahl und Ausbildung der irakischen Polizei und Wachdienste. Liefert Ersatz von Equipment für die Truppen. Weiterhin Sprachausbildung und Übersetzungsarbeiten. L3 kaufte die Firma Titan, die Geschäfte im Umfang von einer Milliarde $ im Irak abwickelt. Die Aufträge hatte Titan zumindest teilweise durch Bestechung ergattert, wofür die Firma 28.5 Millionen $ Strafe zahlen mußte.
Bechtel: Schon lange als von Dick Cheney protegiertes Bauunternehmen profiliert. Erhielt staatliche Bauaufträge für Irak im Umfang von 2.4 Milliarden $, ohne dass eine Ausschreibung stattgefunden hätte.
 
Kriege, schreibt Werner René Schwab 2, »waren schon immer ein Geschäft, oft sogar ein besonders gutes. In den jetzigen Zeiten des sich neoliberal nennenden Raubtierkapitalismus gilt das vor allem für die Rüstungsindustrie und die Erdölkonzerne. Kurz vor dem Angriff auf den Irak hatten Vertreter der deutschen Bauindustrie die Entscheidung des damaligen Bundeskanzlers Gerhard Schröder kritisiert, keine Truppen zur Verfügung zu stellen. Denn ohne die Teilnahme deutscher Soldaten am Irak-Krieg würden deutsche Firmen keine lukrativen Aufträge für den Wiederaufbau erhalten. Und während so die einen abkassieren oder wegen entgangener Kriegsprofite jammern, werden wir Kriegsgegner - von Wolf Biermann als Hurra-Pazifisten verhöhnt und von Hans Magnus Enzensberger der Heuchelei und des Pharisäertums bezichtigt - zu Spenden für die hungernden, von den Bomben und Raketen der Befreier verstümmelten und sterbenden irakischen Kinder und Waisen, deren Eltern unter den Trümmern der zerbombten Häuser liegen, aufgerufen. Und wir spenden
 
Soweit also hat es unsere Demokratie gebracht, dass die Gier nach Gewinn die Verwerflichkeit von Profiten aus verbrecherischen Zerstörungen überlagert. Hält man sich dann noch die Worte von US-Aussenministerin Condoleezza Rice vor Augen hält, die Mitte 2007 von Plänen über milliardenschwere Waffenlieferungen an Verbündete im Nahen Osten sprach, womit dem Radikalismus entgegengetreten werden sollte,  fühlt man sich nicht nur ein weiteres Mal verhöhnt, sondern erneut verkauft, da alle Kriegsschäden ausschliesslich dem die Internationale Gemeinschaft konstituierenden Steuerzahler aufgebürdet werden. Die Kriegspolitik erfährt sowohl durch die Militarisierung der EU als auch durch die fortgeführten Kriege im Irak und in Afghanistan eine konstante Verschärfung, deren direkte Konsequenz unausweichlich die Erstarkung des als Terror bezeichneten Widerstands der Betroffenen sein wird. Wie SIPRI, das Stockholmer Friedensforschungsinstitut, darlegt, hält der kräftige Aufwärtstrend bei den weltweiten Rüstungsausgaben auf breiter Front an, so dass 2007 für die Kriegsindustrie wiederum ein goldenes Jahr war. Der Anstieg der Militärausgaben erreichte mit offiziell 851 Milliarden €, d.h. 1,34 Billionen $, einen historischen Höchststand. Uneinholbar an der Spitze des Waffengeschäfts bleibt die USA, die mit rund 350 Milliarden € (547 Milliarden $) für 45 % des Weltumsatzes sorgt. Den Löwenanteil dieser Ausgaben verursachen laut SIPRI die Kriege im Irak und in Afghanistan sowie der »Krieg gegen Terror« im Innern der USA.  
 
Was die NATO-Staaten betrifft, so erweisen sie sich bei der Militarisierung der Welt als absolute Spitzenreiter. So hat Klaus Naumann, Ex-Generalinspekteur der Bundeswehr,  unterdessen auch die Ausdehnung des deutschen ISAF-Mandates auf ganz Afghanistan gefordert: »Die Pflicht endet nicht in bestimmten Regionen«. Deutschland müsse entscheiden, »ob es ein verlässlicher Bündnispartner sein will. Wir können uns nicht hinter unserer Geschichte verstecken.« Wie in dem Artikel von  Rainer Rupp Atomkrieg als Optionauf
http://www.politonline.ch/index.cfm?content=news&newsid=851 sowie in Notizen zur EU auf http://www.politonline.ch/index.cfm?content=news&newsid=937 dargelegt, hatte Naumann im Vorfeld des letzten NATO-Gipfels zusammen mit fünf weiteren ehemaligen Generalstabschefs aus NATO-Ländern den präventiven Atomschlag u.a. aus Gründen der Energiesicherheit auch gegen nicht atomar bewaffnete Länder gefordert. Von Seiten der Wirtschaft und des Militärs wird bemängelt, dass die Einsicht der Bevölkerung »in die Notwendigkeit« höherer Militärausgaben noch nicht »mit den gewachsenen Aufgaben Schritt gehalten« habe. Dem soll nun mit verstärkten Dialog-Angeboten und der Förderung von Reservisten in Industrie und Wirtschaft abgeholfen werden.
 
»Wir erleben eine Neuauflage der Politik des Kalten Krieges ohne Kalten Krieg - mit anderen Worten, einen Kalten Frieden«, erklärt der Abrüstungsexperte Hans Blix. Arnold Schölzel schreibt in diesem Zusammenhang in der Jungen Welt, dass es nicht nur einen Stillstand in den Abrüstungsverhandlungen gebe, sondern sogar Tendenzen zu einem neuen Wettrüsten 3. »Die US-Regierung strebt die Entwicklung einer neuen Kernwaffe an und steckt Milliarden von $ in ihr Raketenabwehrprojekt. China hat mit dem Abschuss eines seiner Wettersatelliten seine Fähigkeit zu Militäraktionen im Weltraum unter Beweis gestellt. Russland nahm die routinemässigen Langstreckenflüge nuklear bewaffneter Flugzeuge wieder auf. England beschloss, sich die Option offenzuhalten, sein nukleares U-Bootprogramm Trident fortzuführen. Warum vertun sich die Experten derart? Darauf sind viele Antworten möglich. Eine davon lautet: Weil schon das Nachdenken über den Zusammenhang von Kapitalismus, Rüstung und Krieg unter Polizeivorbehalt steht. Siehe den jüngsten Verfassungsschutzbericht. So gehört sich das im Menschenrechtsimperialismus.« Worte, denen nichts mehr hinzuzufügen ist.
 
1http://usacontrol.wordpress.com/2008/07/26/hitliste-der-25-korruptesten-privatfirmen-im-irak-krieg/ 26. 7. 08   http://www.politonline.ch/index.cfm?content=news&newsid=958
2 http://www.sopos.org/aufsaetze/3eb2ac9e4a378/1.phtml
3 http://www.jungewelt.de/2008/05-16/034.php 16.5.08
Größter Irrtum - Rüstungsausgaben auf neuer Rekordhöhe Von Arnold Schölzel
Siehe auch http://www.politonline.ch/?content=news&newsid=962 Kontrollierte Plünderung - Die Ökonomie des Irak-Krieges Von Joachim Guilliard