Das Öl-Embargo gegen den Iran

Nachdem die USA ihre Sanktionen verschärft haben, überlege sich Irans

Regierung, wie dies Aussenminister Mohammad Zarif laut den iranischen Staatsmedien am 28. April erklärte, aus dem Atomabkommen auszusteigen. Sein Land habe viele Optionen, und eine davon sei der Ausstieg aus dem Nuklearvertrag, den die USA bereits vollzogen haben, während die übrigen Staaten noch an dem Vertrag festhalten. Die US-Regierung hatte kürzlich verkündet, dass alle Länder ihre Erdölimporte aus dem Iran per 2. Mai aufgeben müssten, andernfalls würden sie sanktioniert. Die verschärften Ölsanktionen gegen den Iran, so das russische Aussenministerium, seien arrogante amerikanische Provokationen; Washington verberge nicht einmal den Wunsch, die Welt seinem Willen zu unterwerfen. Zugleich lobte Moskau die von Teheran diesbezüglich geübte Zurückhaltung. Eine Stellungnahme zu dem Geschehen ist in dem folgenden Artikel festgehalten:

Die unglaubliche Arroganz der Imperiums  -  Von Peter Haisenko

Mit Beginn des Mai 2019 verbieten die USA allen Ländern, Öl aus dem Iran zu kaufen. Zeitgleich sollen die härtesten Sanktionen aller Zeiten gegen Kuba verhängt werden, weil sie den Sturz von Maduro in Venezuela nicht unterstützen. Da läßt sich sogar die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini dazu  hinreißen, der US-Regierung einen Bruch des Völkerrechts vorzuwerfen. Der Vorgang an sich ist so irre, dass man sich schwer tut, ihn in seinem ganzen Ausmaß zu begreifen: Die USA verbieten der ganzen Welt, benötigte Güter in einem bestimmten Land einzukaufen. Man werde Länder bestrafen, die dem zuwider handeln. Eine schlüssige Begründung dazu wird nicht geliefert. Das brauchen die USA auch nicht, denn ihren willkürlichen und jegliches Völkerrecht mißachtenden Embargos und Sanktionen folgt der Westen mit seinen westlichen Werten seit Jahrzehnten ohne Murren oder Protest. Siehe Kuba, das seit mehr als 50 Jahren durch US-Sanktionen und Embargos an einer positiven Entwicklung gehindert wird. Das Kuba, das den USA nichts anderes angetan hat, als die koloniale Ausbeutung zu beenden.

Der Westen beugt sich so den Sanktions- und Embargodiktaten der USA kritiklos. Sowohl Kuba als auch der Iran haben während der letzten Jahrhunderte niemanden angegriffen oder auch nur bedroht. Beide haben lediglich ihr natürliches Recht wahrgenommen, als souveräne Staaten ihren eigenen Weg zu gehen und ausbeuterische Übergriffe des angelsächsischen Lagers zu beenden. Im Iran war das bereits 1952 die demokratisch gewählte Regierung Mossadeq, die den Briten den gewaltsam hergestellten Zugriff auf ihr Öl nahm; deswegen zerstörte die CIA im Auftrag Londons die iranische Demokratie und installierte den Gewaltherrscher Shah Reza Pahlavi. Damit haben sie einer Nation eine hoffnungsvolle demokratische Entwicklung geraubt und der ganze andauernde Ärger um dieses Land beruht auf dieser völkerrechtswidrigen Aktion der USA - bis heute. Der Iran ist das beste Beispiel dafür, dass die USA niemals irgendeinem Land die Demokratie bringen wollten, sondern diese vielmehr zerstören, wenn es um wirtschaftliche Interessen geht.

In der Kriminologie kennt man einen einfachen Grundsatz: Jeder Verbrecher wird immer skrupelloser, wenn er nicht erwischt und bestraft wird. Genau dieses Verhalten führen die USA in Reinkultur vor, da sich der Westen den Sanktions- und Embargodiktaten der USA blind beugt und auch nicht ansatzweise daran denkt, die USA zur Ordnung zu rufen. Selbst nach der nachgewiesenermaßen  völkerrechtswidrigen Zerstörung Libyens und des Iraks waren nirgendwo Proteste zu hören, schon gar nicht eine Forderung nach Wiedergutmachung und Reparationen. Wen kann es da noch wundern, wenn die Verbrecher in Washington einfach munter weitermachen und sich dabei weiter steigern? Es fällt wirklich schwer, die ganze Ungeheuerlichkeit der US-Politik, die sich erdreistet und sich anmaßt, jedem Land auf der Welt vorzuschreiben, bei wem es was kaufen oder wem es was liefern darf, in Worte zu fassen. 

Wo immer die USA selbst einen Bedarf haben, kümmern sie sich jedoch mitnichten um ihre eigenen Sanktionen. So beziehen sie nach wie vor Raketentriebwerke, Aluminium und Titan aus Rußland und lassen ihre Astronauten mit russischen Raumtransportern zur ISS und zurück bringen. Und da sie einen Überfluß an mit einer teuren und umweltschädlichen Methode gewonnenem Frackinggas haben, erpressen sie Europa, das überteuerte Gas von ihnen zu kaufen. Der Import von US-Flüssiggas hat 2018 um mehr als 270 % zugelegt. Das war der Preis dafür, dass Washington die Importzölle auf deutsche Autos zunächst einmal zurückgestellt hat. Auch das ist Erpressung. Gleichzeitig werden Kampagnen gegen Gas aus Rußland gefahren und allen Firmen, die an Nordstream II beteiligt sind, Strafen angedroht.

In welcher Welt leben wir, in der es einfach akzeptiert wird, wenn ein Land nach Gutsherrenart Strafen aussprechen darf und damit auch noch durchkommt? Gewiß, die USA haben die größte Militärmacht, eine reine Angriffsarmee, und setzen diese auch fortlaufend ein; von den andauernden Drohnenmorden gar nicht zu reden. Wer die Drohnenmorde, die allen Maßstäben zufolge durch und durch unrechtmäßig sind, zumindest behindern wollte, sollte ein Embargo für die Zielelektronik, die aus Deutschland geliefert wird, verlangen.

Wenn wir das, was die USA gerade mit dem Iran praktizieren, mit dem, was dem japanischen Angriff auf Pearl Harbour vorangegangen ist, vergleichen, so kann man nur zu dem Schluß gelangen, dass die Iran-Sanktionen dasselbe Ziel haben: Das Land soll dazu verleitet werden, als erster zu den Waffen zu greifen. Das ist nicht weit hergeholt, denn der Iran hat bereits angedroht, die Straße von Hormus zu sperren und so den gesamten Ölexport aus dem arabischen Golf lahmzulegen. Natürlich würde der Iran als Aggressor verurteilt, setzte er dies tatsächlich um. Vorsorglich (!) haben die USA nun schon einen Flugzeugträger und ein Bombengeschwader in den Nahen Osten in Marsch gesetzt. Dass die eigentliche Aggression von den USA ausgegangen ist, da sie mit ihrer Embargodiktatur die Lebensader des Irans abschneiden, würde das Medienmonopol geflissentlich übersehen. Für Wirtschaftskriege gibt es keine Kriegserklärung. Abgesehen davon haben die USA seit 1945 mehr als 200 Kriege ohne Kriegserklärung geführt; sie maßen sich an, als selbsterklärter Weltpolizist weltweit knapp 1.000 Militärbasen zu unterhalten und ihre Soldaten stehen zu Hunderttausenden nicht nur in den Ländern, die sie im Krieg besiegt haben und die, faktisch gesehen, seit Jahrzehnten besetzt sind, sondern sie verhängen Strafen gegen alles, was ihnen nicht in den Kram paßt, und das stellt einen Wirtschaftskrieg dar. Dass dieses imperiale Verhalten mit Prinzipien der Demokratie und des Rechtsstaats nicht vereinbar ist, wissen sie selbst. Nicht umsonst haben sie die Anerkennung des internationalen Gerichtshofs in Den Haag verweigert. Noch schlimmer, sie haben mit Gewalt gedroht, sollte dort ein Verfahren gegen die USA oder einen ihrer Bürger eröffnet werden. So haben sie einer Präsidentin dieses Gerichtshofs aus eben diesem Grund vor wenigen Wochen die Einreise in die USA versagt.

Die imperiale Terrorherrschaft der USA kann nur überwunden werden, wenn die Welt endlich die im Namen Washingtons verübten Verbrechen auch als solche bezeichnet, anprangert und vor Gericht stellt.  [1]

Für das amerikanische Publikum, legt Peter Winkler in der Neuen Zürcher Zeitung dar, ist die Eskalation der Spannungen am Persischen Golf ebenso schwierig einzuschätzen wie für den Rest der Welt. Man hatte doch einen Präsidenten gewählt, der sich nicht mehr in fremde Händel verwickeln lassen wollte, und man hatte eben noch geglaubt, sich nach Jahrzehnten der Frustration von der nahöstlichen Schlangengrube abwenden zu können. Und dann marschierten doch wieder amerikanische Truppen auf. Im Grunde sind es eher unbedeutende Verstärkungen, die das Pentagon bisher an den Persischen Golf entsandte. Die Flugzeugträgergruppe Abraham Lincoln hätte sowieso dahin verlegt werden sollen, einfach etwas später. Die Patriot-Raketenabwehr-Batterie ersetzt vier, die kurz zuvor aus der Region abgezogen worden waren. Erst im März hatten die USA auch die letzten strategischen Bomber aus Katar ausgeflogen, nur um jetzt wieder vier von ihnen zurückzubeordern.    

Sicherheitsberater John Bolton, ein bekannter Falke, begründete die Verstärkungen mit Hinweisen auf eine erhöhte Bedrohung durch den Iran oder von Seiten der Verbündeten Teherans. Im Visier sollen dabei die für den Öltransport wichtigen Schifffahrtslinien durch die Meerenge von Hormuz sein. So ist die Gefährdung der Ölversorgung ausdrücklich als Grund für die amerikanischen Vorsichtsmassnahmen genannt worden.     

Im Gegensatz zu seinem Sicherheitsberater Bolton ist Trump kein Anhänger eines gewaltsamen Regierungswechsels in einem anderen Staat. Dies machte er denn auch laut Informationen der Washington Postmit unwirschen Reaktionen deutlich. So soll Trump wütend darüber gewesen sein, dass er sich von Bolton und Aussenminister Pompeo überzeugen lassen habe, der Sturz des Diktators Maduro sei unausweichlich. Das verstärkte Misstrauen gegenüber Bolton und Pompeo zeigt sich auch in der Frage, wie mit dem Iran umzugehen sei. Trump möchte in erster Linie beweisen, dass er einen besseren Deal mit Teheran erzwingen kann als sein Vorgänger Barack Obama. Einen Krieg will er nicht, zumal militärische Experten seit Tagen warnend davon sprechen, dass ein solcher Konflikt mit dem Iran weitaus schlimmer wäre, als es der Irak-Feldzug war. Trumps Taktik in solchen Lagen ist es, die Kriegstrommeln zu rühren – nicht um eine militärische Konfrontation zu provozieren, sondern um den Gegner an den Verhandlungstisch zu treiben. Dass er mit dem Iran ins Gespräch kommen will, unterstrich Trump am Morgen des 16. Mai noch einmal in einer Twitter-Botschaft.  

Teheran stellt sich auf den Standpunkt, Washington habe die ganze Krise provoziert, als es aus dem Atomabkommen ausgestiegen sei und dann versucht habe, die Welt zu einem Verzicht auf iranisches Erdöl zu erpressen. Kompromissbereitschaft ist darum hier nicht erkennbar. Vielleicht auch darum, weil die Iraner die Fortschritte der Verhandlungen Trumps mit Nordkorea realistisch analysieren.  [2]


[1]  https://www.anderweltonline.com/klartext/klartext-20191/oel-embargo-gegen-iran-die-unglaubliche-arroganz-der-imperiums/   6. 5. 19 
Öl-Embargo gegen Iran: Die unglaubliche Arroganz der Imperiums – Von Peter Haisenko

[2]  https://www.nzz.ch/international/iran-und-usa-treiben-am-persischen-golf-undurchsichtiges-spiel-ld.1482498     16. 5. 19

Iran und die USA treiben am Persischen Golf ein undurchsichtiges Spiel – Von Peter Winkler