Sündenbock Iran - Von Chris Hedges 29.07.2018 22:58
Wie in der Presse mitgeteilt, hat der Iran am 16. Juli beim
Internationalen Gerichtshof in Den Haag, dem
internen Rechtsprechungsorgan der UNO, eine Beschwerde gegen die Vereinigten
Staaten eingelegt. Der Grund hierfür liegt in den von der USA nach ihrem
Austritt aus dem 5 + 1 Abkommen gegen den Iran ausgesprochenen Sanktionen.
Am 25. Juli hat nun der bekannte US-Journalist
Chris Hedges die US-Kriegstreiber in seinem Artikel ›Sündenbock
Iran‹ davor gewarnt, den Iran zum Sündenbock für
das im Mittleren Osten angerichtete Chaos und ihre eigenen Niederlagen zu
machen.
17 Jahre Krieg im Mittleren Osten, und was ist
dabei herausgekommen? Mit der US-Invasion im Jahr 2003 und der anschließenden
Besetzung hat der Irak aufgehört, ein geeintes Land zu sein. Seine ehemals
moderne Infrastruktur wurde größtenteils zerstört, sein Staatsgebiet ist in
mehrere sich streitende Teilstaaten aufgesplittert. Der Westen hat den Krieg in
Afghanistan verloren, denn die erstarkten Taliban beherrschen heute wieder 70 %
des Landes. Libyen ist zu einem gescheiterten Staat zerbombt worden. Der Jemen
durchleidet wegen der seit drei Jahren andauernden Luftangriffe und einer
Blockade eine der schlimmsten
humanitären Katastrophen, die es bisher auf der Welt gegeben hat.
Die 500 ›gemäßigten‹ syrischen Rebellen, die von
der US-Regierung finanziert und bewaffnet wurden, haben die US-Steuerzahler
über 500 Millionen Dollar gekostet und befinden sich nach dem Ende der
gesetzlosen Schreckensherrschaft des IS, des Islamischen Staats, überall auf
dem Rückzug.
Für diese militärischen Abenteuer haben die USA
gigantische 5,6 Billionen Dollar verschwendet; gleichzeitig ist die
US-Infrastruktur verkommen, grundlegende Sozialleistungen wurden gekürzt, und die
Hälfte die US-Bevölkerung lebt bereits unter dem Existenzminimum oder ist auf
dem Weg dahin. Die endlosen Kriege im Mittleren Osten haben sich als die größte
strategische Fehlentscheidung in der US-Geschichte erwiesen und den Niedergang
des US-Imperiums eingeleitet.
Die für dieses Debakel Verantwortlichen, das
Hunderttausende von Toten, darunter mindesten 200.000 Zivilisten, gefordert und
Millionen Menschen aus ihren Behausungen vertrieben und zu Flüchtlingen gemacht
hat, müßten
zur Rechenschaft gezogen werden. Diejenigen, die für die Entstehung der
dschihadistischen Gruppierungen im Mittleren Osten, die von deren Anhängern
weltweit begangenen Terroranschläge, die totale Zerstörung von Städten und
Dörfern durch tagelange Luftangriffe und die brutale, aber erfolglose ›Aufstandsbekämpfung‹ durch die Streitkräfte der USA und ihrer
Verbündeten verantwortlich waren und sind, müßten
angeklagt und verurteilt werden. Es ist aber ziemlich sicher, dass die
kommandierenden Generäle und Politiker wie George W. Bush, Barack Obama und
Hillary Clinton, neokonservative Kriegstreiber wie Dick Cheney, Paul Wolfowitz
und John Bolton, die CIA, die Rüstungsindustrie, die von allen Kriegen
profitiert, und die Moderatoren und Schreiberlinge, die in den Medien die
Massaker preisen, nicht dafür bestraft werden.
»Die falsche und deshalb
erfolglose Politik der US-Regierungen, die außerdem gegen das Völkerrecht
verstoßen, haben den Mittleren Osten ins Chaos gestürzt«, erklärte Gholamali Khoshroo, der iranische
Botschafter bei den Vereinten Nationen, als wir uns in New York City trafen. »Um von ihrer eigenen aggressiven, rücksichtslosen
und kostspieligen Politik abzulenken, versuchen US-Politiker alle angerichteten
Schäden dem Iran anzulasten. Der Iran soll für ihre Mißerfolge
im Jemen, im Irak, in Afghanistan, in Syrien und im Libanon verantwortlich sein.« Die Trump-Regierung verhalte sich »in Bezug auf den Mittleren
Osten und besonders gegenüber dem Iran sehr naiv«, fügte er hinzu. »Sie kann
nur drohen, mit Sanktionen oder mit Interventionen. Diese Politik ist nicht nur
zum Scheitern verurteilt, sie ist auch sehr riskant und kostspielig. Die
US-Streitkräfte werden mit den Problemen, die sie in den überfallenen oder
angegriffenen Staaten verursacht haben, nicht fertig. Im Mittleren Osten setzen
sie ihre Macht lediglich destruktiv ein. Im Irak, in Afghanistan, im Jemen oder
in Syrien sind sie noch nicht einmal in der Lage, funktionierende Verwaltungen
in den Dörfern aufzubauen. Die US-Regierung glaubt, mit Druck und Gewalt nicht
nur den Mittleren Osten, sondern die ganze Welt unterwerfen zu können. Mit
dieser Politik wird sie die Beziehungen zu souveränen Staaten, die sich den USA
nicht unterwerfen wollen, keinesfalls verbessern können.«
»Die
Bewaffnung ›gemäßigter
syrischer Rebellen‹, war
nur ein verdeckter Versuch, den syrischen
Präsidenten Baschar al-Assad zu stürzen«,
führte Khoshroo weiter aus; »die
US-Amerikaner wußten,
dass es überhaupt keine 'gemäßigten Rebellen' gibt. Sie wußten
auch, dass die von ihnen gelieferten Waffen terroristischen Gruppierungen wie dem
Daesch, wie die Araber den Islamischen Staat nennen, der al-Nusra-Front und
deren Ablegern in die Hände fallen würden. Auch in dieser Hinsicht erwies sich
die US-Politik als Fehlschlag. Zwar können die US-Amerikaner Staaten verwüsten,
bei jeder Intervention Blutbäder anrichten, immer wieder Millionen Menschen zu
Flüchtlingen machen, aber sie gewinnen nichts dabei. Syrien gewinnt gerade
seine Souveränität zurück, und es ist völlig unklar, welche Strategie Präsident
Trump in Syrien verfolgt. Heute kündigt er den Rückzug aus Syrien
an und morgen verspricht er, seine Truppen so lange in Syrien belassen zu
wollen, wie der Iran die syrische Regierung unterstütze. Ich frage mich, ob die
US-Steuerzahler wissen, wie groß der Anteil ihrer Steuergelder ist, der im
Irak, in Syrien und im Jemen vergeudet wird.«
Die einseitige Entscheidung Trumps, vom
Atomabkommen mit dem Iran zurückzutreten, obwohl der Iran alle ausgehandelten
Bedingungen erfüllt, war der erste Versuch, von der gescheiteren US-Politik
gegenüber dem Iran abzulenken. Bolton, der neue Nationale Sicherheitsberater
Trumps, US-Außenminister Mike Pompeo und Trumps Rechtsanwalt Rudy Giuliani
fordern den Sturz der iranischen Regierung; Giuliani hat letzten Monat sogar
öffentlich verkündet, Präsident Trump stimme mit seinen Beratern darin überein,
›dass im Iran ein Regimewechsel herbeigeführt werden‹ müsse.
»Zu dem Iran-Abkommen
kam es nur, weil US-Präsident Barack Obama der iranischen Führung zuvor in
mehreren Briefen zugesichert hatte, dass die USA nicht die Absicht hätten, die
iranische Souveränität zu verletzen«,
betonte Botschafter Khoshroo: »Die USA, hieß es, strebten mit dem Iran
einen ernsthaften Dialog auf Augenhöhe an, der im gegenseitigen Interesse
notwendig sei. Diese Zusicherungen ermöglichten die Verhandlungen, die zum ›Joint Comprehensive Plan of
Action‹, ›JCPOA‹, führten. Der US-Kongre hat
dieses Atomabkommen mit dem Iran jedoch von Anfang sabotiert. Weil er die von
Präsident Obama angestrebte Umsetzung des Abkommens ablehnte, konnte es nicht
voll in Kraft treten. Am Tag des Inkrafttretens verabschiedete der Kongreß eine
Resolution, mit der die Europäer [vertragswidrig] aufgefordert wurden, auf
Geschäfte mit dem Iran zu verzichten. Firmenvertreter, die Geschäftsreisen in
den Iran gemacht hatten, mußten ab sofort ein Visum beantragen, wenn
sie in die USA reisen wollten. Die Intervention des US-Kongresses war aber
nicht gänzlich erfolgreich. Das ›Office
of Foreign Assets Control‹, ›OFAC‹, verhielt sich zwar gegenüber
Firmen, die wegen der bestehenden Sanktionen bei ihm anfragten, zwiespältig,
unterstützte jedoch das von der Obama-Regierung unterzeichnete Iran-Abkommen mit
der Einschätzung, das Abkommen könne als Basis für weitere Verhandlungen
dienen.
»Schon als
Präsidentschaftskandidat hat Trump das Iran-Abkommen als ›den schlechtesten, jemals von
den USA eingegangene Deal‹
bezeichnet«,
ergänzte der Botschafter. »Es
werde den USA noch große Sorgen machen«.
Damit meinte er allerdings nicht das Abkommen, sondern die Probleme, die
entstünden, wenn die USA einen Deal, den sogar der UN-Sicherheitsrat
gutgeheißen hatte und der von der Obama-Regierung ermöglicht worden war,
einseitig aufkündigen würden. »Die
Aufkündigung eines internationalen Abkommens und die gegen den souveränen Staat
Iran gerichteten Drohungen werden sich bald als Quelle weiterer Unannehmlichkeiten erweisen, weil die USA
damit einen Vertrag brechen, den der Iran erfüllen möchte.«
»2008 haben die Israelis der Welt
weismachen wollen, der Iran sei nur noch wenige Tage vom Bau einer Atombombe
entfernt«, erinnerte der Botschafter. »Die Israelis forderten damals einen
Militärschlag, mit dem das verhindert werden sollte. Was ist seither geschehen?
In den beiden letzten Jahren hat die Internationale Atomenergie-Organisation
dem Iran in 11 Berichten bestätigt, dass er sich strikt an den ›JCPOA‹ hält. Nicht nur
die ›IEAO‹, auch die EU, Rußland, China und weitere Staaten
in Asien, Lateinamerika und Afrika habe sämtliche Anschuldigungen, der
Iran mißbrauche seine Atomanlagen für militärische Zwecke, zurückgewiesen. [Dass der Iran das Abkommen einhält, ist auch der US-Regierung bekannt.] Trump will ja eigentlich
nur den Einfluß des Irans in der Region zurückdrängen, weil er begriffen hat,
dass die US-Politik im Mittleren Osten gescheitert ist. Aus den USA kommende
Einlassungen zum Iran sind deshalb häufig widersprüchlich. Einerseits wird
behauptet, der Iran sei so schwach, dass er bald zusammenbrechen werde,
andererseits wird dem Iran unterstellt, in mehreren Hauptstädten im Mittleren
Osten den Ton anzugeben.«
Der Iran hat kürzlich angekündigt, dass er die Urananreicherung mit Zentrifugen
wieder aufnehmen wird, sollten auch die europäischen Vertragspartner den ›JCPOA‹ aufkündigen Die
durch Trumps Ausstieg verunsicherten Europäer möchten die Verhandlungen über
das Abkommen, das nicht nur die atomaren Aktivitäten des Irans einschränkt,
sondern auch die Aufhebung der gegen den Iran verhängten Sanktionen vorsieht,
wieder aufnehmen. Warum will Trump Krieg
gegen ein Land führen, das sich auf ein Abkommen mit den USA eingelassen hat? Warum will er eine
Regierung stürzen, die gegen die Taliban, al-Qaida, den Islamischen Staat und
andere dschihadistische Gruppierungen kämpft, die die USA selbst geschaffen und
bewaffnet haben, und die heute die USA bedrohen? Warum will er das
De-Facto-Bündnis aufgeben, das die USA im Irak und in Afghanistan mit dem Iran
haben? Warum will er den fragilen Mittleren Osten noch weiter destabilisieren?
Die Architekten der
US-Interventionskriege sind verunsichert. Sie mußten hilflos zulassen, wie besonders der Irak immer instabiler und
zum politischen Vakuum, und der Iran immer stärker und zur dominierende Macht
in der Region wurde. Washington muß seine Niederlage akzeptieren.
Es wird seine Fehler auch mit einem Überfall auf den Iran, den die
Kriegstreiber in den USA und anderswo als einzigen Ausweg aus dem außen- und
innenpolitischen Dilemma sehen, in das sie sich selbst hineinmanövriert haben,
nicht mehr korrigieren können.
Der in einem Sumpf von
Bestechungsskandalen steckende israelische
Premierminister Netanjahu hofft zum Beispiel, durch die Anzettelung
eines Konflikts mit dem Iran von der Untersuchung seines Machtmißbrauchs und dem Gemetzel,
das israelische Scharfschützen unter gegen den fortgesetzten Landraub
protestierenden Palästinensern angerichtet haben, ablenken zu können. »Derzeit ist in Israel das
bisher brutalste Regime an der Macht«, stellte der iranische Botschafter fest.
»Es tritt das Völkerrecht und die Menschenrechte mit Füßen. Mit seiner
Siedlungs- und Besatzungspolitik und der Erklärung Jerusalems zu seiner
Hauptstadt verstößt es seit langem gegen Resolutionen des UN-Sicherheitsrates.
Schauen Sie sich nur an, was Israel in den letzten 30 Tagen in Gaza angerichtet
hat. Trotzdem haben die USA ihre Botschaft illegalerweise nach Jerusalem
verlegt. Israelische Scharfschützen haben 60 unbewaffnete palästinensische
Demonstranten niedergestreckt. Während ihr Blut vor dem Grenzzaun zum Gazastreifen versickerte,
haben Israelis in Jerusalem Freudentänze aufgeführt. Und die Trump-Regierung läßt das nicht nur zu, sie leistet auch noch Unterstützung. Das macht
zahlreiche Menschen im Nahen und Mittleren Osten wütend, auch viele in Saudi-Arabien.
Die Zionisten diffamieren den Iran als größte Bedrohung für den Frieden im
Mittleren Osten. Damit versucht Israel von seinen eigenen Verbrechen abzulenken
und sie dem Iran anzulasten. Auch die verfehlte Politik Israels, mit der es nur
seine innere Schwäche verdecken will, wird sich
rächen.«
»Der saudische Kronprinz Mohammed bin
Salman, hat, um innere Unruhen zu dämpfen und sich als fähigen Militärführer in
Szene setzen zu können, den Krieg im Jemen forciert. Jetzt versucht er
verzweifelt, von der humanitären
Katastrophe, die er angerichtet hat, abzulenken. Saudi-Arabien agiert im
Jemen auf taktischer und strategischer Ebene gemeinsam mit Israel gegen den
Iran«, stellte Khoshroo fest.
»Gleichzeitig unterdrückt das saudische Regime seine eigene Bevölkerung. Wie
lange wird das noch möglich sein? Schon seit drei Jahren führt Saudi-Arabien
mit Unterstützung der USA einen Bombenkrieg gegen die Menschen im Jemen, denen
durch eine Totalblockade auch Nahrung und Arzneimittel vorenthalten werden. Ein
Ende des Konflikts ist nicht in Sicht. Auch für ihren Mißerfolg im Jemen machen Saudi-Arabien und die USA den Iran
verantwortlich. Auf Grund der Totalblockade kann der Iran den Menschen im Jemen
jedoch überhaupt nicht helfen, selbst wenn er das wollte. Die jemenitischen
Kämpfer fordern seit Beginn des Krieges Friedensverhandlungen. Das militärische
Abenteurertum der Saudis und ihr Bedürfnis, ihre militärische Entschlossenheit
zu demonstrieren, haben bisher eine friedliche Lösung verhindert. Die USA und
Großbritannien leisten logistische und militärische Unterstützung und beliefern
die Saudis auch mit geächteten Clusterbomben, die im Jemen eingesetzt werden. Auch die Vereinigten
Arabischen Emirate bombardieren im Jemen. Alle diese Aktionen sind zum Scheitern
verurteilt, weil der Konflikt im Jemen nur politisch und nicht militärisch
gelöst werden kann. Und was bombardieren die Saudis im Jemen? Begräbnisse,
Hochzeiten, bestellte Felder, Häuser und Zivilisten! Wie können die Saudis
annehmen, dass sie von der bombardierten Bevölkerung begrüßt
werden? Mit Umarmungen? Der Krieg hat schon viel Geld gekostet, doch Trump ist
der Meinung, die Saudis hätten ja genug davon. Bei seinem Besuch hat er sie
aufgefordert, möglichst viele Waffen in den USA zu kaufen. Mit diesen Waffen werden
dann möglichst viele Kinder umgebracht. Es ist ein Desaster und eine Schande!«
Und dann, so Hedges, gibt es ja auch
noch diesen Präsidenten Donald Trump, der mit einem globalen Kreuzzug
verzweifelt versuchen muß, seine eigene Unfähigkeit,
seine korrupte Regierung und deren Erfolglosigkeit zu kaschieren, wenn er sich
2020 zur Wiederwahl stellt. »Natürlich ist es nicht neu, dass der
Iran diffamiert und bedroht wird«, stellte der Botschafter fest. »Das geht
schon seit 40 Jahren so. Die iranische Bevölkerung und die iranische Regierung
haben sich an diese Anfeindungen gewöhnt. Die Einmischung der USA in die
inneren Angelegenheiten des Irans begann schon lange vor dem Krieg zwischen dem
Irak und dem Iran, in dem die USA Saddam Hussein unterstützt haben. 2003 fielen
die US-Streitkräfte dann in den Irak ein, um ihm die Demokratie zu bringen und
ihm seine nicht vorhandenen Massenvernichtungswaffen wegzunehmen. Der Iran hat
sich den Einmischungen der USA immer widersetzt und wird das auch weiterhin
tun. US-Amerikaner waren zuletzt vor 40 Jahren im Iran präsent. Während des
Schah-Regimes, dasdamals zu den engsten Verbündeten der
USA gehörte, haben sich 100.000 US-Berater im Iran herumgetrieben. Die USA
konnten den Schah jedoch nicht an der Macht halten, weil das iranische Volk
gegen die Abhängigkeit von den USA und die Unterdrückung revoltierte. Seit dem
Sturz des Schahs im Jahr 1979, also seit nunmehr 40 Jahren, brechen die USA das
Völkerrecht und besonders das Algerien-Abkommen mit dem Iran, das sie 1981
unterzeichnet haben.« Mit dem Algerien-Abkommen, das eine ganze Reihe von
Vereinbarungen zwischen den USA und dem Iran umfaßte, wurde die Geiselnahme von Teheran beendet. Die algerische
Regierung hatte es vermittelt. In diesem Abkommen haben sich die USA dazu
verpflichtet, Einmischungen in die inneren
Angelegenheiten des Irans in Zukunft zu unterlassen sowie die gegen den
Iran verhängten Sanktionen und die Blockierung iranischer Konten aufzuheben.
Die US-Kriegstreiber haben überhaupt
keinen Plan für einen Regimewechsel im Iran, den hatten sie auch nicht in
Afghanistan, im Irak, in Libyen oder in Syrien. Die europäischen Verbündeten
hat Trump mit seinem Ausstieg aus dem Iran-Abkommen so verärgert, dass sie [bei einem US-Angriff auf den Iran] nicht mit
Washington kooperieren werden. Das Pentagon könnte, selbst wenn es wollte, den
Iran weder allein angreifen, noch besetzen, weil ihm dazu Hunderttausende
Soldaten fehlen. Und die von Bolton und Giuliani propagierte Idee,
extremistische Randgruppen wie die ›Mujahedeen-e-Khalq‹, ›MEK‹, die im Krieg gegen den Irak an der Seite Saddam Husseins kämpften
und deshalb von den meisten Iranern als Verräter betrachtet werden, könnten die
iranische Regierung stürzen, ist einfach nur lächerlich. Bei solchen
Spekulationen werden die 80 Millionen Iraner ignoriert, wie vorher die
Bevölkerungen Afghanistans, des Iraks, Libyens und Syriens. Warum sollten die
Iraner einen Krieg mit den USA begrüßen? Würden sie sich nicht verteidigen,
wenn sie angegriffen werden? Warum sollten die Iraner widerstandslos eine
Besetzung hinnehmen? Vermutlich würde ein Krieg gegen den Iran als Krieg gegen
alle Schiiten verstanden und den Widerstand der Schiiten in anderen Staaten
hervorrufen. Überlegungen dieser Art stellen die Kriegstreiber aber nicht an, weil
sie nichts von Krieg verstehen und von den Völkern und Kulturen, die sie
unterwerfen wollen, keine Ahnung haben.
»Der Nahe und Mittlere Osten hat viele
Probleme: Unsicherheit, Instabilität, Wasserknappheit und Streit um andere
Ressourcen«, erklärte Khoshroo. »All diese Probleme wurden durch Interventionen
ausländischer Truppen und die Maßlosigkeit israelischer Regierungen nur
vergrößert. Das ungelöste Problem Palästina bewegt alle Muslime im Nahen und
Mittleren Osten. Jede Verzögerung bei der Lösung dieser vielen Probleme erhöht
die gefährlichen Spannungen, die in dieser Region herrschen. Die US-Amerikaner
behaupten, sie wollten den Nahen und Mittleren Osten von gewaltbereiten
Terroristen befreien; das wird aber nur
gelingen, wenn die Interventionen und Besatzungsregimes ausländischer Truppen
in dieser Region endlich aufhören. Die Rüstungsindustrie der USA verkauft ihre
Waffen an fast alle Staaten in der Region, weil durch die ständigen Kriege
gerade dort besonders hohe Profite zu erzielen sind. Das Leid der Menschen
kümmert sie nicht. Und Frieden und Sicherheit in dieser Region sind ihr genau
so gleichgültig wie die Demokratie oder die Geopolitik.«
»Was hat die US-Politik in Nahen und
Mittleren Osten bewirkt?«, war die Frage des Botschafters. »Die Bevölkerungen
aller US-Verbündeten in der Region sind im Aufruhr. Nur der Iran ist sicher und
stabil. Warum ist das so? Warum herrscht im Iran seit 40 Jahren Stabilität? Ist
das so, weil seit 1980 keine diplomatischen
Beziehungen mehr zwischen dem Iran und den USA bestehen? Und warum
herrscht Feindschaft zwischen dem Iran und den USA? Warum begreifen die USA
nicht, dass ein stabiler Iran für diese Region wichtig ist? Wir sind von den
instabilen Staaten Pakistan, Afghanistan, dem Irak, Syrien und dem Jemen umgeben.
Was hätten die US-Amerikaner davon,
wenn sie auch noch den Iran destabilisieren würden?«
Anmerkung d.a.: Inzwischen haben US-Republikaner
an die Botschaften Deutschlands, Frankreichs und Großbritanniens in Washington
einen Brief geschickt, in dem sie diese Länder davor warnen, die US-Sanktionen
gegen den Iran zu umgehen. Das berichtet das Online-Portal ›t-online.de‹, dem das
Schreiben vorliegt. Der Brief ist unter anderem von US-Senator Marco Rubio, der
2012 von der ›Time‹ in die Liste der einflußreichsten Menschen der Welt
aufgenommen wurde, sowie von Senator Ted Cruz, der sich für die
Präsidentschaftswahl 2016 um die Nominierung seiner Partei bewarb,
unterzeichnet. Den Botschaften soll das Schreiben am 26. Juli zugestellt worden
sein. Die Republikaner verweisen darauf, dass die US-Sanktionen gegen den Iran
nicht neu seien, sondern, wie dies ja auch aus dem Artikel von Hedges
hervorgeht, auf Gesetzen fußen, die der US-Kongreß bereits vor Jahren
beschlossen habe. Laut ›t-online.de‹ warnen
die Senatoren, dass jeder Versuch, den
Sanktionen auszuweichen oder sie zu untergraben, dazu führen könne, dass sich
der US-Kongreß in Koordinierung mit anderen Teilen der US-Regierung zum Handeln
veranlaßt sehen. [1]
Es gibt fast keine Ebene
mehr, auf der wir von Washington nicht eingegrenzt würden. Erstaunlich bleibt,
dass sich die Wirtschaft dem US-Diktat praktisch widerstandslos unterwirft.
Quelle: http://www.luftpost-kl.de/luftpost-archiv/LP_16/LP10818_250718.pdf Friedenspolitische Mitteilungen aus der US-Militärregion
Kaiserslautern/Ramstein LP 108/18 –
25.07.18 Sündenbock Iran - Von Chris
Hedges
Original auf https://www.truthdig.com/articles/scapegoating-iran/ 10. 6. 2018
Scapegoating Iran by Chris Hedges
[1] https://de.sputniknews.com/politik/20180729321757548-usa-republikaner-iran-sanktionen-deutschland-umgehung/ 29. 7. 18
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