Caterpillar-Mode - Von Gideon Levy

Israel möchte gern weiter behaupten, daß es nicht das erste Land ist, das Nuklearwaffen in den Nahen Osten eingeführt hat, aber es kann dies nicht von einer anderen Massenzerstörungswaffe behaupten, dem Bulldozer. Die Behauptung, daß der Terror nun eine neue Waffe adoptiert habe, eine »neue Mode«, wie der Sicherheitsminister sie nannte, zeigt wieder einmal, wie nützlich es für uns ist, ein einseitiges und verfälschendes Bild aufzuzeigen.

Der Bulldozer als zerstörerische und sogar tödliche Waffe war nicht von den Palästinensern erfunden worden. Sie imitieren nur eine israelische »Mode«, die so alt ist wie der Staat oder wenigstens so alt wie die Besatzung. Vergessen wir einen Augenblick lang die 416 Dörfer, die Israel 1948 vom Antlitz der Erde fegte - das war, bevor es D9-Bulldozer gab. Konzentrieren wir uns auf eine neuere Mode. In den Händen der Israelis sind die Bulldozer zu einer der schrecklichsten Waffen in den besetzten Gebieten geworden. Der Unterschied zwischen dem palästinensischen mörderischen Bulldozer und den israelischen Bulldozern liegt nicht in der Farbe und Größe. Wie gewöhnlich ist der unsrige größer, viel größer. Da gibt es keine Ähnlichkeit zwischen dem kleinen Bagger, den der palästinensische Terrorist fuhr, und dem furchterregenden D9, der von israelischen IDF-Soldaten gelenkt wird.
 
Seit Beginn der Besatzung war Caterpillar einer der größeren Waffenlieferanten für Israel, nicht weniger wichtig als jene, die Flugzeuge, Kanonen und Panzer lieferten. Nicht umsonst versuchten Friedensaktivisten (in der USA) zum Boykott dieser Fabrik aufzurufen. Israel hat für seine unvorstellbare Zerstörung schwere Maschinen angewandt. Man gehe nur nach Rafah und halte unterwegs in Khan Yuni und sehe sich die Folgen der Zerstörung dort an: ganze Stadtteile wurden weggefegt, was in den Häusern war - Besitz und Erinnerungen - liegt zermalmt im Boden. Hat man jemals eine Straße gesehen, auf der ein Bulldozer entlang gerollt war? Die parkenden Autos werden wie Konservenbüchsen zerdrückt und Wohnhäuser werden mit allem, was drinnen ist, zu Schutthaufen. Jede Straße in Rafah sieht viel schlimmer aus als die King Davidstraße in Jerusalem in der letzten Woche.
 
2004 wurden z.B. 10.704 Palästinenser obdachlos gemacht, nachdem das israelische Militär  aus »betrieblichen Gründen« 1404 Häuser zerstörte, vor allem im Gazastreifen. Im Flüchtlingslager Jenin zerstörte Israel 560 Häuser: der legendäre Bulldozerfahrer Kurdi erzählte, wie er, Whisky trinkend, das Jeniner Flüchtlingslager in ein Fußballfeld »verwandelte“. Bei der Operation Regenbogen, einer anderen Bulldozer-Operation, zerstörte Israel im Brazil-Lager bei Rafah 120 Häuser. Nur der, der damals  in Rafah und in Khan Yunis war, kann verstehen, was unsere wunderbaren Bulldozer gemacht haben. Sag nicht, daß unsere Bulldozer nur zerstören - sie töten auch. Wer tötete die Friedensaktivistin Rachel Corrie? Es war ein Bulldozer, dessen Fahrer – nach Zeugenaussagen - sie gesehen hat, bevor er sie zu Tode zermalmte. Und wie war es mit der Shubi-Familie in der Altstadt von Nablus: ein Großvater, zwei Tanten, eine Mutter und zwei Kinder wurden von Bulldozers begraben. Und wer tötete Jamal Faid, einen Behinderten aus dem Jeninlager, dessen Rollstuhl allein unter den Trümmern seines Hauses gefunden wurde. Sein Leichnam wurde nie gefunden.  War das nicht Bulldozerterror?
 
Die Palästinenser entdeckten den Bulldozer ziemlich spät. Was gut für uns ist, ist auch gut für sie. Und wie werden  unserer Sicherheitskräfte diese neue Mode bekämpfen? Durch Zerstören der Häuser der Terroristen. Natürlich mit Bulldozern.
 
Quelle: Haaretz vom 24.7.08; http://www.haaretz.com/
Übersetzung von Ellen Rohlfs; Hervorhebungen durch politonline