»Gier frisst Hirn« - US-Junta bezahlt ihren Krieg mit der Finanzkrise

Unter diesem Titel hat Franz Jürgens in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift »Der Europäer« eine treffende Zusammenfassung des selbst in der Kapital- und US-freundlichen Frankfurter Allgemeinen Zeitung kritisierten Angriffs des US-»Junta« auf die deutsche Wirtschaft und die deutschen Banken verfasst.


Schneller als gedacht sind weitere Tributzahlungen der Kontinentaleuropäer an die Hegemonialmacht fällig: Allein im dritten Quartal 2007 mussten der Schweizer Bankkonzern UBS und die Deutsche Bank gigantische vier Milliarden Schweizer Franken bzw. zwei Milliarden Euro auf verbriefte Forderungen minderer Qualität («Subprime») nordamerikanischer Hypotheken abschreiben. Für heute soll einmal das ausgeklügelte Werk, von einer skrupellosen Junta zur Finanzierung völkerrechtswidriger Kriege in Szene gesetzt, in den Focus genommen werden. 
Dreister Druck der US-Regierung  Die Frankfurter Allgemeine Zeitung [FAZ] pflegt eine gewisse ideologische Nähe zur US-Politik und zum Raubtierkapitalismus, die vor allem in ihren Leitartikeln und Kommentaren zum Ausdruck kommt. Plötzlich aber prangern die Leitartikler sowohl im Politik- als auch im Wirtschafts- und im Finanzteil an, was sie sonst preisen, und was man unter der Überschrift «Amerika hat den Bogen überspannt» lesen konnte, ist tatsächlich eine Dreistigkeit sondergleichen: «Um ihre politischen Ziele im Iran zu erreichen, setzt die amerikanische Regierung mit ihrer Finanzmacht die deutsche Wirtschaft in bisher unbekanntem Maße unter Druck. Mehrfach hat sie hochrangige Delegationen nach Deutschland entsandt. Kaum waren diese wieder zu Hause, zogen sich die großen deutschen Banken aus dem Irangeschäft zurück.» Die Iran-Geschäfte waren sowohl nach deutschem als auch europäischem und internationalem Recht legal und verstießen auch nicht gegen das Teilembargo der UNO, hält der Leitartikler fest und fährt fort: «Die amerikanische Regierung übte ihren Druck nicht auf die Tochtergesellschaften deutscher Banken in den Vereinigten Staaten aus, sondern auf die Mutterhäuser selbst, und das in Deutschland. Keiner weiß, welche Drohungen ausgesprochen wurden. Ein Vertreter einer Bank sprach von <Erpressbarkeit>.» Tatsache ist, dass sich die deutschen Banken dem Druck beugten und sich »freiwillig« aus dem Iran-Geschäft zurückgezogen haben. Selbst langjährigen privaten Stammkunden, die dem Regime fernstehen, kündigten sie die Konten. Ohne die Finanzierung über die Banken werden keine Geschäfte mehr abgeschlossen und ohne funktionierendes Bankwesen findet kein Außenhandel mehr statt. Eingetreten ist ein gefährlicher Präzedenzfall. Was heute gegen den Iran praktiziert wird, kann morgen in China angewandet werden und übermorgen in anderen Märkten. Deutschland hat in den vergangenen Wochen einen Teil seiner aussenwirtschaftspolitischen Souveränität eingebüßt. Denn die deutschen Unternehmen und Banken können nicht länger jene Geschäfte tätigen, die mit dem geltenden Recht vereinbar sind. Nicht die Bundesregierung hat entschieden, wo für deutsche Unternehmen und Banken die Grenzen des Iran-Geschäfts liegen, auch nicht die EU. Diese Entscheidung hat ihr »nicht gerade elegant« die Regierung in Washington abgenommen.
 
Gezielt eingesetzte Krisen
Dass die US-Administration damit noch nicht am Ende ihrer Forderungen angelangt ist, geht aus dem weiteren Kommentar hervor: «Mit ihrer Finanzkraft haben die Vereinigten Staaten ihre Entscheidung dem alten Kontinent aufgezwungen. Offenbar will Washington nicht akzeptieren, dass seine Verbündeten beim Thema Iran abweichende Meinungen einnehmen oder dass jene (noch) zu Konzessionen gegenüber China und Russland bereit sind.» Der Autor verwechselt zwar «Finanzkraft» mit «Militärkraft», aber es geht ungeschminkt weiter: «Einen Vorgeschmack auf die Zukunft liefert ein amerikanischer Vorschlag, der bei der OECD kursiert und der im Rahmen einer schärferen Kontrolle der internationalen Finanzströme die Banken verpflichten will, bei internationalen Transaktionen das Grundgeschäft zu prüfen. Die Banken sollen also eine private Ersatzbehörde für die amerikanische Exportkontrolle werden. Sie sollen nicht mehr das Funktionieren der Wirtschaft sicherstellen, sondern einen politischen Auftrag erfüllen.» Mit dem trefflichen Ausdruck «Leisetreterei» endet der nächste Abschnitt des Kommentators: «Weder erfolgte ein Protestgeschrei der deutschen Wirtschaft, noch erhebt die Bundesregierung Einspruch. Weiß die Bundesregierung überhaupt, wann und welche Regierungsvertreter Deutschland ihre Besuche abgestattet haben? Kennt sie den Inhalt dieser Gespräche? Viel Phantasie braucht es nun nicht mehr, sich vorzustellen, dass nach den Banken die Industrie an die Reihe kommt.»
 
Gewisse Gruppen inszenieren bewusst gewisse Szenarien unter Inkaufnahme von Katastrophen. Das gilt für Militärschläge - an die Sprengung des «World Trade Center» durch die Handlanger der US-Junta am «09/11/2001» sei erinnert - aber auch für Wirtschaftskatastrophen wie den Subprime-Betrug. Der Möglichkeiten sind gar viele; wer den Ariadne-Faden aufnimmt, kann auch hier aufgrund von Ähnlichkeiten das Strickmuster erkennen. Die Erpressbarkeit kontinentaleuropäischer Banken ist angesichts der gewaltigen Mengen fauler Kredite für Hedge- und Private-Equity-Fonds und «Subprimes», die ihnen US-Institute verhökert haben, sehr groß. Diese in einer sozusagen neutralen, weil US- und wirtschaftsnahen Gazette skizzierten bzw. kritisierten Fakten des völkerrechtswidrigen Vorgehens der US-Junta wurden der Berichterstattung über die Subprimes hier vorangestellt, um aufzuzeigen, dass bewusst inszenierte Wirtschaftskriege keine Verschwörungstheorien, sondern leider traurige Wirklichkeit des 21. Jahrhunderts sind.
 
Künstlicher Aufschwung durch Subventionen
Das schnellste Mittel, die gesamte Volkswirtschaft eines Landes in Schwung zu bringen, ist die Förderung des Immobiliensektors, der Bauwirtschaft: Rohstoffe werden benötigt, Transporte angekurbelt, Handwerksbetriebe und die Industrieproduktion prosperieren, Arbeitsplätze entstehen, alle Menschen, die vom Bauboom profitieren, steigern ihren privaten Konsum, usw. usf. Als Beispiel für einen solchen Prozess sei die «Wende» 1989/90 genannt: der starke Zuzug von Menschen aus dem Osten Deutschlands löste im Westen einen Boom (mit explodierenden Miet- und Immobilienpreisen) sondergleichen aus (der dann nach 1992 in einer der größten Rezessionen überhaupt verpuffte); der Boom basierte auf dem soeben skizzierten Phänomen. Am meisten freuen sich an solcher Wirtschaftsprosperität die (auslösenden) Politiker (wegen der Wiederwahl), die Finanzinstitute, die das alles in irgendeiner Weise finanzieren oder aber die Erlöse anlegen und natürlich die Ölindustrie. Ganz besonders aber freut das natürlich den, der alle drei genannten Gruppen unter (s)einem Hut vereinigt. Ach ja: Jeder (Politiker) weiß natürlich, was er anstellt, wenn er das (willkürlich) ins Rollen gebrachte System willkürlich wieder stoppt.
 
Alle Politiker wissen um diese Effekte und nutzen sie weidlich aus: Die staatliche Förderung des privaten selbst genutzten Wohneigentums machte beispielsweise in Deutschland in den Neunzigerjahren für eine vierköpfige Familie binnen acht Jahren über 60 000 DM aus. Direkte Subventionen sind in den wirtschaftsliberalen angelsächsischen Ländern natürlich verpönt. Stattdessen verwendet(e) man einen Kunstgriff, der genauso wirkt: Der langjährige Durchschnitt für Baufinanzierungszinsen mit zehnjähriger Zinsfestschreibung lag in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts in Deutschland bei ca. 7,5 % p.a. Wer, wie in der USA lange üblich, stattdessen nur 2,5 % p.a. zahlen muss, bei dem fallen 5 % weniger Zinsen pro Jahr an: fast 100.000 $ Zinsen weniger für eine Finanzierung von 200.000 $ und insgesamt 30jähriger Kreditlaufzeit schon im ersten Jahrzehnt oder 825 $ im Monat. Auch das kann man steuern.
 
Der US-Sparkassenbetrug als Vorbild
Bleiben wir bei den «gezielten» Subventionen, die aktuellen Betrügereien sind ja nichts Neues. Zwar sind die Methoden etwas ausgefeilter als im letzten Jahrhundert, aber die, die in die Röhre gucken (von den bedauernswerten nordamerikanischen Immobilienkäufern einmal abgesehen) sind nun nicht mehr US-, sondern kontinentaleuropäische Steuerzahler; ansonsten hat sich wenig geändert.
 
Seit 1976 war George Bush senior CIA-Präsident, ab 1981 US-Vize unter Präsident Reagan und bis 1993 selbst US-Präsident. In diese Zeit fällt die berüchtigte Krise lokaler Kredit- und Sparbanken «Loan and Savings-Banken» (L & S-Banken): Unmittelbar nach Regierungsübernahme deregulierte die Reagan-Administration die staatlich abgesicherten L&S-Banken. Minimale 1 % der Bilanzsumme reichten fortan für die Gründung oder Übernahme eines solchen Institutes aus; gleichwohl garantierte der Staat alle Kundenspareinlagen bis jeweils 100.000 US-$ für jeden Kunden. Die folgenden Bankrotte von ca. 2000 L&S-Instituten in den Jahren 1986 - 1993 haben den Staat bzw. Steuerzahler ca. 500 Mrd. $ gekostet. Mindestens 22 jener L&S-Bankrotte bringt R. Kohler in seiner Internet-Enzyklopädie über regierungsamtliche Verbrechen der Vereinigten Staaten seit 1850 in Verbindung mit dem organisierten Verbrechen und der CIA (als Geldwaschanlage für verdeckte Operationen), auch prominente Nutznießer verschweigt er nicht: «Da der Staat die Garantien übernommen hat, wurden so riesige Vermögen von den Steuerzahlern zu einer kleinen Elite von Bankern, Mafiosi, Geheimdienstleuten und republikanischen Politikern wie George Bush sen. transferiert». Mittels dieser L&S-Kredite wurde der Boom der Reagan-Ära finanziert.
 
Als Bush sen. das Ruder übernommen hatte, flankierte die gleiche Administration respektive Alan Greenspan mit seiner FED dann die Abwicklung der L&S-Banken mit einer Politik niedriger Zinsen. Nicht nur der vielzitierte Börsen-Crash von 1987 war Grund für die Greenspan’sche Niedrigzinsphase; diese Vertrauenskrise urständete im Prinzip im skizzierten L&S-Debakel! Aber die steuernden Machtzirkel der USA haben aus der Krise der Achtzigerjahre gelernt: Billiges Geld wurde im neuen Jahrtausend erneut produziert, die bewährten Tricks zur Anfachung der Wirtschaft durch einen Bauboom wieder angewendet. Die Aufblähung der Schein- bzw. Zeichenwerte, denen keine realen Werte (Güter) gegenüberstehen, wurde so unverschämt-geschickt eingefädelt, dass die Risiken hieraus als verbriefte Forderungen problemlos zinsgierigen Europäern in die Depotkonten geschoben werden konnten. Sollte es doch noch zu Verwerfungen auf dem US-Markt kommen? So richtig werden die Auswirkungen dort wohl doch erst dann spürbar werden, wenn George W. Bush 2009 ab- und (nach Truman, Bush sen., Clinton) als vierter US-«Uranpräsident» in die Geschichtsbücher eingetreten sein wird.
 
Die Kopie: Der Subprime-Betrug
Die gezielt herbeigeführten Niedrigzinsphasen der FED in der langjährigen Ära von Alan Greenspan dienten nur der (Zins-)Subvention und hatten die geschilderten Aspekte (Wirtschaftsboom) als triftigsten Grund. Durch diese Zinspolitik erfolgte die Ankurbelung (=
Bauboom) der inländischen Wirtschaft, die, durch die völkerrechtswidrigen Kriege der Regierung stark mitgenommen, im Grunde genommen dem Untergang entgegentaumelt, Ausnahmen (Öl-/Finanz-/Militärindustrie) bestätigen die Regel. Herr Greenspan hatte die Verlogenheit, mit geschickten Aussagen zum niedrigen Zinsniveau die Menschen zum Kauf von Immobilien, bzw. zu hoher Verschuldung zu animieren, um dann peu à peu die Zinsen hochzuschleusen: Variable Konditionen beinhalten das Risiko von Zinssteigerungen; wenn sich bei einem kreditfinanzierten Hauskauf mit variablen Hypothekenzinsen diese von beispielsweise 2,5 % auf 5 % verdoppeln, wird für viele Kreditnehmer die nun fast doppelt so hohe Monatsrate zum Albtraum. Können viele Kunden die gestiegenen Zinssätze nicht bezahlen, haben alle Banken ein Problem und kurz danach die ganze Volkswirtschaft: Immobilien kommen zu Schleuderpreisen auf den Markt (oder unter den Hammer) und ein breiter Verfall der Immobilienpreise beginnt. In kurzer Folge stellen die Banken fest, dass auch andere Finanzierungen wegen des Preisverfalls die vorher errechnete Grenzbeleihung überschreiten und kündigen auch diese Kredite: der Teufelskreislauf beginnt. Den handelnden Akteuren war bei Initiierung des Subprime-Betrugs völlig klar, dass die Kreditnehmer ihre Verbindlichkeiten niemals bei einem Zinsniveau von ca. 5 % p.a. und darüber abzahlen konnten. Da nun aber der «Aufschwung» für die Finanzierung der Kriegsabenteuer in Afghanistan und im Irak dringendst benötigt wurde, ersann man ein Mittel, die Folgen der einerseits gezielt inszenierten, andererseits von vorneherein absehbaren kapitalen Pleiten diesmal nicht nur dem eigenen Steuerzahler aufzubrummen, sondern auch ahnungslosen Kontinentaleuropäern mittels verbriefter Forderungen unterzujubeln: Die ab 2005 in großem Stil gehandhabten Subprimes.
 
«Kollateralschäden»
Verbriefte Forderungen sind an sich langjährig erprobte Finanzierungsmittel und hochriskante Forderungen werden eben mit entsprechenden (Risiko-)Abschlägen verkauft. Wie immer wird die Angelegenheit erst dann kriminell, wenn die Ware nicht mehr dem entspricht, was auf der Verpackung steht. Ob man jemals erfahren wird, ob die Käufer dieser Zinspakete gewusst haben, was sie kaufen, sei dahingestellt. Es steht eher zu vermuten, dass die verantwortlichen Personen in den Bank-, Investmentfonds-, Versicherungskonzernen, überhaupt nicht verstanden haben, was ihre Händler nach dem Motto «Gier frisst Hirn» für Risikopapiere gekauft haben. Da sich über 60 % der Subprime-Verbriefungen mittlerweile nicht mehr im Besitz von Banken, sondern von sonstigen Anlegern befinden, gilt dies leider gleichermaßen für die (privaten) Käufer von Lebensversicherungen oder für (professionelle) Anleger in Geldmarktfonds. Derartige Anlagen versprachen angeblich eine bessere Verzinsung als «langweilige» Spar- oder Festgeldkonten. Das einzige, was wir von Akteuren aus der ersten Reihe zum Subprime-Skandal hören, sind Beschwichtigungen. Nachdem Josef Ackermann von der Deutsche Bank in einer TV-Talkshow gestanden hatte, dass sein Institut rund 30 Mrd. seiner verbrieften Forderungen neu bewerten müsse, wurde ein Makel, den die FAZ im Leitartikel des Finanzteils unter dem Titel »Die Stunde der Banker« festhielt, besonders unterstrichen: «Die Anleger dürfte auch die Tatsache nicht gerade beruhigt haben, dass Deutschlands wichtigster Bankmanager den Vorwurf unwidersprochen stehen ließ, Banker seien notorische Lügner.»
 
Peu à peu tröpfeln die Informationen der Insider, und das wahre Ausmaß der Krise wird langsam deutlich: Von 2005 bis 2007 wurden in Amerika Subprime-Darlehen von über 1.800 Mrd. US-$ vergeben; der Präsident der deutschen Sparkassenorganisation erwartet bis zu 20% Ausfälle. Das ist wohl eine zurückhaltende Prognose, aber auch 360 Mrd. US-$ Kreditausfälle dürften das (weltweite) Bankensystem und damit die (Konjunktur aller) westlichen Volkswirtschaften bis ins Mark erschüttern, der Goldpreis ist nicht umsonst im Herbst dieses Jahres auf 770 US-$ geklettert. Die suboptimalen Subprime-Verbriefungen sollen von der Wall-Street-Spekulationsindustrie (Investmentbanken) großmehrheitlich nach Europa verkauft worden sein, was die von der FAZ genannte «Erpressbarkeit» (siehe oben) erklären könnte. Auch einzelne US-Investmentbanken erleiden (Milliarden-)Verluste, das sind allerdings nur «Kollateralschäden», die dadurch entstehen, dass sie diese «Giftpillen» nicht schnell genug über den Atlantik verkaufen konnten. Die größten und die ältesten Investmentbanken sind offensichtlich fast «unversehrt»: Die alten Strategen von J.P. Morgan Chase, seit 100 Jahren im Geschäft mit der Regierungspartei und Goldman Sachs, die Glücksritter des PNAC [The Project for the New American Century - spätestens seit 1989/90 die führenden Bankhandlanger der Skull&Bones-Genossen], sind wohl von ihren Washingtoner Freunden in die Geschäfte eingeweiht worden und konnten die «Giftpillen» frühzeitig weiterreichen. Das «Geschäft» dürfte mittlerweile mausetot sein: US-Investmentbanken, die gar kein direktes Baufinanzierungsgeschäft betreiben, schließen (!) ihre «Hypothekenabteilungen»: gemeint sind deren Verbriefungs- und Verkaufseinheiten. Den gewaltigen Umfang des Geschäfts erhellt die FAZ-Nachricht: Lehman Brothers beispielsweise, die Nummer vier der New Yorker Spekulationsindustrie, entlässt aus der «Hypothekenabteilung» 2500 Menschen.
 
Die Zeche zahlt Kontinentaleuropa
Einer der Herausgeber der FAZ schrieb in seinem Leitartikel auf Seite 1 der Zeitung: «Auf fast allen Märkten wuchert Misstrauen, ein solches Ausmaß allgemeiner Verunsicherung haben selbst erfahrene Banker und Aufseher nicht erlebt.» Und: «Die kräftige Zinssenkung der FED kann nicht nur als Rettung in der Not, sondern auch als Auftakt zur nächsten Spekulationswelle verstanden werden, vor allem dann, wenn die amerikanische Notenbank noch einmal eine Spekulationskrise, zu der sie mit Zinsen fast zum Nulltarif eingeladen hatte, zu lange mit zu billigem Geld zu bekämpfen versuchen sollte.» Dass das nun aber eigentlich wieder gewollt ist (siehe oben), blickt der gute Mann leider nicht. Und dass bei einem solchen Horrorszenario auf den Finanz- und Wirtschaftsmärkten die Washingtoner Junta, die damit ungestraft ihre völkerrechtswidrigen Kriege in aller Welt finanziert, dann auch noch hiesige Banken erpressen und Deutschen legale Geschäfte verbieten will, passt zwar ins Bild, ist aber ein Skandal, der den um die Subprimes noch um ein Vielfaches übertrifft. Etwaige Folgen sind sogar für einen Menschenschlag absehbar, der ansonsten eine Geschäftspolitik betreibt, die gestandene Wirtschaftswissenschaftler gelegentlich mit «Gier frisst Hirn» klassifizieren. Nur zwei Jahrzehnte nachdem Bush senior und seine Mannschaft mittels den damaligen Sparkassenbetrügereien primär die Wirtschaft des Landes ankurbelte, sekundär seinen Geldsäckel stopfte und per Saldo dem Staatshaushalt ein 500-Mrd.-$-Desaster besorgte, haben die damaligen Herrschaften ihre Lektion gelernt. Die Wirtschaft des Landes haben sie nach dem gleichen Strickmuster wie vor zwanzig Jahren angekurbelt, aber ihre eigenen Geldsäckel stopfen sie mittlerweile mit Hedge- und Private-Equity-Fonds. Nur den damals einzigen Negativaspekt haben sie ausgemerzt: Die Zeche zahlt diesmal auch der kontinentaleuropäische Steuerbürger: während die Mannschaft ihre Lektion gelernt hat, haben die Europäer geschlafen!
 
Vor diesem Hintergrund ist dem FAZ-Leitartikler durchaus beizupflichten: «Amerika hat den Bogen überspannt». Aber neben den machtpolitischen Ungeheuerlichkeiten darf bei dieser Katastrophe die horrende Opferzahl der betroffenen Menschen nicht vergessen werden. Zusätzlich zu den zahlreichen Entlassungen in der Spekulationsindustrie kommen die Menschen, die durch eine rückläufige Konjunktur (zuallererst in der Baubranche) ihren Arbeitsplatz verlieren. Und dann dürfen die Käufer dieser Immobilien, die schändlichst betrogen wurden, nicht vergessen werden. Teilweise hat man »der schnellen Provision wegen« Objekte mit Finanzierungen verkauft, bei denen die Immobilienerwerber erst nach Jahresfrist mit der Ratenzahlung beginnen mussten und dann (erst) feststellten, dass die Rate zu hoch und nicht aufzubringen war. Die Käufer mussten wieder ausziehen. Nicht nur die Finanzierungen, auch die verkauften Immobilien waren vielfach «suboptimal», das heißt das Geld nicht wert, das die übers Ohr gehauenen Käufer dafür bezahlt hatten. Es scheint ein fatales Symbol des noch jungen Jahrhunderts zu sein, dass der reale Wert eines Wirtschaftsguts und der dafür zu zahlende Geldbetrag immer weiter auseinanderklaffen, dass man einen reellen Zusammenhang zwischen Wert und Zeichenwert nicht mehr erkennen kann.
 
Quelle: Der Europäer - Dezember/Januar 2007/2008. Der Eintrag wurde am Dienstag, den 18. Dezember 2007 von Redaktion geschrieben und in die Kategorie Internationale Politik eingeordnet. Der Artikel ist hier geringfügig gekürzt wiedergegeben.