Die Selbstherrliche - Von Ulrich Schlüer

Eveline Widmer-Schlumpf lässt ihre Maske fallen. Wieder einmal wurde die Bundesrätin

zum Interview gebeten: Am 23. August 2015 durch die Sonntagszeitung, das Sonntagsprodukt aus dem Hause Tages-Anzeiger, das Eveline Widmer-Schlumpf seit je hofiert – zumindest seit sie Christoph Blocher mit List und Tücke aus dem Bundesrat zu vertreiben verstand. Das Sonntagszeitungs-Interview ist eines von vielen. Aber doch ein besonderes. Weil sich die Bundesrätin darin zu einer persönlichen Haltung bekennt, wie man sie in ähnlicher Schroffheit aus ihrem Mund zuvor kaum je vernommen hat. 

Auftraggeber  
Eveline Widmer-Schlumpf legt in diesem Interview offen, was sie vom Souverän, was sie von der Demokratie und was sie von jenen Entscheiden der Bürger hält, welche aus der in der Schweiz geltenden Volkssouveränität hervorgehen; dies seit die Bundesverfassung 1848 das Volk zum obersten Organ in Bund und Kantonen bestimmt hat, dessen Entscheide an den Urnen bindend für alle sind, denen Ämter im Land anvertraut werden. Sie wären auch für Eveline Widmer-Schlumpf verbindlich.   

Aber diese foutiert sich darum. Sie folgt, wie sie selber sagt, andern Auftraggebern. Ihr sei eben die Gabe verliehen, spontan zu erfassen, in welche Richtung die grossen Winde auf diesem Erdball wehen. Und daran orientiere sie sich. Sie treibe, diesen Winden folgend, Geschäfte voran, welche   »für die Schweiz einfach nötig seien«. Nicht der Souverän ist es, der bestimmt, was nötig ist. Sie allein glaubt zu spüren, woher und wohin die bestimmenden Winde wehen. Und aus diesem Spüren heraus trifft sie ihre Entscheide. Weht der Wind in Richtung Ausmerzung aller nationalen, auf eigenständig geschaffener Gesetzesgrundlage beruhenden Finanzplätze, dann ist sie mit von der Partie. Ganz im Dienste Washingtons, in zweiter Linie auch Frankfurts, nicht aber des Schweizer Souveräns. Also ist dieser zu umgehen, auszuschalten: Indem sie hiesige Finanzplatz-Mitarbeiter kaltlächelnd der USA ausliefern lässt – obwohl man ihnen hier nichts Illegales vorwerfen kann. Oder indem sie eine Privatbank, die hierzulande keinerlei Gesetz verletzt hat, mit eisiger Miene zur Aburteilung jener US-Justiz ausliefert, die nicht etwa ein rechtstaatliches Verfahren führt, sondern vielmehr aus ihrer Machtfülle heraus mit Sanktionen droht, die unabhängig von jeglichem Recht eine tödliche Wirkung entfalten können. Solches nennt man Erpressung, es ist die vom Konkurrenzneid diktierte Willkür. Dass dabei auch Methoden zur Anwendung kommen, die man hierzulande seit Ende des Mittelalters überwunden glaubte, kümmert das sich vom Wind der vorherrschenden Macht treiben lassende Finanzdepartement nicht: Wer andere anzuschwärzen weiss, erkauft sich  - gemäss US-Kronzeugenmechanismus -  Strafermässigung oder Straferlass, gleich, ob seine Beschuldigungen belegt oder erfunden sind.

Rechtsschutz für Schweizer? Für Eveline Widmer-Schlumpf Regeln von gestern. Washingtons Winde motivieren sie zu anderem.  

Erpressung auch seitens EU  
Organisierter, von unserem stärksten Nachbarn mit Millionen belohnter Datenklau zulasten von Schweizer Banken? Frau Widmer-Schlumpf lässt es gleichmütig geschehen, sich darob vielleicht gar klammheimlich die Hände reibend. Das Bankgeheimnis, die Privatsphäre aller korrekten Bürgerinnen und Bürger, vor allem aller Sparer, scheinen ihr ohnehin Dorne in den Augen. Und da die Bürger nicht bereit sind, durch rechtsstaatlich vorgenommene Gesetzesänderung davon zu lassen, macht sie sich selbst kriminelle Machenschaften ausländischer Minister zunutze und liefert Bankkunden, die ihr nicht freiwillig zu folgen bereit sind, offenkundigem Unrecht aus. Der aus Washington, aus Frankfurt und aus Berlin wehende Wind ist für sie bestimmend. Nicht die vom Souverän geschaffene Verfassung und die darauf aufbauenden Gesetze. Es sei, lässt sie die Öffentlichkeit wissen, wichtiger, bei den Grossen »den Fuss in die Tür zu setzen.«  

An wessen Rockzipfel hängt sie denn, wenn sie eine solche eine Orientierung verrät? Sie dient denen zu, für die  - da sie allesamt auf immensen Schuldentürmen sitzen -  der Finanzplatz Schweiz längst zum verlockenden Beraubungsziel geworden ist: Deshalb muss das Bankgeheimnis weg! Und bereitwillig nimmt unsere Chefin der Bundesfinanzen alle Pauschal-Verdächtigungen auf, die das Bankgeheimnis in den Dunstkreis der Illegalität stellen. In nahezu klassenkämpferischer Manier schweigt sie, wenn es zum Missbrauchsinstrument allein der Reichen gestempelt wird, auf dass allen Bürgern und allen Sparern aller Schichten die Privatsphäre in finanziellen Dingen ohne Verfassungsgrundlage weggenommen werden kann. Bereitwillig nimmt sie sogar die ursprünglich aus kommunistischer Küche stammende Schutzbehauptung auf, wonach der Steuerehrliche doch nichts zu befürchten habe, wenn das Bankgeheimnis einzig und allein gegenüber den Steuerbehörden gelockert werde. Die Bankdaten blieben dennoch sicher. 

Das sagt ausgerechnet die, die keinen Finger rührte, als sich die kriminellen Datenräuber aus dem Ausland über unsere Landesgrenze hinweg über die Daten der Kontoinhaber von Schweizer Banken hermachten. Auch über die Daten, die gemäss den Beteuerungen Widmer-Schlumpfs eigentlich geschützte Daten bleiben sollten……  

Wer befiehlt
Wem dient sie zu? Woher weht der Wind, nach dem die Vorsteherin des Finanzdepartements ihr Handeln ausrichten zu müssen glaubt? Hinter den Angriffen auf das Bankgeheimnis, hinter den von grossen Staaten mit Millionen belohnten Datenräubern stehen die Lenker, Präsidenten und Minister jener Staaten, welche die Überschuldung ihrer Länder zu verantworten hätten. Sie haben die Finanzhaushalte ihrer Staaten mutwillig und wider besseres Wissen in den Abgrund geritten: durch unbezahlbare, paradiesische Früchte versprechende Sozialapparate, durch eine ihre Mittel weit überfordernde interventionistische Aussenpolitik. Jetzt wollen sie, damit sie selbst für ihr kriminelles Geldverschleudern nicht belangt werden, den uneingeschränkten Zugriff auf die Vermögen der Bürger - an allen demokratisch geschaffenen Gesetzen vorbei. 

Vor allem die ehrlichen Bürger, die ehrlichen Sparer stehen im Visier dieser Masslosen. Der automatische Datenaustausch spielt den Mächtigen dieser Welt alle Möglichkeiten in die Hände, alle Bürger und Sparer zu jedem ihnen gut erscheinenden Zeitpunkt ungehemmt schröpfen zu können. In Zypern haben die EU-Gewaltigen den Probelauf dafür aus Brüsseler Sicht erfolgreich absolviert. Er dient offenbar als Muster für jene Entschuldungsstrategien, welche die kriminellen Überschuldungsverursacher an den Staatsspitzen schonen und dafür die ehrlichen Sparer ihrer rechtmässig erworbenen Vermögen berauben. In diese Richtung weht der grosse Wind auf dieser Welt. Und im Schatten dieser Winde gelüstet es Frau Eveline Widmer-Schlumpf zu wandeln. Äussert jemand Kritik an ihrer keiner demokratischen Rechtfertigung genügenden Selbstherrlichkeit, dann ist Eveline Widmer-Schlumpf mit dem pauschalen Vorwurf rasch zur Stelle: Da würden sich eben einige Miesmacher (Schweiz am Sonntag vom 9. August 2015) breitmachen.  

Zudienerin 
Ihre Rolle in dem von den Grossen diktierten Spiel ist die des eilfertigen und untertänigen, der Erpressung nachgebenden Akteurs, des Augenverschliessers vor dem widerrechtlichen Zugriff auf die Privatvermögen, hinter dem die Machthaber ihre Schuld an den ausgebeuteten ausgehöhlten Haushalten ihrer Länder vertuschen zu können glauben. Da gelte es, meint sie, im Schatten der von den Grossen angefachten Winde forsch voranzuschreiten. Sie gehöre, rechtfertigt Eveline Widmer-Schlumpf ihr Tun, eben nicht zu jenen, die am Skilift anstehen. Nicht einmal ein elementarer Anstand scheint ihr verblieben, wenn sie sich im Windschatten der Mächtigen wähnt. Von Respekt vor dem Bürger, vor dessen Souveränität, vor der Demokratie, keine Spur. Zu Dank ist man Eveline Widmer-Schlumpf höchstens dafür verpflichtet, dass sie ihr Denken, dass sie die Rechtfertigung ihres Handelns, dass sie ihre schrankenlose Selbstherrlichkeit derart unverblümt formuliert.

Auf der Suche nach Verbündeten 
Mit der gleichen Energie, mit der sie das Bankgeheimnis und die Privatsphäre der Bürger zerstört, fördert sie auch jene neue Energiestrategie, die  - vom Volk nie abgesegnet -  Wirtschaft und Bürger extrem schröpfen wird, auf dass Heerscharen neuer Funktionäre aus der anvisierten staatlichen Energie-Bürokratisierung fette Saläre ziehen können. Leichthin opfert sie dafür einen der unverzichtbarsten Pfeiler der internationalen Wettbewerbstauglichkeit der Schweizer Wirtschaft: Diese ist, soll unser Land Hochlohn-Standort bleiben, auf Gedeih und Verderb auf kostengünstige und sichere Energieversorgung angewiesen. Das wischt sie vom Tisch; sie spekuliert darauf, sich mit ihrem Aufspringen auf den ins Ungewisse dampfenden Zug der Energiewende den für ihre weitere Politkarriere unverzichtbaren linken Sukkurs zu sichern, am Souverän vorbei, und in den Fusstapfen anderer, die gegenwärtig, ebenfalls an ihren Völkern vorbei, ganz Europa in den wirtschaftlichen Abgrund treiben.   [1]  

Zum Bankkundengeheimnis schreibt die SVP 
Für den Schutz der Privatsphäre: Das Bankkundengeheimnis im Inland erhalten. Der Bundesrat hat jetzt seine Botschaft zur Volksinitiative Ja zum Schutz der Privatsphäre vorgestellt und diese Volk und Ständen zur Ablehnung empfohlen. Damit stellt unsere Mitte-Links Regierung nach der vorgespurten Abschaffung des Bankkundengeheimnisses gegenüber dem Ausland nun auch die finanzielle Privatsphäre im Inland zur Disposition. Für die SVP ein enttäuschender, wenn auch nicht überraschender Entscheid. Nachdem die Kommission für Wirtschaft und Abgaben (WAK) des Nationalrats die dem automatischen Informationsaustausch zugrunde liegenden Bundesgesetze und –beschlüsse vergangene Woche vorberaten und angenommen hat, sind die Mehrheitsverhältnisse offensichtlich geworden. Die SVP nimmt zur Kenntnis, dass weder der Bundesrat noch die anderen politischen Akteure in unserem Land die Kraft aufbringen, für die Aufrechterhaltung der Privatsphäre und des Bankkundengeheimnisses gegenüber dem Ausland zu kämpfen.

Was bleibt, ist der Kampf um das Bankkundengeheimnis im Inland; für die SVP ist der Schutz der Privatsphäre zentral. Wir setzen uns deshalb dafür ein, dass das Bankkundengeheimnis im Inland auch in Zukunft Bestand hat. Personen mit Wohnsitz oder Unternehmen mit Sitz in der Schweiz sollen weiterhin in ihrer finanziellen Privatsphäre geschützt werden, wenn sie ihr Konto in der Schweiz führen. Die Volksinitiative Ja zum Schutz der Privatsphäre will den Schutz der Privatsphäre, vor allem den Schutz der finanziellen Verhältnisse, in der Schweizer Bundesverfassung festschreiben, damit unsere Freiheit gewährleistet bleibt und wir sicher vor Schnüffeleien und Missbrauch sind.  [2]

    

[1]  Quelle: 
http://www.schweizerzeit.ch/cms/index.php?page=/news/die_selbstherrliche-2374 
Der aktuelle Freitags-Kommentar der »Schweizerzeit« vom 28. August 2015 – von Chefredaktor Ulrich Schlüer  

[2]  Medienmitteilung der SVP Schweiz vom 26. August 2015