Die NATO und die Einkreisung Russlands

Die Spannungen zwischen der USA und Russland lassen nicht nach.

Wie Mitte Januar bekannt wurde, rückt eine Streitmacht von US-Marines für einen weiteren Einsatz an der russischen Grenze nach Trondheim in Norwegen vor. Russland ist nicht nur wegen der Aufstellung von weiteren Truppen an seiner Grenze beunruhigt, sondern jetzt auch wegen dem Einsatz von US-Marines, obwohl Norwegen, als es der NATO beitrat, versprach, keine ausländischen Truppen an der russischen Grenze zu stationieren. Indessen besteht Norwegen darauf, dass es sich hierbei nur um eine vorübergehende Stationierung handle und dass diese daher nicht zähle. Was heisst vorübergehend, fragt Jason Ditz, denn Regierungsvertreter erklären, dass sich die US-Marines mindestens ein Jahr lang in dem Gebiet aufhalten und sich auf Kaltwetter-Übungen konzentrieren werden, bei denen es anscheinend darum geht, zu lernen, wie man mit Skiern umgeht; dies werde   nichts mit Russland oder mit der derzeitigen Situation zu tun haben. Russland, so Ditz ferner, wird zweifelsohne bemerken, dass es jede Menge von Orten zum Skifahren gibt, die nicht nur einen Steinwurf weit von der Grenze zwischen Russland und der NATO entfernt sind, so dass die jetzige Stationierung lediglich die letzte in einer langen Liste von Irritationen darstellt, die die Spannungen zwischen Russland und den Vereinigten Staaten von Amerika steigern.  [1] 

Während die US-Medien und Obamas Anhänger die US-Bevölkerung mit gefakten Skandalnachrichten über Trump ablenken, schreibt Christopher Black, wird der Aufmarsch der US-Streitkräfte gegen Russland und China ohne Unterbrechung fortgesetzt. Die Kriegsvorbereitungen sind wohl nicht mehr aufzuhalten. In Europa hat die U.S. Army mit der Verlegung der 3. Panzerbrigade nach Polen und an die russische Grenze den Druck auf Russland gerade noch einmal verstärkt. Russland sieht seine Sicherheit also zu Recht bedroht. Diese (kampferprobte) Einheit war 1944 schon an der Landung in der Normandie und 2003 am Überfall auf den Irak beteiligt. Sie ist für ihre schnellen Angriffe bekannt und wird von Polen aus eine lange Frontlinie bilden, die von Estland bis nach Rumänien reicht: Mit Kampfpanzern, Artillerie und mit Infanterie, die über Schützenpanzer verfügt. Es handelt sich also nicht um eine Schutztruppe, sondern um eine Sturmtruppe. US-General Scaparrotti, der Kommandeur aller US-Streitkräfte in Europa und Oberkommandierende der NATO stellte dazu folgendes fest: »Die Ankunft der 3.   Panzerbrigade in Polen ist ein bedeutenden Beitrag zur Abschreckung und zur Verteidigung Europas. Die Nutzung der europäischen Infrastruktur und die Unterstützung, die wir hier erhalten, ermöglicht es unseren Streitkräften, schnell präsent zu sein und damit einen russischen Angriff zu verhindern.

Da es keinen russischen Angriff geben wird, die US-Militärs aber ständig von hybriden russischen Kriegshandlungen in Osteuropa faseln, können wir ziemlich sicher sein, dass man mit Hilfe von US-Spezialeinheiten Zwischenfälle unter falscher Flagge inszenieren wird, die man Russland in die Schuhe schieben kann, um damit einen Angriff der USA und der NATO auf  Russland zu rechtfertigen. Wenn Trump keine diplomatische Annäherung gelingt, was trotz Putins Entgegenkommen ziemlich wahrscheinlich ist, dürfte ein provozierter Krieg nur eine Frage der Zeit sein.   

Unter dem Titel

Vormarsch nach Osten
schreibt German Foreign Policy
Die erste stetige Stationierung deutscher Truppen auf dem Territorium der früheren Sowjetunion hat begonnen. Nach einem Vorkommando sind am 1. Februar die ersten 70 deutschen Soldaten in Litauen eingetroffen; dort wird die Bundeswehr eine gegen Russland in Stellung gebrachte NATO-Battle Group führen. Diese ist mit ihren demnächst knapp 1.200 Soldaten Teil eines weitaus stärkeren militärischen Dispositivs, das insgesamt vier verstärkte NATO-Bataillone sowie eine US-Kampfbrigade in Osteuropa umfasst und jederzeit durch eine US-Division ergänzt werden kann, deren einsatzbereite Waffen zum grösseren Teil in Deutschland lagern. Die litauischen Einheiten, mit denen die Bundeswehr kooperiert, werden in zunehmendem Masse mit deutschen Waffen ausgerüstet. NATO-Generäle haben schon letztes Jahr gefordert, man müsse die weitere Verstärkung der Truppen ins Auge fassen und die NATO-Bataillone im Baltikum auf Brigadestärke bringen. Auch sei die westliche Militärpräsenz in der Region zu Wasser und in der Luft stark auszuweiten. Russland würde damit an seiner Westgrenze noch viel stärker als bisher unter Druck gesetzt.

Die Battle Group in Rukla 
Die Stationierung der deutsch geführten NATO-Battle Group in Litauen hat begonnen. Nach einem 17 Mann starken Vorkommando, das am 24. Januar in der litauischen Hauptstadt Vilnius eingetroffen ist, sind am 1. 2. weitere 70 Bundeswehrsoldaten in Kaunas, der zweitgrössten Stadt des Landes, angekommen. Sie richten sich nun auf ihrem Stützpunkt in Rukla etwa 100 km   nordwestlich von Vilnius ein, wo ab diesem Wochenende die ersten Transporte mit Panzern und weiterem Kriegsgerät erwartet werden. Auch einige Soldaten anderer NATO-Staaten sind schon vor Ort. Alles in allem werden 450 deutsche Militärs in Rukla stationiert; sie werden mit rund 200 Militärfahrzeugen ausgerüstet, darunter 6 Kampfpanzer vom Typ Leopard 2 und 20 Schützenpanzer vom Typ Marder. Die NATO-Battle Group in Litauen, ein verstärktes Bataillon, das Teil der neuen Enhanced Forward Presence des westlichen Kriegsbündnisses ist, wird auf insgesamt knapp 1.200 Soldaten anwachsen. Der deutsche Kommandeur der Battle Group, Oberstleutnant Christoph Huber, hat umgehend Kontakte zur NATO Force Integration Unit (NFIU) in Vilnius und zur Iron Wolf-Brigade der litauischen Streitkräfte in Rukla hergestellt.  

Manöver und Waffen  
Die Truppenstationierung in Litauen knüpft an diverse praktische Erfahrungen an, die deutsche Soldaten in den vergangenen Jahren in Litauen sammeln konnten. Schon seit 2004 sind deutsche Kampfflugzeuge immer wieder einmal für mehrere Monate auf dem litauischen Flugplatz Siauliai stationiert, von dem aus sie sich am Air Policing Baltikum beteiligen, der Luftraumüberwachung über Estland,   Lettland und Litauen durch die NATO. Vor allem in den vergangenen zwei Jahren waren deutsche Militärs bei NATO-Manövern in Litauen präsent; zweimal, im Juni 2015 und im November 2016, waren sie dabei bereits in Rukla stationiert.

Die litauische Iron Wolf-Brigade, die in Rukla ihr Hauptquartier hat, wird mit 16 Panzerhaubitzen 2000 aus Beständen der Bundeswehr aufgerüstet; zudem erhält sie 5 weitere Haubitzen zu Übungszwecken sowie 26 Panzer-Kommandofahrzeuge und 6 Evakuierungspanzer des deutschen Heeres. An der Ausrüstung der litauischen Streitkräfte verdient nicht zuletzt die deutsche Industrie: Vilnius hat im August vergangenen Jahres 88 Transportpanzer GTK Boxer bestellt, welche die deutschen Waffenschmieden Rheinmetall und Krauss-Maffei Wegmann bis 2021 ausliefern werden. Der Auftrag beläuft sich auf einen Gesamtwert von 390 Millionen €. Bei der Bundeswehr heisst es, die Nutzung deutschen Kriegsgeräts erleichtere den gemeinsamen Kampf. 

Nahe der russischen Grenze  
Die Stationierung der NATO-Battle Group in Vilnius ist Teil eines umfassenderen, gegen Russland gerichteten militärischen Dispositivs. Innerhalb der Battle Group kooperiert die Bundeswehr mit Soldaten aus den Niederlanden, mit denen sie ohnehin überaus eng zusammenarbeitet und mit Militärs aus Belgien und Norwegen; später sollen laut aktuellen Planungen Soldaten aus Frankreich und Kroatien hinzustossen. Darüber hinaus werden 3 weitere NATO-Battle Groups in ähnlicher Grösse in Estland (unter Führung Grossbritanniens), Lettland (unter Führung Kanadas) und Polen (unter Führung der USA) stationiert. Die Vereinigten Staaten haben zusätzlich im Rahmen ihrer Operation Atlantic Resolve eine Kampfbrigade mit über 4.000 Soldaten sowie mehr als 2.000 Panzern, Haubitzen und Militärtransportern nach Osteuropa entsandt, wo sie von Estland bis Bulgarien an Manövern teilnehmen wird. Offiziell sind sämtliche Einsätze als rotierende Stationierungen geplant, um der NATO-Russland-Grundakte der Form nach Rechnung zu tragen; diese untersagt die dauerhafte Stationierung von Kampftruppen in signifikanter Grössenordnung in den Staaten der früheren Warschauer Vertragsorganisation. Tatsächlich werden in Kürze gut 8.000 Soldaten aus NATO-Staaten kontinuierlich in grosser Nähe zur russischen Westgrenze Präsenz zeigen. Hinzu kommt die Stationierung von US-Militärgerät in Westdeutschland, den Niederlanden und Belgien; dort werden Fahrzeuge und Waffen für eine vollständige US-Armeedivision (15.000 bis 20.000 Soldaten) einsatzfähig bereitgehalten. Die benötigten Militärs können binnen kürzester Zeit aus den USA eingeflogen werden und mit dem Kriegsgerät nach Osten starten. 

Vom Bataillon zur Brigade 
NATO-Kreise hatten bereits vor dem Warschauer Gipfel im Juli 2016, auf dem die Entsendung der 4 Battle Groups beschlossen wurde, gefordert, sich damit nicht zufriedenzugeben. Die NATO müsse ihre Anstrengungen fortsetzen, ihre Abschreckung zu stärken und Russlands Handlungsfreiheit zu begrenzen, hiess es in einem Dokument, das im Mai vergangenen Jahres vom International Centre for Defence and Security in Estlands Hauptstadt Tallinn publiziert wurde. Autoren waren neben Jüri Luik, dem Leiter des estnischen Think-Tanks, die prominenten NATO-Generäle Wesley Clark, Richard Shirreff und Egon Ramms. Ihnen zufolge soll die NATO perspektivisch die verstärkten Bataillone in jedem der drei baltischen Staaten zu einer multinationalen Brigade ausbauen. Dies liefe auf die Aufstockung der Truppen auf das Drei- bis Vierfache des im Aufbau begriffenen NATO-Bestands im Baltikum hinaus.  

Des weiteren plädieren die NATO-Generäle dafür, mehr Kriegsgerät unweit der russischen Grenze zu lagern: »Wir empfehlen, dass für wenigstens ein Bataillon in jedem baltischen Staat schweres Gerät vorrätig gehalten wird, um die Präsenz alliierter Truppen im Bedarfsfalle schnell erhöhen zu können.« Zudem sollten Übungen nach dem Modell der REFORGER-Manöver aus der Zeit des Kalten   Kriegs durchgeführt werden, heisst es in dem Dokument. Im Rahmen von REFORGER [Return of Forces to Germany] trainierten die NATO-Staaten seit Ende der 1960er Jahre regelmässig die schnelle Heranführung von NATO-Soldaten in die Bundesrepublik, wo das benötigte Kriegsgerät einsatzbereit zur Verfügung stand. Die neuen Manöver könnten REFOREUR heissen, Return of Forces to Europe, schlagen Clark, Shirreff und Ramms vor. Allerdings stellt sich die Frage, ob sie wirklich nötig sind: Durch die Truppenrotation der US-Brigade, die in besonderem Mass über Norddeutschland abgewickelt wird, wird die Heranführung neuer US-Truppen ohnehin regelmässig trainiert.    

Luftwaffe, Marine, Cyberkrieg 
Über das alles hinaus sollen den NATO-Generälen zufolge noch weitere Massnahmen in Betracht gezogen werden. Wie es in ihrem Dokument heisst, müsse das westliche Kriegsbündnis eine stärkere Luftwaffenpräsenz im Baltikum entwickeln; Air Policing reiche nicht mehr aus. Zudem solle die NATO ihre Marineaktivitäten ausweiten; die NATO Standing Naval Forces (SNF) in der Ostsee müssten aufgestockt werden, und darüber hinaus sei es erforderlich, die seegestützte Luftabwehr und Fähigkeiten zur U-Boot-Jagd zu stärken. Auch solle das westliche Bündnis sich deutlich intensiver als bisher auf einen Cyberkrieg im Baltikum vorbereiten; dazu seien offensive Cyberwaffen unverzichtbar. Innerhalb dieses auf die Einkreisung Russlands gerichteten Hochrüstungsszenarios ist die Bundeswehr nun zum ersten Mal kontinuierlich auf dem Territorium der früheren Sowjetunion stationiert; Moskau ist heute militärstrategisch deutlich stärker unter Druck, als es dies in der Zeit des Kalten Krieges war, als NATO-Truppen noch an der Grenze zwischen der Bundesrepublik und der DDR standen. Die deutschen Truppen wiederum sind - ohne einen offenen Krieg - in ein Gebiet vorgedrungen, in dem ihre Vorgängerstreitkräfte zuletzt in der ersten Hälfte der 1940er Jahre marodierten.   [3]

 

[1]  http://antikrieg.com/aktuell/2017_01_17_usmarines.htm   16. 1. 17    US-Marines werden in der russischen Grenzzone in Norwegen eingesetzt - -  Jason Ditz
[2]  http://www.luftpost-kl.de/luftpost-archiv/LP_16/LP01917_030217.pdf

18. 1. 17   Unternehmen Barbarosa II: Jetzt lassen die Yankees ihre Panzer rollen - Von Christopher Black 
[3]  http://www.german-foreign-policy.com/de/fulltext/59532  3. 2. 17