Der Tschad

Ein weiteres, an Erdöl reiches Land, das vor Armut starrt, ist der Tschad, der - um es mit den Worten von Réseau Voltaire auszudrücken - schon seit langem verkauft ist. Auch der Tschad ist ein Beweis dafür, dass sich die Wirtschaft keinen Deut um Menschenrechte schert, wenn es gilt, mit Diktaturen zusammenzuarbeiten, solange dies für ihre Gewinne förderlich ist. Der Präsident des Landes, Idriss Déby, hat sich seit seiner Machtergreifung am 1. 12. 1990 mit nichts anderem als mit Staatsterror, Massakern und Erpressungen behauptet. Hauptziel seines im September 2003 in Paris erfolgten Besuches war die Besiegelung der Nachfolge seiner Familienmitglieder im Tschad, die an der Spitze sämtlicher Stellen stehen, die für die Repression im Staat verantwortlich sind. Déby erfreut sich seit langem der Unterstützung durch den Elysée-Palast und die französisch-afrikanischen Netzwerke. Die von Déby aus dem 25 Millionen $ betragenden "Eintrittspreis" des Doba-Erdölkonsortiums für den Waffenkauf abgezweigten 4 Millionen dürften die Unterdrückung der Bevölkerung weiter zementiert haben.

In dem Bewusstsein, dass sein Clan nach seinem Tod keinerlei Aussicht darauf haben würde, die Wahlen zu gewinnen, hat Déby seinen Neffen Moussa Faki Mahamat auch schon zum Premierminister und Nachfolger ernannt, wofür er im Elysée auf Grund des zwischen den beiden Ländern bestehenden Verteidigungsabkommens ebenfalls Unterstützung verlangte. Ferner hat sich der Präsident die allerdings auf umstrittenen Schätzungen beruhenden Lizenzgebühren für die Erdölförderung der nächsten 30 Jahren von dem Konsortium im voraus ausbezahlen lassen. Auf Grund der bei der Weltbank bestehenden Schulden und dem Wegfall der Lizenzgebühren bleibt der Tschad somit für die nächsten 30 Jahre verschuldet. Die seit Oktober 2003 angezapften Ölvorräte - es wurde eine etwa 1.000 km lange Ölleitung nach Kamerun eröffnet - erstrecken sich zum Teil bis in den Untergrund Kameruns und Zentralafrikas. Zudem ist nicht auszuschliessen, dass sie geologisch mit dem Erdölvorkommen Libyens verbunden sind, was die Lage weiter kompliziert, da, theoretisch gesehen, jeder dieser Staaten das Erdöl des anderen fördern resp. abzapfen könnte. Die niederländische Shell und die französische Total-Elf-Fina hatten sich daher aus dem Projekt zurückgezogen. Das jetzige Konsortium besteht aus ExxonMobil, ChevronTexaco und der malaysische Petronas, die 35 % hält. Nach Schätzungen der Weltbank wird der Tschad über die nächsten 25 Jahre hinweg jährlich etwa 80 Millionen $ verdienen. Dadurch würden sich die Einnahmen der Regierung  um bis zu 50 %  erhöhen. Wie Réseau Voltaire schreibt, »ist der grosse Gewinner bei der Ausbeutung des Erdölvorkommens das Konsortium selbst.« Wie sollte dies auch anders sein, da die Milliardengewinne der Ölkonzerne für ihre Aktionäre nicht anders zu erzielen wären. Beim ersten an den Staat als Vorschuss ausgezahlten Bonus seien 7.4 Millionen $ unterschlagen worden. Die Weltbank hatte damals die Augen davor verschlossen, damit ihre Glaubwürdigkeit keine Flecken erleiden sollte.
 

 
Wie es zu Beginn hiess, seien die Anrainer für die Beeinträchtigungen durch die Pipeline entschädigt worden, was nicht der Fall ist. In Wirklichkeit schreckte Idriss Déby nicht einmal davor zurück, die enteigneten Bauern auszuplündern. Die Verpflichtungen zum Schutz der Umwelt wurden mitnichten eingehalten. Die Lage sah im Gegensatz zu den 'geölten' Worten der Weltbank am Ende der Bauzeit wie folgt aus: Die Region ist verwüstet, die Umwelt zerstört, der landwirtschaftliche Anbau nicht länger möglich, Schulen und Behörden geschlossen, Abwanderung der Bevölkerung. Der Hauptgegner des Projekts, Ngarlejy Yorongar, berichtete anlässlich einer Pressekonferenz Mitte September 2003, dass er von der Weltbank verlangt hatte, gegen das Desaster einzuschreiten und ein Inspektionsteam zu entsenden. Dieses registrierte zwar die Klagen der Bevölkerung in den betroffenen Orten, der Leiter der Weltbankgruppe machte Yorongar jedoch lediglich den Vorschlag, dessen Wahl zu finanzieren, wenn er darauf verzichtete, die Tätigkeit  des Erdölkonsortiums zu behindern. Wie es von Seiten der Weltbank geheissen hatte, konnte der Tschad anlässlich der Kreditvergabe davon überzeugt werden, die gesetzliche Grundlage für eine sinnvolle Verteilung des Geldes zu legen, laut der 80 % der Einnahmen u.a. für Bildung, Gesundheit und die Infrastruktur ausgegeben werden müssen; 10 % sind für die künftigen Generationen beiseite zu legen und 5 % sollen der Entwicklung des Doba-Bassins dienen. Diese Vereinbarung wurde von der Nationalversammlung des Tschads Anfang Januar 2006 in wesentlichen Punkten geändert. So wurde etwa ein für die Zeit nach dem Versiegen des Ölstroms angelegter Zukunftsfonds aufgelöst. Die Regierung will stattdessen mehr Geld aus den Öleinnahmen zur Sanierung des Staatshaushalts verwenden, wie Idress Déby erklärte; daraufhin setzte die Weltbank die Zahlung weiterer Kredittranchen aus. Am 26. 8. 06 wurde bekannt, dass Déby die Ölkonzerne Chevron und Petronas des Landes verwiesen hat. Die Unternehmen hätten sich geweigert, Steuern zu zahlen.