Warum ist die UNO eine despotische Einrichtung? Von Diethelm Raff 15.10.2007 21:51
Es gilt, sich von der Vorstellung zu verabschieden, dass die UNO irgendetwas mit Frieden zu tun hat. Sie ist von Anfang an ein Instrument der Grossmächte gewesen. Die Tendenz, dass die UNO dazu benutzt wird, den Bürgern und den Völkern ihre Selbstbestimmung zu nehmen und unter dem schönklingenden Titel der Friedenssicherung den Krieg erneut zu einem Mittel der Politik zu machen, zeigt sich immer offener.
Die Einrichtung der UNO beschlossen die Präsidenten von Amerika und England, Roosevelt und Churchill, am 14. 8. 1941 mit der sogenannten Atlantikcharta. »Die Atlantikcharta war ein Programm, das in wesentlichen Aspekten von Vorstellungen der USA über eine zukünftige Friedensordnung in der Welt ausging.« (Brockhaus Enzyklopädie, 19. Auflage, Band 2, S. 258) In einem von 8 Punkten forderten sie den freien Zugang zu den Rohstoffen auf der ganzen Erde. Durch den Beizug von Russland entstand die UNO als Organisation, deren Charta und deren Aufbau von den Grossmächten entworfen wurde und - wie dies im folgenden zu sehen ist - deren Vorherrschaft sichern sollte.
1. Die UNO ist ein
Zusammenschluss der meist autoritären diktatorischen 189 Staaten auf der Welt. Die
rund 3500 Völker, die es auf der Erde gibt, sind in der UNO nicht vertreten.
Die UNO tritt deren Selbstbestimmungsrecht mit Füssen, weil
sie von ihren Mitgliedern nicht verlangt, dass sie das Selbstbestimmungsrecht
der eigenen Völker respektieren.
2. Die Entscheide
in der UNO folgen nicht dem
Konsensprinzip, mit dem allein die Souveränität der einzelnen Staaten und
damit das Selbstbestimmungsrecht der Bürger in demokratischen Gesellschaften
beibehalten werden könnte. Die Entscheide der UNO folgen nicht
einmal dem Mehrheitsprinzip. Stattdessen bleiben nur 5 Mitglieder souverän, die
5 Grossmächte USA, Russland China, England, Frankreich, die jeden Entscheid zu
Krieg und Frieden blockieren resp. bestimmen können.
3. Somit können die
5 Grossmächte durch ihr Veto jeden Entscheid zu Krieg und Frieden verhindern.
(Art. 23, Art.27.3) Jeder weiss aber, dass bei fast allen kriegerischen
Auseinandersetzungen mindestens einer dieser Staaten beteiligt ist.
Mittels ihres Vetos können die Grossmächte daher auch verhindern, dass in der UNO etwas Sinnvolles
beschlossen wird. Die UNO kann und will deshalb weder
den Tschetschenen helfen noch den Tibetern, weder den Indianern noch den
verschiedenen Völkern in Afghanistan, wenn diese völkerrechtswidrig
bombardiert werden. Die UNO hilft sogar, die
Eroberungen durch die Grossmächte mit Protektoraten abzusichern.
4. Die
Generalversammlung aus 189 Staaten muss sich dem Sicherheitsrat aus 15 Staaten,
darunter die 5 Grossmächte, unterordnen. Die Generalversammlung darf nur dann eine
Stellungnahme zu Krieg und Frieden abgeben, wenn dies der Sicherheitsrat
erlaubt. »Solange der Sicherheitsrat in einer Streitigkeit oder einer Situation
die ihm in dieser Charta zugewiesenen Aufgaben wahrnimmt, darf die
Generalversammlung zu dieser Streitigkeit oder Situation keine Empfehlung
abgeben, es sei denn auf Ersuchen des Sicherheitsrats.« (Art. 12.1) Das
bedeutet, dass jede Grossmacht mit ihrem Veto der Generalversammlung verbieten
kann, einen Krieg dieser Grossmacht zu verurteilen.
5. Nur wenn es der
Sicherheitsrat erlaubt, also wenn keine Grossmacht etwas dagegen hat, darf der
Generalsekretär die Generalversammlung darüber unterrichten, was im
Sicherheitsrat besprochen worden ist. (Art. 12.2) Es ist also eine Lüge zu
behaupten, die Schweiz könne mit dem Beitritt zur Generalversammlung über Krieg
und Frieden auf der Welt besser mitbestimmen.
6. Die Mitglieder
der UNO vertrauen ausgerechnet den 5 Grossmächten
die Wahrung des Weltfriedens an. »Um ein schnelles und wirksames
Handeln der Vereinten Nationen zu gewährleisten, übertragen ihre Mitglieder dem
Sicherheitsrat die Hauptverantwortung für die Wahrung des Weltfriedens und der
internationalen Sicherheit.« (Art. 24)
7. Die
Mitgliedsländer erlauben es sogar den Grossmächten, dass sie in ihrem Namen
handeln. »Die Mitglieder erkennen an, dass der Sicherheitsrat bei der
Wahrnehmung der sich aus dieser Verantwortung ergebenden Pflichten in ihrem
Namen handelt.« (Art. 24)
8. Der
Generalsekretär wird zwar von der Generalversammlung gewählt, aber nur auf
Vorschlag des Sicherheitsrats (Art. 97). Das bedeutet, dass der Generalsekretär
nur gewählt wird, wenn er allen Grossmächten genehm ist. Der vormalige
Generalsekretär Kofi Annan wurde von den USA gegen die
Mehrheit der Länder durchgesetzt. Diese wollten eine Wiederwahl des Vorgängers
Boutros Boutros Ghali, der - nach eigenen Angaben - die Anordnungen der USA zu
wenig befolgte.
9. Der
Sicherheitsrat trifft sich fast täglich, die Generalversammlung einmal im Jahr
im September für einige Wochen. Ausgerechnet nach den Terroranschlägen hat sich
die Generalversammlung erst im November getroffen. So konnte die Generalversammlung auf
diesem Forum nicht einmal gegen die völkerrechtswidrige Bombardierung von
Afghanistan protestieren.
10. Die Grossmächte, allen
voran die derzeit vorherrschende USA, können alle Mitglieder zwingen, ihren
Anordnungen Folge zu leisten: »Alle Mitglieder leisten den Vereinten
Nationen jeglichen Beistand bei jeder Massnahme, welche die Organisation im
Einklang mit dieser Charta ergreift; sie leisten einem Staat, gegen den die
Organisation Vorbeugungs- oder Zwangsmassnahmen ergreift, keinen Beistand.«
(Art. 2.5).
11. Die UNO setzt die eigene
Charta nur gegen Kleinstaaten durch. So verbietet Art. 2.4 jegliche Gewalt
gegen andere Mitglieder: »Alle Mitglieder unterlassen in ihren internationalen
Beziehungen jede gegen die territoriale Unversehrtheit oder die politische
Unabhängigkeit eines Staates gerichtete oder sonst mit den Zielen der Vereinten
Nationen unvereinbare Androhung oder Anwendung von Gewalt.« Die USA hat jedoch ohne juristisch akzeptierte
Beweise einen Krieg gegen Afghanistan vom Zaum gebrochen. Auch für die
behauptete Befreiung der Frau darf gegen diesen Artikel nicht verstossen
werden. Die von den USA in Anspruch genommene Selbstverteidigung laut Art 51
gilt nur so lange, bis der Sicherheitsrat Massnahmen ergriffen hat. Das hat der
Sicherheitsrat in zwei Resolutionen bereits im September getan. Er hat den USA
darin aber keine Erlaubnis zum Bombardement gegeben. Die UNO protestiert aber
trotzdem nicht gegen den Krieg, weil das mindestens die USA verhindern können. Die UNO ist also für den
Frieden ein ungeeignetes Instrument.
12. Die 15 Richter
des Internationalen Gerichtshofs in Den Haag werden von der Generalversammlung
und vom Sicherheitsrat für 9 Jahre gewählt. Das heisst, jeder Richter muss den
5 Grossmächten passen. Die Staaten verpflichten sich mit der Mitgliedschaft,
sich an die Rechtsprechung der Richter von Gnaden der Grossmächte zu halten.
(Art. 94) Die Gewaltenteilung ist also nicht gegeben.
13. Die UNO ist ein Teil des
Systems der Vorherrschaft der USA, wie dies
einer der einflussreichsten US-amerikanischen Geostrategen, Zbigniew
Brzezinski, in seinem Buch ‚Die einzige Weltmacht. Amerikas Strategie der
Vorherrschaft’ [Seite 49] aus dem Jahr 1999 erklärte: »Als Teil dieses
amerikanischen Systems muss ausserdem das weltweite Netz der
Sonderorganisationen, allen voran die internationalen Finanzinstitutionen,
betrachtet werden. Offiziell vertreten der Internationale Währungsfonds (IWF)
und die Weltbank globale Interessen und tragen weltweit Verantwortung. In
Wirklichkeit werden sie jedoch von den USA dominiert, die sie mit der Konferenz
von Bretton Woods im Jahre 1944 aus der Taufe gehoben haben.« In
der UNO-Sonderorganisation
IWF besitzen die USA als einziges Land mit 20,1 % der Stimmen ein Vetorecht. Die UNO-Sonderorganisation
Weltbank muss laut Statuten von einem Bürger der USA präsidiert werden. Man
kann dementsprechend feststellen, dass die UNO ein Anhängsel der
US-Grossmachtansprüche ist.
14. Obwohl es
überhaupt keine Vertretung von Bürgern gibt, werden in der UNO - nicht einmal in
der Generalversammlung, sondern auf internationalen Konferenzen - insbesondere
seit Anfang der 90er Jahre - internationale Standards und Normen entwickelt, an
die sich die Staaten zu halten haben wie die UNO in ihrer Homepage
selbst erklärt 1. Dazu
gehört das Kyoto-Protokoll als Einstieg in die Beherrschung der Welt auch in
allen anderen Gebieten, wie die deutsche Entwicklungshilfeministerin
Wieczorek-Zeul am 27.1.1999 erklärte: »Die Umweltkonventionen sind Vorreiter
für die ‚global governance’ (Globale Steuerung) und eilen dem ökonomischen
Bereich weit voraus.« (Bulletin 9.2.1999). Die Entscheidungen auf UNO-Ebene werden aber
mit den Bürgern nicht einmal diskutiert, sondern nur aufgezwungen. Mit
den grossen Konferenzen in den 90er Jahren hat die UNO die Bürger als
Träger der Staaten entmündigt. Statt der Bürger entscheiden in der UNO die UNO-Organisationen, Grosskonzerne, Nicht-Regierungsorganisationen,
die Europäische Union und andere undemokratische Regionalgebilde, die als neue
Akteure bezeichnet werden.
15. Die neue UNO hilft den
multinationalen Konzernen, sich der Globalisierungsgegner zu entledigen und
ihre rein börsenorientierten Geschäfte ohne Anbindung an die Bürger durchführen
zu können. Dazu hatte Kofi Annan in Davos 1999 den
Globalen Pakt ausgerufen. Die Grosskonzerne verpflichten sich darin zu
minimalen Standards und die UNO verspricht ihnen,
sie nicht mehr zu kritisieren. Die Schweizer Grosskonzerne - insbesondere
Marcel Ospel von der sich längst aus der Schweiz abgemeldeten UBS - erklärten
in ihrem damaligen Propagandaheft zur UNO-Abstimmung ‚Facts
der Wirtschaft’ (Seite 10) hingegen: »Wegen der wachsenden Opposition gegen die
Globalisierung hat der Generalsekretär der UNO, Kofi Annan, den Globalen
Pakt’ (Global Compact) zwischen den Vereinten Nationen, der globalen
Privatwirtschaft und den Nichtregierungsorganisationen (NGO) angeregt.«
16. Mit dem
Brahimi-Bericht vom Juni 2000 verabschiedete sich die UNO endgültig von
ihrer Absicht, Frieden zu stiften, mit der Begründung, dass sie sowieso immer
nur versagt hat. Stattdessen erklärt sie sich zu einer Weltmilitärmacht, die so stark zu
sein hat, dass sie oder die von ihnen beauftragten starken Militärmächte jeden
besiegen können muss und das in 5 Kriegen auf der Welt gleichzeitig 2. Die neue UNO gibt sich das
Recht, in den ehemals souveränen Staaten militärisch einzugreifen, selbst wenn
es gar keine militärischen Auseinandersetzungen gegeben hat, dies mit der Begründung,
so den Frieden zu schützen, ganz gemäss den Schutztruppen Deutschlands in
Deutsch-Südwestafrika, mit denen der imperialistische Zugriff auf die Welt
verschleiert wurde. Die UNO ermuntert sogar
einzelne Länder ausdrücklich dazu, ganze Länder in eigener Regie zu verwalten,
wie es bereits in Afghanistan umgesetzt wird. Die UNO will Konflikte
somit nicht mehr prinzipiell politisch lösen helfen, sondern erhebt - ganz im
Gegensatz zu ihrer eigenen Charta - Gewalt zum Mittel der Politik.
1 United Nations
Conferences www.un.org/News/facts/conferencs.htm
2 www.un.org.peace-operations-report.htm
Der Autor, Dipl. Ing. Agr. et Dipl. Psych. Diethelm Raff, Zürich
ist Präsident des Vereins Direkte
Demokratie und Selbstversorgung: www.direkte-demokratie.ch;
www.diethelm-raff.ch
Siehe auch ‚Die EU - 50 Jahre Verhinderung von Demokratie und Freiheit
in Europa’ von Diethelm Raff und Carroll Quigley - Tragedy and Hope, New York 1966, auf politonline
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