O f f e n e r B r i e f - von Dr. Vera Ziroff Gut, Jutta Lücking

Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin Merkel, die Präambel des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland verpflichtet jeden Deutschen und erst recht alle politischen Amtsinhaber, dem Frieden der Welt zu dienen. Sie als Bundeskanzlerin sind Dienerin des deutschen Volkes und dem Grundgesetz verpflichtet. Bei Ihrem Amtsantritt haben Sie den Eid abgelegt, Ihre Kraft dem Wohle des deutschen Volkes zu widmen, das Grundgesetz zu wahren und zu verteidigen, Ihre Pflicht gewissenhaft zu erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann zu üben.

Das Grundgesetz ist aus dem Wunsch entstanden, das friedliche Zusammenleben der Völker zu festigen. Es ist entstanden nach einem verheerenden Krieg, der von deutschem Boden ausging und Millionen von Menschen das Leben gekostet hat. In jener Zeit hat das deutsche Volk, insbesondere den jüdischen Mitbürgern gegenüber, schwere Schuld auf sich geladen. Daraus entstand die Verpflichtung, alle Kräfte zur Wahrung des Friedens und zur Völkerverständigung einzusetzen, und zwar unter allen Bedingungen und kompromisslos. 
 
Heute, in einer Situation, wo Kriege als politische Problemlösung nicht nur diskutiert, sondern mit allen verheerenden Konsequenzen auch geführt werden, ist es gerade unsere Aufgabe als Deutsche, und ganz besonders Ihre, als Kanzlerin des deutschen Volkes für den Frieden einzutreten und nicht gemeinsame Sache mit Kriegsverbrechern zu machen. Wir sagen bewusst Kriegsverbrecher, denn wenn man die Kriterien der Nürnberger Prozesse auf die jüngste amerikanische Politik anwendet, dann wird Präsident Bush als Kriegsverbrecher verurteilt werden. Ihre Stellungnahme anlässlich des Besuches des amerikanischen Präsidenten, Deutschland und Amerika wären sich in den wesentlichen politischen Fragen einig, hat uns mit Entsetzen erfüllt. Niemand hat Ihnen bei Ihrer Wahl den Auftrag gegeben, die Verfassung zu brechen und das deutsche Volk in einen neuen Krieg zu führen. Die Präambel des Grundgesetzes verlangt vielmehr von jedem Deutschen, dem Frieden der Welt zu dienen und die Menschenrechte zu achten.
 
Der Krieg jedoch, den Israel gegen Palästina und Libanon führt, z.B. die Bombardierung des einzigen Elektrizitätswerks im Gaza-Streifen, ist eine Kollektivstrafe, die der gesamten Zivilbevölkerung den Zugang zu Wasser verunmöglicht, und stellt deshalb einen Bruch des Völkerrechts dar. Wenn Sie, Frau Bundeskanzlerin, in dieser Frage mit dem amerikanischen Präsidenten übereingehen, dann brechen Sie damit die Verfassung. Unsere jüngste Geschichte aber und unser Grundgesetz verbieten uns, zu einem solchen Vorgehen ‚Ja’ zu sagen.
 
Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin, mit Ihrer Amtsübernahme haben Sie die Verpflichtung übernommen, das Grundgesetz zu verteidigen, dem Wohle des deutschen Volkes zu dienen, allen Schaden von ihm abzuwenden und sich für den Frieden einzusetzen. Diese Aufgabe ist gewiss nicht einfach, weil sie von Ihnen, in der Auseinandersetzung mit den Verbündeten, ein gerüttelt Mass an Zivilcourage erfordert. Ihr Platz in der Geschichte ist Ihnen gewiss, wenn Sie diesen Mut aufbringen. Wenn Sie in den nächsten Wochen diesen Mut jedoch nicht aufbringen, werden wir alles unternehmen, Sie aus Ihrem Amt zu entfernen. Das ist unsere Pflicht als Bürger. Wir haben unseren Eltern nicht umsonst vorgeworfen, dass sie nichts unternommen haben, um die heraufziehende Katastrophe des Nationalsozialismus zu verhindern. Unsere Kinder sollen uns diesen Vorwurf einmal nicht machen können.
 
Setzen Sie alle diplomatischen Beziehungen und politischen Verbindungen dazu ein, um eine weitere militärische Eskalation zu verhindern, führen Sie Deutschland nicht in einen neuen Krieg!
 
Mit verbindlichen Grüssen
 
Dr. Vera Ziroff Gut, Jutta Lücking
24. 7. 2006
 
 
 
Sehr geehrte Frau Abgeordnete, sehr geehrter Herr Abgeordneter
 
Ich wende mich an Sie als mein politischer Vertreter, weil die historische Tragweite der derzeitigen politischen Entwicklung Ihr Einschreiten erfordert:
Bundeskanzlerin Merkel hat US-Präsident Bush nach Deutschland eingeladen, um ihm zu zeigen, daß die deutsche Bevölkerung grundsätzlich gegen den Krieg eingestellt ist.
Mit einem inszenierten Jubelempfang für den amerikanischen Präsidenten in Stralsund stellte sich Merkel nun aber an die Seite eines Staatsführers, der sich selbst als Kriegspräsident bezeichnet und nach den Kriterien der Nürnberger Prozesse ein Kriegsverbrecher ist. Damit und mit ihrer Erklärung am G-8-Gipfel in St. Petersburg hat Frau Merkel eine vollkommene Kehrtwende in der deutschen Außenpolitik vollzogen und sich genau gegen den Volkswillen gestellt, indem sie erklärt, Deutschland sei in allen wesentlichen außenpolitischen Fragen mit den USA einig und habe die gleichen Interessen. Damit trägt sie eine Politik mit, die Angriffskriege als Mittel der Durchsetzung politischer Interessen rechtfertigt und praktiziert. Sie erklärt damit, daß Deutschland sich künftig an solchen Kriegen aktiv beteiligen wird. Dies ist grundgesetzwidrig, verstößt gegen das Völkerrecht und die Menschenrechte. Die Deutschen haben so gewählt, daß Frau Merkel keine eigene Mehrheit im Parlament hat. Nun hintergeht sie das Volk, das mit überwältigender Mehrheit keinen Krieg will und sich an keinerlei Kriegshandlungen in der Welt beteiligen will. Ihr Vorgehen ist ein Verrat demokratischer Grundprinzipien, ermächtigt sie sich doch selbst, den politischen Willen der Bürger ins Gegenteil zu verkehren. Als Repräsentantin des deutschen Volkes ist sie verpflichtet, dessen Willen zu achten und umzusetzen. Ihrer Politik ist damit jede Legitimation entzogen.
 
Die verheerenden Auswirkungen dieser politischen Wende werden an den Stellungnahmen zur aktuellen Situation im Nahen Osten deutlich: Statt die Kriegshandlungen nachdrücklich als völkerrechtswidrig zu ächten und aktiv auf eine friedliche Beilegung der Konflikte hinzuwirken, haben die deutschen Vertreter im UNO-Menschenrechtsrat gegen eine Resolution zum Gaza-Streifen gestimmt und damit das neue Gremium schwer geschädigt. Ebenso hat die Bundesregierung in der EU-Außenministerrunde einen konkreten Lösungsvorschlag für die Situation im Nahen Osten verhindert. In einer Situation, in der der Krieg im Nahen Osten zu einem atomaren Flächenbrand zu eskalieren droht, setzt sich die Bundesregierung noch nicht einmal für einen Waffenstillstand in Libanon ein. Gerade vor dem Hintergrund seiner eigenen historischen Erfahrung weiß das deutsche Volk, was Krieg an Leid und Elend bedeutet, und fordert daher auch heute, daß „Nie wieder Krieg!“ sein darf.
Als gewählter Vertreter des deutschen Volkes sind Sie dem Grundgesetz verpflichtet. Nach Artikel 25 GG sind die “allgemeinen Regeln des Völkerrechtes [...] Bestandteil des Bundesrechtes“. Nach den Genfer Konventionen sind Sie verpflichtet, gegen die schweren Völker- und Menschenrechtsverletzungen im Nahen Osten einzuschreiten.
Auf dieser Grundlage fordere ich Sie auf, all Ihren Einfluß geltend zu machen, daß unsere Bundesregierung sich an das Völkerrecht hält und in ihrer Außenpolitik unbedingt auf die Einhaltung des Völkerrechts dringt: 
  
-         Ich fordere Sie auf, nicht einer Parteidisziplin, sondern Ihrer Verpflichtung gegenüber den deutschen Bürgern und den vom Krieg betroffenen Menschen zu folgen. 
  
-         Fordern Sie von der Bundesregierung, daß sie den Willen der Bürger umsetzt und die demokratischen Regeln respektiert. 
  
-        Verdeutlichen Sie der Regierung, daß wir Deutschen nicht an der Seite einer kriegführenden amerikanischen Regierung stehen und dieser nicht in die nächsten Kriege folgen werden.
 
-         Bestehen Sie gegenüber der Bundesregierung auf der Einhaltung des Grundgesetzes, das jede Förderung von und Beteiligung an Angriffskriegen verbietet.
 
-         Fordern Sie eine Politik, die das Völkerrecht, einschließlich aller humanitären Konventionen, unbedingt achtet und einhält. Setzen Sie sich für die Beendigung des Kriegs und für umgehende humanitäre Maßnahmen für die Menschen in den betroffenen Krisenregionen ein.
 
Wenn die Kanzlerin den Willen der Bürger übergeht, muß sie zurücktreten oder abgesetzt werden. Ich erwarte von Ihnen eine Rückmeldung auf das Ergebnis Ihrer Bemühungen.
 
Karl-Jürgen Müller, Stockach
 
PS Zu Ihrer Information sind zwei aktuelle Ausgaben der Wochenzeitung Zeit-Fragen beigefügt.
 
 
Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin,
 
bitte nehmen Sie zur Kenntnis, dass der Inhalt des beigefügten offenen Briefes an Sie von Dr. Vera Ziroff Gut und Jutta Lücking vom 24.Juli 2006 sowie des Briefes von Karl-Jürgen Müller an die Abgeordneten des Deutschen Bundestages vollinhaltlich meiner Auffassung und der Auffassung meiner Freunde und Bekannten entsprechen!
 
Auch ich, 75 und Angehöriger einer Kriegsgeneration, die seinerzeit wie die Kinder im Südlibanon heute unter Bomben und Granaten zu leiden hatten, erwarte von Ihnen, dass Sie endlich Ihrer Verantwortung gegenüber unserem friedliebenden deutschen Volk gerecht werden und sich eindeutig von der Politik des Staatsterrorismus der US-Adminstration und ihres Juniorpartners in Nahost, Israel, sowie von der aggressiven Außenpolitik  des US-Präsidenten Bush, der nach den Kriterien der Nürnberger Prozesse als Kriegsverbrecher gilt, distanzieren.
 
Mit verbindlichen Grüssen
Hans Fricke