Fairplay auf türkisch - von Patrick Freudiger, Stadtrat Langenthal

Vorweg das Gute: Die Schweiz reist an die Fussballweltmeisterschaft 2006 in Deutschland! Die WM-Teilnahme ist das Ergebnis langer und harter Arbeit. So musste sich die Schweiz in der Qualifikation gegen Frankreich, den Weltmeister von 1998, und die hart kämpfenden Iren behaupten. In der Barrage schliesslich galt es mit der Türkei den WM-Dritten von 2002 zu besiegen. Ein steiniger Weg also. Der Erfolg hat viele Väter: Viele Schweizer Fussballer können heute entweder in den Top-Teams Europas oder in Champions-League-Spielen internationale Erfahrungen sammeln. Die Schweizer Nationalmannschaft kann aus dem erfolgreichen Nachwuchsteam etliche talentierte Spieler übernehmen. Schliesslich geht ein massgeblicher Teil des Erfolges auf Nationalcoach Köbi Kuhn zurück, der mit Weitsicht, Strategie und gutschweizerischen Tugenden eine starke Mannschaft geformt hat.

So freudig einem die WM-Teilnahme der Schweiz stimmt, so schockierend waren aber die Ereignisse rund um die Spiele gegen die Türkei. Da war der unfreundliche Empfang der Schweizer Nati in der Türkei, wo Spieler mit Beleidigungen wie „Hurren Son“ empfangen wurden. Da waren die stundenlangen Passkontrollen. Da waren die Aggressionen im Spiel selbst und vor allem nach dem Spiel. Ein Spieler musste sogar ins Krankenhaus gebracht werden. Da waren Tätlichkeiten der Spieler, Betreuer und sogar der Sicherheitskräfte.
 
Gewiss: Viele Fans der türkischen Mannschaft verhielten sich korrekt und nahmen das Ausscheiden ihres Teams sportlich hin. Der türkische Botschafter entschuldigte sich für die Vorfälle und die türkische Presse gefiel sich, nachdem sie noch einen Tag zuvor die Schweizer als Schläger dargestellt hatte, plötzlich in der Rolle des selbstkritischen Aufklärers. Die Ereignisse einfach als Ausfälle einiger Fanatiker darzustellen, ist dennoch zu einfach. Ein türkischer Minister verharmloste die Tätlichkeiten der türkischen Spieler, einige Medienschaffende entschuldigten vor dem Spiel in der Türkei die obgenannten Beleidigungen und es besteht der Verdacht, dass das Chaos nach dem Spiel vorbereitet gewesen war. Besonders beunruhigend ist, dass nicht nur Spieler, sondern auch Staatsangestellte in die Vorfälle involviert waren.
 
Die Vorfälle wecken berechtigte Zweifel, ob die Türkei für die vielbeschworene „Wertegemeinschaft“ der EU reif ist. Mangelndes Verständnis von gegenseitigem Respekt ist bis weit in die Führungsschichten erkennbar. Anstatt bei sich selbst zu schauen, wirft man der Schweizer Boulevardpresse vor, sie habe rassistische Töne verbreitet. Es bleibt abzuwarten, ob der fast pathologische Opferkomplex der Schweizer auch dieses Mal spielt und etwa Rassismusoberayatollah Georg Kreis mit seinem Antirassismuspolitbüro tatsächlich Verständnis für die Reaktion der Türken aufbringen werden. Man kann es drehen und wenden wie man will: Die Vorfälle zeigen, wie wenig die Türkei mit abendländischen, europäischen Werten gemeinsam hat. Dass nach dem Willen der Eurokraten in Brüssel die Türkei trotzdem dereinst EU-Mitglied werden soll, zeigt nur auf, wie wenig auch die EU selbst mit Europa zu tun hat.