Die Unruhen in Tibet und die Rolle der Stiftungen

politonline d.a. Der deutsche Aussenminister Steinmeier liess sich am 21. März wie folgt vernehmen: »Wir wollen wissen, was in Tibet geschieht«. Wie es heisst, hat die Regierung der BRD die chinesische Regierung aufgefordert, die Nachrichtensperre zur Lage in Tibet unverzüglich aufzuheben. Es sei hier an die geheimen Flüge der CIA und alle damit verbundenen Vorfälle erinnert, bei denen sich nicht unbedingt der Eindruck einstellte, als hätte man diesbezüglich mit der gleichen Unerbittlichkeit Aufklärung gefordert!

»Glanzvolle Veranstaltungen fürs Fernsehen, während es im eigenen Hinterland drunter und drüber geht - das funktioniert heute nicht mehr«, so Steinmeier ferner. Völlig unwissend kann Steinmeier eigentlich nicht sein, da sich einiges an Aktivitäten feststellen lässt, was vermutlich nicht weiter in die Tagespresse gesickert ist. So widmet sich beispielsweise die Heinrich-Böll-Stiftung laut einem Bericht von GFP 1 dem Selbstbestimmungsrecht der Tibeterund stellt die territoriale Integrität der Volksrepublik China in Frage. »Wir wollen den Chinesen Tibet wieder abnehmen«, heisst es im Tibet-Forum, einem Bonner Kampfblatt, dessen Redaktionskoordinatorbei der Böll-Stiftung referiert. Die Stiftung lud schon im September 2006 zu einer öffentlichen Diskussion über die Tibet-Frage ein und will Einwirkungsmöglichkeiten durch »die deutsche bzw. die europäische Politik untersuchen.« Wie es in einem Aufruf des politischen Oberhaupts der tibetischen Separatisten heisst, gebühre der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten die Führung, um gegen Beijing vorzugehen. Das Tibet-Forum wird in Bonn herausgegeben und publiziert politische Propagandaartikel. Angestrebt werde die Befreiung Tibets sowie die Änderung des politischen Systems, das chinesische Kolonialisten ins Land gebracht hätten. Die religiös verbrämten Darstellungen kündigen Umsturzbewegungen an und warnen Beijing vor Chaos und Gewalt. So liest man im Tibet-Forum: Wir wollen den Chinesen Tibet wieder abnehmen, daran gibt es keinen Zweifel (...) Ein Land, das uns gehört und das an uns Tibeter zurückfallen muss. Ein weiterer Bericht von GFP, der vom 17. März 2008 datiert, legt dar 2, dass sich Berlin der Unruhen im Westen der Volksrepublik China zur Fortsetzung seiner Schwächungskampagne gegen Beijing bedient. Wie Bundeskanzlerin Angela Merkel fordert, soll die chinesische Regierung den Dialog mit dem Dalai Lama, dem bekanntesten Anführer der tibetischen Sezessionisten, aufnehmen. Der Ministerpräsident des Bundeslandes Hessen, Roland Koch, will internationale Beobachter nach Lhasa entsenden und schliesst einen Boykott der Olympischen Spiele nicht aus. Seit dem vergangenen Jahr nutzen deutsche Politiker Olympia als Druckmittel, um eine Änderung der chinesischen Tibetpolitik und eine Destabilisierung der Kontrolle über Westchina zu erzwingen. Treffen, auf denen dieser Plan im Zentrum stand, wurden im vergangenen Jahr von der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung und einer Arbeitsgruppe des Deutschen Bundestages veranstaltet. Beijing habe sich mit der Ausrichtung von Olympia verzockt, urteilen Berliner Regierungsberater: Der aufsteigende ostasiatische Konkurrent werde nach den Spielen schlechter dastehen als zuvor. Dies, fügen wir ein, kann schlechterdings nur als reines Wunschdenken tituliert werden, will man davon absehen, diesen Gedanken als einen dem chinesischen Volk selbst höchst abträglichen und hässlichen Wunsch zu charakterisieren!
 
Bundeskanzlerin Merkel fordert also den direkten Dialog zwischen Beijing und dem Dalai Lama - eine Aufwertung des Anführers der tibetischen Sezessionisten, die sie selbst im vergangenen Herbst vorbereitet hat: mit der Einladung des Gottkönigs zu Gesprächen im Berliner Kanzleramt. Das Treffen war Teil einer Rundreise des Dalai Lama durch mehrere westliche Hauptstädte, die im Oktober 07 in Washington endete und das Oberhaupt der tibetischen Exilregierung zum internationalen Gegenspieler der chinesischen Regierung erhob. Die Olympischen Spiele werden auch weiterhin als Druckmittel genutzt, um Beijing vom Aufstieg in die Defensive zu drängen. Bereits im November 2007 hatte ein Berliner Regierungsberater gemutmasst, die Olympiade werde die Augen der Weltöffentlichkeit vor allem auf Missstände in China lenken und der Volksrepublik eher schaden denn nutzen. Wie Roland Koch jetzt erklärte, sei - wie oben bereits vermerkt - als letztes Mittel auch ein Olympia-Boykott des Westens anwendbar, sollte die chinesische Regierung ihre Haltung gegen die tibetischen Sezessionisten durchsetzen. Zwar sei man noch nicht bei letzten Mitteln 3; doch hat die Boykott-Debatte tatsächlich längst begonnen.
 
Der Einsatz für weitreichende Autonomierechte oder gar für die Sezession Tibets gehört laut GFP zu den traditionellen Instrumenten der deutschen Ostasienpolitik. Schon in den 1930er und 1940er Jahren diente die Region Berlin als Stützpunkt bei der Expansion in Richtung China. In den 1980er Jahren nahm Bonn diese Strategie wieder auf. Inzwischen gehören Organisationen der deutschen Volksgruppen-Politik zu den massgeblichen Promotoren eines freien Tibet. Die Sezessionspolitik zielt auch auf weitere Teile Chinas (Innere Mongolei, Xinjiang) und dient der Schwächung des aufsteigenden ostasiatischen Konkurrenten, dessen künftige Macht in Berlin gefürchtet wird.
 
politonline: In den Worten von Roland Koch spiegelt sich keine geringe Anmassung! Was die Missstände in China betrifft, so übersieht er, dass diese in erster Linie für die Arbeitnehmer spürbar sind, was jedoch für die westlichen Unternehmer - auch für die deutschen - kaum von Belang ist. Wer nun in Wirklichkeit für die Entfesselung der blutigen Auseinandersetzungen verantwortlich ist - die Skala reicht von Geheimdiensten über eine eventuell mögliche Einflussnahme von in der BRD sesshaften Dissidenten bis hin zu gekauften Operateuren - das werden wir vorerst kaum erfahren. Gleich wer die den Tibetern selbst unermesslichen Schaden zufügenden Aufstände angezettelt hat, ist der Illusion erlegen, dass das kleine Tibet gegen den Giganten China antreten könnte. Die tragische Situation des Landes und der totalitäre Charakter der chinesischen Besatzungsmacht lassen sich kaum mittels kriegerischer Handlungen ändern, zumal nicht zu erwarten ist, dass sich die sogenannte Weltgemeinschaft für die Freiheit und das Selbstbestimmungsrecht der Tibeter einsetzt, auch wenn dies vordringlich wäre. Ein schlechtes Licht wirft folgende Meldung auf den Dalai Lama 4: »Trotz meiner unterschiedlichen Meinung hinsichtlich einiger seiner Methoden, als Person liebe ich ihn«, sagte seine Heiligkeit über sein Treffen mit US-Präsident George W. Bush. [...] »Wir wurden sofort Freunde. Er ist ein sehr netter Mensch.« Nicht nur, dass der Mann des Friedens, der 14. Dalai Lama, keinerlei Berührungsängste mit jenem Mann hat, dessen zwei Kriege bereits Millionen Menschen den Tod und einer noch weitaus grösseren Zahl Hunger, Angst, Krankheit, Flucht und Trauer gebracht hat, er bezeichnet diesen Mann sogar als sehr nett und seinen geliebten Freund. Diese Aussagen gehen weit über jegliche diplomatische Zurückhaltung oder auch buddhistische Liebe hinaus. Der Dalai Lama hätte seine Verehrung für Bush kaum deutlicher zum Ausdruck bringen können.« Dies erinnert an die von Angela Merkel in der Presse erscheinenden Aufnahmen, die sie an der Seite Bushs zeigen: meist mit einem warmen und für unsere Begriffe eine schrankenlose Sympathie ausdrückenden Lächeln, was nicht nur die deutschen Kriegsgegner mit einer tiefen Erbitterung erfüllen dürfte.
 
Wir fügen hier die von Strategic Alert hinsichtlich Tibets dargelegte Sicht an 5:
 
Tibet und die Pläne für einen großen eurasischen Krieg
Die gegenwärtige Krise um die Unruhen in Tibet ist im Kontext des imperialen britischen Vorstoßes für einen großen eurasischen Krieg zu sehen. Ganz Europa westlich der weißrussischen Grenze soll, eingebunden in ein von den Briten beherrschtes Imperium, in einen solchen Krieg hineingezogen werden. Der Lissaboner Vertrag würde einen Ausbruch von Kriegen in ganz Eurasien bedeuten. Wir wissen beispielsweise, daß der frühere US-Vizepräsident Al Gore der britischen Monarchie sehr nahe steht und auch ein Freund des Dalai Lama ist. Insbesondere China, Rußland und Indien sollen jeweils in mehrere Teile gespalten werden, aber glücklicherweise habe diese Politik derzeit in Asien kaum Unterstützung.
 
Indien und Nepal, das an das chinesische Tibet angrenzt, haben mehrere hundert Exiltibeter daran gehindert, nach Tibet zu marschieren, um gegen die Abhaltung der Olympischen Spiele in Beijing zu protestieren. Die Unruhen, die kurz danach in Tibets Hauptstadt Lhasa ausbrachen, werden offenbar nicht von anderen asiatischen Ländern unterstützt. Die britische Hand in dem geplanten Marsch auf Tibet liegt in der sogenannten »Transnational Radical Party«, die von dem alten britischen Agenten und fanatischen Malthusianer Marco Pannella aus Italien organisiert ist. Am 27./28.12. 2007 flogen Pannella und sein Genosse Matteo Mecacci ins indische Dharamsala, wo die tibetanische Exilregierung sitzt, und trafen sich mit dem Dalai Lama. Pannella stellte ihm die Pläne der Radikalen Partei für Aktionen gegen China 2008 vor, sogenannte »Welt-Satyagraha« (Gandhis Wort für gewaltlose Märsche) zur Zeit der Olympischen Spiele, mit Tibet als »einer von drei möglichen Fronten«. Der Dalai, der während des Treffens ständig Pannellas Hand hielt, forderte eine weltweite Mobilisierung für »Demokratie, Ökologie und Freiheit« mit China im Mittelpunkt. Die Vertreter der Radikalen Partei trafen sich auch mit den Leitern von Exilregierung und -parlament.
 
Am 10.3., am 49. Jahrestag des antichinesischen Aufstands in Tibet, begann dann ein »sechsmonatiger Marsch« von Dharamsala zur indisch-tibetanischen Grenze, angeführt von Vertretern der Radikalen Partei unter Mecacci. Gleichzeitig begann Pannella in Rom einen »Durststreik«. Die Polizei stoppte die Märsche, einige Tage darauf brachen die Unruhen in Lhasa aus. Pannella selbst propagiert einen Plan für eine sogenannte »weiche Landung« (Rientro Dolce) zur Verringerung der Weltbevölkerung um die Hälfte innerhalb von 2-3 Generationen. In der frühen Nachkriegszeit war Pannella ein Schützling der britischen Agenten Elena Croce und Prinzessin Margherita Caetani, die Ehefrau des britischen Geheimdienstoffiziers Hubert Howard. Als Mitglied des Kongresses für kulturelle Freiheit (CCF) in den 50er Jahren gründete er die italienische Radikale Partei. Vor einem Parlamentsausschuß hat er zugegeben, daß er nach Paris fuhr, um direkt Geld vom CIA-CCF-Führungsmann Irving Brown zu empfangen.
 
1 http://www.german-foreign-policy.com/de/fulltext/56520 Härtere Gangart 18.09.2006
2 http://www.german-foreign-policy.com/de/fulltext/57191 Der Olympia-Hebel 17.03.2008
3 Roland Koch: Boykott ist letztes Mittel; Financial Times Deutschland 17.03.2008
4 http://www.freace.de/artikel/200710/291007a.html 29.10.2007; Mann des Friedens? Der Dalai Lama sagt, er liebt George W. Bush
5 Strategic Alert Jahrg. 22, Nr. 12 vom 20. März 2008