Das "System Volkswagen" - Prof. Dr.-Ing. Hans-Joachim Selenz

Heute erfahren wir, SPD-Oppositionsführer Gabriel fordere von Regierungschef Wulff Zurückhaltung. "Gabriel: Angriffe auf VW stoppen." Der SPD-Fraktionschef habe Wulff aufgefordert, Angriffe auf VW und die Mitbestimmung zu unterlassen.

Was war geschehen? Der SPD-Landtagsabgeordnete und Betriebsratvorsitzende von VW-Nutzfahrzeuge Hannover, Günter Lenz, hatte sich zu Wort gemeldet. Im Zusammenhang mit Zahlungen ohne Gegenleistung für Volkswagen-Vertreter im Parlament hatte er die Zerschlagung des „Systems Volkswagen“ beklagt. Der vom Genossen Lenz verwendete Begriff wird dem Vernehmen nach auch gewerkschaftsintern als „Rohrkrepierer“ empfunden. Ministerpräsident Wulff hatte es als „Frechheit“ bezeichnet, was SPD-MdL Lenz sich geleistet habe. Das „System VW“, so der Regierungschef, „habe den Abgeordneten in Diensten von VW trotz Diäten fürs Nichtstun 100 Prozent Gehalt, alle Sonderzulagen, Prämien und Dienstwagen gewährt.“ Eine angesichts des gesetzlichen Rahmens überaus milde Formulierung.
 
Doch was macht das „Imperium“ aus IG Metall, DGB und Betriebsräten? Es schlägt vorsichtshalber erst einmal zurück! Angriff - das weiß man - ist die beste Verteidigung. Der Rohrkrepierer wird zur Angriffswaffe. Gabriel sieht einen Angriff auf VW. Für Klaus Volkert, VW-Betriebsratsvorsitzender, ist das „System Volkswagen“ die „gestaltende Beteiligung der Mitbestimmung an Unternehmensentscheidungen sowie die Bereitschaft von Arbeitnehmervertretern, Verantwortung zu übernehmen.“ Hier stellt sich die Frage: Warum jenseits unserer Gesetze?
 
Bezeichnend für den Zustand der Teilrepublik Niedersachsen ist die Reaktion der Presse. Die Braunschweiger Zeitung berichtet über die Vorgänge in zwei großen Artikeln auf der Titelseite und auf Seite 3 (s. o.). Man beleuchtet dabei auch das „System VW“, den Grund der Angriffe. Das Imperium verteidige „die Mitbestimmung und vor allem sich selbst.“ Volltreffer!
 
Im Regional-Ableger der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung (HAZ) lesen wir zu dem Skandal erst auf Seite 14 unter „Niedersachsen/Roman“. Der Artikel hat die Größe von drei Briefmarken. Überschrift: „Gewerkschafter erbost über Wulff.“ Der entlarvende Rohrkrepierer-Begriff „System Volkswagen“ kommt nicht vor. Der Artikel endet mit dem Rat von DGB-Chef Tölle an MP Wulff: „Ein wenig mehr Sachlichkeit würde dem Ministerpräsidenten gut zu Gesicht stehen.“
 
Was soll sich der geneigte Leser denken? 99 % der HAZ-Leser wissen nicht, dass auch „ihre Tageszeitung“ Teil des „Systems“ ist. Der Madsack-Verlag, Herausgeber der HAZ, gehört zu mehr als 20 % zur Deutschen Druck und Verlagsgesellschaft (DDVG). In der DDVG gestaltet die SPD ihre Medienbeteiligungen. Kein Hinweis informiert den Leser über den parteipolitischen Hintergrund. Die SPD ist der einzige Gesellschafter, der neben finanziellen - natürlich - auch politische Interessen hat. Und wie! Mit den Fakten nimmt man es daher nicht so genau, geht es um die Unterstützung von Parteigenossen. Da muss schon mal der Deutsche Presserat einschreiten. Aber davon kriegt der Leser ja nichts mit. Im Aufsichtsrat sitzt u. a. der stramme Parteisoldat und Chef des „öffentlich-rechtlichen“ NDR Jobst Plog. Der kämpft zur Zeit gerade an einer anderen Front gegen Wulff. Da geht es um den Staatsvertrag zum NDR. Die Genossen merken, dass man ihnen - ganz langsam - auf die Finger schaut. Das in langen Jahren aufgebaute „Genossen-Filz-System“ der parteipolitischen Durchdringung aller Bereiche des Staates eckt an. Ganze Ministerien sitzen - immer noch - voll von Parteigenossen. In den Justizbehörden arbeiten Staatsanwälte und Richter nach Partei- bzw. Geld- und nicht nach Gesetzes-Vorgaben. Rechtsverdreher statt Richter an vielen Gerichten. Korrekte Kollegen nennen das explizit „kriminell“.
 
Das „System Volkswagen“ ist nur eine Spielart dieses „Filz-Systems“. Im Interesse eines funkti-onierenden Rechtsstaats muss Genossen-Filz jenseits unserer Gesetze in Unternehmen, Medien und Justiz schleunigst aufgedeckt und tatsächlich „zerschlagen“ werden. Nur Mut Herr Wulff!