Zu den terroristischen Angriffen vom 13. November

führt Alain Corvez, Berater für internationale Strategie in Paris, folgendes aus:

Die terroristischen Angriffe in Paris wurden auf Befehl des Islamischen Staats, der sich auf seine übliche widerliche Art zu den Taten bekannt hat, organisiert und ausgeführt. Die Gleichzeitigkeit der Taten und die ausgewählten Orte zeigen, daß es sich um eine gegen Frankreich gerichtete, im voraus geplante und koordinierte Kriegsoperation handelt. Weitere Anschläge dürften folgen, da die terroristische Organisation über Selbstmordkandidaten verfügt, von denen einige in ihren Kampfeinheiten im Irak und in Syrien ausgebildet wurden und in der Welle von Flüchtlingen nach Frankreich zurückkommen werden  - oder sich schon hier befinden -  um ihre Schandtaten zu verüben. Die französischen Moslems, die friedlich in das Leben des Landes integriert sind, werden ohne großes Nachdenken durch Willkürakte zu unschuldigen Opfern. Unsere Sicherheitskräfte verrichten ihre Arbeit kompetent und wirksam, wobei sie von den am 11. Januar dieses Jahres erlassenen neuen gesetzlichen und rechtlichen Bestimmungen unterstützt werden. Aber sie können nicht mit den Hunderten, ja wahrscheinlich Tausenden potentieller Terroristen fertigwerden, die sich auf unserem Staatsgebiet befinden, und die ohne Rücksicht auf ihr Leben und oft unter dem Einfluß von bewußtseinsverändernden Drogen Taten verüben könnten, sobald ihre IS- oder al-Qaida-Kommandeure den Befehl dazu geben. Die vom Ministerrat ergriffenen Maßnahmen werden das Vorgehen unserer Sicherheitskräfte erleichtern und unseren Schutz vor der terroristischen Bedrohung erhöhen, aber sie lösen nicht das grundlegende Problem, das sich aus der Situation im Nahen Osten und ganz besonders in Syrien ergibt.

Wir müssen aufhören, den Kopf in den Sand zu stecken, wenn wir wirklich gegen die Terroristen kämpfen wollen, deren Taten sich bei uns wiederholen können. Wir müssen uns mit Rußland zusammentun, das seit kurzem einen echten Kampf gegen den Terrorismus führt, indem wir unser Vorgehen mit Rußland koordinieren, anstatt Rußland ständig zu kritisieren. Auch müssen die russischen Vorschläge für eine politische Lösung der Krise in Syrien unterstützt werden: Hilfe bei der Wiederherstellung der rechtmäßigen Kontrolle über das gesamte Staatsgebiet, Einleitung eines landesweiten Dialogs unter der Schirmherrschaft der Großmächte und der UNO, der zu Wahlen führt, bei denen die Syrer selbst über ihr Schicksal und ihre Führung entscheiden.  

Die Terroristen in Syrien und im Irak können letztlich nur mit Hilfe von aus irakischen und syrischen Streitkräften bestehenden Bodentruppen, die durch die internationale Gemeinschaft unterstützt werden, vernichtet werden. Es ist in der Tat undenkbar, daß nichtarabische Streitkräfte in großer Zahl in dieser Region in Erscheinung treten. Es wird aber viele Soldaten brauchen, um die Oberhand zu gewinnen. Ebenfalls unverzichtbar ist die Wiederaufnahme unseres Austauschs mit dem syrischen Geheimdienst, der auf der ganzen Welt am besten über die terroristische Bewegung informiert ist, was eine Wiederherstellung des Dialogs mit den politischen Behörden bedeutet. Das ist eine dringende Notwendigkeit für unsere Sicherheitskräfte. 

Der Krieg gegen den Terrorismus ist ein weltweiter Krieg: Ausreden und doppeltes Spiel sind deshalb ab sofort untersagt. Staaten, die es können, sollten von den sunnitischen Staaten, die den Terrorismus unterstützen, verlangen, sich klar für eine Seite zu entscheiden und sich nicht hinter der Scheinheiligkeit zu verstecken, daß sie angeblich nicht wissen, was ihre Geheimdienste oder ihre am Konflikt beteiligten Landsleute machen. Es muß auch Schluß damit sein, feine, aber erlogene Unterscheidungen zwischen gemäßigten Terroristen und anderen zu machen; die amerikanische Erfahrung beweist deutlich das Fiasko dieser Unterscheidung. 

Nur um diesen Preis kann der Krieg gewonnen werden. Ansonsten wird die Welt für lange Zeit mit dieser Bedrohung leben müssen.

Der Weg zum Frieden in Syrien führt über Moskau 
Während sich in Deutschland und Frankreich bereits mehr oder weniger die Einsicht durchgesetzt hat, daß der IS nur in Zusammenarbeit mit Rußland besiegt werden kann, werden inzwischen auch im anglo-amerikanischen Raum Stimmen in dieser Richtung lauter. In London sagte der ehemalige Chef des Verteidigungsstabs, Sir David Richards, gegenüber BBC, Premierminister David Cameron müsse seine widersprüchlichen Kriegsziele fallenlassen. Man müsse den erzwungenen Regierungswechsel zugunsten des Kampfes gegen den IS aufgeben. »Jeder General wird Ihnen erklären, daß man in einem Krieg eine gemeinsame Absicht und eine klare Zielsetzung haben muß.« Außerdem müsse Cameron akzeptieren, daß die syrische Armee, der Iran und die Hisbollah realistischerweise die einzig kompetenten Bodentruppen darstellen, um den IS zu bekämpfen. Man müsse Syrien das Schicksal des Iraks ersparen. »Rußland spielt in dieser Hinsicht, ob wir es mögen oder nicht, eine führende Rolle. Neben den traurigen Ereignissen in Frankreich, könnte man sagen, hat die russische Intervention [in Syrien] diesen Sinneswandel hervorgebracht. Wir müssen uns damit abfinden, daß sie dort sind.« 

Wie Berichte über den G-20-Gipfel in Antalya am 15. und 16. November unterstreichen, ist dies keine Einzelmeinung. So schreibt der irische Journalist Finian Cunningham am 18. 11. in einer Kolumne in Sputnik unter der Überschrift Putin - der richtige Mann zur rechten Zeit, daß der enthusiastische Empfang, der Putin in Antalya zuteil wurde, auf sein entschlossenes Eingreifen in Syrien zurückzuführen sei. Cunningham zitiert dann die Financial Times: »Eine Zusammenkunft mit dem russischen Präsidenten war bei westlichen Staatsführern, die nicht umhin kommen zu erkennen, daß der Weg zum Frieden in Syrien unausweichlich über Moskau führt, heiß begehrt.«

Und Cunningham fährt fort: »Es hat sich gezeigt, daß Rußland mit seiner Intervention in Syrien recht hatte. Der effektivste Weg, um die Terror-Netzwerke von ISIS und anderer Dschihadisten-Gruppen wie die al-Nusra-Front zu schlagen, besteht in der Unterstützung des syrischen Staates, in der Koordination mit der syrisch-arabischen Armee und im Angriff auf die Dschihadisten in einem umfassenden Feldzug.« 

In der USA erklärte der republikanische Senator Dan Coats gegenüber Sputnik, daß Rußlands militärische Fähigkeiten und diplomatisches Gewicht eine positive Veränderung im Kampf gegen den Islamischen Staat in Gang setzen könnte, wenn Washington und Moskau zusammenarbeiteten.  Die demokratische Abgeordnete Tulsi Gabbard aus Hawaii attackierte Präsident Obama auf CNN für dessen illegales Vorgehen in Syrien: »Der Krieg in Syrien ist illegal, weil weder der Kongreß, noch das amerikanische Volk der souveränen syrischen Regierung von Assad den Krieg erklärt hat. Und er ist kontraproduktiv, weil man so die gleichen Ziele wie die des ISIS, von al-Qaida und anderer extremistisch-islamistische Gruppen verfolgt.«  [1]  


Was Sie über den Mittleren Osten wissen müssen  
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ßt der bekannte US-Autor William Blum nochmals knapp zusammen und entlarvt mit wenigen Fakten das von der USA und den  Mainstream-Medien betriebene Verwirrspiel über die Vorgänge im Mittleren Osten:

-  Die USA, Frankreich, Saudi-Arabien, die Türkei, Katar und die Golfmonarchien haben alle bis in die jüngste Vergangenheit al-Qaida und/oder den Islamischen Staat mit Waffen, Geld und/oder Helfershelfern unterstützt. 

-  Das fing bereits 1979 an, als die USA in Afghanistan verdeckte Operationen startete; sechs Monate bevor die Russen kamen, führte sie in den südlich der Sowjetunion liegenden   Grenzgebieten Afghanistans zur Bekämpfung des gottlosen Kommunismus mit in der USA gedruckten Lehrbüchern für Koranschulen den islamistischen Fundamentalismus ein. Damit schufen sie al-Qaida und die Taliban und die Voraussetzungen für alle folgenden Desaster. 

-  Außer in Afghanistan unterstützte die USA islamistische Kämpfer auch in Bosnien, im Kosovo, in Libyen, im Kaukasus und in Syrien.     

-  Die USA hat die säkularen Regierungen Afghanistans, des Iraks und Libyens gestürzt und will auch die säkulare syrische Regierung stürzen, womit sie nur den Aufstieg des ISIS fördert. Barack Obama hat im März dieses Jahres gesagt: »Der ISIS ist aus der al-Qaida im Irak hervorgegangen, die Gruppierung, die sich erst nach der US-Invasion dort formiert hat. Das sind Beispiele für unbeabsichtigte Folgen unseres Handelns. Deshalb sollten wir grundsätzlich erst zielen, bevor wir schießen.«   

-  Mehr als eine Million Menschen, die vor den Kriegen Washingtons fliehen, überfluten derzeit  Europa und Nordafrika. Gott schütze den US-amerikanischen Exzeptionalismus  - den Anspruch auf die Weltherrschaft, der mit Gewalt durchgesetzt werden soll. 

-  Die irakischen, syrischen und türkischen Kurden kämpfen gemeinsam gegen den ISIS; die Türkei, der enge US-Verbündete und NATO-Staat, bekämpft alle Kurden

-  Rußland, der Iran, der Irak und die libanesische Hisbollah unterstützen auf vielfältige Weise die syrische Regierung in Damaskus im Kampf gegen den ISIS und andere terroristische Gruppierungen  - auch gegen die hochgelobten, aber nie in Erscheinungen getretenen gemäßigten Rebellen -  und werden dafür von Washington heftig kritisiert.  

-  Die USA hat unter dem Vorwand, den ISIS in Syrien bombardieren zu wollen, die Gelegenheit genutzt, um Syriens Infrastruktur und seine Ölförderanlagen zu zerstören

-  Rußland hat nicht nur den ISIS bombardiert, sondern bei dieser Gelegenheit auch die anderen regierungsfeindlichen Gruppierungen in Syrien angegriffen.    

-  Die Mainstream-Medien haben bisher kaum über die Erdgas-Pipeline berichtet, die von Katar durch Syrien nach Europa führen und Rußland, den wichtigsten Erdgas-Lieferanten Europas, aus dem Geschäft drängen soll. Daß Syrien diese Pipeline nicht wollte, ist wohl der wichtigste Grund für den angezettelten Krieg.   

-  Als 2011 der Bürgerkrieg in Libyen begann, wurden die von al-Qaida infiltrierten Rebellen-Milizen, die Gaddafi bekämpften, von der NATO durch eine Flugverbotszone geschützt. 

-  Die Syrien-Politik der USA war darauf gerichtet, religiöse Spannungen und die Unzufriedenheit in der syrischen Bevölkerung zu schüren und damit die 2011 beginnenden Proteste gegen Baschar al-Assad, mit denen das gegenwärtige Chaos begann, auszulösen; damit wollte man von Anfang an einen Regimewechsel herbeiführen. 

-  US-Außenminister John Kerry erklärte am 22. Oktober, nach Beendigung des Bürgerkriegs in Syrien dürfe »das Land nicht gespalten werden«; es müsse säkular bleiben und »die Syrer sollten ihren zukünftigen Präsidenten selbst wählen können.« Einer schnellen Umsetzung dieser Ziele stehe nur eine Person im Weg, und das sei Baschar al-Assad. 

Warum haßt die US-Regierung den syrischen Präsidenten Baschar al-Assad mit solcher Leidenschaft? Tut sie das, wie sie uns weismachen will, weil er ein brutaler Diktator ist? Warum sollte das der Grund für ihren Hass sein? Mit allen brutalen Diktatoren in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts oder danach im 21. Jahrhundert haben sich die US-Regierungen zunächst sehr gut verstanden; sie wurden unterstützt und häufig sogar gegen den Willen der unterdrückten Bevölkerung an die Macht gebracht. Auf der Liste der von der heutigen US-Regierung unterstützten Diktaturen stehen Saudi-Arabien, Honduras, Indonesien, Ägypten, Kolumbien, Katar und Israel. Nach meiner Meinung lehnt die US-Regierung die syrische Regierung aus dem gleichen Grund ab, aus dem sie mehr als ein halbes Jahrhundert lang die Regierung Kubas, seit 15 Jahren die Regierung Venezuelas und früher die Regierungen in Vietnam, Laos und Kambodscha, in der Dominikanischen Republik, in Uruguay und Chile und in vielen anderen Staaten abgelehnt hat, die in einem Weltatlas oder in Geschichtsbüchern zu finden sind. All diese Regierungen wollten etwas, was sich in dem Wort Unabhängigkeit zusammenfassen läßt. Sie wollten unabhängig von der USA bleiben und keinesfalls zu Marionetten der US-Regierung werden; sie weigerten sich, von Washington zu Feinden erklärte Staaten ebenfalls als Feinde zu betrachten und die kapitalistische Lebensweise als einzig mögliche zu akzeptieren.  [2]

Thierry Meyssan von Réseau Voltaire‹  
In seinem Artikel Die Französische Republik als Geiselvermerkt dieser u.a. folgendes zu den Geschehnissen in Paris: »Frankreich wurde in der Nacht vom Freitag, 13. November 2015, durch mehrere Kommandos angegriffen, die an fünf verschiedenen Orten mindestens 130 Menschen getötet haben. Auf dem gesamten Gebiet wurde der Ausnahmezustand für 12 Tage ausgerufen und könnte vom Parlament erneuert werden. Die französische Presse interpretiert diesen Kriegsakt in Verbindung zu dem Anschlag auf Charlie Hebdo, obwohl die Verfahren ganz anders sind. Im Januar ging es darum, bestimmte Personen zu töten, während es sich jetzt in Paris um einen koordinierten Angriff auf eine grosse Anzahl von zufälligen Menschen handelt.«   [3]  

In diesem Zusammenhang seien die in diesem Artikel veröffentlichten Angaben, die Meyssan zu dem Charlie-Hebdo-Attentat anführt, hier wiedergegeben, in der Annahme, dass sie für den Leser durchaus wissenswert sein könnten: »Wir wissen heute 

-   dass der Chefredakteur von Charlie Hebdo ein Geschenk von 200.000 € aus dem Nahen Osten erhalten hatte, um seine Anti-Islam-Kampagne weiter zu verfolgen;
«Charlie Hebdo : les révélations de la dernière compagne de Charb», Thibault Raisse, Le Parisien, 18 octobre 2015 

-  dass die Mörder mit den französischen Geheimdiensten verbunden waren;
« Selon McClatchy, Mohammed Mehra et les frères Kouachi seraient liés aux services secrets français », Réseau Voltaire, 9 janvier 2015 

-  dass die Herkunft ihrer Waffen Staatsgeheimnis wurde.
« Les armes de Charlie-Hebdo couvertes par le Secret-Défense », Réseau Voltaire, 17 septembre 2015   

-  Ich habe bereits gezeigt, dass dieses Attentat keine islamistische Operation war,
«
Qui a commandité l’attentat contre Charlie Hebdo ? », par Thierry Meyssan, Réseau Voltaire, 7 janvier 2015

 -  dass es unmittelbar vom Staat aufgegriffen wurde:
« Charlie Hebdo a bon dos », par Thierry Meyssan, Réseau Voltaire, 12 janvier 2015 

-  und dass diese staatliche Übernahme ein Echo bei der der Republik feindlich gesinnten Bevölkerung gefunden hatte,
« De quoi ont peur les politiques et les journalistes français ? », par Réseau Voltaire, 25 janvier 2015 

-  eine Idee, die ein paar Monate später von dem Demographen Emmanuel Todd brillant entwickelt wurde.
Qui est Charlie ? : Sociologie d’une crise religieuse, Emmanuel Todd, Seuil, 5 mai 2015, 252

 

Was hinsichtlich der Hintergründe des Überfalls vom 13. 11. an Erklärungen resp. Aufdeckungen an uns herangetragen werden wird, bleibt abzuwarten. 

 

Die deutsche Version des Artikel findet sich auf   
http://www.voltairenet.org/article189298.html  
der Originalartikel La République française prise en otageauf 
http://www.voltairenet.org/article189275.html 

Zu Charlie Hebdo siehe 
Ein französischer 11. September?

Charlie Hebdo - Folgen

 

Quellen :

[1]  http://www.bueso.de/node/8326   19. 11. 15   
[2] 
http://www.luftpost-kl.de/luftpost-archiv/LP_13/LP21115_181115.pdf    18. 11. 15 
Friedenspolitische  Mitteilungen aus der US-Militärregion Kaiserslautern/Ramstein LP 211/15; diesen verdanken wir die Übersetzung ins Deutsche 
Originalartikel auf 
http://www.counterpunch.org/2015/11/05/what-you-need-to-know-about-the-middle-east/  November 5, 2015   What You Need to Know About the Middle East by William Blum  

William Blum ist der Autor der Bücher Killing Hope: U.S. Military and CIA Interventions Since World War II und Rogue State: A guide to the World’s Only Super Power; sein jüngstes Buch heißt America’s Deadliest Export: Democracy. Er ist zu erreichen unter BBlum6@aol.com