»Wir schaffen das« - Merkels Hypothek

Es war der wohl explosivste Satz der deutschen Nachkriegsgeschichte,

schreibt Michael Paulwitz in der Jungen Freiheit. In Angela Merkels Mantra Wir schaffen das, zuerst am 31. August 2015 geäußert und in der Folgezeit unzählige Male wiederholt, verdichtet sich ein Prozeß des gewollten migrationspolitischen Kontrollverlusts und der rechtsstaatlichen Erosion, der dieses Land so gründlich verändert hat wie kaum ein Ereignis davor. 

Wir schaffen das ist zum Leitmotiv der bis heute nicht korrigierten Herrschaft des Unrechts in der deutschen Migrationspolitik geworden. Es ist eine infantile Parole: Kaum zufällig ist sie von der Kinderfigur Bob, der Baumeister entlehnt. Und es ist, in aller apodiktischen Vereinfachung und Unduldsamkeit, eine  populistische Parole - aber Populisten sind ja immer die anderen.   

Wer hat was geschafft?  
Keines der drei Wörter hält, was es verspricht. Von Wir und gemeinsam ist im Merkel-Sprech zuverlässig dann die Rede, wenn es um Zumutungen der Regierenden an die Bürger geht – oder, in ihren Worten, an die Schonlängerhierlebenden. Wenn sie sich auch noch rechtfertigen müsse, »dann ist das nicht mehr mein Land«, beschied Merkel in ihrer zweiten Wir schaffen das-Pressekonferenz. Wer gegen ihre Politik ist, wird also rhetorisch ausgebürgert: Das ist die Sprache der Spaltung und des geistigen Bürgerkriegs.

Was aber soll da genau geschafft werden? Fünf Jahre nach Ausgabe der Parole  liegt das Scheitern offen zutage. Obwohl Millionen Migranten in Deutschland aufgenommen wurden  - die Zahl der aktuell hier lebenden Asyl-Zuwanderer hat sich gegenüber dem Stand vor einem Jahrzehnt auf knapp 2 Millionen mehr als vervierfacht -  sind nicht einmal Minimalanforderungen an eine halbwegs gelungene Integration erfüllt. Von einer erfolgreicher Eingliederung in den Arbeitsmarkt kann keine Rede sein, daran ändern auch aus selektiven Betrachtungen abgeleitete Statistiken nichts. Drei Viertel der hier lebenden Syrer sind im Hartz-IV-System gelandet; bei den übrigen Asyl-Hauptherkunftsländern sieht es nicht viel besser aus. Die Zahl der ausländischen Hartz-IV-Bezieher ist in den letzten 10 Jahren um fast eine Million gestiegen, die Zahl der deutschen Bezieher zugleich um mehr als eine Million gesunken.

Einmal da, muß kaum jemand wieder gehen
Durch Kinderreichtum und Familiennachzug steigt die Zahl der Leistungsempfänger kontinuierlich, zugleich geht der Zuzug neuer Asylbewerber auf hohem Niveau weiter. Die Überlastung der Sozialsysteme sowie die verschärfte Konkurrenz um Wohnraum und Arbeitsplätze für Geringqualifizierte bedeuten schon in der Abendsonne der Babyboomer-Konjunktur bei noch reichlich fließenden Hochsteuereinnahmen eine hohe Last; in Zeiten der Rezession und der sich zuspitzenden Überalterung sind sie eine unerträgliche Hypothek. Die Kosten dafür muß die schrumpfende einheimische Bevölkerung aufbringen. Die direkten Asyl-Ausgaben von Bund und Ländern kumulieren sich auf einen hohen dreistelligen Milliardenbetrag; die volkswirtschaftlichen Gesamtkosten überschreiten auch nach konservativen Schätzungen die Billionengrenze. Einmal angekommen, muß kaum jemand wieder gehen, auch Schwerkriminelle nicht. Mehr als eine Viertelmillion ausreisepflichtige Asylbewerber leben derzeit in Deutschland und müssen ebenfalls von der Allgemeinheit unterhalten werden.

Hohe Kriminalität durch Zuwanderer ist neue Normalität    
Noch schwerer wiegen die immateriellen Kosten: Die partielle Außerkraftsetzung der Rechtsordnung, von der das Abschiebe-Totalversagen nur die Spitze des Eisbergs ist; die faktische Legalisierung der Schleuserindustrie, an der sich die halbstaatlichen und kirchlichen Profiteure unter dem Deckmantel der Seenotrettung ganz offen beteiligen; und vor allem die Erosion der Sicherheit  im öffentlichen Raum durch die hohe Kriminalitätsbelastung von Asyl-Zuwanderern, die unsere Rechts- und Werteordnung offen ablehnen und verachten und deren hunderttausendfach verübte Straftaten eine politisierte Justiz oft viel zu milde oder gar nicht ahndet.

Islamistische Terroristen, die mit der Merkelschen Migrationswelle unerkannt ins Land gelangt sind, morden und verüben Anschläge: 2016 am Breitscheidplatz, 2020 auf der Berliner Stadtautobahn. Die Partyszene-Mobs, die ganze Innenstädte terrorisieren, und wachsende rechtsfreie Räume, vor denen eine durch Antirassismus-Kampagnen demoralisierte Polizei immer häufiger kapituliert, sind eine weitere Spätfolge unkontrollierter Migration. Maria Ladenburger, Mia aus Kandel und viele andere könnten ohne Wir schaffen dasnoch leben; die Namenlosen, die täglich Opfer von Gewalt und Mord werden, hat niemand gezählt. Abgestumpft schlucken die verunsicherten Deutschen als neue Normalität, was noch vor kurzem als undenkbarer Ausnahmezustand gegolten hätte.    

Eine Wende von Merkels Politik ist kaum in Sicht
Geschafft hat man allerdings, das multikulturelle Menschen-Großexperiment  der Transformation eines demokratischen Nationalstaats in eine totale Einwanderungsgesellschaft mit Denkverboten gegen jeden rationalen Diskurs abzusichern. Merkels Wir schaffen das hat dem jahrzehntelangen linken Kampf   gegen eine restriktive Asyl- und Zuwanderungspolitik zum Sieg verholfen und die linke Diskurshegemonie ausgebaut und zementiert. Migrationspolitische Extrempositionen der radikalen Linken sind zum Mainstream geworden. 

Dieser institutionalisierte geistige Bürgerkrieg hat Deutschland tief gespalten und seelisch schwer verwundet. Zwar gibt es eine Opposition in den Parlamenten, die Mißstände benennt. Viele Fakten liegen offen auf dem Tisch. Doch das Ziehen von Konsequenzen ist tabubewehrt und stößt auf schier unüberwindliche Hürden. Eine Wende ist kaum in Sicht. Deutschland ist im Dauerkrisenmodus; neue Krisen überlagern die ungelösten alten. Selbst nach einem Abgang Merkels werden die Deutschen daran noch Jahrzehnte zu tragen haben – wenn denn ihr Nationalstaat diese Belastungsprobe überhaupt übersteht.

 

https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2020/merkels-hypothek/
29. 8. 20 
«Wir schaffen das»  -  Merkels Hypothek  JF 36/20
Ein Kommentar von Michael Paulwitz.