Eric Margolis - Es stimmt: Die NATO hat mit ihrer Osterweiterung Zusagen gebrochen

Russlands tiefste Befürchtungen sind wahr geworden.

»In einer Zeit, in der die Vereinigten Staaten von Amerika von einer antirussischen Hysterie und Dämonisierung Wladimir Putins erschüttert werden, enthüllt ein Fundus kürzlich freigegebener Dokumente des Kalten Krieges das erstaunliche Ausmass der Lügen, der Scheinheiligkeit und der Doppelzüngigkeit der westlichen Mächte gegenüber der zusammenbrechenden Sowjetunion im Jahr 1990.« Dies schreibt der Kriegskorrespondent Margolis, der über Konflikte in Angola, Namibia, Südafrika, Mosambik, Sinai, Afghanistan, Kaschmir, Indien, Pakistan, El Salvador und Nicaragua berichtet, und unter den ersten Journalisten war, die Libyens Muammar Gaddafi jemals interviewt haben. Er war auch unter den ersten, die Zugang zu KGB-Hauptquartieren in Moskau erhielten. 

»Ich berichtete damals aus Moskau und traf einige der Hauptakteure in diesem schmutzigen Drama. Seitdem schreibe ich, dass der sowjetische Führer Michail Gorbatschow und Aussenminister Eduard Schewardnadse schamlos belogen und von den Vereinigten Staaten von Amerika, Grossbritannien und deren Anhängsel NATO getäuscht worden sind. Alle Westmächte versprachen Gorbatschow und Schewardnadse, dass die NATO sich nicht um einen Zentimeter nach Osten ausdehnen werde, wenn Moskau die Rote Armee aus der DDR abziehen und ihr die friedliche Wiedervereinigung mit Westdeutschland ermöglichen werde. Dies war ein gigantisches Zugeständnis von Gorbatschow, das 1991 einen gescheiterten Putsch kommunistischer Hardliner gegen ihn zur Folge hatte.

Die Dokumente, die von der George Washington University in Washington DC herausgegeben wurden, an der ich ein Semester lang studiert habe, stellen eine widerliche Lektüre dar.  [1]  Alle westlichen Mächte und Staatsmänner versicherten den Russen, dass die NATO den sowjetischen Rückzug nicht ausnutzen würde und dass in Europa nach dem Kalten Krieg eine neue Ära der Freundschaft und Zusammenarbeit anbrechen werde. US-Aussenminister James Baker bot eiserne Garantien an, dass es keine NATO-Erweiterung geben würde. Lügen, alles Lügen.

Gorbatschow war ein Humanist, ein sehr anständiger, intelligenter Mann, der glaubte, er könne den Kalten Krieg und das atomare Wettrüsten beenden. Er hat die Rote Armee aus Osteuropa zurückbeordert. Ich war in Wünsdorf, Ostdeutschland, Hauptquartier der Gruppe der sowjetischen Streitkräfte in Deutschland, und im Hauptquartier der Stasi-Geheimpolizei in Ost-Berlin, gleich nachdem der Abzugsbefehl erteilt wurde. Die Sowjets zogen ihre 338.000 Soldaten und 4.200 Panzer ab und schickten sie blitzschnell nach Hause.

Westliche Versprechungen, die Präsident George W. H. Bush und James Baker den sowjetischen Führern gemacht hatten, erwiesen sich schnell als leer. Sie waren ehrbare Männer, aber ihre Nachfolger nicht. Die Präsidenten Bill Clinton und George W. Bush begannen schnell damit, die NATO nach Osteuropa zu  bewegen, wodurch sie gegen alle Zusagen an Moskau verstiessen. Polen, Ungarn und Tschechien wurden in die NATO aufgenommen, dann Rumänien und Bulgarien, die baltischen Staaten, Albanien und Montenegro. Washington versuchte auch, die ehemaligen Sowjetrepubliken Georgien und Ukraine in die NATO zu bringen. Die mit Moskau verbündete Regierung der Ukraine wurde in einem von den USA ausgeführten Putsch gestürzt. Die Strasse nach Moskau war offen.

Alles, was die bankrotten, verwirrten Russen tun konnten, war, diese Ostbewegungen der USA und der NATO anzuprangern. Die beste Antwort, die die NATO und Washington geben konnten, war: »Nun, es gab kein offizielles schriftliches Versprechen«, was eines Strassenhändlers würdig ist, der gefälschte Uhren verkauft. Die Staats- und Regierungschefs der Vereinigten Staaten von Amerika, des Vereinigten Königreichs, Frankreichs, Belgiens und Italiens haben gelogen. Deutschland war zwischen seiner Ehre und der bevorstehenden Wiedervereinigung gefangen. So musste sich auch Bundeskanzler Helmut Kohl den Ausflüchten des Westens anschliessen.

Damals schrieb ich, dass die beste Lösung die Entmilitarisierung des ehemals sowjetisch kontrollierten Osteuropas sei. Die NATO hätte keine Notwendigkeit und kein Recht, nach Osten zu expandieren, was eine ständige Provokation gegenüber Russland, das Osteuropa als unverzichtbares Schutzgebiet gegen Invasionen aus dem Westen betrachtete, wäre. 

Jetzt, da die NATO-Streitkräfte an seinen westlichen Grenzen stehen, sind Russlands tiefste Befürchtungen wahr geworden. Heute erkunden an den Küsten der ehemaligen Mitglieder des Warschauer Pakts Rumänien und Bulgarien stationierte US-Militärflugzeuge den russischen Luftraum über dem Schwarzen Meer und den wichtigen strategischen Hafen von Sewastopol. Washington spricht über die Bewaffnung der chaotischen Ukraine. US- und NATO-Truppen sind in der Ostsee, an Russlands nordwestlichen Grenzen. Polnische Rechtsextreme schlagen die Kriegstrommeln gegen Russland.

Im Jahr 1990 einigten sich KGB und CIA auf den Grundsatz, dass die NATO keinen Zentimeter nach Osten gehen sollte. Der ehemalige US-Botschafter in Moskau, Jack Matlock, bestätigt die gleiche Vereinbarung. Gorbatschow, der von vielen Russen als törichter Idealist angeprangert wird, vertraute den Westmächten. Er hätte ein Bataillon von Winkeladvokaten aus dem New York City Garment District haben sollen, um seine Vereinbarungen im Jahr 1990 zu dokumentieren. Er dachte, er habe es mit ehrlichen, anständigen Männern zu tun, wie er selbst einer war. Ist es nach dieser Lockvogeldiplomatie ein Wunder, dass Russland kein Vertrauen in die Westmächte hat? Moskau sieht, wie die von den USA geführte NATO immer weiter nach Osten vordringt. Heute glauben Russlands Führer fest daran, dass Washingtons ultimativer Plan darin besteht, Russland auseinanderzureissen und es auf eine machtlose Nation zu reduzieren. Zwei ehemalige westliche Führer, Napoleon und Hitler, hatten ähnliche Pläne.

Anstatt weiter über Hitlers Doppelzüngigkeit nach München zu reden, sollten wir uns unser eigenes schamloses Verhalten nach 1990 vor Augen halten.«   [2]  

Mit dem Kremlreport, schreibt Paul Craig Roberts, erreicht Washington neue Höhen des Wahnsinns  
In einem Akt der wahnsinnigen Eskalation von Provokationen gegen Rußland hat Washington eine Liste von 210 russischen Regierungsbeamten und wichtigen Geschäftsleuten erstellt, welche als Gangster und Mitglieder von Putins Bande bezeichnet werden; als Leute, die es verdienen, sanktioniert zu werden, oder wie auch immer die westlichen Sudelmedien die Liste erklären wollen. Diese absurde Liste umfaßt den Premierminister Rußlands, den Außenminister, den Verteidigungsminister und Führungskräfte von Gazprom, Rosneft und Bank Rossiya. Mit anderen Worten, es wird unterstellt, daß die gesamte politische und wirtschaftliche Führung Rußlands korrupt ist. Die Russen scheinen den Zweck der Liste nicht zu verstehen. Präsidentschaftssprecher Dmitri Peskow sagte, daß die Regierung die Liste als Versuch betrachtet, sich in die russischen Präsidentschaftswahlen einzumischen. Es besteht kein Zweifel daran, daß Washington die öffentliche Unterstützung Putins reduzieren möchte, damit Washington die in Rußland operierenden und vom Westen finanzierten NGOs nutzen kann, um amerikanische Handlanger als die wahren Stimmen Rußlands zu präsentieren. Es ist jedoch unwahrscheinlich, daß das russische Volk dumm genug ist, um auf einen solchen Trick hereinzufallen.

Washingtons Liste verfolgt drei Ziele:   

1.  Die russische Diplomatie zu untergraben, indem man die obersten Ränge Rußlands als Gangster präsentiert.

2.  Rußland als militärische Bedrohung zu präsentieren wie in der lächerlichen Bekanntmachung des britischen Verteidigungsministers Gavin Williamson vom 26. Januar, daß Rußland beabsichtigt, die britische Infrastruktur auseinander zu reißen, tatsächlich Tausende und Abertausende von Toten zu verursachen und ein totales Chaos innerhalb des Landes zu schaffen.

3.  Die amerikanische und europäische Aufmerksamkeit von der kommenden Veröffentlichung des Berichts des House Intelligence Committee, dem Geheimdienstausschuß des US-Repräsentantenhauses, der beweist, daß Russiagate eine Verschwörung zwischen dem FBI, dem Obama Department of Justice und dem Democratic National Committee gegen Präsident Trump ist, abzulenken. 

Washingtons Liste von Russen wird den Sudelmedien etwas anderes geben, worüber sie reden können, anstatt über den Akt des Verrats, der gegen den Präsidenten der Vereinigten Staaten begangen wurde. Erwarten Sie, nichts von den Medienhuren zu hören, außer daß der Bericht des Geheimdienstausschusses lediglich eine politische Bemühung ist, um Trump vor der Rechenschaftspflicht abzuschirmen. Es gibt wahrscheinlich noch einen vierten Grund für die Liste. Israel will Washingtons Druck auf Rußland, weil Rußland bisher verhindert hat, daß Israel das US-Militär einsetzt, um das gleiche Chaos in Syrien und im Iran zu schaffen, wie es im Irak und in Libyen geschaffen wurde. Israel will, daß Syrien und der Iran destabilisiert werden, weil sie die Hisbollah unterstützen, was Israel daran hindert, die Wasserressourcen des Südlibanons zu besetzen

Das Countering America's Adversaries Through Sanctions Act  - das Gesetz, durch das die USA ihren Gegnern durch Sanktionen entgegentreten -  das die Liste einfordert, verabschiedeten das Haus und der Senat mit einem Stimmenverhältnis von 517:5. Normalerweise werden solche einstimmigen außenpolitischen Abstimmungen mit Forderungen der Israel-Lobby in Verbindung gebracht.

Die russische Regierung und das russische Volk müssen verstehen, daß Washington Rußland als Bedrohung betrachtet, weil Rußland nicht unter Washingtons Fuchtel steht. Die zionistischen Neokonservativen kontrollieren die US-Außenpolitik. Ihre Ideologie ist die Welthegemonie. Sie benutzen keine Diplomatie. Sie sind auf Desinformation, Drohungen und Gewalt angewiesen. Deshalb gibt es keine amerikanische Diplomatie, mit der Putin und Lawrow zusammenarbeiten können. Als verantwortlicher politischer Führer einer Großmacht reagiert Putin auf Provokationen allerdings nicht mit Provokationen. Er ignoriert die Beleidigungen und wartet weiterhin darauf, daß der Westen zur Vernunft kommt.

Aber was, wenn der Westen nicht zur Vernunft kommt? Damit dieser zur Besinnung kommt, bedarf es des vollständigen Sturzes der zionistischen Neokonservativen und/oder der Auflösung der NATO. Der Sturz der Neokonservativen würde eine rivalisierende außenpolitische Stimme erfordern, und diese Stimme ist sehr schwach, da sie von den Medien, den Think Tanks und den Universitäten abgeschottet wird. Die Auflösung der NATO würde die europäischen Politiker dazu zwingen, ihre Washingtoner Subventionen und den Karriereaufstieg, den Washington bietet, aufzugeben. Während ich das hier schreibe, hält der Atlantik-Rat eine Mitgliederversammlung ab und fordert von der Presse eine Diskussion mit den Mitgliedern des Rats, Botschafter Daniel Fried und Anders Aslund. Der Atlantik-Rat ist eine neokonservative Propaganda-Agentur. Ziel der Diskussion ist es, die amerikanisch-russischen Beziehungen weiter zu untergraben.

Die russische Regierung steht vor einer schwierigen Situation. Die Außenpolitik der USA und damit der westlichen Welt wird von Neokonservativen kontrolliert, die dazu entschlossen sind, Rußland in das bedrohlichste Licht zu rücken. Die russische Diplomatie kann daran nichts ändern. Die nicht-provokative und verantwortungsbewußte russische Antwort hat den Effekt, daß sie noch mehr Provokationen aus Washington anregt. Irgendwann könnte die russische Passivität die Neokonservativen davon überzeugen, daß sie Rußland erfolgreich angreifen können. Andererseits könnten die andauernden Provokationen Rußland davon überzeugen, daß das Land zum Angriffsziel wird, was zu einer russischen Präventivmaßnahme führen könnte.

Jeder in der Welt sollte sich bewußt sein, daß der Politik Washingtons gegenüber Rußland die Gefahr eines Atomkriegs innewohnt, und jeder in der Welt sollte verstehen, daß das einzige, was von Rußland bedroht wird, der Unilateralismus Washingtons ist.  [3]

Letzten Dezember hatte sich US- Verteidigungsminister James Mattis in Kiew sogar zu der Aussage verstiegen: »Wir wissen, daß Rußland die internationale Landkarte mit Gewalt neu entwerfen möchte – und damit die Freiheit und Souveränität der europäischen Staaten untergräbt.« [3] Was man nur als absolute Absurdität einstufen kann.

 

[1]  https://nsarchive.gwu.edu/briefing-book/russia-programs/2017-12-12/nato-expansion-what-gorbachev-heard-western-leaders-early   12. 12. 17  
Slavic Studies Panel Addresses
Who Promised What to Whom on NATO Expansion?Declassified documents show security assurances against NATO expansion to Soviet leaders from Baker, Bush, Genscher, Kohl, Gates, Mitterrand, Thatcher, Hurd, Major, and Woerner

[2]  http://antikrieg.com/aktuell/2017_12_16_tutunsleid.htm  16. 12. 17 
resp. https://ericmargolis.com/2017/12/sorry-chump-you-didnt-have-it-in-writing/  December 16, 2017   ’Sorry Chump. You Didn’t Have It In Writing’

[3]  http://antikrieg.com/aktuell/2018_01_30_washington.htm   30. 1. 18  
Mit dem Kremlreporterreicht Washington neue Höhen des Wahnsinns   https://www.paulcraigroberts.org/2018/02/01/kremlin-list-bullet-aimed-putins-heart/  February 1, 2018  The Kremlin list Is a Bullet Aimed at Putin’s Heart

[4]  http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/ukraine-explosion-im-zentrum-von-kiew-15166349.html  24. 8. 17
Mattis:
»Russland möchte mit Gewalt eine neue Landkarte«