Unsere Gutmenschen - Protokoll einer geheimen Sitzung - von Patrick Freudiger, Stadtrat Langenthal

Die Zeit drängt. Das revidierte Ausländer- und Asylgesetz kommt bereits in wenigen Wochen zur Abstimmung. Die Gegnerschaft diskutiert, wie man das Volk überzeugen kann, warum die Schweiz weiterhin ein öffentliches Interesse an Sozialprofiteuren, Kriminellen und Asyltouristen haben könnte.

Linker Parlamentarier: Willkommen zur Sitzung. Wie können wir diese beiden Vorlagen verhindern?
Alt-Bundesrätin: Man erinnert sich heute an mich als Wohltäterin (Anm. d. Autors: auf Kosten der anderen). Dank mir erhält heute auch jeder Nichtberechtigte eine IV-Rente. Dank der Verstaatlichung des Gesundheitswesens kann man heute kostenlos ins Spital, ohne sich vorher überlegen zu müssen, ob man wirklich krank ist. Das war ein wichtiger Schritt für eine soziale Schweiz. Viele dieser Staatsabhängigen glauben deshalb heute an mich und stimmen 2x NEIN.
Kirchenvertreter: Und ich predige jeden Sonntag, dass das revidierte Asylgesetz unchristlich sei. Jesus würde 2x NEIN stimmen.
Linker Parlamentarier: Am besten Du bringst noch irgendeine Bibelstelle vom barmherzigen Samariter oder so.
Kirchenvertreter: Aber das hat gar keinen sachlichen Zusammenhang.
Hilfswerkvertreter: Aber wir – und nur wir – sind es ja, die für eine humanitäre Schweiz kämpfen. Da haben wir doch das Recht, ja die moralische Verpflichtung, uns nicht um solche Details zu kümmern.
Kirchenvertreter: Na gut, ich schaue, was ich tun kann. Aber dafür will ich auch ein paar Asylsuchende für meine Kirche. Da geht ja sonst keiner mehr hin.
Hilfswerkvertreter: Kein Problem, davon gibt es ja mehr als genug. Stellt Euch nur mal vor, dieses Asylgesetz würde angenommen. Viele unserer Mitarbeiter, das sich heute mit abgewiesenen Asylsuchenden beschäftigen, würden arbeitslos. Einfach schrecklich und unsozial!
Integrationsbeauftragter: All diese Ausländer sind ja eine Bereicherung für die multikulturelle Schweiz. Die Schweiz braucht keine Grenzen. Die Schweiz braucht Fachbeauftragte, die sich um die Integration unserer ausländischen Mitbürger kümmern, egal wie aussichtslos das manchmal auch ist. Ja, die Schweiz braucht mich wirklich!
Winkeladvokat: Und ich hätte bei einem Ja weniger Beschwerdeverfahren von abgewiesenen Asylsuchenden. Diese sprudelnde Einkommensquelle – einfach weg. Unvorstellbar!
Bürgerlicher Alibi-Gegner: Ich habe noch eine Rechnung offen mit Christoph Blocher, die ich endlich begleichen kann. Aber für dieses Engagement will ich in Zukunft von den linken Skandalparolen gegen Reiche ausgenommen und als lobendes Beispiel für einen guten Reichen genannt werden.
Linker Parlamentarier: Das sei Dir sicher!
Völkerrechtsprofessor: Mein Gutachten gegen das neue Asylgesetz hat diesem sicherlich einen anrüchigen, populistischen Touch verpasst. Gutachten sind so etwas Praktisches: Man schreibt irgendetwas und bezeichnet es als Juristerei oder Wissenschaft. Aus dem Völkerrecht kann man ja sowieso alles herauslesen, wenn man die Paragraphen nur kreativ genug interpretiert. Hinterfragen wird das sowieso keiner.
Feministin: Und denken wir nur einmal an all die armen Frauen auf dieser Welt!
Linker Parlamentarier: Glücklicherweise haben wir ja auch noch eine Stimme aus der Praxis, die uns im Kampf gegen diese menschenverachtenden Vorlagen beisteht.
Exekutivmitglied einer links regierten Stadt: Jawohl! Du meinst ja sicher mich. Ich kopierte einfach das Parteiprogramm Deiner Partei und setzte anstelle des Parteilogos unseren Städtenamen ein. Da unsere Stadt ja links regiert wird, kommt das aufs Gleiche heraus. Abgesehen davon gibt es vom Bund Geld. Städte sind ja Opfer.
Feministin: Und denken wir an die armen Frauen!
Linker Parlamentarier: Ich glaube, wir sind auf Kurs. Diese breite Koalition von Interessenvertretern, die den heutigen Zustand erhalten wollen, kann dem Volk glaubhaft ein NEIN verkaufen. Nun aber noch das Wichtigste. Im Schlussspurt müssen wir ohne zu zögern unsere stärkste Waffe einsetzen.
Bürgerlicher Alibi-Gegner: Die Ringier-Presse?
Linker Parlamentarier: Fast. Die Ringier-Presse ist nur das Medium, die unsere stärkste Waffe bis in alle Haushalte bringt: Unser Image der Gutmenschlichkeit.
Alle: Amen!