EU-Rahmenabkommen: »Wir Schweizer werden nicht zuerst ins Ausland wallfahrten gehen« - Von Peter Aebersold

Die dreisten Forderungen aus Brüssel übertreffen alle bisher herumgereichten

Szenarien und gehen viel weiter als der 1992 vom Volk abgelehnte Beitritt zum Europäischen Wirtschaftsraum (EWR), ein Volksentscheid, der uns eine erfolgreiche Wirtschaftsentwicklung beschert hat. Der Klartext des EU-Diktats entlarvt die ganze bisherige Verharmlosungs- und Verschleierungstaktik des Bundesrats und gibt all jenen Kritikern recht, die die Verhandlungen schon seit langem als »schleichenden EU-Beitritt« durchschaut haben. Die EU möchte anstelle der bisherigen 120 bilateralen Verträge und für alle zukünftigen nur noch ein Rahmenabkommen, das bei allen durch die EU vorgenommenen Gesetzesänderungen entsprechend angepasst würde, ohne dass darüber verhandelt werden  könnte. Die Schweiz würde mit diesem Rahmenabkommen gezwungen, bestehendes und künftiges EU-Recht mit allen Änderungen automatisch  - im orwellschen Neusprech des Bundesrates heisst dies verharmlosend dynamisch -  zu übernehmen, ohne dass Bundesrat, Parlament oder Volk darüber befinden können. Die Schweiz kann nur verlieren, wenn sie sich in das Korsett des europäischen Binnenmarkts, der unserem freiheitlichen Wirtschaftsverständnis widerspricht, weil wir möglichst offene Märkte auf der ganzen Welt wollen, einschnüren liesse, denn der EU-Binnenmarkt ist ein territorial abgegrenztes Wirtschaftsgebiet mit eigener Rechtsordnung, welche die Souveränität der Schweiz aushebeln würde. Die Europäischen Regierungen haben die Empfehlungen der OECD nicht befolgt und seit den 1970er Jahren schwere wirtschaftspolitische Fehler begangen, welche zu miserablen wirtschaftlichen Leistungen führten und grosse Auswanderungsbewegungen auslösten. Ebenso ist die Wirtschafts- und Handelspolitik der EU gegenüber dem Maghreb und Westafrika direkt für den Anstieg der masslosen Einwanderung in Europa verantwortlich. 

Wir können uns einen Verhandlungsabbruch leisten. Die hochverschuldete EU ist auf die Schweiz angewiesen und nicht umgekehrt. 2013 hat die Schweiz von der EU für 25 Milliarden mehr Produkte gekauft als umgekehrt, ist der zweitwichtigste Handelspartner der EU noch vor China geworden und hat allein drei Viertel des Exportzuwachses der gesamten EU gebracht. Der Bundesrat muss es sich in seine Agenda schreiben lassen: Er hat gegenüber der EU ausschliesslich die Interessen des Schweizer Volkes, des alleinigen Souveräns, zu vertreten und hat, wie dies Bundesrat Hermann Obrecht 1939 klarstellte nicht zuerst ins Ausland wallfahrten zu gehen: Im übrigen sind laut der ETH-Sicherheitsstudie 2014 96 % der Befragten für die Neutralität und 81 % gegen einen EU-Beitritt, das heisst, natürlich auch gegen jede Art von schleichendem EU-Beitritt.

Die Verhandlungen zwischen Bern und Brüssel über den sogenannten Rahmenvertrag, legt hierzu Ulrich Schlüer dar [1], stehen offenbar vor dem Abschluss. Weshalb die Schweiz mit diesem Vertrag die bilaterale Gleichberechtigung gegenüber Brüssel aufgibt und zum Satellitenstaat absinkt, der auszuführen hat, was ihm Brüssel befiehlt, wird nachfolgend aufgezeigt: 

Mit dem Rahmenvertrag visiert Bern eine bindende Vereinbarung mit Brüssel an, welche die allgemeinen Bestimmungen festhalten soll, die für alle bilateralen Abkommen und Vereinbarungen zwischen Bern und Brüssel übergeordnete Gültigkeit haben. Zu den Verhandlungen kam es, weil Brüssel dem Bundesrat Ende 2012 kategorisch zu verstehen gab, dass weitere bilaterale Verträge zwischen Bern und Brüssel undenkbar seien, solange sich die Schweiz der institutionellen Einbindung in die Strukturen der Europäischen Union verweigere. Obwohl weder damals noch heute ein echter Bedarf für weitere bilaterale Abkommen sichtbar war, liess sich Bern auf das herrische Ansinnen Brüssels ein und verhandelt jetzt über diese institutionelle Einbindung in den Brüsseler Bürokratie-Apparat. In einem Vorvertrag, dessen Ergebnisse im Mai 2013 schriftlich festgehalten worden waren, hatten sich die Unterhändler beider Seiten zunächst auf die drei Hauptpfeiler des vorgesehenen Rahmenvertrags geeinigt.

Diese lauten, um sie nochmals zu wiederholen, wie folgt:

Erstens erklärt sich die Schweiz bereit, sämtliche EU-Beschlüsse und EU-Gesetze zu Sachverhalten, die in bilateralen Abkommen oder bilateralen Vereinbarungen zwischen Bern und Brüssel in irgendeinem Zusammenhang erwähnt werden, fortan automatisch zu übernehmen, unter Verzicht auf jegliches Mitspracherecht. Dies gilt für bereits bestehende Verträge, aber auch für solche, die in Zukunft erst ausgehandelt werden sollen. Es betrifft ferner EU-Beschlüsse, die bereits feststehen, und solche, die Brüssel erst in Zukunft treffen wird.

Zweitens erklärt sich die Schweiz bereit, bei Meinungsverschiedenheiten zwischen Bern und Brüssel über die Auslegung und Anwendung bilateraler Vereinbarungen den definitiven bindenden Entscheid dem EU-Gerichtshof             zu überlassen, dessen Entscheid von der Schweiz widerspruchslos als unanfechtbar hinzunehmen wäre. 

Drittens: Sollte die Schweiz ein Urteil oder einen Entscheid des EU-Gerichts nicht übernehmen können, weil ein Volksentscheid eine andere Lösung festgelegt hat, dann akzeptiert sie, dass die EU gegen unser Land als Sanktionen bezeichnete Ausgleichsmassnahmen - also Strafmassnahmen -  erlassen kann, entweder in Form der Sistierung oder Aufhebung geltender Verträge oder allenfalls auch mittels einer Geldbusse

Die formellen Verhandlungen über den Rahmenvertrag haben vor zwei Monaten begonnen. Dabei wurde klar, dass die EU hierzu zwei weitere Forderungen nachgereicht hat. Erstens: Brüssel verlangt nunmehr von Bern, dass ein allein von der EU zu bestimmendes Überwachungsorgan einzurichten ist. Diese in der Schweiz stationierte Behörde hätte im Auftrag Brüssels ständig zu kontrollieren, ob die Schweiz alle im Rahmenvertrag eingegangenen Zugeständnisse auch tatsächlich einhält. Zweitens: Die EU verlangt von der Schweiz jährliche Zahlungen in den EU-Kohäsionsfonds, aus welchem wirtschaftsschwache EU-Mitglieder eine Art Entwicklungshilfe erhalten. Charakteristisch für den ganzen Vertrag ist, dass allein die EU Forderungen stellt und die Schweiz diese lediglich zu akzeptieren hat.


Unterwerfung 
Bereits mit den drei Pfeilern des Vorvertrags würde sich das Verhältnis zwischen Bern und Brüssel drastisch ändern. Bis heute verhandelt die Schweiz mit Brüssel als souveräner, in seinen Entscheidungen freier Staat, gleichberechtigt und auf gleicher Augenhöhe. Werden die im Vorvertrag bereits geäusserten Zugeständnisse wirksam, dann wäre die Schweiz künftig nicht mehr gleichberechtigter Verhandlungspartner, sondern vielmehr reiner Befehlsempfänger Brüssels. Und neu hätte die Schweiz, wie bereits vermerkt, zusätzlich eine in unserem Land stationierte EU-Überwachungsbehörde zu akzeptieren, eine Wiedergeburt der vor Jahrhunderten von den Eidgenossen verjagten Vögte. Des weiteren würde unser Land mit der Pflicht zur jährlichen Bezahlung von EU-Kohäsionsleistungen gegenüber Brüssel tributpflichtig. 

Das Ende der Souveränität 
Die Annahme dieser fünf Bedingungen des Rahmenvertrags würde die Schweiz ihrer Souveränität berauben. Sie wäre nicht mehr ein selbständig entscheidender und eigenständig handelnder Staat, sie wäre ein Untertanengebiet Brüssels - ein Satellit oder eine Kolonie. Die Abstimmung über diesen Rahmenvertrag, die der Bundesrat nicht umgehen können wird, kann  aus heutiger Sicht frühestens in der ersten Jahreshälfte 2015 stattfinden. Wahrscheinlicher ist, dass der Bundesrat das Abstimmungsdatum auf einen Termin nach den Eidgenössischen Wahlen vom Herbst 2015 verlegt, also ins Jahr 2016. Für die Schweiz wird sich in dieser Abstimmung eine Frage sehr klar stellen: Soll unser Land weiterhin ein souveräner Staat sein, oder soll es zum Satelliten Brüssels degradiert werden.

 

[1]  Quelle - auszugsweise:
http://www.schweizerzeit.ch/cms/index.php?page=/news/durchbruch_oder_kapitulation-1842

Der aktuelle Freitags-Kommentar der «Schweizerzeit» vom 18. Juli 2014 - Von Ulrich Schlüer, Chefredaktor der «Schweizerzeit»