»Die Macher hinter den Kulissen - Wie transatlantische Netzwerke heimlich die Demokratie unterwandern« - Von Hermann Ploppa 18.10.2015 20:32
Der Autor obigen Buches ist Politologe und Publizist und machte bereits 2009
mit seinem nicht auf der Linie des Mainstreams liegenden Werk »Hitlers amerikanische Lehrer - Die Eliten der USA als Geburtshelfer des Nationalsozialismus« auf sich aufmerksam. In einem mit »Zeit-Fragen« geführten Interview legt er folgendes dar: »Der Kerngedanke des Buches ist der, dass von der Öffentlichkeit nicht hinterfragbare Organisationen sowohl die politischen Paradigmen als auch die politische Agenda in Deutschland verändern. Sie tun dies an der Öffentlichkeit vorbei; und an den Wahlentscheidungen der Bürger und der Mehrheit der Bevölkerung vorbei bestimmen sie das Leitbild. Das betrifft zum einen die Innenpolitik und die Sozialpolitik.
Bis zu zwei Drittel der Bevölkerung sagen
immer wieder in Umfragen: Wir wünschen ein System, das die Vorteile des
Kapitalismus und des Sozialismus miteinander kombiniert. Tatsächlich aber sehen
wir eine immer stärkere Ökonomisierung aller Lebensbereiche. Wir erleben einen
Druck, alles betriebswirtschaftlich zu denken und zu verstehen, sogar die
Sozialbereiche; es geht um die Durchsetzung marktradikaler Konzepte. Der andere
Bereich ist die Aussenpolitik. Auch da zeigen Umfragen immer wieder, dass sich
die Deutschen eine unabhängige deutsche Aussenpolitik wünschen, die sich von
den Machtblöcken freundlich aber distanziert abgrenzt; ferner möchten sie die
Interessen der Bevölkerung in einem eigenen Massnahmenkatalog umgesetzt sehen.
Tatsächlich passiert es aber, dass wir in der Aussenpolitik immer mehr den
US-amerikanischen Interessen angeglichen werden, bis hin zu dem Druck, die
Interessen der USA in der Ukraine-Krise offensiv gegen Russland zu vertreten,
was wir von unserer objektiven Interessenlage aus betrachtet gar nicht
verantworten können.
Es geht hier um ein generationenübergreifendes
Elitenprojekt, das in der USA entwickelt worden ist. Kristallisationspunkt
dieser Entwicklung ist das Council on Foreign Relations (CFR), der Rat für
Auswärtige Angelegenheiten, der zum Ziel hat, die gesamte für die USA erreichbare
Welt nach US-Vorbild umzumodeln und in die US-amerikanische Pax Americana einzugliedern;
dieses Ziel wird schon seit 1921 verfolgt, und seit dem Zweiten Weltkrieg
verstärkt mittels Filialorganisationen in über 170 Ländern. In Deutschland zum
Beispiel ist es zum einen die ›Atlantik-Brücke‹, die den Kontakt zwischen den
Eliten Deutschlands und der USA herstellt, zum anderen die ›Deutsche
Gesellschaft für Auswärtige Politik‹ (DGAP), die im angelsächsischen Raum ›German Council on Foreign Relations‹ heisst
und die wiederum jene Denkfabrik ist, die Expertisen für die US-amerikanische
Hegemonie liefert.
Seit der Französischen Revolution ist es eigentlich
in allen westlichen Demokratien, insbesondere in den mitteleuropäischen
Demokratien, selbstverständlich, dass alle getroffenen politischen Massnahmen,
die von den Politikern als Vertreter des Volkswillens durchzusetzen sind, den Mehrheitswillen der
Bevölkerung widerspiegeln und das berücksichtigen sollen, was die Bevölkerung
wünscht. Zum anderen geht es um Öffentlichkeit, um das Gebot der
Öffentlichkeit. Alles, was erörtert und was durchgesetzt wird, muss für die
Bevölkerung nachvollziehbar sein. Es muss nachvollziehbar sein, wer etwas wie
vertreten hat und warum. Wenn jetzt an all dem vorbei Entscheidungen getroffen
werden, für die man in einer demokratischen Mehrheitsentscheidung gar keine
Mehrheit bekäme, dann handelt es sich hierbei schon um eine heimliche
Unterwanderung. Und das ist mit dem Grundgesetz nicht zu vereinbaren.
Dass transatlantische Netzwerke dafür gesorgt
haben, dass marktradikale Konzepte in Deutschland durchgesetzt wurden, sieht
man am augenfälligsten daran, dass zunächst einmal unsere Gesetzgebung in
Deutschland so geändert wurde, dass Stiftungen viel mehr Geld einbehalten und
dadurch eine Machtfülle entwickeln können, die dem Politiker die Agenda vorschreibt. Ein berühmtes
Beispiel hierfür ist die Bertelsmann-Stiftung; sie ist die ›Kraft
der zwei Herzen‹. Auf der einen Seite steht der Medienkonzern Bertelsmann mit RTL, Stern
usw., auf der anderen Seite die Stiftung selbst; die beiden arbeiten sich
gegenseitig zu, um bestimmte Agenda-Punkte voranzubringen. Konkrete Agenda-Punkte bei der
Bertelsmann-Stiftung sind die Privatisierung und Ökonomisierung öffentlicher
Dienstleistungen. Da gibt es zum Beispiel das Projekt ›Schule & Co.‹ im Bundesland Nordrhein-Westfalen, in dem
mittlerweile über 250 Schulen wie eigenständige Wirtschaftsbetriebe organisiert
sind, und das soll darauf hinauslaufen, Schulen letztendlich nach
betriebswirtschaftlichen Kriterien zu
betreiben und nach Möglichkeit irgendwann auch gewinnbringend zu machen, damit
sie eventuell an die Börse gebracht werden können. Dasselbe passiert im
Universitätswesen. Das ›Centrum für Hochschulentwicklung‹ der Bertelsmann-Stiftung betreibt in ganz
Deutschland eine Privatisierung der Universitäten, also den Abbau von
öffentlichen Mitteln, der Drittmittel-Einwerbung; dies auch in Zusammenarbeit
mit der Westdeutschen Rektorenkonferenz. Gleiches verfolgt das Bertelsmannsche ›Centrum
für Krankenhaus-Management‹, das zum Beispiel die Privatisierung der Universitätskrankenhäuser in
Giessen und Marburg konzeptionell vorbereitet hat. Nach der Umsetzung des
Konzepts gingen die Krankenhäuser in den Besitz von Fresenius Medical Care
über, ein nach Gewinn strebendes privates Unternehmen.
Die in Gütersloh beheimatete Bertelsmann-Stiftung,
die aus einem evangelischen Buchversand entstand, firmiert zwar in der Tat
nicht direkt als pro-amerikanische Organisation. Man muss aber hinzufügen, dass
auch einige Organisationen, einige Stiftungen, die nicht so eng in den Konnex
transatlantischer Netzwerke und Stiftungen eingebunden sind, mittlerweile
amerikanischer denken als die Amerikaner. Das ist ein ganz erstaunliches
Phänomen. Die Bertelsmann-Stiftung arbeitet aber auch in Washington, hat dort ein
Büro und ist dort eng mit transatlantischen US-Organisationen vernetzt. Die
Chefin des Konzerns, Liz Mohn, hält sich selbst da eher raus. Das sind dann
vielmehr ihre Untergebenen - wie früher
Thomas Middelhoff, der von November 1998 bis Juli 2002 als Vorstandsvorsitzender
des Medienkonzerns Bertelsmann AG amtierte -
die diesbezüglich auffällig waren. Mohn ist die Kaffeefreundin von
Angela Merkel. Man spricht ja von dem Feminat Friede Springer, Angela Merkel
und Liz Mohn als Triumfeminat – in Anspielung auf das römische Triumvirat. Für
die Netzwerke direkt lässt man aber eher die anderen arbeiten.
Was das marktradikale Konzept als Teil der
Netzwerkpolitik angeht, so möchte ich hier nur auf die Berliner ›Stiftung
Wissenschaft und Politik‹ aufmerksam machen, deren Präsident Volker Perthes, ein ausgewiesener
Orientalist, bei einer Sitzung des Council on Foreign Relations vorgeschlagen
hatte, gegen den Iran vorzugehen,
und zwar durch die Implantation des Computerwurms Stuxnet in die iranischen
Steuerungssysteme für ihre Atomkraftwerke. Er hat auf diese Weise aktiv am
Krieg der USA gegen den Iran teilgenommen. Hinsichtlich eines europaweiten
transatlantischen Netzwerks gilt, dass zunächst einmal die Eliten der USA und
Europas seit 1954 auf rein gesellschaftlicher Ebene durch die Bilderberger
zusammengeführt sind. Letztere gelten auch als die Stichwortgeber für die
europäische Einigung: Das heisst, auch hinter den Bilderbergern stand schon
eine US-Initiative. Des weiteren ist es so, dass das Projekt der europäischen
Einigung ein ›top-down Projekt‹ ist. Aus dem geopolitischen Interesse der USA heraus ging es nach dem
Zweiten Weltkrieg darum, Westeuropa abzuschliessen, eine politische Flurbereinigung
vorzunehmen. Die USA fand, dass die Sowjetunion dabei war, auch Westeuropa
durch eine kulturelle Hegemonie zu vereinnahmen. Man hat deshalb, von der CIA
ausgehend, Geld gesteuert nach
Europa gepumpt, auch über US-Tarnorganisationen wie das ›American
Committee for a United Europe‹, und hat dann von dorther scheinbar
basisdemokratische Bewegungen in Europa,
so die Europa-Union, die diesem geopolitischen Vorhaben der USA den
Charakter einer Volksbewegung gegeben haben, auf den Weg gebracht. Seit einigen
Jahren ist etwas Neues hinzugekommen: Über das Konstrukt EU wird Druck auf die
Nationen ausgeübt, marktradikal zu denken und zu planen. Und wie aus vielen
Papieren hervorgeht, geht es nur noch um ein günstiges Investitionsklima für
Unternehmen. Das ist die ganz offizielle Doktrin der EU, und das wird dann nach dem Grundsatz EU-Recht
bricht nationales Recht den demokratisch legitimierten Regierungen übergestülpt.
Das ist ein zutiefst undemokratischer Prozess.
Auf die Frage, ob wir Gefahr laufen, dass die
transatlantischen Netzwerke für uns zu einer existentiellen Bedrohung werden,
erklärt der Autor: Auf jeden Fall. Das zeigt sich eindeutig bei der
Ukraine-Krise. Da wurde ja deutlich, dass die deutschen Medien, die eben noch
Putin als diskutablen Partner geführt hatten, auf einmal anfingen, ihn auch
unter der Gürtellinie anzugreifen und ihn zu dämonisieren. Wenn man dann
schaut, wer das gewesen ist, dann sieht man, dass die Initiatoren dieser Kampagne allesamt den transatlantischen
Netzwerken angehören. Gegen Putin und Russland ging es gleichzeitig in
allen Mainstream-Medien los. Man sollte ja meinen, in einer freiheitlichen
Medienlandschaft müsste die eine Zeitung eher für und die andere eher gegen
Russland sein und die dritte vielleicht neutral. Aber es war ja nur dieser
Einheitschor zu vernehmen. Das war aber für die bislang treuen Abonnenten vom ›Spiegel‹, der ›Zeit‹, der ›Süddeutschen
Zeitung‹ plötzlich ein Bruchpunkt, wo viele ihr Abo gekündigt und gesagt haben:
Diese Einseitigkeit machen wir nicht mit. Der ›Spiegel‹ hatte ja auch von vornherein mit der
Suggestivfrage: ›Wie können wir Putin stoppen?‹ eine Umfrage, ein Forum, initiiert. Dieses Forum wurde schon nach
wenigen Stunden wieder geschlossen, da nicht etwa das gewünschte Ergebnis,
nämlich gegen Putin zu pulvern, herauskam, sondern weil sich die Leute im
Gegenteil mehrheitlich für einen differenzierten Umgang mit Russland
ausgesprochen hatten.
Die transatlantischen Netzwerke haben somit
einen umfassenden Einfluss auf die deutsche und die europäische Politik, der
auf keinen Fall im Interesse der Deutschen und der Europäer liegt. Um dies zu
ändern und dafür zu sorgen, dass die Anliegen der Bürger zum Zuge kommen, muss
man zum Beispiel mit Blick auf die Aussenpolitik deutlich machen, dass die
aufstrebenden Schwellenländer wie Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika
interessante Partner und Märkte sind und dass wir, wenn wir uns einseitig der
USA an den Hals werfen, von diesen abgeschnitten werden, wodurch der ganze
eurasische Raum für unsere Wachstumsmöglichkeiten nicht mehr vorhanden wäre. Das
ist auch schon in Teilen des Unternehmertums angekommen. Es gab auch schon
Foren, in denen man sich eindeutig für eine Öffnung zu den BRICS-Staaten ausgesprochen
hat. Im Moment registrieren wir ja alle erstaunt, dass auf einmal auch von der
Bundesregierung und von der CSU Töne kommen, die wir lange nicht mehr vernommen
haben: Herr Putin sei eben doch ein wichtiger unverzichtbarer Partner im Kampf
gegen den Terrorismus. Das ist wie folgt zu übersetzen: Wir können auf das
russische Erdgas und Erdöl nicht verzichten, und wir haben ja z.B. auch einen
Markt für Fertigprodukte in Russland. Es gibt die Hoffnung, dass die Vernunft
der hiesigen Unternehmer so langsam mehr Gewicht und mehr Gehör findet.
Viele Leute hatten 1998 die Hoffnung, dass die
Regierung Schröder/Fischer vieles besser machen, nämlich friedlicher und auch
sozialer als die vorherigen Regierungen handeln würde. Beides ist nicht
eingetreten, sondern das pure Gegenteil. Da fragt man sich, warum. Warum
gelingt es mit den tradierten Mitteln der parlamentarischen Demokratie nicht,
tatsächlich einen Politikwechsel durchzusetzen? Warum geht das immer in eine
ganz andere Richtung? Da bin ich eben neugierig geworden und habe nachgesehen,
wo die eigentlich alle drinstecken. Dann sieht man sehr schnell, dass Joschka
Fischer schon lange in die transatlantischen Netzwerke eingebunden war. Ohne die massive Unterstützung der
Bertelsmann-Stiftung und des Medienkonzerns von Bertelsmann wären Fischer und
Schröder niemals ministrabel geworden. Es fiel schon in den letzten
Diskussionen vor der Wahl auf, dass es in wesentlichen Punkten einen
erstaunlichen Gleichklang zwischen Fischer und dem damaligen
Verteidigungsminister Volker Rühe von der CDU gab. Rühe war ein Befürworter von
Auslandeinsätzen der Bundeswehr und anders als sein Kanzler Helmut Kohl für
einen Krieg gegen Jugoslawien. Kaum waren sie an der Regierung, machte Joschka
Fischer da weiter, wo Hitler aufhören musste, nämlich bei der Bombardierung
Belgrads. Fischer ist Mitbegründer des ›European Council on Foreign Relations‹. Es wäre
ja schön gewesen, hätte es ein CFR gegeben, das aus europäischer, genuin
europäischer Interessenslage ein Gegengewicht zu den US-amerikanischen
Hegemonie-Instrumente gebildet hätte, aber das Gegenteil ist der Fall. Das ECFR
ist eine weitere Filiale der transatlantischen Diskurse und Paradigmen. Für mich
ergab sich daraus, dass ich erst einmal aufklären musste, weil man da sonst
nicht durchdringt.« [1]
Anmerkung d.a. Nun sind Institutionen wie die
Atlantik-Brücke, das CFR mit seinem europäischen Ableger, die Bilderberger,
Bertelsmann und weitere Stiftungen, ebenso die Trilaterale Kommission und das
Chatham House, längst Gegenstand zahlreicher Veröffentlichungen auf politonline; zwar sind diese Gruppierungen
in der Öffentlichkeit bekannt, nicht jedoch die unter ihrer Regie auszuarbeitenden
und in der Folge anzubahnende Strategien; und diese werden in der Regel erst
dann erkannt, wenn sie bereits umgesetzt
sind.
Die nie zu beantwortende Frage bleibt auch hier,
was die Politiker dazu bewegt, als Handlanger zu fungieren. Wir wissen leider
nicht, ob es ihre Machtsucht ist, die zu ihrem Verhalten führt, oder die totale
Unfähigkeit, die ihnen diktierten Schritte auch nur zu Ende denken zu können.
Erleichtert wird ihnen dies dadurch, dass keiner von ihnen je zur Verantwortung
gezogen wird.
Negativ dürfte sich auch der Faktor auswirken,
dass das Gros der einschlägigen politischen Literatur, obwohl diese sämtliche
Aspekte der Entnationalisierung der Staaten, der organisierten Kriminalität und
des sich vertiefenden Demokratiemangels in der EU erfasst, noch immer von einem
viel zu niedrigen Prozentsatz der Bevölkerung gelesen wird. Siehe hierzu auch http://www.politonline.ch/index.cfm?content=news&newsid=1490 25. 4. 10 Wie souverän ist Europa? - Von Prof. Dr.
Eberhard Hamer
Quelle: http://www.zeit-fragen.ch/index.php?id=2267 11. 10. 15 Das Interview führte Karl Müller Zeit-Fragen >
2015 >
Nr. 26, 11. Oktober
2015
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