Economiesuisse und das Ende des bilateralen Wegs

Die Annahme des institutionellen Rahmenabkommens, legt Pedro Reiser dar,

würde den bilateralen Weg in einen unilateralen Tunnel verwandeln, ohne Gleichberechtigung und ohne Selbstbestimmung. Wieso Tunnel? Weil wir eine Katze im Sack kaufen würden. Wir müssten heute unbekanntes künftiges EU-Recht »dynamisch« und unter Androhung von Sanktionen übernehmen, sowie uns dem EU-Gerichtshofs, also dem Gericht der Gegenseite unterstellen. 

Im Januar veröffentlichte Economiesuisse ihre Stellungnahme zum Institutionellen Rahmenabkommen (InstA). Darin formulierte sie drei Hauptziele:

1.   Der heute mit den bilateralen Abkommen erreichte Integrationsgrad im Europäischen Binnenmarkt ist zu sichern.

2.   Die Option auf eine künftige Weiterentwicklung des bilateralen Wegs mit neuen Abkommen ist beizubehalten.

3.   Die Rechtssicherheit ist zu verbessern.

Das zweite Ziel, die Weiterentwicklung des bilateralen Wegs, wird von der Economiesuisse immer wieder als Begründung für das Rahmenabkommen in den Vordergrund geschoben.

Wieso bedeutet der Abschluss des Rahmenabkommens das Ende des bilateralen Wegs?  

Dazu müssen zunächst folgende Frage beantwortet werden: Was heisst bilateraler Weg? Als Volk und Stände den Beitritt zum Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) 1992 ablehnten, entschied die Schweiz, mit der EU bilaterale Verträge abzuschliessen, so, wie sie es schon früher, seit der Gründung der EU, tat. Inzwischen gibt es rund 140 bilaterale Verträge mit der EU. Bilateral heisst zweiseitig, und zwar auf gleicher Augenhöhe.

Wenn nun das institutionelle Rahmenabkommen abgeschlossen würde, könnte die Schweiz keine bilateralen Abkommen mehr mit der EU abschliessen und fünf der bereits abgeschlossenen Verträge  - Personenfreizügigkeit, Landverkehr, Luftverkehr, Abkommen über den Abbau der technischen Handelshemmnisse / MRA und Landwirtschaft -  würden ihren bilateralen Status sofort verlieren, weil sie durch die EU unilateral (einseitig) abgeändert werden könnten.

Wieso könnte die Schweiz künftig keine neuen bilateralen Abkommen mehr mit der EU abschliessen? Weil im Vertragstext des Rahmenabkommens vorgesehen ist, dass alle künftigen Verträge mit der EU ihren bilateralen Charakter sofort nach der Unterzeichnung verlieren. Sie erhalten dann nämlich einen unilateralen Charakter, d.h. die EU kann sie jederzeit ohne Zustimmung der Schweiz dynamisch ändern. Und wenn die Schweiz die Änderung nicht akzeptiert, ist die EU berechtigt, Sanktionen [Ausgleichsmassnahmen] gegen die Schweiz zu beschliessen.

Um die Unannehmbarkeit des Rahmenabkommens zu veranschaulichen, sollte es in eine historische, politische und juristische Perspektive gestellt werden. Am Ende des 2. Weltkriegs beschlossen die Siegermächte, den Kolonialstatus abzuschaffen [Entkolonialisierung]. In der UNO-Charta von 1945, die laut EDA für das Völkerrecht Verfassungscharakter hat, wurden im Kapitel 1, Artikel 1, Punkt 2, die Ziele und Grundsätze für die Staatengemeinschaft wie folgt festgelegt: »Freundschaftliche, auf der Achtung vor dem Grundsatz der Gleichberechtigung und Selbstbestimmung der Völker beruhende Beziehungen zwischen den Nationen zu entwickeln«.

Der vorliegende Entwurf des institutionellen Rahmenabkommens verletzt klar und eindeutig diese zwei Grundprinzipien der Staatengemeinschaft:

1.   Gleichberechtigung: Nach Inkrafttreten des Rahmenabkommens wäre die Schweiz nicht mehr in der Lage, mit der EU über künftige Änderungen der mit der EU abgeschlossenen Verträge im Bereich des institutionellen Abkommens gleichberechtigt zu verhandeln. Die Schweiz müsste die von der EU  beschlossenen Gesetze, Reglemente und Verordnungen »dynamisch« übernehmen. Falls nicht, drohen Sanktionen. Das bedeutet eindeutig die Errichtung einer Kolonialherrschaft der EU über die Schweiz. Ein Rückschritt!

2.   Selbstbestimmung: Das Inkrafttreten des Rahmenabkommens würde die Schweizer Direkte Demokratie de facto abschaffen, denn die Stimmbürger könnten zwar abstimmen, würden aber mit Sanktionen bestraft, wenn sie eine EU-Vorlage ablehnen würden.

Das bedeutet das Ende der Direkten Demokratie und die Errichtung eines EU-Diktats.
  
 

Beginn der Propaganda-Konsultationen zum institutionellen Rahmenabkommen mit der EU  -  Von Nationalrat Roger Köppel 

Der Bundesrat hat seine Konsultationen zum institutionellen Abkommen EU-Schweiz eröffnet. Ziel der Gespräche mit politischen Interessengruppen und Parteien ist es, für diesen Rahmenvertrag grossräumig Werbung zu machen. Dieser will die Schweiz auf Druck Brüssels hin dem EU-Recht, EU-Richtern, EU-Sanktionen und EU-Guillotinen unterstellen. Ein klassischer Unterwerfungs-, ein Kolonialvertrag.    

Konkret
Die EU würde in Zukunft die Gesetze erlassen, die Schweiz müsste sie übernehmen. Volk, Stände und Parlament wären als Gesetzgeber entmachtet. Widersetzt sich die Schweiz dem EU-Recht, könnte die EU Sanktionen ergreifen. Letzte Entscheidungsinstanz ist das oberste EU-Gericht. Das vom Bundesrat gepriesene Schiedsgericht wäre an die Urteile des EU-Gerichtshof zwingend gebunden, also nicht eigenständig und somit ein Feigenblatt, wie Professor Carl Baudenbacher, langjähriger Gerichtspräsident der europäischen Freihandelszone Efta, betont. 

Das Verbot staatlicher Beihilfen führt zur Entmündigung der Kantone
Die Konsultationen offenbaren die schwache Verhandlungsführung des Bundesrates. Die Regierung hatte vor den Verhandlungen klare
rote Linien definiert, unüberschreitbare, unverhandelbare Grenzen: Ausschluss der Unionsbürgerrichtlinie und Gewährleistung des Lohnschutzes im Rahmen der Flankierenden Massnahmen. Davon will der Bundesrat nun plötzlich nichts mehr wissen. Ziel der Konsultationen ist es, der EU entgegenzukommen und die eigenen butterweichen rosaroten Linien noch mehr aufzuweichen.

Gleichzeitig sprechen Gutachten namhafter internationaler Anwaltskanzleien mit Blick auf das Rahmenabkommen von einer gefährlichen Wundertüte. Vor allem das EU-Verbot staatlicher Beihilfen durch den Rahmenvertrag würde auf eine weitgehende Entmündigung der Kantone hinauslaufen und den Föderalismus in der Schweiz ausschalten. Von Beihilfeverboten konkret betroffen wären: Profi-Sportvereine, öffentliche Spitäler, Jugendherbergen, Schwimmbäder, Museen, Archive, Theater, allgemein staatlich geförderte Kulturbetriebe, Kantonalbanken mit Staatsgarantie, Kraftwerke und andere. Alarm schlagen die Gutachter auch in Bezug auf die kantonalen Steuerregimes, die von der EU mit dem Rahmenvertrag ausgehebelt würden.

Das Abkommen zerstört die bisher gleichberechtigte Beziehung
Die SVP unterstreicht vor diesem Hintergrund ihre Forderung, dass Bundesrat und Parlament diesen unwürdigen Kolonial- und Unterwerfungsvertrag, diese für die Schweiz brandgefährliche Wundertüte zurückweisen. Der EU ist unmissverständlich darzulegen, dass das institutionelle Rahmenabkommen die bisher gleichberechtigte bilaterale, also zweiseitige Beziehung zur Schweiz auf Augenhöhe zerstören und durch eine einseitige Unterordnung ersetzen würde. Dies wiederum würde alle unseren erprobten Staatssäulen untergraben, den sozialen Frieden, Demokratie, Rechtsstaat und Wohlstand bedrohen. Nie und nimmer darf sich die Schweiz in einen solchen Abgrund der Ungewissheit stürzen.

FDP, CVP und Economiesuisse sagen wie der Bundesrat ja, aber zum institutionellen Kolonialvertrag. Nur die SVP sagt seit Jahren entschieden, verlässlich und aus grundsätzlichen Überlegungen Nein.

Die Schweiz kann, will, muss und darf sich unter keinen Umständen zum Vasallenstaat der EU machen!


Der Rahmenvertrag ist ein Knechtschaftsvertrag
Das Rechtsgutachten von Prof. Dr. Carl Baudenbacher zuhanden der Wirtschaftskommission des Nationalrats bestätigt die schlimmsten Befürchtungen. In diesem Dokument wird gemäss Medienberichten auf Grund der starken Stellung des EU-Gerichtshofs EuGH in dem nun vorliegenden institutionellen Rahmenabkommen von einer sogenannten Vasallierung gesprochen. Eine Vasallierung ist eine Verknechtung oder Unterjochung. Derart klare Worte für diese institutionelle Einbindung als Knechtschaft gilt es ernst zu nehmen.

Wer nun denkt, dass dieses Gutachten und seine kritischen Worte zum Rahmenabkommen von einem Politiker oder von einer Parteizentrale stammen, liegt falsch, denn der Verfasser ist Jurist und war einige Jahre lang ordentlicher Professor an der Universität St. Gallen. Von 2003 bis 2018 war er zudem Präsident des EFTA-Gerichtshofs in Luxemburg. Aus seiner Feder stammen zahleiche Bücher und über 200 Artikel, insbesondere zu den Themen europäisches und internationales Recht, Rechtsvergleichung, Schiedsgerichtsbarkeit und internationale Gerichte. Baudenbacher ist also nicht nur ein Rechtstheoretiker, sondern ein ausgewiesener Kenner der Rechtspraxis.

Schiedsgericht untersteht dem EuGH
Diverse Zeitungen haben nun über dieses Gutachten von Baudenbacher berichtet. Das im Rahmenabkommen vorgesehene und als Alternative zu den fremden Richtern von den Befürwortern des Abkommens gepriesene Schiedsgericht hat kein Ermessen, so Baudenbacher. Das Schiedgericht untersteht quasi dem EU-Gerichtshof EuGH. Damit einhergehend würde sich die Schweiz dem Gericht der Gegenpartei, dem die Unparteilichkeit fehlt, unterwerfen. Das wäre, wie wenn ein Schiedsrichterteam bei einem Fussballmatch von der gegnerischen Mannschaft gestellt würde. In den öffentlichen Anhörungen der Aussenpolitischen Kommission des Nationalrates hat Baudenbacher ebenfalls bestätigt, dass das Schiedsgericht keinen Spielraum habe. Das Schiedsgericht ist ein Feigenblatt.

Die Unterwerfung ist vielschichtig
Das vom Bundesrat als Zugeständnis der EU gelobte Schiedsgericht sieht Baudenbacher als wertlos an. Es kann nicht als Entgegenkommen und schon gar nicht als Kompromiss gewertet werden. Mit dem Rahmenabkommen schwäche die Schweiz überdies ihre Position bei künftigen Verhandlungen. Bei der öffentlichen Expertenanhörung in der Aussenpolitischen Kommission wurde denn auch explizit von einer engeren Bindung an die EU infolge der Rechtsübernahme und der dominanten Stellung des EuGH gesprochen. Zudem betonte Baudenbacher, dass es  - obwohl der Bundesrat das abstreitet –  sehr wohl eine Überwachung durch die EU gibt. Die Möglichkeit der einseitigen Anrufung des Schiedsgerichts bedeutet letztendlich eine Überwachung durch die EU. Alles andere sei Selbsttäuschung.

Schon 2013 hatte Baudenbacher in der NZZ vor diesen institutionellen Mechanismen gewarnt und nicht weniger deutliche Worte gefunden: »Das ist kein Bilateralismus mehr, sondern Unilateralismus«.


EU-No  Komitee gegen den schleichenden EU-Beitritt
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